Cover
Robert Ludlum
Eric van Lustbader


BOURNE
Das Bourne-Attentat


THRILLER


Aus dem amerikanischen Englisch von Norbert Jakober


Inhaltsverzeichnis

Das Buch
Die Autoren
Widmung
Prolog - HOCHSICHERHEITSGEFÄNGNIS KOLONIE 13, NISCHNI TAGIL, RUSSLAND CAMPIONE D’ITALIA, SCHWEIZ
BUCH EINS
Kapitel eins
Kapitel zwei
Kapitel drei
Kapitel vier
Kapitel fünf
Kapitel sechs
Kapitel sieben
Kapitel acht
Kapitel neun
Kapitel zehn
Kapitel elf
Kapitel zwölf
Kapitel dreizehn
BUCH ZWEI
Kapitel vierzehn
Kapitel fünfzehn
Kapitel sechzehn
Kapitel siebzehn
Kapitel achtzehn
Kapitel neunzehn
Kapitel zwanzig
Kapitel einundzwanzig
Kapitel zweiundzwanzig
Kapitel dreiundzwanzig
Kapitel vierundzwanzig
Kapitel fünfundzwanzig
Kapitel sechsundzwanzig
Kapitel siebenundzwanzig
BUCH DREI
Kapitel achtundzwanzig
Kapitel neunundzwanzig
Kapitel dreißig
Kapitel einunddreißig
Kapitel zweiunddreißig
Kapitel dreiunddreißig
Kapitel vierunddreißig
Kapitel fünfunddreißig
Kapitel sechsunddreißig
Kapitel siebenunddreißig
Kapitel achtunddreißig
Kapitel neununddreißig
Kapitel vierzig
Kapitel einundvierzig
Kapitel zweiundvierzig
Kapitel dreiundvierzig
Kapitel vierundvierzig
Kapitel fünfundvierzig
Mein Dank gilt
Eine kleine Anmerkung für meine Leser
Bonusmaterial
Titel
Copyright

Mein Dank gilt

Den furchtlosen Journalisten von The Exile.
Bournes Abenteuer in Moskau
und Arkadins Geschichte in Nischni Tagil
wären ohne ihre Arbeit nicht denkbar.

 

Gregg Winter, der mich mit den technischen Grundlagen des Transports von Flüssigerdgas vertraut gemacht hat.

 

Henry Morrison, der zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Hinweis parat hatte.

Eine kleine Anmerkung für meine Leser

Ich versuche mich in meinen Romanen so weit wie möglich an die Tatsachen zu halten – dennoch handelt es sich hier um eine erfundene Geschichte.

Um die Handlung möglichst spannend zu machen, habe ich mir hier und da eine gewisse künstlerische Freiheit erlaubt, was bestimmte Orte, Dinge und vielleicht auch Zeiten betrifft.

Ich hoffe, meine Leser sehen großzügig über diese kleinen Unregelmäßigkeiten hinweg und genießen die Reise.

Bonusmaterial

Robert Ludlum
Eric van Lustbader
Die Jason Bourne Serie
© William C. Minarich
Die Serie
 
Jason Bourne arbeitete früher als Auftragskiller für die CIA. Nach einem Gedächtnisverlust will er unter seinem bürgerlichen Namen David Webb ein ruhiges Leben führen. Doch seine gewalttätige Vergangenheit holt ihn immer wieder ein.
 
Die Autoren
 
Robert Ludlum wird am 25. Mai 1927 in New York City geboren. Mit 14 Jahren verläßt er sein Elternhaus, um zur Bühne zu gehen. Nachdem er von seiner Mutter nach Hause zurückgeholt wird, schafft er drei Jahre später den Absprung und geht zunächst zum Militär. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs beginnt er eine Karriere als Schauspieler. Trotz seines Erfolges am Theater und im Fernsehen und auch als Produzent, beschließt er mit vierzig, diese Karriere an den Nagel zu hängen, und studiert Kunstgeschichte. Seine »vierte« Karriere als Schriftsteller beginnt 1971 mit seinem ersten Buch Das Scarlatti-Erbe, welches auf Anhieb Platz 1 der Bestsellerlisten erreicht. Zahlreiche weitere Bestseller folgen. Seine Bücher werden in mehr als 30 Sprachen übersetzt, in mehr als 40 Ländern veröffentlicht und erreichen eine Auflage von über 200 Millionen Exemplaren. Die Bourne Identität (1980) markiert schließlich die Geburtsstunde seines legendärsten Helden: David Webb, alias Jason Bourne. Robert Ludlum starb am 12. März 2001. Seitdem wird die Serie vom internationalen Bestsellerautor Eric van Lustbader im Geiste ihres Schöpfers fortgeführt.
 
