Friedrich Schiller
Gedichte
Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold
Fischer e-books
Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
Originalausgabe
Covergestaltung: bilekjaeger, Stuttgart
Illustration: Paul Baum, »Landscape with the Lim near Weimar, with a Fisherman«/Bridgeman Art Library
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
Unsere Adresse im Internet:
www.fischerverlage.de
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ISBN 978-3-10-401891-1
Die zween letztern Verse sind eine Anspielung auf die Medaille, welche Elisabeth zum Andenken ihres Sieges schlagen ließ. Es wird auf derselben eine Flotte vorgestellt, welche im Sturm untergeht, mit der bescheidenen Inschrift: Afflavit Deus et dissipati sunt.
Der Name einer Belagerungsmaschine, deren sich Marcellus gegen Syrakus bediente.
Löwin, an einigen Orten der Schweiz der verdorbene Ausdruck für Lawine.
Nadowessier, ein Völkerstamm in Nordamerika
Die Sonne zeigt, vollendend gleich dem Helden,
Dem tiefen Tal ihr Abendangesicht,
(Für andre, ach! glückselgre Welten
Ist das ein Morgenangesicht),
Sie sinkt herab vom blauen Himmel,
Ruft die Geschäftigkeit zur Ruh,
Ihr Abschied stillt das Weltgetümmel
Und winkt dem Tag sein Ende zu.
Jetzt schwillt des Dichters Geist zu göttlichen Gesängen,
Laß strömen sie, o HErr, aus höherem Gefühl,
Laß die Begeisterung die kühnen Flügel schwingen,
Zu dir, zu dir, des hohen Fluges Ziel,
Mich über Sphären himmelan gehoben,
Getragen sein vom herrlichen Gefühl,
Den Abend und des Abends Schöpfer loben,
Durchströmt vom paradiesischen Gefühl.
Für Könige, für Große ists geringe,
Die Niederen besucht es nur –
O GOtt, du gabest mir Natur,
Teil Welten unter sie – nur, Vater, mir Gesänge.
Ha! wie die müden Abschiedsstrahlen
Das wallende Gewölk bemalen,
Wie dort die Abendwolken sich
Im Schoß der Silberwellen baden;
O Anblick, wie entzückst du mich!
Gold, wie das Gelb gereifter Saaten,
Gold liegt um alle Hügel her,
Vergöldet sind der Eichen Wipfel,
Vergöldet sind der Berge Gipfel,
Das Tal beschwimmt ein Feuermeer;
Der hohe Stern des Abends strahlet
Aus Wolken, welche um ihn glühn,
Wie der Rubin am falben Haar, das wallet
Ums Angesicht der Königin.
Schau, wie der Sonnenglanz die Königsstadt beschimmert
Und fern die grüne Heide lacht;
Wie hier in jugendlicher Pracht
Der ganze Himmel niederdämmert;
Wie jetzt des Abends Purpurstrom,
Gleich einem Beet von Frühlingsrosen,
Gepflücket im Elysium,
Auf goldne Wolken hingegossen,
Ihn überschwemmet um und um.
Vom Felsen rieselt spiegelhelle
Ins Gras die reinste Silberquelle
Und tränkt die Herd’ und tränkt den Hirt;
Am Weidenbusche liegt der Schäfer,
Des Lied das ganze Tal durchirrt
Und wiederholt im Tale wird.
Die stille Luft durchsumst der Käfer;
Vom Zweige schlägt die Nachtigall,
Ihr Meisterlied macht alle Ohren lauschen,
Bezaubert von dem Götterschall
Wagt itzt kein Blatt vom Baum zu rauschen,
Stürzt langsamer der Wasserfall.
Der kühle West beweht die Rose,
Die eben itzt den Busen schloße,
Entatmet ihr den Götterduft
Und füllt damit die Abendluft.
Ha, wie es schwärmt und lebt von tausend Leben,
Die alle dich, Unendlicher, erheben,
Zerflossen in melodischem Gesang,
Wie tönt des Jubels himmlischer Gesang!
Wie tönt der Freude hoch erhabner Klang!
Und ich allein bin stumm – nein, tön es aus, o Harfe,
Schall, Lob des HErrn, in seines Staubes Harfe.
Verstumm, Natur, umher und horch der hohen Harfe,
Dann GOtt entzittert ihr,
Hör auf, du Wind, durchs Laub zu sausen,
Hör auf, du Strom, durchs Feld zu brausen,
Und horcht und betet an mit mir:
GOtt tuts, wenn in den weiten Himmeln
Planeten und Kometen wimmeln,
Wenn Sonnen sich um Achsen drehn
Und an der Erd vorüberwehn.
GOtt – wenn der Adler Wolken teilet,
Von Höhen stolz zu Tiefen eilet
Und wieder auf zur Sonne strebt.
GOtt – wenn der West ein Blatt beweget,
Wenn auf dem Blatt ein Wurm sich reget,
Ein Leben in dem Wurme lebt
Und hundert Fluten in ihm strömen,
Wo wieder junge Würmchen schwimmen,
Wo wieder eine Seele webt.
Und willst du, HErr, so steht des Blutes Lauf,
So sinkt dem Adler sein Gefieder,
So weht kein West mehr Blätter nieder,
So hört des Stromes Eilen auf,
Schweigt das Gebraus empörter Meere,
Krümmt sich kein Wurm und wirbelt keine Sphäre –
O Dichter, schweig: zum Lob der kleinen Myriaden,
Die sich in diesen Meeren baden,
Und deren Sein noch keines Aug durchdrang,
Ist totes Nichts dein feurigster Gesang.
Doch bald wirst du zum Thron die Purpurflügel schwingen,
Dein kühner Blick noch tiefer, tiefer dringen,
Und heller noch die Engelharfe klingen;
Dort ist nicht Abend mehr, nicht Dunkelheit,
Der HErr ist dort und Ewigkeit!
Dir, Eroberer, dir schwellet mein Busen auf,
Dir zu fluchen den Fluch glühenden Rachedursts,
Vor dem Auge der Schöpfung,
Vor des Ewigen Angesicht!
Wenn den horchenden Gang über mir Luna geht,
Wenn die Sterne der Nacht lauschend heruntersehn,
Träume flattern – umflattern
Deine Bilder, o Sieger, mich
Und Entsetzen um sie – Fahr ich da wütend auf,
Stampfe gegen die Erd, schalle mit Sturmgeheul
Deinen Namen, Verworfner,
In die Ohren der Mitternacht.
Und mit offenem Schlund, welcher Gebirge schluckt,
Ihn das Weltmeer mir nach – ihn mir der Orkus nach
Durch die Hallen des Todes –
Deinen Namen, Eroberer!
Ha! dort schreitet er hin – dort, der Abscheuliche,
Durch die Schwerter, er ruft (und du, Erhabner, hörsts),
Ruft, ruft: Tötet und schont nicht,
Und sie töten und schonen nicht.
Steigt hoch auf das Geheul – röcheln die Sterbenden
Unterm Blutgang des Siegs – Väter, aus Wolken her
Schaut zur Schlachtbank der Kinder,
Väter, Väter, und fluchet ihm.
Stolz auf türmt er sich nun, dampfendes Heldenblut
Trieft am Schwert hin, herab schimmerts, wie Meteor,
Das zum Weltgericht winket –
Erde, fleuch! der Erobrer kommt.
