Nr. 1149
Im Bann des Zweisterns
Sie leben in der Atmosphäre – die Sonne gibt ihnen Kraft
von Marianne Sydow
Das 427. Jahr NGZ, das dem Jahr 4014 alter Zeitrechnung entspricht, ist angebrochen, und die Menschheit muss nach wie vor an zwei Fronten wachsam und aktiv sein.
Während man auf Terra jederzeit eines neuen Anschlags von Seiten Vishnas, der abtrünnigen Kosmokratin, gewärtig sein kann, sieht die Lage für Perry Rhodan und seine Galaktische Flotte inzwischen wesentlich besser aus. Denn fast alle der rund 20.000 Einheiten, die, von der Endlosen Armada verfolgt, durch den Frostrubin nach M 82 gingen und dabei dem so genannten »Konfetti-Effekt« unterlagen, haben zusammengefunden und bilden wieder eine beachtliche Streitmacht, zu der auch noch die Expedition der Kranen gestoßen ist.
Und das ist auch gut so, denn die Galaxis M 82, Sitz der negativen Superintelligenz Seth-Apophis, hält genügend unangenehme Überraschungen für die Eindringlinge aus der Milchstraße bereit.
Seth-Apophis selbst hält glücklicherweise noch immer still, und so kann Perry Rhodan sich gegenwärtig voll und ganz der Endlosen Armada widmen und einigen Geheimnissen nachgehen, die im Zusammenhang mit der Armada zu stehen scheinen.
Bei einer solchen Untersuchung findet Perry Rhodan mit seiner Expedition die Carmena. Sie sind IM BANN DES ZWEISTERNS ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Terraner besucht die Welt der fliegenden Blüten.
Gucky – Der Mausbiber ist mit von der Partie.
Kenije und Okarwen – Zwei Carmena, die Kontakt mit den Terranern aufnehmen.
Tony Mercaro – Ein arroganter Biologe.
Adrian Losic – Ein Multiwissenschaftler.
1.
Kenije hatte die Zeit der lauen Winde schon immer gehasst, und er hatte es nie verstehen können, dass andere Carmena ausgerechnet in dieser Phase dazu neigten, romantische Gefühle zu entwickeln. Kenijes Meinung nach war die Zeit der lauen Winde nur dazu da, die Wachsamkeit der Carmena einzuschläfern und sie samt den Tardajas zu vernichten, denn wenn die lauen Winde wehten, brauchten die Tardajas die Hilfe der Carmena nicht. Ganz von selbst schwebten sie dahin, und die Carmena hatten Zeit und Muße, sich Dingen zu widmen, die Kenije als reine Zeitverschwendung betrachtete.
Darum kauerte er missmutig vor dem Ajuthe, während seine Brüder und Schwestern sich im Innern der Behausung fröhlich summend auf das Fest vorbereiteten. Von Nebenajuthe kam Athrava herüber, die älteste Schwester seines Vaters, die so hässlich war, dass kein männlicher Carmena sie auf seine Tardaja hatte holen wollen.
Kenije mochte Athrava. Zugegeben, ihr Körper war langgestreckt und schlank wie der eines Mannes, und ihre Augen waren nicht purpurfarben, sondern eher orange, aber sie verstand es, eine Tardaja selbst im wildesten Sturm zu führen, und sie hatte ein mütterliches Herz. Kenije, der nur ein Leihkind Kebarros war, wusste beide Eigenschaften zu schätzen. Sein Ziehvater und seine Ziehmutter waren gut zu ihm, aber sie konnten ihm die Eltern nicht ersetzen. In vielen Nächten träumte er, wieder auf seiner eigenen Tardaja zu sein. Der Kindestausch hatte stattgefunden, als er noch sehr jung gewesen war, und er konnte sich an seine Mutter kaum noch erinnern. Im Traum nahm sie schon seit langer Zeit die Gestalt Athravas an, die seine einzige wirkliche Verwandte auf Kebarros Tardaja war – die einzige, die ihn verstand.
Athrava hielt neben ihm inne.