Die Filme
 
Agent ohne Namen (1988) mit Richard Chamberlain
Die Bourne Identität (2002) mit Matt Damon
Die Bourne Verschwörung (2004) mit Matt Damon
Das Bourne Ultimatum (2007) mit Matt Damon
Das Bourne Vermächtnis (2012) mit Jeremy Renner
Jason Bourne (2016) mit Matt Damon
1. Die Bourne Identität (The Bourne Identity, 1980)
Stell dir vor, du weißt nicht mehr, wer du bist, und das Erste, was du über dich herausfindest, ist, dass du ziemlich gut schießen kannst. Jason Bourne ist ein Mensch ohne Vergangenheit und ohne Zukunft – gejagt von mächtigen Feinden; geliebt von einer schönen Frau, die nicht glauben kann, dass er wirklich das ist, was sich langsam herauskristallisiert: ein Auftragskiller.

Die Geburtsstunde eines legendären Actionhelden: Jason Bourne!
2. Das Bourne Imperium (The Bourne Supremacy, 1986)
Im Hinterzimmer eines Hongkonger Nachtlokals werden fünf Leichen gefunden. Einer der Ermordeten ist der Vizepräsident der Volksrepublik China. Alle Spuren deuten auf Jason Bourne. Nur wenige wissen: Ein Unbekannter missbraucht Jason Bournes Identität. Und so stürzt sich der wahre Jason Bourne erneut in eine Welt der Gewalt und des Verbrechens, eine Welt, der er für immer zu entkommen hoffte.

»Schwindelerregend, nervenzerfetzend, rätselhaft, bedrohlich, kurz: ludlumesque.« Publishers Weekly
3. Das Bourne Ultimatum (The Bourne Ultimatum, 1990)
David Webb hatte geglaubt, Jason Bourne für immer entkommen zu sein. Doch nun holt ihn die Vergangenheit ein. Der Schakal, sein alter Todfeind, ist ihm und seiner Familie auf den Fersen, doch Webb weigert sich zu fliehen. In der verhassten Identität des Profikillers Jason Bourne stellt er sich dem Kampf und ist bald einer Verschwörung internationalen Ausmaßes auf der Spur.

»Ludlum packt mehr Action in seine Thriller als fünf seiner Kollegen zusammen.« The New York Times
4. Das Bourne Vermächtnis (The Bourne Legacy, 2004)
David Webb lebt zurückgezogen in der Nähe von Washington und lehrt als Professor an der Universität von Georgetown. Nichts erinnert mehr an die Gefahren seines früheren Lebens als Profikiller der CIA. Doch die Vergangenheit holt ihn ein, als er plötzlich selbst ins Visier eines Killers gerät. Webb wird wieder zu dem Mann, der er nie sein wollte: Jason Bourne.

»Ludlum beherrscht unangefochten das Feld des klassischen Polit- und Agenten-Thrillers.« Chicago Tribune
5. Der Bourne Betrug (The Bourne Betrayal, 2007)
Jason Bourne kommt nicht zur Ruhe. Als er erfährt, dass sein Freund, der CIA-Agent Martin Lindros, in Äthiopien vermisst wird, zögert Bourne nicht lange und macht sich sofort auf den Weg nach Afrika, um Lindros zu suchen. Doch kaum angekommen, entgeht er nur knapp einem Attentat. Ist Lindros wirklich der, der er vorgibt zu sein?

