Ein zweiter Roman bedeutet neue Herausforderungen und Aufregungen. Besonders dankbar bin ich meinen Herausgebern, Betsy Mitchell von Del Rey sowie Jane Johnson und Emma Coode von HarperCollins UK, für ihr Verständnis und ihre wertvollen Ratschläge. Auch meinem Stamm von Probelesern schulde ich Dank für ihre Hilfe und Ermutigungen: Holly Benton, Francesca Coppa, Dana Dupont, Doris Egan, Diana Fox, Vanessa Len, Shelley Mitchell, Goergina Paterson, Sara Rosenbaum, L. Salom, Micole Sudberg, Rebecca Tushnet und Cho We Zen.
Dank geht auch an Cynthia Manson für ihre Hilfe und Beratung und an meine Familie für ihre unermüdliche Hilfe, Unterstützung und Begeisterung. Unermesslich dankbar bin ich meinem besten häuslichen Leser, meinem Ehemann Charley.
Besonderen Dank möchte ich auch Dominic Harman aussprechen, der ein prächtiges Cover nach dem anderen entworfen hat, sowohl für die englische wie auch für die amerikanische Ausgabe. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl zu sehen, wie in all diesen Kunstwerken meine Drachen zum Leben erwachen.
Naomi Novik wurde 1973 in New York geboren und ist mit polnischen Märchen, den Geschichten um die Baba Yaga und J. R. R. Tolkien aufgewachsen. Sie hat englische Literatur studiert, im Bereich IT-Wissenschaften gearbeitet und war außerdem an der Entwicklung von äußerst erfolgreichen Computerspielen beteiligt. Doch dann schrieb Naomi Novik ihren Debüt-Roman, mit dem sie sofort die Herzen von Kritikern und Lesern gleichermaßen eroberte: »Drachenbrut«, den ersten Band um DIE FEUERREITER SEINER MAJESTÄT. Naomi Novik lebt mit ihrem Mann und sechs Computern in New York.
Ausgewählte Auszüge aus:
»Eine kurze Abhandlung über die orientalischen Rassen
mit Anmerkungen zur Kunst der Drachenzucht«
Der Königlichen Gesellschaft
vorgestellt im Juni 1801
Von Sir Edward Howe,
Mitglied der Königlichen Gesellschaft
Den wohlbekannten Berichten von Pilgern einer früheren und leichtgläubigeren Ära ist es zu einem nicht geringen Teil zu verdanken, dass die zugleich gefürchteten und bewunderten, »riesigen, ungezähmten, schlangenhaften Horden« des Orients im Westen sprichwörtlich geworden sind. Zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung waren diese Berichte zwar von unschätzbarem Wert, um Licht in die Dunkelheit zu bringen, die ihnen vorausging, jedoch können sie für den modernen Gelehrten kaum von Nutzen sein, da sie an jener bedauernswerten Übertreibung leiden, die in früheren Zeiten an der Tagesordnung war, geboren entweder aus der ehrlichen Überzeugung des Autors oder dem weniger unschuldigen, jedoch verständlichen Bedürfnis heraus, einem breiteren Publikum gerecht zu werden, das in Geschichten über den Orient stets ungezählte Monstren und Vergnügungen erwartet.
So liegt in der Gegenwart eine beklagenswert unzusammenhängende Sammlung von Berichten vor, die der Leser besser gänzlich unbeachtet lassen sollte, anstatt auf Einzelheiten zu vertrauen, da einige nichts weiter als reine Erfindung und beinahe alle anderen Verdrehungen der Wahrheit sind. Ich will ein anschauliches Beispiel vorstellen: den Sui-Riu aus Japan. Dieser ist den Drachenkundigen aus dem 1613 verfassten Bericht von Kapitän John Saris bekannt, in dessen Briefen glaubwürdig die Fähigkeit des Drachen beschrieben wird, bei klarem blauen Himmel einen schweren Sturm heraufzubeschwören: eine bemerkenswerte Behauptung, durch die einer sterblichen Kreatur folglich die Macht Gottes zugeschrieben würde, und die ich aus eigener Erfahrung als unglaubwürdig bezeichnen kann. Ich selbst habe einen der Sui-Riu gesehen und seine tatsächliche Fähigkeit beobachtet, große Mengen von Wasser zu verschlucken und in einem gewaltigen Strom wieder auszustoßen; eine Gabe, die ihn nicht nur in der Schlacht, sondern auch zum Schutze der hölzernen Gebäude Japans vor den Gefahren des Feuers ausgesprochen wertvoll macht. Wenn ein unvorbereiteter Reisender in einen solchen Sturzbach gerät, mag er durchaus vermuten, dass sich der Himmel über ihm mit einem Donnerschlag geöffnet habe. Dennoch verlaufen diese Niederschläge gänzlich unbegleitet von Blitzschlägen und Regenwolken, halten nur wenige Momente an und sind – überflüssig, dies zu erwähnen – nicht im Geringsten übernatürlich.