Ha! Eroberer, sprich: Was ist dein heißester,
Dein gesehntester Wunsch? – Hoch an des Himmels Saum
Einen Felsen zu bäumen,
Dessen Stirne der Adler scheut,
Dann hernieder vom Berg, trunken von Siegeslust,
Auf die Trümmer der Welt, auf die Erobrungen
Hinzuschwindeln, im Taumel
Dieses Anblicks hinweggeschaut.
O ihr wißt es noch nicht, welch ein Gefühl es ist,
Welch Elysium schon in dem Gedanken blüht,
Bleicher Feinde Entsetzen,
Schrecken zitternder Welt zu sein,
Mit allmächtigem Stoß hoch aus dem Pole, dann
Auszustoßen die Welt, fliegenden Schiffen gleich
Sternenan sie zu rudern,
Auch der Sterne Monarch zu sein.
Dann vom obersten Thron, dort wo Jehova stand,
Auf der Himmel Ruin, auf die zertrümmerte
Sphären niederzutaumeln –
O das fühlt der Erobrer nur!
Wenn die blühendste Flur, jugendlich Eden gleich,
Überschüttet vom Fall stürzender Felsen traurt,
Wenn am Himmel die Sterne
Blassen, Flammen der Königsstadt
Aufgegeißelt vom Sturm gegen die Wolken wehn,
Tanzt dein trunkener Blick über die Flammen hin.
Ruhm nur hast du gedürstet,
Kauf ihn, Welt, – und Unsterblichkeit.
Ja, Eroberer, Ja – du wirst unsterblich sein.
Röchelnd hofft es der Greis, du wirst unsterblich sein,
Und der Wais und die Witwe
Hoffen, du wirst unsterblich sein.
Schau gen Himmel, Tyrann – wo du der Sämann warst,
Dort vom Blutgefild stieg Todeshauch himmelan,
Hinzuheulen in tausend
Wettern über dein schauendes
Haupt! wie bebt es in dir! schauert dein Busen! – Ha!
Wär mein Fluch ein Orkan, könnt durch die Nacht einher
Rauschen, geißeln die tausend
Wetterwolken zusammen, den
Furchtbar brausenden Sturm auf dich herunter fliehn,
Stürmen machen, im Drang tobender Wolken dich
Dem Olympus itzt zeigen,
Itzt begraben zum Erebus.
Schauer, schauer zurück, Würger, bei jedem Staub,
Den dein fliegender Gang wirbelnd gen Himmel weht:
Es ist Staub deines Bruders,
Staub, der wider dich Rache ruft.
Wenn die Donnerposaune GOttes vom Thron itzt her
Auferstehung geböt – aufführ im Morgenglanz
Seiner Feuer der Tote,
Dich dem Richter entgegenriss’,
Ha! in wolkigter Nacht, wenn er herunterfährt,
Wenn des Weltgerichts Waag durch den Olympus schallt,
Dich, Verruchter, zu wägen
Zwischen Himmel und Erebus,
An der furchtbaren Waag aller geopferten
Seelen, Rache hineinnickend, vorübergehn
Und die schauende Sonne
Und der Mond und die horchende
Sphären und der Olymp, Seraphim, Cherubim,
Erd und Himmel hineinstürzen sich, reißen sie
In die Tiefe der Tiefen,
Wo dein Thron steigt, Eroberer!
Und du da stehst vor GOtt, vor dem Olympus da,
Nimmer weinen, und nun nimmer Erbarmen flehn,
Reuen nimmer, und nimmer
Gnade finden, Erobrer, kannst,
O dann stürze der Fluch, der aus der glühenden
Brust mir schwoll, in die Waag, donnernd wie fallende
Himmel – reiße die Waage
Tiefer, tiefer zur Höll hinab,
Dann, dann ist auch mein Wunsch, ist mein gefluchtester,
Wärmster, heißester Fluch ganz dann gesättiget,
O dann will ich mit voller
Wonn, mit allen Entzückungen
Am Altare vor dir, Richter, im Staube mich
Wälzen, jauchzend den Tag, wo er gerichtet ward,
Durch die Ewigkeit feiren,
Will ich nennen den schönen Tag!
auf den Tod des Hauptmanns Wiltmaister
Grimmig wirgt der Tod durch unsre Glieder! –
Dumpfig heult die Leichendrummel wieder,
Schon ein neuer ist hinweggerafft;
Mit gesenktem Schießgewehre wanken
Graue Krieger nach des Kirchhofs Schranken,
Wo der tapfre, brave Müller schlaft.
Brüder, kommt! – erblasset! – schauert! zittert!
Bebe jetzt, den niemals nichts erschüttert,
Grabgefühle schauern durch sein Mark.
Sehet! Alles, was wir Leben hießen,
Was wir liebten, was wir selig priesen,
Liegt vereitelt in dem schmalen Sarg.
Von dem Antlitz alles Rot gesunken,
Aus den Augen alle Lebensfunken
Weggelöschet in chaotsche Nacht –
Seine Mienen, sein holdselig Lächeln
Weggeblasen mit dem Sterberöcheln,
Ewig, ewig nimmer angefacht! –
Nie vom Sturm der Leidenschaft durchwühlet,
Wie ein Bach durch Blumenbette spielet,
Floß sein Leben hin in Melodie –
Ha! was ist nun, was am schönsten schmeichelt?
Nichts als Larve, die der Tod uns heuchelt –
Und dann auf dem Sarg zerreißt er sie.
Auf des Menschen kaltem, starrem Rumpfe
Sterben seine wirblende Triumphe,
Röchlen all in ein Gewimmer aus –
Glück und Ruhm zerflattern auf dem Sarge,
Könige und Bettler, Feige, Starke
Ziehn hinunter in das Totenhaus.
Aber frei erhoben über Grüfte
Fliegt der Geist in des Olympus Lüfte,
Triumphierend, wie ein Adler steigt,
Wann sein Wohnsitz, die erhabne Tanne,
Niederkracht im tobenden Orkane
Und der Nordsturm Wälder niederbeugt.
Zieh auch du, geliebter, teurer Streiter,
Auf den Flügeln unsrer Donner weiter,
Keine Tränen schicken wir dir mit –
Mit Geheule und mit Weiberklagen
Mag man andre zu dem Grabe tragen,
Pulverdonner ist der Krieger Wiegenlied. –
Weinend geht man deinen Sarg vorüber,
Selbst des Mannes Auge wird jetzt trüber,
Und die Helden Carls betrauren dich. –
Geh dahin mit dieser stolzen Ehre,
Prahle dort in der Verklärten Heere:
Sie, die Helden Carls, betrauren mich!
Sie, die Helden, eilen dir entgegen
Unter Donner und der Kugeln Regen,
Krieger zittern vor dem Tode nicht –
Ihm entgegen gehen wir mit Hohne
Unterm Dampf der brüllenden Kanone,
Wann er reißend durch die Glieder bricht –
Und dann droben finden wir dich wieder,
Legen dort das müde Eisen nieder,
Drücken dich an unsre warme Brust,
Dann wird alles, wie von Morgenwinden
Weggeweht, ein leichter Traum, verschwinden
Und nichts bleiben als die Lust.
an Laura
Laura! Welt und Himmel weggeronnen
Wähn ich – mich in Himmelmaienlicht zu sonnen.
Wenn dein Blick in meine Blicke flimmt.