»Die explosive Fortsetzung einer unerreichten Traditionsserie.« Bookreporter.com
6. Das Bourne Attentat (The Bourne Sanction, 2008)
Als Jason Bourne Informationen über einen drohenden Terroranschlag auf amerikanischem Boden zugespielt werden, begibt er sich sofort auf die gefährliche Jagd nach den Killern. Doch zu spät erkennt er, wer der eigentliche Drahtzieher des Attentats ist. Bourne gerät selbst ins Visier der Terroristen. Ein tödlicher Wettlauf beginnt.

»Ein Spionage-Thriller, der selbst den erfahrensten Lesern bis zum Ende Rätsel aufgibt. Rasantes Tempo, jede Menge Action – ein Muss!« Booklist
7. Die Bourne Intrige (The Bourne Deception, 2009)
Nach einem mörderischen Zweikampf mit dem russischen Killer Leonid Arkadin taucht Jason Bourne schwer verletzt auf Bali unter. Er täuscht seinen Tod vor und nimmt eine neue Identität an. Im Geheimen plant er die finale Hetzjagd auf den Killer. Doch Arkadin hat Bournes Manöver längst durchschaut. Ein teuflisches Katz-und-Maus-Spiel nimmt seinen Lauf.

»Der größte Thriller-Autor aller Zeiten.« The New Yorker
8. Das Bourne Duell (The Bourne Objective, 2010)
Jason Bourne ist auf Bali untergetaucht, wo er in den Besitz eines mysteriösen Rings gelangt. Die Inschrift des Rings verweist auf eine im Geheimen operierende Organisation. Bournes Weg führt nach Marokko, wo er das Machtzentrum der Gruppe vermutet. Hier trifft er auf seinen Todfeind Leonid Arkadin, und ein unerbittlicher Kampf entbrennt. Doch scheinen beide in eine tödliche Falle getappt zu sein.

»Genau das Richtige für Thriller-Fans, die Verschwörungen, Adrenalinrausch und weltumspannende Abenteuer lieben.« Library Journal
9. Der Bourne Befehl (The Bourne Dominion, 2011)
Eine mächtige internationale Organisation schickt sich an, der amerikanischen Wirtschaft einen vernichtenden Schlag zu versetzen. Doch zuvor muss der Mann beseitigt werden, der ihr als Einziger gefährlich werden kann: Jason Bourne. Ausgerechnet Bournes russischer Freund Boris Karpow wird auf den amerikanischen Top-Agenten angesetzt. Findet Karpow einen Weg aus der tödlichen Zwickmühle?

»Fans der Bourne-Filme werden dieses Buch verschlingen.« Booklist
10. Der Bourne Verrat (The Bourne Imperative, 2012)
Vor der schwedischen Küste zieht Jason Bourne einen Bewusstlosen aus dem Meer. Als der Mann zu sich kommt, fehlt ihm jede Erinnerung an sein bisheriges Leben – eine unheimliche Parallele zu Bournes eigenem Schicksal. Die Lösung scheint in einem geheimen Mossad-Lager im Libanon zu liegen, in das sich Bourne Wochen zuvor geflüchtet hatte. Was geht dort vor sich? In letzter Minute erkennt Bourne einen zerstörerischen Plan, der nicht nur sein Leben, sondern die Sicherheit der Welt bedrohen könnte.

»Rasant, actiongeladen und voller unvorhersehbarer Wendungen. « The Daily Reporter
11. Die Bourne Vergeltung (The Bourne Retribution, 2013)
Jason Bourne ist am Boden zerstört, als seine Gefährtin, die Mossad-Agentin Rebekka, bei einem gemeinsamen Einsatz in Mexiko getötet wird. So nimmt er den Auftrag an, für den ihn der Chef des israelischen Geheimdienstes gewinnen will: den chinesischen Minister Ouyang Jidan auszuschalten, der nicht nur für Rebekkas Tod verantwortlich ist, sondern mit seinen dunklen Plänen eine Bedrohung für die gesamte westliche Welt darstellt.