Solche Fehler werde ich meinerseits zu meiden suchen und stattdessen darauf vertrauen, dass für mein gebildeteres Publikum die schlichten Fakten, ohne übermäßige Ausschmückung dargestellt, ausreichen werden …
Ohne zu zögern, können wir die oft geäußerte Einschätzung als lächerlich verwerfen, dass man in China einen Drachen auf zehn Menschen anträfe: Wenn dieses Zahlenverhältnis auch nur im Entferntesten der Wahrheit nahekäme und zugleich unsere Kenntnisse über die menschliche Bevölkerung nicht vollkommen falsch sind, müsste daraus resultieren, dass diese große Nation derart vollständig von den Tieren überrannt wäre, dass der unglückliche Reisende, welcher uns diese Kunde brachte, nur unter großen Schwierigkeiten überhaupt einen Platz zum Stehen gefunden haben dürfte. Jenes ausdrucksvolle Bild von den Tempelgärten, in denen sich ein Körper über dem anderen schlängelt, das Bruder Mateo Ricci für uns zeichnete und das so lange die westlichen Vorstellungen dominierte, ist zwar kein völlig falsches. Man muss jedoch wissen, dass Drachen unter den Chinesen eher in den Städten leben, als außerhalb davon, und ihre Anwesenheit deshalb wesentlich greifbarer ist. Außerdem bewegen sie sich in allen Bereichen mit bedeutend größerer Freiheit, sodass der Drache, den man nachmittags auf dem Marktplatz sieht, oft derselbe ist, den man zuvor bei der Morgenwäsche im Tempel und einige Stunden später beim Mittagessen auf den Viehhöfen an der Stadtgrenze beobachtete.
Was die Gesamtgröße der Population angeht, so bedaure ich, sagen zu müssen, dass wir keine Quellen haben, auf die ich mich verlassen würde. Allerdings berichten die Briefe des verstorbenen Vater Michael Benoît, eines jesuitischen Astronomen, der am Hof des Qianlong-Kaisers diente, von einem kaiserlichen Geburtstag, zu dem zwei Kompanien des chinesischen Luftkorps herangezogen wurden, um den Sommerpalast unter akrobatischen Darbietungen zu überfliegen. Ein Schauspiel, von dem er sich in Begleitung zweier weiterer Jesuiten mit eigenen Augen überzeugen konnte.
Diese Kompanien bestanden jede etwa aus einem Dutzend Drachen, was ungefähr den größten westlichen Formationen entspräche, und jeder war eine Infanteriekompanie von dreihundert Mann zugeteilt. Zu jedem der acht Banner der tatarischen Luftarmeen gehörten fünfundzwanzig solcher Kompanien, was zweitausendvierhundert Drachen ergäbe, die im Verbund mit sechzigtausend Mann operierten. Dies stellt schon für sich genommen eine mehr als respektable Zahl dar, doch die Anzahl der Kompanien ist seit der Gründung der Dynastie deutlich angewachsen, und gegenwärtig ist die Armee nahezu doppelt so groß. Daraus dürfen wir den wahrscheinlichen Schluss ziehen, dass in China etwa fünftausend Drachen in militärischen Diensten stehen; eine zugleich plausible und außergewöhnliche Zahl, welche einen kleinen Eindruck der Gesamtpopulation ermöglicht.
Die kaum lösbaren Probleme, auch nur einhundert Drachen im Rahmen einer längerfristigen militärischen Operation zu versorgen, sind im Westen wohlbekannt und grenzen die Größe unseres eigenen Luftkorps aus ganz praktischen Erwägungen stark ein, denn niemand kann Viehherden ebenso schnell wie Drachen bewegen, noch können diese ihre Verpflegung lebendig transportieren. Die Versorgung einer so großen Zahl von Drachen stellt dementsprechend eine gewaltige Herausforderung dar. In der Tat haben die Chinesen eigens zu diesem Zweck ein Ministerium für Drachenangelegenheiten eingerichtet…
… Es mag sein, dass die uralte, chinesische Gewohnheit, Münzen an Kordeln aufgereiht aufzubewahren, auf die frühere Notwendigkeit zurückzuführen ist, eine Methode zu entwickeln, mittels derer Drachen mit Geld umgehen können. Dies ist jedoch ein Relikt aus vergangenen Zeiten und spätestens seit der Tang-Dynastie wird das gegenwärtige System genutzt. Sobald der Drache ausgewachsen ist, wird er mit einem individuellen Zeichen versehen, das seine Abstammung sowie seinen eigenen Rang angibt. Sowie dieses Zeichen dann bei der Verwaltung erfasst worden ist, werden alle Einkünfte des Drachen in die allgemeine Staatskasse ein- und gegen Vorlage des Zeichens wieder ausgezahlt, welches der Drache jenen Händlern, deren Dienste er in Anspruch nimmt – zumeist Hirten –, übergibt.