Ätherlüfte träum’ ich einzusaugen,
Wenn mein Bild in deiner sanften Augen
Himmelblauem Spiegel schwimmt.
Leierklang aus Paradieses Fernen,
Harfenschwung aus angenehmern Sternen,
Ras’ ich in mein trunken Ohr zu ziehn.
Meine Muse fühlt die Schäferstunde,
Wenn von deinem wollustvollem Munde
Silbertöne ungern fliehn.
Amoretten seh ich Flügel schwingen,
Hinter dir die trunknen Fichten springen
Wie von Orpheus Saitenruf belebt.
Rascher rollen um mich her die Pole,
Wenn im Wirbeltanze deine Sole
Flüchtig wie die Welle schwebt.
Deine Blicke – wenn sie Liebe lächeln,
Könnten Leben durch den Marmor fächeln,
Felsenadern Pulse leihn.
Träume werden um mich her zu Wesen,
Kann ich nur in deinen Augen lesen:
Laura! Laura! Mein!
Wann nun, wie, gehoben aus den Achsen
Zwei Gestirn’, in Körper Körper wachsen,
Mund an Mund gewurzelt brennt,
Wollustfunken aus den Augen regnen,
Seelen wie entbunden sich begegnen
In des Atems Flammenwind.
Eine Pause drohet hier den Sinnen
Schwarzes Dunkel jagt den Tag von hinnen,
Lagert sich um den gefangnen Blick.
Leises Murmeln – dumpfer hin verloren –
Stirbt allmählig in den trunknen Ohren,
Und die Welt tritt in ihr Nichts zurük.
Ha! daß jetzt der Flügel Chronos harrte,
Hingebannt ob dieser Gruppe starrte,
Wie ein Marmorbild – die Zeit! –
Aber ach! – ins Meer des Todes jagen
Wellen Wellen – über dieser Wonne schlagen
Schon die Strudel der Vergessenheit.
Klingklang! Klingklang! kommt von allen Winden,
Kommt und wimmelt scharenweis.
Klingklang! Klingklang! was ich will verkünden,
Höret, Kinder Prometheus’!
Welkes Alter – rosenfrische Jugend,
Warme Jungen mit dem muntern Blut,
Spröde Damen mit der kalten Tugend,
Blonde Schönen mit dem leichten Mut!
Philosophen – Könige – Matronen,
Deren Ernst Kupidos Pfeile stumpft,
Deren Tugend wankt auf schwanken Thronen,
Die ihr (nur nicht über euch) triumpht.
Kommt auch ihr, ihr sehr verdächtgen Weisen,
Deren Seufzer durch die Tempel schwärmt,
Stolz prunkieret, und vielleicht den leisen
Donner des Gewissens überlärmt,
Die ihr in das Eis der Bonzenträne
Eures Herzens geile Flammen mummt,
Pharisäer mit der Janusmiene!
Tretet näher – und verstummt.
Die ihr an des Lebens Blumenschwelle
In der Unschuld weißem Kleide spielt,
Noch nicht wilder Leidenschaften Bälle,
Unbefleckten Herzens feiner fühlt,
Die ihr schon gereift zu ihren Giften
Im herkulschen Scheidweg stutzend steht,
Hier die Göttin in den Ambradüften,
Dort die ernste Tugend seht,
Die ihr schon vom Taumelkelch berauschet
In die Arme des Verderbens springt,
Kommt zurücke, Jünglinge, und lauschet,
Was der Weisheit ernste Leier singt.
Euch zuletzt noch, Opfer des Gelustes,
Ewig nimmer eingeholt vom Lied,
Haltet still, ihr Söhne des Verlustes!
Zeuget wider die Verklagte mit.
Klingklang! Klingklang! schimpflich hergetragen
Von des Pöbels lärmendem Hussah!
Angejochet an den Hurenwagen
Bring ich sie, die Metze Zypria.
Manch Histörchen hat sie aufgespulet,
Seit die Welt um ihre Spindel treibt,
Hat sie nicht der Jahrzahl nachgebuhlet,
Die sich vom verbotnen Baume schreibt?
Hum! Bis hieher dachtest dus zu sparen?
Mamsell! Gott genade dich!
Wiß! so sauber wirst du hier nicht fahren
Als im Arm von deinem Ludewig.
Noch so schelmisch mag dein Auge blinzen,
Noch so lächeln dein verhexter Mund,
Diesen Richter kannst du nicht scharwenzen
Mit gestohlner Mienen Gaukelbund.
Ja so heule – Metze, kein Erbarmen!
Streift ihr keck das seidne Hemdchen auf.
Auf den Rücken mit den runden Armen!
Frisch! und patschpatsch! mit der Geißel drauf.
Höret an das Protokoll voll Schanden,
Wie’s die Garstge beim Verhöre glatt
Weggelogen oder gleich gestanden
Auf den Zuspruch dieser Geißel hat.
Volkbeherrscher, Götter unterm Monde,
Machtumpanzert zu der Menschen Heil,
Hielt die Buhlin mit dem Honigmunde
Eingemauert im Serail.
O da lernen Götter – menschlich fühlen,
Lassen sich fast sehr herab zum – Vieh,
Mögt ihr nur in Nasos Chronik wühlen,
Schnakisch stehts zu lesen hie.
Wollt ihr Herren nicht skandalisieren,
Werft getrost den Purpur in den Kot,
Wandelt wie Fürst Jupiter auf vieren,
So erspart ihr ein verschämtes Rot.
Nebenbei hat diese Viehmaskierung
Manchem Zeus zum Wunder angepaßt,
Heil dabei der weisen Volksregierung,
Wenn der Herrscher auf der Weide grast!
Dem Erbarmen dorren ihre Herzen
(O auf Erden das Elysium),
Durch die Nerven bohren Höllenschmerzen,
Kehren sie zu wilden Tigern um.
Lose Buben mäkeln mit dem Fürstensiegel,
Kreaturen vom gekrönten Tier,
Leihen dienstbar seiner Wollust Flügel
Und ermauscheln Kron und Reich dafür.
Ja die Hure (laßts ins Ohr euch flistern)
Bleibt auch selbst im Kabinett nicht stumm,
In dem Uhrwerk der Regierung nistern
Öfters Venusfinger um.
Blinden Fürsten dienet sie zum Stocke,
Blöden Fürsten ist sie Bibelbuch.
Kam nicht auch aus einem Weiberrocke
Einst zu Delphos Götterspruch?
Mordet! Raubet! Lästert, ja verübet,
Was nur greulich sich verüben läßt –
Wenn ihr Lady Pythia betrübet,
O so haltet eure Köpfe fest!
Ha! wie manchen warf sie von der Höhe!
Von dem Rumpf wie manchen Biederkopf!
Und wie manchen hub die geile Fee,
Fragt warum? – Um einen dicken Zopf.
Dessen Siegesgeiz die Erde schrumpfte,
Dessen tolle Diademenwut
Gegen Mond und Sirius triumphte,
Hoch gehoben von der Sklaven Blut,
Dem am Markstein dieser Welt entsunken
Jene seltne Träne war,
Vom Saturnus noch nicht aufgetrunken,
Nie vergossen, seit die Nacht gebar,
Jenen Jüngling, der mit Riesenspanne
Die bekannte Welt umgriff,
Hielte sie zu Babylon im Banne,
Und das – Weltpopanz entschlief.
Manchen hat ins Elend sie gestrudelt,
Eingetrillert mit Sirenensang,
Dem im Herzen warme Kraft gesprudelt
Und des Ruhms Posaune göttlich klang.