»Putz dich, Kenije«, summte sie kaum hörbar. »Dein Brustpelz ist struppig, und dein Kamm ist voller Staub. So wirst du keine Gefährtin für dich gewinnen können.«
»Wie sollte ich eine Gefährtin gewinnen können, wenn keine der Tarja-Bathas für mich reserviert ist?«, fragte Kenije bitter. »Ich bin nur ein Leihkind. Du kennst meine Aufgabe: Ich soll eine meiner Ziehschwestern zu meiner Gefährtin machen. Aber keine von ihnen kann mir gefallen. Sie sind weder hübsch noch klug.«
Athravas Augen funkelten rätselhaft.
»Putze dich trotzdem!«, befahl sie leise. »Du bist ein ansehnlicher junger Mann geworden, auch wenn dir das vielleicht noch nicht bewusst ist. Glätte dein Brustfell und reinige deinen Kamm. Wenn wir den nächsten Zeitgipfel erreichen, wird sich dir vielleicht eine Möglichkeit bieten, all deine Träume zu verwirklichen.«
»Aber ...«
»Kein aber, Kenije! Tu, was ich dir sage!«
Und so begann Kenije missmutig, sich zu reinigen und zu putzen, während die Tardaja majestätisch und ruhig dahinsegelte.
Und dann geschah etwas, womit der junge Carmena nicht gerechnet hatte.
»Tarja-Batha!«, rief Kekojen, der hoch über ihm auf der Spitze des Ajuthes saß. »Kenije, ruf Kebarro herbei, eine fremde Tarja-Batha kommt auf uns zu!«
Kenije kroch in aller Eile zum Eingang des Ajuthes und alarmierte Kebarro und dessen Familie.
»Eine fremde Tarja-Batha«, schnarrte Kebarro verunsichert. »Nun, ich fürchte, sie wird sich ein anderes Ziel suchen müssen. Warum steuert sie ausgerechnet unsere Tardaja an?«
»Weil der Ajuthe das Signal gegeben hat«, bemerkte Athrava trocken. »Kenije ist alt genug, um die Reise anzutreten.«
»Er ist ein Leihkind, und er kennt seine Pflichten«, sirrte Kebarro zornig. »Er hat hier zu bleiben und unsere Tardaja zu führen, sobald ich zu alt bin, um das zu tun.«
»Willst du die Tarja-Bathan abweisen?«, fragte Athrava spöttisch. »Deine Töchter hätten es schwer, nach einem solchen Skandal einen Gefährten zu finden.«
Kebarro starrte nachdenklich seine eigenen Söhne an. Es waren sechs an der Zahl. Kekojen, der jüngste von ihnen, trieb sich wie üblich draußen herum. Die anderen waren zwar alt genug, um den Sinn der bevorstehenden Festlichkeiten zu begreifen, aber selbst mit noch so sorgfältig gebürstetem Brustfell sah keiner von ihnen männlich genug aus, um die Besitzerin einer Tarja-Batha zu betören. Der einzige, der wenigstens eine kleine Chance besaß, war Kebaren. Natürlich musste man ein wenig nachhelfen.
»Stattet ihn aus!«, befahl Kebarro und deutete dabei auf seinen ältesten Sprössling. »Spart nicht mit Schmuck, und sorgt dafür, dass die kahlen Stellen auf seiner Brust verdeckt werden.«
»Das kannst du nicht machen!«, sirrte Athrava entsetzt. »Der Schwindel wird schneller herauskommen, als du deine Töchter in die Tarja-Bathas stecken kannst!«
»Das ist mir egal. Kenije bleibt hier, und damit basta. Ich gehe und heiße die Tarja-Batha willkommen. Ihr bleibt hier und sorgt dafür, dass Kebaren einen anständigen Eindruck macht. Kenije – wenn ich mit dem Mädchen zurückkomme, wirst du dich im Hintergrund halten. Wir werden ihr sagen, dass du bereits eine Gefährtin hast.«
Damit verließ Kebarro den Ajuthe.