»Beginnen Sie nie mit der Lektüre eines Ludlum-Thrillers, wenn Sie am nächsten Tag arbeiten müssen.« Chicago Sun- Times
12. Die Bourne Herrschaft (The Bourne Ascendancy, 2014)
Ein politischer Gipfel in Doha wird von einer Gruppe Schwerbewaffneter überfallen. Jason Bourne ist als Doppelgänger eines syrischen Ministers mittendrin und gerät in die Gewalt des berüchtigten Terroristen El Ghadan. Wie sich zeigt, hat der Terrorchef auch Bournes enge Freundin Soraya Moore und deren kleine Tochter entführt. Sein grausames Ultimatum: Binnen einer Woche soll Bourne den Präsidenten der USA töten. Gelingt es ihm nicht, werden Mutter und Kind sterben. Die Uhr tickt …

»Es bleibt dabei: Ludlum ist der perfekte Thriller-Autor.« Newsweek




Weitere Bände in Vorbereitung.
Mehr Informationen unter heyne.de/ludlum

Kapitel eins

»Wer ist David Webb?«

Moira Trevor stand vor seinem Schreibtisch in der Georgetown University und stellte die Frage so ernst, dass Jason Bourne sich verpflichtet fühlte, sie zu beantworten.

»Seltsam«, sagte er, »das hat mich noch nie jemand gefragt. David Webb ist ein Linguist, er hat zwei Kinder, die glücklich bei ihren Großeltern« – Maries Eltern – »leben, auf einer Ranch in Kanada.«

Moira runzelte die Stirn. »Vermisst du sie denn nicht?«

»Ich vermisse sie ganz furchtbar«, antwortete Bourne, »aber es geht ihnen dort, wo sie sind, einfach viel besser. Was für ein Leben könnte ich ihnen denn schon bieten? Und dazu kommt die ständige Gefahr durch meine Bourne-Identität. Marie wurde entführt und bedroht, um mich zu erpressen. Diesen Fehler mache ich nicht noch einmal.«

»Aber du siehst sie doch sicher hin und wieder?«

»So oft ich kann, aber es ist schwierig. Ich darf es nicht zulassen, dass mir jemand zu ihnen folgt.«

»Das tut mir wirklich leid für dich«, sagte Moira aufrichtig und lächelte. »Ich muss sagen, es ist schon seltsam, dich hier in einer Universität an einem Schreibtisch zu sehen.« Sie lachte. »Soll ich dir eine Pfeife und ein Sakko mit Ellbogenpatches kaufen?«

Bourne lächelte. »Ich bin zufrieden hier, Moira.«

»Das freut mich für dich. Martins Tod war für uns beide nicht leicht zu verkraften. Mein Mittel gegen den Schmerz ist, dass ich mich in die Arbeit stürze. Deines ist offenbar hier, in einem neuen Leben.«

»Eigentlich ein altes Leben, genaugenommen.« Bourne sah sich in seinem Büro um. »Marie war am glücklichsten, wenn ich unterrichtet habe, wenn ich jeden Tag rechtzeitig nach Hause kam, um mit ihr und den Kindern zu Abend zu essen.«

»Und du?«, fragte Moira. »Warst du auch glücklich damit?«

Bournes Gesicht verdunkelte sich. »Ich war glücklich, wenn ich mit Marie zusammen war.« Er wandte sich ihr zu. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das zu irgendjemand anderem sagen könnte als zu dir.«

»Ein seltenes Kompliment von dir, Jason.«

»Sind meine Komplimente wirklich so selten?«

»So wie Martin bist du ein Meister darin, Geheimnisse zu bewahren«, antwortete sie. »Aber ich habe meine Zweifel, ob das besonders gesund ist.«

»Gesund ist es bestimmt nicht«, bestätigte Bourne. »Aber es ist das Leben, das wir uns ausgesucht haben.«

»Weil wir gerade davon sprechen«, sagte sie und setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl. »Ich bin ein bisschen früher gekommen, als wir eigentlich zum Essen verabredet waren, weil ich noch über eine Sache mit dir sprechen wollte, die auch mit der Arbeit zu tun hat. Aber wenn ich sehe, wie zufrieden du hier bist, weiß ich nicht, ob ich weitersprechen soll.«

Bourne erinnerte sich an den Tag, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte – eine schlanke, gut gebaute Gestalt im Nebel, mit ihrem dunklen Haar, das ihr Gesicht umrahmte. Sie stand an der Brüstung der ehemaligen Klosteranlage The Cloisters, von wo man auf den Hudson River hinunterblickte. Sie waren beide gekommen, um sich von ihrem gemeinsamen Freund Martin Lindros zu verabschieden, den Bourne mit aller Kraft zu retten versucht hatte, was ihm aber letztlich nicht gelang.