An des Lebens Vesten leckt die Schlange,
Geifert Gift ins hüpfende Geblüt,
Knochen dräuen aus der gelben Wange,
Die nun aller Purpur flieht.
Hohl und hager, wandelnde Gerippe,
Keuchen sie in des Cocytus Boot.
Gebt den Armen Stundenglas und Hippe,
Huh! – und vor euch steht der Tod.
Jünglinge, o schwöret ein Gelübde,
Grabet es mit goldnen Ziffern ein:
Fliehet vor der rosigten Charybde,
Und ihr werdet Helden sein.
Tugend stirbet in der Phrynen Schoße,
Mit der Keuschheit fliegt der Geist davon,
Wie der Balsam aus zerknickter Rose,
Wie aus rißnen Saiten Silberton.
Venus’ Finger bricht des Geistes Stärke,
Spielet gottlos, rückt und rückt
An des Herzens feinem Räderwerke,
Bis der Seiger des Gewissens – lügt.
Eitel ringt, und wenn es Schöpfung sprühte,
Eitel ringt das göttlichste Genie,
Martert sich an schlappen Saiten müde,
Wohlklang fließt aus toten Trümmern nie. –
Manchen Greisen, an der Krücke wankend,
Schon hinunter mit erstarrtem Fuß
In den Abgrund des Avernus schwankend,
Neckte sie mit tödlich süßem Gruß.
Quälte noch die abgestumpften Nerven
Zum erstorbnen Schwung der Wollust auf,
Drängte ihn, die träge Kraft zu schärfen,
Frisch zu spornen zäher Säfte Lauf.
Seine Augen sprühn erborgte Strahlen,
Tödlich munter springt das schwere Blut,
Und die aufgejagten Muskeln prahlen
Mit des Herzens letztlichem Tribut.
Neuverjüngt beginnt er aufzuwarmen,
All sein Wesen zuckt in einem Sinn,
Aber husch! entspringt sie seinen Armen,
Spottet ob dem matten Kämpfer hin.
Was für Unfug in geweihten Zellen
Hat die Hexe nicht schon angericht’?
Laßt des Doms Gewölbe Rede stellen,
Das den leisen Seufzer lauter spricht.
Manche Träne – aus Pandoras Büchse –
Sieht man dort am Rosenkranze glühn,
Manchen Seufzer vor dem Kruzifixe
Wie die Taube vor dem Stößer fliehn.
Durch des Schleiers vorgeschobne Riegel
Malt die Welt sich schöner, wie ihr wißt,
Phantasie leiht ihren Taschenspiegel,
Wenn das Kind das Paternoster küßt.
Siebenmal des Tages muß der gute
Michael dem starken Moloch stehen,
Beide prahlen mit gleich edlem Blute,
Jeder, wißt ihr, heißt den andern gehn.
Puh! da splittert Molochs schwächres Eisen!
(Armes Kind! wie bleich wirst du!)
In der Angst (wer kann es Vorsatz heißen?)
Wirft sie ihm die Zitternadel zu.
Junge Witwen – vierzigjährge Zofen
Feuriger Komplexion,
Die schon lange auf – Erlösung hoffen,
Allzufrüh der schönen Welt entflohn,
Braune Damen – rabenschwarzen Haares,
Schwergeplagt mit einem siechen Mann,
Fassen oft – die Hörner des Altares,
Weil der Mensch nicht helfen kann.
Fromme Wut begünstigt heiße Triebe,
Gibt dem Blute freien Schwung und Lauf –
Ach zu oft nur drückt der Gottesliebe
Aphrodite ihren Stempel auf.
Nymphomanisch schwärmet ihr Gebete
(Fragt Herrn Doktor Zimmermann),
Ihren Himmel – sagt! was gilt die Wette? –
Malt zum Küssen euch ein Tizian! –
Selbst im Rathaus hat sies angesponnen,
Blauen Dunst Asträen vorgemacht,
Die geschwornen Richter halb gewonnen,
Ihres Ernstes Falten weggelacht.
Inquisitin ließ das Halstuch fallen,
Jeder meinte, sei von ohngefähr!
Potz! da liegts wie Alpen schwer auf allen,
Närrisch spukts um unsern Amtmann her.
Sprechet selbst – was war dem Mann zu raten?
Dies verändert doch den Statum sehr. –
»Inquisitin muß man morgen laden,
Heute geb ich gütliches Verhör.«
Und – wär nicht Frau Amtmännin gekommen
(Unserm Amtmann krachts im sechsten Sinn),
Wär der Balg ins Trockne fortgeschwommen,
Dank seis der Frau Amtmännin!
Auch den Klerus (denkt doch nur, die Lose),
Selbst den Klerus hat sie kalumniert.
Aber gelt! – mit einem derben Stoße
Hat man dir dein Lügenmaul pitschiert.
Damen, die den Bettelsack nun tragen,
Ungeschickt zu weiterem Gewinst,
Matte Ritter, die Schamade schlagen,
Invaliden in dem langen Dienst,
Setzt sie (wie’s auch große Herren wissen)
Mit beschnittner Pension zur Ruh,
Oder schickt wohl gar die Leckerbissen
Ihrer Feindin – Weisheit zu.
(Weine, Weisheit, über die Rekruten,
Die dir Venus Aphrodite schickt,
Sie verhüllen unter frommen Kutten
Nur den Mangel, der sie heimlich drückt.
Würde Amors Talisman sie rühren,
Nur ein Hauch von Zypern um sie wehn –
O sie würden hurtig desertieren
Und zur alten Fahne übergehn.) –
Sehet, und der Lüstlingin genüget
Auch nicht an des Torus geiler Brunst,
Selbst die Schranken des Geschlechts besieget
Unnatürlich ihre Schlangenkunst.
Denket – doch ob dieser Schandenliste
Reißt die Saite, und die Zunge stockt;
Fort mit ihr aufs schimpfliche Gerüste,
Wo das Aas den fernen Adler lockt.
Dorten soll mit Feuergriffel schreiben
Auf ihr Buhlinangesicht das Wort:
Tod: der Henker – so gebrandmarkt treiben
Durch die Welt die Erzbetrügrin fort.
So gebot der weise Venusrichter.
Wie der weise Venusrichter hieß?
Wo er wohnte? Wünscht ihr von dem Dichter
Zu vernehmen – so vernehmet dies:
Wo noch kein Europersegel brauste,
Kein Kolumb noch steuerte, noch kein
Cortez siegte, kein Pizarro hauste,
Wohnt auf einem Eiland – Er allein.
Dichter forschten lange nach dem Namen –
Vorgebirg des Wunsches nannten sies,
Die Gedanken, die bis dahin schwammen,
Nanntens – das verlorne Paradies.
Als vom ersten Weibe sich betrügen
Ließ der Männer erster, kam ein Wasserstoß,
Riß, wenn Sagen Helikons nicht lügen,
Von vier Welten diese Insel los.
Einsam schwimmt sie im Atlantschen Meere,
Manches Schiff begrüßte schon das Land,
Aber ach – die scheiternde Galeere
Ließ den Schiffer tot am Strand.
Meine Laura! Nenne mir den Wirbel,
Der an Körper Körper mächtig reißt,
Nenne, meine Laura, mir den Zauber,
Der zum Geist monarchisch zwingt den Geist.