Kenije beobachtete vom Eingang her, wie die anderen sich auf den unglücklichen Kebaren stürzten, um ihn zu schmücken, damit er wie ein Mann aussah. Aber Kebaren war kein Mann, und er hatte noch niemals eine Tardaja im Sturm geführt. Er war auch nie besonders interessiert gewesen, es zu lernen. Er war ein Nichtsnutz und ein Träumer, der stundenlang am Rand der Tardaja liegen und zu den Zeitgipfeln hinunterschauen konnte. Kenije mochte ihn trotzdem, und gerade darum war ihm der Gedanke zuwider, diesen Jungen auf eine Tarja-Batha zu schicken, wo er sich ständig bewähren musste.
Kekojen rutschte neben dem Eingang vom Ajuthe herunter, landete leicht und sicher und blickte erwartungsvoll zu Kenije auf.
»Nimmst du mich mit?«, fragte er summend. »Du kannst zwei von uns mitnehmen, das weißt du doch?«
»Kebaren wird gehen«, erklärte Kenije ruhig.
»Der?« Kekojen richtete sich entrüstet hoch auf und fuchtelte mit beiden Händen in der Luft herum. »Kebaren ist doch noch viel zu jung. Was will er mit einer Tarja-Batha anfangen? Er wird am erstbesten Zeitgipfel hängenbleiben!«
»Ja«, surrte Kenije nachdenklich. »Das ist anzunehmen.«
Kekojen wieselte an ihm vorbei und veranstaltete ein fürchterliches Geschrei, aber niemand hörte ihm zu.
»Komm«, sagte Athrava leise. Kenije zuckte unwillkürlich zusammen, denn er hatte nicht gemerkt, dass sie sich zu ihm gesellt hatte.
»Komm!«, wiederholte sie drängend, und er folgte ihr. Zu seiner Überraschung führte sie ihn in den inneren Bereich der Tardaja, und sie blieb erst dann stehen, als sie die von goldgelben Kammern umgebene Wasserzelle erreicht hatten.
»Was Kebarro da plant, ist ein Verbrechen«, sirrte sie. »Selbst Kekojen weiß das. Wenn die Zeit der lauen Winde endet und die kalten Stürme erwachen, wird die Tarja-Batha das Gleichgewicht verlieren und zerschellen. Das Mädchen allein kann das nicht verhindern, und Kebaren ist unfähig, ihm zu helfen.«
»Kebarro wird ihm jemanden mitgeben, der den Absturz verhindern kann.«
»Nein, das wird er nicht tun. Wen sollte er dafür bestimmen? Seine Söhne sind zu jung. Seine Töchter kann er nicht aussenden, weil für sie bereits genug Tarja-Bathas am Wachsen sind. Dich will er nicht wegschicken, weil du sein Leihkind bist – und mich kann er nicht neben Kebaren setzen, denn er hat deinem Vater sein Wort gegeben, dass wir beide zusammenbleiben werden. Kebar und Othara oder die anderen Alten kann er erst recht nicht schicken, denn sie gehören auf diese Tardaja. Er wird Kebaren gehen lassen und damit ihn, das Mädchen und die Tarja-Batha opfern.«
»Ja, das fürchte ich auch.«
»Nun, dann sind wir uns ja wohl einig.«
Kenije war keineswegs schwer von Begriff, aber er verstand trotzdem nicht, wie Athrava das meinte. Er war ein braver Carmena, der sich zeit seines Lebens mit den Gesetzen abgefunden hatte, auch wenn das oft sehr unbequem war. Er hasste die lauen Winde, und er liebte den Sturm, und oft träumte er davon, die Tardaja aus ihren vorgesehenen Bahnen zu reißen und dorthin zu fliegen, wo Zweisterns Kraft über die Macht der Zeitgipfel triumphierte; zu schauen, was noch niemand vor ihm geschaut hatte, Zusammenhänge zu begreifen, die ihm bis jetzt unbegreiflich waren. Aber das waren Träume, die er irgendwann vergessen würde – er war sich dieser Tatsache bewusst und akzeptierte sie.
»Wir können nichts tun, um das Unglück zu verhindern«, sagte er leise.
Athrava richtete sich hoch auf, und ihr für eine Frau viel zu heller Augenkranz funkelte.
»Wir können und wir werden!«, schnarrte sie zornig. »Denn wir beide, du und ich, werden Kebaren begleiten!«
*
Kenije war wie betäubt, und noch viel später, als Kebarro die fremde, junge Carmena in den Ajuthe führte, glaubte er, in einem bösen Traum gefangen zu sein.