Heute war Moira mit einem Hosenanzug aus Wolle bekleidet, dazu trug sie eine Seidenbluse, die am Hals offen war. Ihr Gesicht war ausdrucksvoll, mit einer markanten Nase und intelligenten braunen Augen, und ihr Haar fiel in prächtigen Locken auf die Schultern. Sie strahlte eine ungewöhnliche Gelassenheit aus. Sie war eine Frau, die wusste, was sie wollte, und die sich von niemandem – egal ob Mann oder Frau – einschüchtern ließ.

Vielleicht war es das, was Bourne ganz besonders an ihr gefiel. Zumindest in diesem Punkt – wenn auch in keinem anderen – war sie wie Marie. Er wusste nicht, welcher Art ihre Beziehung zu Martin war, aber er vermutete, dass sie sich geliebt hatten, nachdem Martin ihm aufgetragen hatte, für den Fall, dass er unerwartet sterben sollte, Moira ein Dutzend rote Rosen zu schicken. Das hatte Bourne dann auch getan, mit einer Traurigkeit, die sogar ihn überraschte.

Wie sie auf ihrem Sessel saß, ein wohlgeformtes Bein über das andere geschlagen, sah sie wie ein Paradeexemplar einer europäischen Karrierefrau aus. Sie hatte ihm erzählt, dass sie halb französischer und halb englischer Abstammung war, aber sie hatte auch noch etwas von ihren entfernten venezianischen und türkischen Vorfahren im Blut. Sie war stolz auf das Feuer, das sie von ihren verschiedenen Ahnen geerbt hatte – das Ergebnis, wie sie meinte, von kriegerischen Auseinandersetzungen und leidenschaftlicher Liebe.

»Sprich weiter«, forderte er sie auf und beugte sich vor, die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt. »Ich möchte hören, was du mir zu sagen hast.«

Sie nickte. »Gut. Wie gesagt, NextGen Energy Solutions hat unser neues Flüssiggas-Terminal in Long Beach fertiggestellt. Unsere erste Lieferung soll in zwei Wochen kommen. Mir kam da so eine Idee, die mir jetzt selbst ziemlich verrückt vorkommt, aber ich sage es trotzdem. Ich hätte gerne, dass du dich um die Sicherheitsvorkehrungen kümmerst. Meine Chefs sind besorgt, dass das Verladeterminal eine äußerst verlockende Zielscheibe für irgendwelche Terrorgruppen darstellt, und ich sehe das auch so. Ehrlich gesagt, fällt mir niemand ein, der die Anlage sicherer machen könnte als du.«

»Ich fühle mich geschmeichelt, Moira. Aber ich habe Verpflichtungen hier. Wie du weißt, hat mich Professor Specter zum Leiter der Abteilung für komparative Linguistik ernannt. Ich will ihn nicht enttäuschen.«

»Ich mag Dominic Specter, Jason, wirklich. Er ist ja so etwas wie dein Mentor – genau gesagt, David Webbs Mentor, nicht wahr? Aber ich habe dich als Jason Bourne kennengelernt. Wer ist Jason Bournes Mentor?«

Bournes Gesicht verdüsterte sich, so wie zuvor, als sie von Marie gesprochen hatten. »Alex Conklin ist tot.«

»Wenn du mit mir zusammenarbeitest, könntest du ganz unbelastet an die Sache herangehen. Überleg es dir. Es ist eine Chance, dein altes Leben hinter dir zu lassen – sowohl das von David Webb als auch das von Jason Bourne. Ich fliege demnächst nach München, weil dort ein wichtiger Bestandteil des Terminals hergestellt wird. Ich brauche die Meinung eines Experten, wenn ich die technischen Details überprüfen soll.«