Dies mag auf den ersten Blick als ein völlig unbrauchbares System erscheinen. Man kann sich leicht die Ergebnisse vorstellen, wenn eine Regierung die Einkommen ihrer Bürger auf diese Weise verwalten sollte. Offenbar, und dies ist höchst bemerkenswert, kommt es den Drachen allerdings nie in den Sinn, ein gefälschtes Zeichen zu hinterlassen, wenn sie ihre Einkäufe tätigen. Selbst hungrig und mittellos nehmen sie einen derartigen Vorschlag voller Überraschung und Ablehnung auf. Vielleicht mag dies als Beweis für eine Art angeborener Ehre unter Drachen gelten oder zumindest als Ausdruck familiären Stolzes. Sie werden jedoch gleichzeitig, ohne jedes Schamgefühl und ohne zu zögern, die Gelegenheit ergreifen, ein Tier aus einer unbeaufsichtigten Herde oder einem Stall zu schlagen und niemals in Erwägung ziehen, dafür eine Bezahlung zu hinterlassen, weil sie dies nicht als eine Form von Diebstahl ansehen. In der Tat könnte man in solch einem Fall den schuldigen Drachen sogar direkt neben der Umzäunung, aus der er sie raubte, beim Verzehr seiner unberechtigt erworbenen Beute antreffen, während er gleichzeitig die Beschwerden des unglücklichen Hirten ignoriert, der zu spät zurückgekehrt war, um seine Herde zu retten.
Ebenso wie sie selbst ihre Zeichen gewissenhaft einsetzen, werden Drachen auch nur selten das Opfer skrupelloser Personen, die auf den Gedanken kommen könnten, sie zu berauben, indem sie gefälschte Zeichen bei der Verwaltung einreichen. Ausnahmslos bis hin zur Gewalttätigkeit um ihren Reichtum besorgt, bringen Drachen bei ihrer Ankunft in einer zivilisierten Siedlung sofort den Stand ihres Kontos in Erfahrung und überprüfen alle Ausgaben, sodass sie ungerechtfertigte Zugriffe auf ihre Mittel oder ausgebliebene Entlohnungen sehr schnell bemerken. Alle Berichte stimmen außerdem darin überein, dass die wohlbekannte Reaktion eines bestohlenen Drachen keineswegs weniger energisch ausfällt, wenn der Diebstahl indirekt und außerhalb seiner Sichtweite geschah. Das chinesische Gesetz sieht ausdrücklich von jeder Bestrafung eines Drachen ab, der einen Mann tötet, dem eine solche Tat nachgewiesen werden kann. In der Tat ist die übliche Strafe in einem solchen Fall die Auslieferung des Übeltäters an den Drachen. Zwar mag uns eine Verurteilung zu solch einem sicheren und brutalen Tod als barbarisch erscheinen, doch wurde mir von Herren und Drachen immer wieder versichert, dass dies die einzige Möglichkeit sei, einen solchermaßen geschädigten Drachen zu befriedigen und seine Ruhe wiederherzustellen.
Eben die Notwendigkeit, die Drachen zufriedenzustellen, hat auch den anhaltenden Fortbestand dieses Zahlungssystems über mehr als eintausend Jahre gesichert. Jede neue Dynastie machte es sich nach der Eroberung der Herrschaft fast als Erstes zur Aufgabe, den Fluss der finanziellen Mittel zu gewährleisten, denn die Auswirkung eines Aufstandes wütender Drachen liegen wohl auf der Hand…
Das chinesische Erdreich ist nicht von Natur aus fruchtbarer als das Europas. Stattdessen werden die zur Versorgung der Drachen benötigten riesigen Herden durch ein sehr altes und sauber ausgearbeitetes System der Viehzucht versorgt: Nachdem die Hirten einen Teil ihrer Herden in die Städte und Großstädte getrieben haben, um die hungrigen Drachen zu sättigen, nehmen sie bei ihrer Rückkehr große Ladungen nährstoffreichen Drachendungs mit sich, der in den Misthaufen der Stadt gesammelt wurde, um ihn bei den Bauern ihrer ländlichen Heimat-Distrikte einzutauschen. Obwohl die Düngung mit Drachenkot zusätzlich zu Viehmist wegen der relativen Seltenheit von Drachen und der Abgelegenheit ihrer Lebensräume im Westen so gut wie unbekannt ist, erscheint sie doch als besonders geeignet für die Erneuerung der Fruchtbarkeit des Bodens. Warum dies so ist, konnte von der modernen Wissenschaft bis dato nicht erklärt werden. Jedoch stellt die Produktivität der chinesischen Viehzüchter diesen Sachverhalt deutlich unter Beweis: Deren Anwesen, wie ich aus verlässlichen Quellen erfahren habe, erzielen regelmäßig Erträge, die die unsrigen um ein Vielfaches übertreffen. [wird fortgesetzt …]