Wie konnte Athrava es wagen, einen derart irrwitzigen Plan auch nur zu erdenken!
Aber dann sah er das Mädchen, und ihm wurde ganz seltsam zumute. Die Fremde saß im Kreis der Familie, und Kebarros Kinder umringten sie, aber Kenije sah nur sie, denn sie war wunderschön. Selbst der Ajuthe schien beeindruckt zu sein – nie zuvor, so wollte es Kenije scheinen, hatte er ein so sanftes Licht erzeugt.
»Nun?«, summte Athrava leise neben ihm. »Willst du sie wirklich ihrem Schicksal überlassen?«
Kenije machte eine verneinende Geste und starrte weiterhin wie hypnotisiert die Fremde an.
»Komm!«, befahl Athrava und ergriff seinen Arm.
Er wollte nicht gehen, aber Athrava gab keine Ruhe, und so folgte er ihr schließlich doch.
»Du kannst sie noch lange genug ansehen, wenn wir erst auf der Tarja-Batha sind«, erklärte sie ungeduldig. »Aber jetzt ist keine Zeit dazu, sie anzustarren. Lass uns nachsehen, was sie mitgebracht hat!«
Kenije glitt widerstrebend neben Athrava her, denn er fürchtete, dass Kebarro seine Abwesenheit bemerken und Verdacht schöpfen könnte, aber Athrava wies alle derartigen Bedenken schroff zurück.
»Er hat jetzt keine Zeit, sich über sein Leihkind den Kopf zu zerbrechen«, behauptete sie. »Er wird Mühe haben, den armen Kebaren als einen guten Gefährten hinzustellen, und das wird ihn noch für eine ganze Weile beschäftigen. Da ist die Tarja-Batha!«
Kenije blieb abrupt stehen. Er hatte schon viele Tarja-Bathas gesehen, aber diese hier erschien ihm schöner als alle anderen.
»Sehr jung«, bemerkte Athrava kritisch. »Sieh dir den Ajuthe an – der bietet kaum Platz für drei Carmena. Und die Zentralblätter – oh, es wird schwer sein, sie im Sturm zu halten.«
»Unsinn«, summte Kenije vor sich hin. »Sie ist etwas Besonderes.«
»Ich glaube kaum, dass sie sich freiwillig von ihrer Tardaja gelöst hat«, fuhr Athrava fort. »Bestimmt hat die Familie des Mädchens nachgeholfen. Hoffentlich ist wenigstens die Trennungsstelle ordentlich versorgt. Kommst du mit?«
»Wohin?«, fragte Kenije verträumt.
»Auf die Tarja-Batha, Dummkopf!«
»Ja, gewiss. Ich werde den Ajuthe besichtigen.«
»Bei Zweisterns Güte!«, schnarrte Athrava zornig. »Hat sie dir bereits so sehr den Kopf verdreht? Wach auf, Kenije!«
»Wie?«, fragte er. »Was ist los?«
»Du sollst zu dir kommen – oder du landest nie in diesem Ajuthe, sondern auf irgendeinem Zeitgipfel. Kebarro wird außer sich vor Wut sein, wenn er uns auf die Schliche kommt. Also verbirg deine Gefühle gefälligst, bis wir weit genug von ihm und seiner Tardaja entfernt sind!«
An Kebarro hatte Kenije schon gar nicht mehr gedacht, denn in seinen Gedanken steuerte er bereits diese zarte, junge Tarja-Batha durch die Lüfte. Athravas Ermahnungen brachten ihn wieder halbwegs auf den Boden der Tatsachen zurück, und er bekam es mit der Angst zu tun. Aber es war nicht nur Kebarro, vor dem er sich fürchtete. »Lass uns umkehren«, wisperte er. »Wir dürfen das nicht tun. Zweistern wird uns bestrafen!«
Athrava stieß ein belustigtes Summen aus.