Sieh! er lehrt die schwebenden Planeten
Ewgen Ringgangs um die Sonne fliehn
Und, gleich Kindern um die Mutter hüpfend,
Bunte Zirkel um die Fürstin ziehn;
Durstig trinkt den goldnen Strahlenregen
Jedes rollende Gestirn,
Trinkt aus ihrem Feuerkelch Erquickung,
Wie die Glieder Geister vom Gehirn.
Sonnenstäubchen paart mit Sonnenstäubchen
Sich in trauter Harmonie,
Sphären ineinander lenkt die Liebe,
Weltsysteme dauren nur durch sie.
Tilge sie vom Uhrwerk der Naturen –
Trümmernd auseinander springt das All,
In das Chaos donnern eure Welten,
Weint, Newtone, ihren Riesenfall!
Tilg die Göttin aus der Geister Orden,
Sie erstarren in der Körper Tod,
Ohne Liebe kehrt kein Frühling wieder,
Ohne Liebe preist kein Wesen Gott!
Und was ists, das, wenn mich Laura küsset,
Purpurflammen auf die Wangen geußt,
Meinem Herzen raschern Schwung gebietet,
Fiebrisch wild mein Blut von hinnen reißt?
Aus den Schranken schwellen alle Sennen,
Seine Ufer überwallt das Blut,
Körper will in Körper überstürzen,
Lodern Seelen in vereinter Glut;
Gleich allmächtig wie dort in der toten
Schöpfung ewgen Federtrieb
Herrscht im arachneischen Gewebe
Der empfindenden Natur die Lieb.
Siehe, Laura, Fröhlichkeit umarmet
Wilder Schmerzen Überschwung,
An der Hoffnung Liebesbrust erwarmet
Starrende Verzweifelung.
Schwesterliche Wollust mildert
Düstrer Schwermut Schauernacht,
Und entbunden von den goldnen Kindern
Strahlt das Auge Sonnenpracht.
Waltet nicht auch durch des Übels Reiche
Fürchterliche Sympathie?
Mit der Hölle buhlen unsre Laster,
Mit dem Himmel grollen sie.
Um die Sünde flechten Schlangenwirbel
Scham und Reu, das Eumenidenpaar,
Um der Größe Adlerflügel windet
Sich verrätrisch die Gefahr.
Mit dem Stolze pflegt der Sturz zu tändeln,
Um das Glück zu klammern sich der Neid,
Ihrem Bruder Tode zuzuspringen
Offnen Armes Schwester Lüsternheit.
Mit der Liebe Flügel eilt die Zukunft
In die Arme der Vergangenheit,
Lange sucht der fliehende Saturnus
Seine Braut – die Ewigkeit.
Einst – so hör ich das Orakel sprechen –
Einsten hascht Saturn die Braut,
Weltenbrand wird Hochzeitfackel werden,
Wenn mit Ewigkeit die Zeit sich traut.
Eine schönere Aurora rötet,
Laura, dann auch unsrer Liebe sich,
Die so lang als jener Brautnacht dauert,
Laura! Laura! freue dich!
Preis dir, die du dorten heraufstrahlst, Tochter des Himmels!
Preis dem lieblichen Glanz
Deines Lächelns, der alles begrüßet und alles erfreuet!
Trüb in Schauern und Nacht
Stand begraben die prächtige Schöpfung: tot war die Schönheit
Lang dem lechzenden Blick;
Aber liebevoll stiegst du früh aus dem rosigen Schoße
Deiner Wolken empor,
Wecktest uns auf die Morgenröte; und freundlich
Schimmert’ diese herfür
Über die Berg und verkündete deine süße Hervorkunft.
Schnell begann nun das Graun
Sich zu wälzen dahin in ungeheuern Gebürgen.
Dann erschienest du selbst,
Herrliche du, und verschwunden waren die neblichte Riesen!
Ach! wie Liebende nun,
Lange getrennt, liebäugelt der Himmel zur Erden, und diese
Lächelt zum Liebling empor;
Und es küssen die Wolken am Saume der Höhe die Hügel;
Süßer atmet die Luft;
Alle Fluren baden in deines Angesichts Abglanz
Sich, und es wirbelt der Chor
Des Gevögels aus der vergoldeten Grüne der Wälder
Freudenlieder hinauf;
Alle Wesen taumeln wie am Busen der Wonne:
Selig die ganze Natur!
Und dies alles, o Sonn! entquoll deiner himmlischen Liebe.
Vater der Heilgen, vergib,
O vergib mir, daß ich auf mein Angesicht falle
Und anbete dein Werk! –
Aber nun schwebet sie fort im Zug der Purpurgewölke
Über der Könige Reich,
Über die unabsehbarn Wasser, über das Weltall:
Unter ihr werden zu Staub
Alle Thronen, Moder die himmelaufschimmernden Städte;
Ach! die Erde ist selbst
Grabeshügel geworden. Sie aber bleibt in der Höhe,
Lächelt der Mörderin Zeit.
Und erfüllet ihr großes Geschäft, erleuchtet die Sphären.
O besuche noch lang,
Herrlichstes Fürbild der Edeln! mit mildem, freundlichem Blicke
Unsre Wohnung, bis einst
Vor dem Schelten des Ewigen sinken die Sterne
Und du selbsten erbleichst.
Wenn dein Finger durch die Saiten meistert –
Laura, itzt zur Statue entgeistert,
Itzt entkörpert steh ich da.
Du gebietest über Tod und Leben,
Mächtig wie von tausend Nervgeweben
Seelen fordert Philadelphia; –
Ehrerbietig leiser rauschen
Dann die Lüfte, dir zu lauschen;
Hingeschmiedet zum Gesang,
Stehn im ewgen Wirbelgang,
Einzuziehn die Wonnefülle,
Lauschende Naturen stille,
Zauberin! mit Tönen, wie
Mich mit Blicken, zwingst du sie.
Seelenvolle Harmonien wimmeln,
Ein wollüstig Ungestüm,
Aus den Saiten, wie aus ihren Himmeln
Neugeborne Seraphim;
Wie, des Chaos Riesenarm entronnen,
Aufgejagt vom Schöpfungssturm die Sonnen
Funkend fuhren aus der Finsternus,
Strömt der goldne Saitenguß.
Lieblich itzt wie über bunten Kieseln
Silberhelle Fluten rieseln, –
Majestätisch prächtig nun
Wie des Donners Orgelton,
Stürmend von hinnen itzt, wie sich von Felsen
Rauschende, schäumende Gießbäche wälzen,
Holdes Gesäusel bald,
Schmeichlerisch linde,
Wie durch den Espenwald
Buhlende Winde,
Schwerer nun und melancholisch düster,
Wie durch toter Wüsten Schauernachtgeflüster,
Wo verlornes Heulen schweift,
Tränenwellen der Cocytus schleift.
Mädchen, sprich! Ich frage, gib mir Kunde:
Stehst mit höhern Geistern du im Bunde?
Ists die Sprache, lüg mir nicht,
Die man in Elysen spricht?
Von dem Auge weg der Schleier!
Starre Riegel von dem Ohr!
Mädchen! Ha! schon atm ich freier,
Läutert mich ätherisch Feuer?
Tragen Wirbel mich empor? – –
Neuer Geister Sonnensitze
Winken durch zerrißner Himmel Ritze –
Überm Grabe Morgenrot!
Weg, ihr Spötter, mit Insektenwitze!
