Andrea Heigl, Philipp Hacker
Andrea Heigl, Philipp Hacker
Czernin Verlag, Wien
Heigl, Andrea; Hacker, Philipp: Politik 2.0, Demokratie im Netz / Andrea Heigl,
Philipp Hacker
Wien: Czernin Verlag 2010
ISBN: 978-3-7076-0343-9
© 2010 Czernin Verlags GmbH, Wien
Umschlaggestaltung: sensomatic
Satz: Inge Mayer
Lektorat: Eva Steffen
Produktion: NAKADAKE ()
ISBN E-Book: 978-3-7076-0343-9
ISBN PDF: 978-3-7076-0369-9
ISBN Print: 978-3-7076-0330-9
Alle Rechte vorbehalten, auch das der auszugsweisen Wiedergabe
in Print- oder elektronischen Medien
Es war Anfang der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, als sich eine neue Form der Massenkommunikation etablierte, in die große Erwartungen gesetzt wurden: »Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens (…), wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden, sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn auch in Beziehung zu setzen«, schrieb Bert Brecht in seiner Radiotheorie.
Rund 80 Jahre später ist dieser Kommunikationsapparat längst erfunden. Das Internet konnte von seiner ersten Stunde an, was das Radio bis heute nicht gelernt hat: Es macht den Empfänger zum Sender (und umgekehrt) und ermöglicht sekundenschnellen Informationsaustausch. Durch die Entwicklung in Richtung Web 2.0, also des Mitmach-Netzes, mit den Protagonisten Facebook, YouTube, Twitter und Co. wird das stetig deutlicher. Ohne größere technische Vorkenntnisse kann jeder User Content erzeugen, ohne den das WWW nicht mehr vorstellbar wäre.
Das verändert die Art wie wir leben, unsere Informationsbeschaffung, unseren Konsum, sogar die Definitionen von sozialen Beziehungen. (Denn wer hat im »echten« Leben schon, wie auf Facebook gang und gäbe, mehrere hundert Freunde?) Wie so oft hinkt die Politik dieser gesellschaftlichen Entwicklung hinterher und muss nun auf einen fahrenden Zug aufspringen. Das lässt die Versuche, Netz-adäquat zu kommunizieren, mitunter holprig wirken. Authentizität und Glaubwürdigkeit sind bei der Nutzung des Web 2.0 und der Nähe zum Bürger, die dadurch erzeugt wird, unabdingbar und zudem viel wichtiger als technische Spielereien.
Auf die Frage, wie Parteien im Internet präsent sein sollen, gibt es daher viele mögliche Antworten. Auf die Frage, ob sie im Internet präsent sein sollen, gibt es nur eine mögliche Antwort: Ja! Spätestens seit dem Wahlerfolg Barack Obamas in den USA hat sich auch in die verstaubtesten Winkel der europäischen Parteizentralen herumgesprochen, dass ohne das WWW schlicht nichts mehr geht.
Wieso war Obama so erfolgreich, was kann man sich von ihm abschauen und was nicht? Wie gehen österreichische Parteien an das Thema Internet heran und wie viel Bewegung hat das Netz abseits der festgefahrenen Strukturen in die österreichische Polit-Szene gebracht? Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Das demokratische Potenzial des Internets ist nicht zu überschätzen und bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Auch das hat Brecht – wenn auch in Bezug auf das Radio – übrigens schon vor 80 Jahren vorausgesagt: »Undurchführbar in dieser Gesellschaftsordnung, durchführbar in einer anderen, dienen die Vorschläge, welche doch nur eine natürliche Konsequenz der technischen Entwicklung bilden, der Propagierung und Form dieser anderen Ordnung. (…) Sollten Sie dies für utopisch halten, so bitte ich Sie, darüber nachzudenken, warum es utopisch ist.«
Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden oft nur die männliche Form verwendet, die selbstverständlich für beide Geschlechter verstanden werden soll.