»Wenn Zweistern so empfindlich wäre, dürften viele Carmena nicht mehr leben«, behauptete sie und wechselte geschickt auf die Tarja-Batha hinüber. »Glaubst du, du wärest das erste Leihkind, das einen derartigen Versuch unternimmt? Jeder junge Carmena hat das Recht, einmal eine Tarja-Batha zu fliegen. Willst du darauf verzichten?«
Das wollte Kenije auf keinen Fall, aber andererseits war er beileibe nicht der einzige Carmena, dem dies geschah. Die Tardajas konnten recht alt werden und mehrere Generationen von Carmena durch die Lüfte tragen. Normalerweise war es das älteste Kind, das auf der Tardaja seiner Familie blieb und für das man einen Gefährten oder eine Gefährtin von einer anderen Familie holen musste. Meistens geschah das, indem zwei befreundete Familien einen Kindestausch von Neugeborenen des entsprechenden Geschlechts vornahmen. Auch Kebarro hatte seinen ältesten Sohn weggegeben und dafür einen potentiellen Gefährten für seine älteste Tochter erhalten. Aber dieser junge Carmena war schon als Kind gestorben, und darum hatte er sich ein Leihkind nehmen müssen.
Kenije konnte sich nicht über Kebarro und die anderen beklagen, aber er war auch nicht gerade glücklich auf dieser fremden Tardaja. Er war schon zu alt gewesen, als man ihn zu Kebarro brachte, und er würde nie imstande sein, sich in dieser Umgebung wirklich heimisch zu fühlen. Abgesehen davon war Kebarros Tardaja schon viel zu alt und zu groß, um jene Höhenflüge zu vollführen, von denen Kenije träumte.
Er fühlte sich innerlich wie zerrissen, während er zusah, wie Athrava die Tarja-Batha inspizierte. Der bloße Anblick dieser jungen Pflanze versetzte ihn in Euphorie, aber gleichzeitig sagte ihm sein Verstand, dass er kein Recht hatte, sich seinen Pflichten zu entziehen.
»Sie ist in Ordnung«, sagte Athrava schließlich und kehrte auf die Tardaja zurück. »Es wird ein bisschen eng werden, aber das gibt sich mit der Zeit. Hast du es dir überlegt?«
Kenije wandte sich schweigend ab und kehrte zum Ajuthe zurück.
Den ganzen Abend über saß er schweigsam in einer Ecke, und selbst Kebarro war erstaunt über so viel Zurückhaltung, denn er konnte schließlich nicht wissen, welche Gedanken den jungen Mann bewegten.
Das fremde Mädchen hieß Ophra, und im Vergleich zu ihr wirkten Kebarros Töchter plump und ungeschickt. Kenije mochte keine von ihnen, und am allerwenigsten mochte er Keba, die älteste von ihnen. Glücklicherweise war Keba die Lieblingstochter ihres Vaters, und nachdem sie sehr deutlich gezeigt hatte, dass auch sie nicht darauf erpicht war, Kenijes Gefährtin zu werden, war Kebarro schweren Herzens bereit, seinem Leihkind die freie Wahl zu überlassen. Kenije hatte sich daraufhin halb und halb für Keithara entschieden – nicht zuletzt deshalb, weil sie noch ein Kind war und er dadurch eine Gnadenfrist bekam. Gegen Ophra war auch Keithara nicht mehr als eine Notlösung.
Als es zu dämmern begann, begab sich die ganze Familie in feierlichem Zuge zur Tarja-Batha, und Ophra übergab Kebarro die Brutknolle, wie es der Brauch war, und Kebarro gab das Geschenk an Kebaren weiter, womit endgültig festgelegt war, dass er es war, der die Reise antreten sollte. Kebaren schien inzwischen ganz vergessen zu haben, dass er noch längst kein Mann war. Stolz und glücklich trug er die Brutknolle ins Zentrum der Tardaja und deponierte sie in einer der goldenen Kammern. Dann holte er eine andere Brutknolle, gab sie seinem Vater, und der reichte sie an Ophra weiter – der Bund war geschlossen und besiegelt, und es ließ sich nichts mehr daran ändern. Kenije war innerlich wie erstarrt vor Kummer und Schmerz, und als die anderen in den Ajuthe zurückkehrten, um Kebarens Vermählung zu feiern, blieb er noch lange im Bereich der goldenen Kammern und blickte regungslos zu den hohen, schimmernd weißen Blättern auf.