Weg! Es ist ein Gott – – – –
Eine Phantasie
Vorüber war der Sturm, der Donner Rollen
Das hallende Gebirg hinein verschollen,
Geflohn die Dunkelheit;
In junger Schöne lächelten die Himmel wieder
Auf ihre Schwester, Gottes Erde, nieder
Voll Zärtlichkeit.
Es lagen lustig da die Auen und die Tale,
Aus Maigewölken von der Sonnen Strahle
Holdselig angelacht:
Die Ströme schimmerten, die Büsch und Wäldchen alle
Bewegten freudig sich im tauigen Kristalle,
In funkelndlichter Pracht.
Und sieh! da hebt von Berg zu Berg sich prächtig ausgespannt
Ein Regenbogen übers Land. –
In dieser Ansicht schwamm vom Brocken oben
Mein Auge trunken, als ich aufgehoben
Mich plötzlich fühlte … Heilig heilge Lüfte kamen,
Umwebten zärtlich mich, indessen über mir,
Stolztragend übers All den Ewigen daher,
Die innre Himmel majestätisch schwammen.
Und itzt trieb ein Wind
Fort die Wolken, mich auf ihrem Zuge,
Unter mir wichen im Fluge
Schimmernde Königesstädte zurück,
Schnell wie ein Blick
Länderbeschattende Berge zurück,
Und das schönste Gemisch von blühenden Feldern,
Goldenen Saaten und grünenden Wäldern,
Himmel und Erde im lachenden Glanz
Wiegten sich um mich im sanftesten Tanz.
Da schweb ich nun in den saphirnen Höhen
Bald überm unabsehlich weiten Meer;
Bald seh ich unter mir ein langes Klippenheer,
Itzt grausenvolle Felsenwüsten stehen,
Und dort den Frühling mir entgegenwehen;
Und hier die Lichteskönigin,
Auf rosichtgoldnen Wolken hingetragen,
Zu ihrer Himmelsruhe ziehn.
O welch Gesicht! Mein Lied! wie könntest du es sagen,
Was dieses Auge trank vom weltumwandelnden Wagen?
Der Schöpfung ganze Pracht, die Herrlichkeit,
Die in dem Einsamen der dunkeln Ewigkeit
Der Allerhöchste ausgedacht
Und sich zur Augenlust, und euch, o Menschen!
Zur Wohnung hat gemacht,
Lag vor mir da! … Und welche Melodien
Dringen herauf? welch unaussprechlicher Klang
Schlägt mein entzücktes Ohr? … Der große Lobgesang
Tönt auf der Laute der Natur! … In Harmonien
Wie einen süßen Tod verloren, preist
Den Herrn des Alls mein Geist!
Monument von unsrer Zeiten Schande!
Ewge Schandschrift deiner Mutterlande!
Rousseaus Grab, gegrüßet seist du mir.
Fried und Ruh den Trümmern deines Lebens!
Fried und Ruhe suchtest du vergebens,
Fried und Ruhe fandst du hier.
Kaum ein Grabmal ist ihm überblieben,
Den von Reich zu Reich der Neid getrieben,
Frommer Eifer umgestrudelt hat.
Ha! Um den einst Ströme Bluts zerfließen,
Wems gebühr, ihn prahlend Sohn zu grüßen,
Fand im Leben keine Vaterstadt.
Und wer sind sie, die den Weisen richten?
Geisterschlacken, die zur Tiefe flüchten
Vor dem Silberblicke des Genies;
Abgesplittert von dem Schöpfungswerke
Gegen Riesen Rousseau kindsche Zwerge,
Denen nie Prometheus Feuer blies.
Brücken vom Instinkte zum Gedanken,
Angeflicket an der Menschheit Schranken.
Wo schon gröbre Lüfte wehn.
In die Kluft der Wesen eingekeilet,
Wo der Affe aus dem Tierreich geilet,
Und die Menschheit anhebt abzustehn.
Neu und einzig – eine Irresonne
Standest du am Ufer der Garonne
Meteorisch für Franzosenhirn.
Schwelgerei und Hunger brüten Seuchen,
Tollheit rast mavortisch in den Reichen –
Wer ist schuld – das arme Irrgestirn.
Deine Parze – hat sie gar geträumet?
Hat in Fieberhitze sie gereimet
Die dich an der Seine Strand gesäugt?
Ha! schon seh ich unsre Enkel staunen,
Wann beim Klang belebender Posaunen
Aus Franzosengräbern – Rousseau steigt!
Wann wird doch die alte Wunde narben?
Einst wars finster – und die Weisen starben,
Nun ists lichter – und der Weise stirbt.
Sokrates ging unter durch Sophisten,
Rousseau leidet – Rousseau fällt durch Christen,
Rousseau – der aus Christen Menschen wirbt.
Ha! mit Jubel, die sich feurig gießen,
Sei, Religion, von mir gepriesen,
Himmelstochter, sei geküßt!
Welten werden durch dich zu Geschwistern,
Und der Liebe sanfte Odem flistern
Um die Fluren, die dein Flug begrüßt.
Aber wehe – Basiliskenpfeile
Deine Blicke – Krokodilgeheule
Deiner Stimme sanfte Melodien,
Menschen bluten unter deinem Zahne,
Wenn verderbengeifernde Imane
Zur Erennys dich verziehn.
Ja! im acht und zehnten Jubeljahre,
Seit das Weib den Himmelsohn gebare
(Chroniker, vergeßt es nie),
Hier erfanden schlauere Perille
Ein noch musikalischer Gebrülle,
Als dort aus dem ehrnen Ochsen schrie.
Mag es, Rousseau! mag das Ungeheuer
Vorurteil ein türmendes Gemäuer
Gegen kühne Reformanten stehn,
Nacht und Dummheit boshaft sich versammeln,
Deinem Licht die Pfade zu verrammeln,
Himmelstürmend dir entgegen gehn.
Mag die hundertrachigte Hyäne
Eigennutz die gelben Zackenzähne
Hungerglühend in die Armut haun,
Erzumpanzert gegen Waisenträne,
Turmumrammelt gegen Jammertöne,
Goldne Schlösser auf Ruinen baun.
Geh, du Opfer dieses Trillingsdrachen,
Hüpfe freudig in den Todesnachen,
Großer Dulder! frank und frei.
Geh, erzähl dort in der Geister Kreise,
Diesen Traum vom Krieg der Frösch und Mäuse,
Dieses Lebens Jahrmarktsdudelei.
Nicht für diese Welt warst du – zu bieder
Warst du ihr, zu hoch – vielleicht zu nieder –
Rousseau, doch du warst ein Christ.
Mag der Wahnwitz diese Erde gängeln!
Geh du heim zu deinen Brüdern Engeln,
Denen du entlaufen bist.
An Laura
Laura, über diese Welt zu flüchten,
Wähn ich – mich in Himmelmaienglanz zu lichten,
Wenn dein Blick in meine Blicke flimmt,
Ätherlüfte träum ich einzusaugen,
Wenn mein Bild in deiner sanften Augen
Himmelblauem Spiegel schwimmt; –
Leierklang aus Paradieses Fernen,
Harfenschwung aus angenehmern Sternen
Ras ich, in mein trunken Ohr zu ziehn,
Meine Muse fühlt die Schäferstunde,
Wenn von deinem wollustheißem Munde
Silbertöne ungern fliehn; –
Amoretten seh ich Flügel schwingen,
Hinter dir die trunknen Fichten springen
Wie von Orpheus’ Saitenruf belebt,
Rascher rollen um mich her die Pole,
Wenn im Wirbeltanze deine Sohle
Flüchtig wie die Welle schwebt; –
Deine Blicke – wenn sie Liebe lächeln,
Könnten Leben durch den Marmor fächeln,
Felsenadern Pulse leihn,
Träume werden um mich her zu Wesen,
Kann ich nur in deinen Augen lesen:
Laura, Laura mein! –
Wenn dann, wie gehoben aus den Achsen
Zwei Gestirn, in Körper Körper wachsen,
Mund an Mund gewurzelt brennt,
Wollustfunken aus den Augen regnen,
Seelen wie entbunden sich begegnen
In des Atems Flammenwind, – – –
Qualentzücken – – Paradiesesschmerzen! – –
Wilder flutet zum beklommnen Herzen,
Wie Gewappnete zur Schlacht, das Blut,
Die Natur, der Endlichkeit vergessen,
Wagts, mit höhern Wesen sich zu messen,
Schwindelt ob der acherontschen Flut.
Eine Pause drohet hier den Sinnen,
Schwarzes Dunkel jagt den Tag von hinnen,
Nacht verschlingt den Quell des Lichts –
Leises . . Murmeln … dumpfer . . hin . . verloren . .
Stirbt … allmählich . . in den trunknen … Ohren …
Und die Welt ist . . Nichts . .
Ach, vielleicht verpraßte tausend Monde,
Laura, die Elysiumssekunde,
All begraben in dem schmalen Raum;
Weggewirbelt von der Todeswonne,
Landen wir an einer andern Sonne,
Laura! und es war ein Traum.
O daß doch der Flügel Chronos’ harrte,
Hingebannt ob dieser Gruppe starrte
Wie ein Marmorbild – – die Zeit!
Aber ach! ins Meer des Todes jagen
Wellen Wellen – Über dieser Wonne schlagen
Schon die Strudel der Vergessenheit.
Nicht ins Gewühl der rauschenden Redouten
Wo Stutzerwitz sich wunderherrlich spreißt
Und leichter als das Netz der fliegenden Bajouten
Die Tugend junger Schönen reißt; –
Nicht vor die schmeichlerische Toilette,
Wovor die Eitelkeit, als ihrem Götzen, kniet,
Und oft in wärmere Gebete
Als zu dem Himmel selbst entglüht;
Nicht hinter der Gardinen listgen Schleier,
Wo heuchlerische Nacht das Aug der Welt betrügt
Und Herzen, kalt im Sonnenfeuer,
In glühende Begierden wiegt,
Wo wir die Weisheit schamrot überraschen,
Die kühnlich Phöbus’ Strahlen trinkt,
Wo Männer gleich den Knaben diebisch naschen,
Und Plato von den Sphären sinkt –
Zu dir – zu dir, du einsames Geschwister,
Euch Töchtern des Geschickes, flieht
Bei meiner Laute leiserem Geflister
Schwermütig süß mein Minnelied.
Ihr einzigen, für die noch kein Sonett gegirret,
Um deren Geld kein Wucherer noch warb,
Kein Stutzer noch Klag-Arien geschwirret,
Kein Schäfer noch arkadisch starb.
Die ihr den Nervenfaden unsers Lebens
Durch weiche Finger sorgsam treibt,
Bis unterm Klang der Schere sich vergebens
Die zarte Spinnewebe sträubt.
Daß du auch mir den Lebensfaden spinntest,
Küß ich, o Klotho, deine Hand; –
Daß du noch nicht den jungen Faden trenntest,
Nimm, Lachesis, dies Blumenband.
Oft hast du Dornen an den Faden,
Noch öfter Rosen drangereiht,
Für Dorn’ und Rosen an dem Faden
Sei, Klotho, dir dies Lied geweiht.
Oft haben stürmende Affekte
Den weichen Zwirn herumgezerrt,
Oft riesenmäßige Projekte
Des Fadens freien Schwung gesperrt;
Oft in wollüstig süßer Stunde
War mir der Faden fast zu fein,
Noch öfter an der Schwermut Schauerschlunde
Mußt er zu fest gesponnen sein:
Dies, Klotho, und noch andre Lügen
Bitt ich dir itzt mit Tränen ab,
Nun soll mir auch fortan genügen,
Was mir die weise Klotho gab.
Nur laß an Rosen nie die Schere klirren,
An Dornen nur – doch wie du willst.
Laß, wenn du willst, die Totenschere klirren,
Wenn du dies eine nur erfüllst:
Wenn, Göttin, itzt an Laurens Mund beschworen
Mein Geist aus seiner Hülse springt,
Verraten, ob des Totenreiches Toren
Mein junges Leben schwindelnd hängt,
Laß ins Unendliche den Faden wallen,
Er wallet durch ein Paradies,
Dann, Göttin, laß die böse Schere fallen!
O laß sie fallen, Lachesis!
Eine Hymne
Selig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich!
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Einstens hinter Pyrrhas Rücken,
Stimmen Dichter ein,
Sprang die Welt aus Felsenstücken,
Menschen aus dem Stein.
Stein und Felsen ihre Herzen,
Ihre Seelen Nacht,
Von des Himmels Flammenkerzen
Nie in Glut gefacht.
Noch mit sanften Rosenketten
Banden junge Amoretten
Ihre Seelen nie –
Noch mit Liedern ihren Busen
Huben nicht die weichen Musen,
Nie mit Saitenharmonie.
Ach! noch wanden keine Kränze
Liebende sich um!
Traurig flüchteten die Lenze
Nach Elysium.
Ungegrüßet stieg Aurora
Aus dem Schoß Oceanus’,
Ungeküsset sank die Sonne
In die Arme Hesperus’.
Wild umirrten sie die Haine,
Unter Lunas Nebelscheine,
Trugen eisern Joch.
Sehnend an der Sternenbühne
Suchte die geheime Träne
Keine Götter noch.
Und sieh! der blauen Flut entquillt
Die Himmelstochter sanft und mild,
Getragen von Najaden
Zu trunkenen Gestaden.
Ein jugendlicher Maienschwung
Durchwebt wie Morgendämmerung
Auf das allmächtge Werde
Luft, Himmel, Meer und Erde.
Schon schmilzt der wütende Orkan
(Einst züchtigt’ er den Ozean
Mit rasselndem Gegeißel)
In lispelndes Gesäusel.
Des holden Tages Auge lacht
In düstrer Wälder Winternacht,
Balsamische Narzissen
Blühn unter ihren Füßen.
Schon flötete die Nachtigall
Den ersten Sang der Liebe,
Schon murmelte der Quellen Fall
In weiche Busen Liebe.
Glückseliger Pygmalion!
Es schmilzt! es glüht dein Marmor schon!
Gott Amor Überwinder!
Glückseliger Deukalion,
Wie hüpfen deine Felsen schon!
Und äugeln schon gelinder!
Glückseliger Deukalion,
Umarme deine Kinder!
Selig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Unter goldnem Nektarschaum
Ein wollüstger Morgentraum,
Ewig Lustgelage,
Fliehn der Götter Tage.
Prächtig spricht Kronions Donnerhorn,
Der Olympus schwankt erschrocken,
Wallen zürnend seine Locken –
Sphärenwirbeln gibt sein Atem Sporn,
Göttern läßt er seine Throne,
Niedert sich zum Erdensohne,
Seufzt arkadisch durch den Hain,
Zahme Donner untern Füßen,
Schläft, gewiegt von Ledas Küssen,
Schläft der Riesentöter ein.
Majestätsche Sonnenrosse
Durch des Lichtes weiten Raum
Leitet Phöbus’ goldner Zaum,
Völker stürzt sein rasselndes Geschosse;
Seine weißen Sonnenrosse,
Seine rasselnden Geschosse
Unter Lieb und Harmonie
Ha! wie gern vergaß er sie!
Zitternd vor der Götterfürstin
Krümmen sich die Götter, dürsten
Nach der Gnade goldnem Tau.
Sonnenglanz ist ihre Schminke,
Myriaden jagen ihrem Winke,
Stolz vor ihrem Wagen prahlt der Pfau.
Schöne Fürstin! ach die Liebe
Zittert mit dem süßen Triebe,
Deiner Majestät zu nahn.
Seht ihr Kronos’ Tochter weinen?
Geister kann ihr Wink verneinen,
Herzen weißt sie nicht zu fahn.
***
Selig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Liebe sonnt das Reich der Nacht,
Amors süßer Zaubermacht
Ist der Orkus untertänig:
Freundlich schmollt der schwarze König,
Wenn ihm Ceres’ Tochter lacht;
Liebe sonnt das Reich der Nacht.
Himmlisch in die Hölle klangen
Und den wilden Beller zwangen
Deine Lieder, Thrazier –
Minos, Tränen im Gesichte,
Mildete die Qualgerichte,
Zärtlich um Megärens Wangen
Küßten sich die wilden Schlangen,
Keine Geißel klatschte mehr;
Aufgejagt von Orpheus’ Leier
Flog von Tityon der Geier;
Leiser hin am Ufer rauschten
Lethe und Cocytus, lauschten
Deinen Liedern, Thrazier,
Liebe sangst du, Thrazier.
Selig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
Durch die ewige Natur
Düftet ihre Blumenspur,
Weht ihr goldner Flügel.
Winkte mir vom Mondenlicht
Aphroditens Auge nicht,
Nicht vom Sonnenhügel?
Lächelte vom Sternenmeer
Nicht die Göttin zu mir her,
Wehte nicht ihr Flügel
In des Frühlings Balsamhauch,
Liebe nicht im Rosenstrauch,
Nicht im Kuß der Weste –
Stern und Sonn und Mondenlicht,
Frühling, Rosen, Weste nicht
Lüden mich zum Feste.
Liebe, Liebe lächelt nur
Aus dem Auge der Natur
Wie aus ihrem Spiegel!
Liebe rauscht der Silberbach,
Liebe lehrt ihn sanfter wallen;
Seele haucht sie in das Ach
Klagenreicher Nachtigallen,
Unnachahmliches Gefühl
In der Saiten Wonnespiel,
Wenn sie Laura! hallen.
Liebe, Liebe lispelt nur
Auf der Laute der Natur.
Weisheit mit dem Sonnenblick,
Große Göttin, tritt zurück,
Weiche vor der Liebe.
Nie Erobrern, Fürsten nie
Beugtest du ein Sklavenknie,
Beug es itzt der Liebe.
Wer die steile Sternenbahn
Ging dir heldenkühn voran
Zu der Gottheit Sitze?
Wer zerriß das Heiligtum,
Zeigte dir Elysium
Durch des Grabes Ritze?
Lockte sie uns nicht hinein,
Möchten wir unsterblich sein?
Suchten auch die Geister
Ohne sie den Meister?
Liebe, Liebe leitet nur
Zu dem Vater der Natur,
Liebe nur die Geister.
Selig durch die Liebe
Götter – durch die Liebe
Menschen Göttern gleich.
Liebe macht den Himmel
Himmlischer – die Erde
Zu dem Himmelreich.
An Laura
Mädchen, halt – wohin mit mir, du Lose?
Bin ich noch der stolze Mann? der große?
Mädchen, war das schön?
Sieh! Der Riese schrumpft durch dich zum Zwerge,
Weggehaucht die aufgewälzten Berge
Zu des Ruhmes Sonnenhöhn.
Abgepflücket hast du meine Blume,
Hast verblasen all die Glanzphantome,
Narrenteidigst in des Helden Raub.
Meiner Plane stolze Pyramiden
Trippelst du mit leichten Zephyrtritten
Schäkernd in den Staub.
Zu der Gottheit flog ich Adlerpfade,
Lächelte Fortunens Gaukelrade,
Unbesorgt, wie ihre Kugel fiel.
Jenseits dem Cocytus wollt ich schweben,
Und empfange sklavisch Tod und Leben,
Leben, Tod von einem Augenspiel.
Siegern gleich, die wach von Donnerlanzen
In des Ruhmes Eisenfluren tanzen,
Losgerissen von der Phrynen Brust,
Wallet aus Aurorens Rosenbette
Gottes Sonne über Fürstenstädte,
Lacht die junge Welt in Lust!
Hüpft der Heldin noch dies Herz entgegen?
Trink ich, Adler, noch den Flammenregen
Ihres Auges, das vernichtend brennt?
In den Blicken, die vernichtend blinken,
Seh ich meine Laura Liebe winken,
Sehs, und weine wie ein Kind.
Meine Ruhe, gleich dem Sonnenbilde
In der Welle, wolkenlos und milde,
Mädchen, hast du hingemordt.
Schwindelnd schwank ich auf der gähen Höhe,
Laura? – wenn mich – wenn mich Laura flöhe?
Und hinunter strudelt mich das Wort.
Hell ertönt das Evoe der Zecher,
Freuden winken vom bekränzten Becher,
Scherze springen aus dem goldnen Wein.
Seit das Mädchen meinen Sinn beschworen,
Haben mich die Jünglinge verloren,
Freundlos irr ich und allein.
Lausch ich noch des Ruhmes Donnerglocken?
Reizt mich noch der Lorbeer in den Locken?
Deine Leir, Apollo Cynthius?
Nimmer, nimmer widerhallt mein Busen,
Traurig fliehen die beschämten Musen,
Flieht Apollo Cynthius?
Will ich gar zum Weibe noch erlahmen?
Hüpfen noch bei Vaterlandes Namen
Meine Pulse lebend aus der Gruft?
Will ich noch nach Varus’ Adler ringen?
Wünsch ich noch in Römerblut zu springen,
Wenn mein Hermann ruft? –
Köstlich ists – der Schwindel starrer Augen,
Seiner Tempel Weihrauchduft zu saugen,
Stolzer, kühner schwillt die Brust. –
Kaum erbettelt itzt ein halbes Lächeln,
Was in Flammen jeden Sinn zu fächeln,
Zu empören jede Kraft gewußt. –
Daß mein Ruhm sich zum Orion schmiegte,
Hoch erhoben sich mein Name wiegte
In des Zeitstroms wogendem Gewühl!
Daß dereinst an meinem Monumente,
Stolzer türmend nach dem Firmamente,
Chronos’ Sense splitternd niederfiel’ –
Lächelst du? – Nein! nichts hab ich verloren!
Stern und Lorbeer neid ich nicht den Toren,
Leichen ihre Marmor nie –
Alles hat die Liebe mir errungen,
Über Menschen hätt ich mich geschwungen,
Itzo lieb ich sie!