»Moira, es gibt eine Menge Experten, die das erledigen können.«

»Aber keinen, auf dessen Meinung ich so vertrauen würde wie auf die deine. Das ist eine wirklich wichtige Sache, Jason. Mehr als die Hälfte aller Güter, die per Schiff in die Vereinigten Staaten gelangen, kommen über Long Beach – deshalb müssen unsere Sicherheitsvorkehrungen dort wirklich ganz besonders gut sein. Die US-Regierung hat schon signalisiert, dass sie weder die Zeit noch die Absicht hat, den Handelsverkehr zu sichern, also müssen wir uns selbst darum kümmern. Die Gefahr ist in diesem Fall wirklich ernst und sehr real. Ich weiß, wie gut du darin bist, selbst die perfektesten Sicherheitssysteme zu umgehen. Du bist der ideale Kandidat, wenn es darum geht, ganz unkonventionelle Maßnahmen zu installieren.«

Bourne stand von seinem Platz auf. »Moira, hör zu. Marie war David Webbs größter Fan. Seit ihrem Tod habe ich mich weit von ihm entfernt. Aber er ist nicht tot, er lebt in mir weiter. Ich träume oft von seinem Leben, als würde es zu einem anderen gehören, und dann wache ich schweißgebadet auf. Ich fühle mich so, als wäre ein Teil von mir abgetrennt. So will ich mich nicht mehr fühlen. Es ist Zeit, David Webb das zu geben, was ihm zusteht.«

 

Veronica Harts Schritte waren unbekümmert und leicht, als sie einen Checkpoint nach dem anderen passierte, auf dem Weg in den Bunker, den der Westflügel des Weißen Hauses in Wahrheit darstellte. Der Job, den man ihr übertragen würde  – Direktorin der Central Intelligence –, war eine schwierige Aufgabe, vor allem nach dem Desaster des vergangenen Jahres, als die CI von Terroristen infiltriert und der Direktor ermordet wurde. Trotzdem war sie in ihrem ganzen Leben noch nie glücklicher gewesen als jetzt. Sie hatte immer beharrlich auf ihre Ziele hingearbeitet; dass man ihr jetzt eine solche Verantwortung übertrug, war die größtmögliche Anerkennung und der Lohn für all die mühsame Arbeit, die Rückschläge und die Drohungen, die sie aufgrund ihres Geschlechts hatte einstecken müssen.

Und mit ihren sechsundvierzig Jahren war sie der jüngste Chef, den der Geheimdienst je hatte. Doch es war nichts Neues für sie, etwas als Jüngste zu erreichen. Mit ihrer außergewöhnlichen Intelligenz und ihrer Entschlossenheit hatte sie es geschafft, als Jüngste ihr Studium abzuschließen, als Jüngste zum Militärgeheimdienst berufen zu werden, danach ins Armeekommando, um schließlich einen höchst lukrativen Posten beim privaten Sicherheitsdienst Black River zu bekleiden, wo sie in Afghanistan und am Horn von Afrika im Einsatz war – und zwar in so geheimer Mission, dass nicht einmal die Leiter der sieben Hauptverwaltungen der CI genau wussten, wo und mit welchem Auftrag sie dort unterwegs war.

Und jetzt war sie nur noch wenige Schritte vom Gipfel entfernt, dem Höchsten, was man im Geheimdienstgeschäft erreichen konnte. Sie hatte erfolgreich alle Hürden gemeistert, war den Fallen ausgewichen und hatte gelernt, mit wem sie sich gutstellen musste und mit wem sie sich besser nicht einließ. Immer wieder waren Gerüchte aufgetaucht, in denen ihr unschickliches Verhalten und Affären nachgesagt wurden, und auch, dass ihre männlichen Untergebenen eigentlich die Kopfarbeit für sie erledigen würden. Es gelang ihr ausnahmslos, die Lügen zu entlarven und in manchen Fällen sogar diejenigen zu Fall zu bringen, die dahintersteckten.

Sie war längst jemand, mit dem man rechnen musste – eine Tatsache, die sie zu Recht genoss. Und so ging sie frohen Herzens zu dem Treffen mit dem Präsidenten. In ihrer Aktentasche hatte sie eine dicke Mappe mit detaillierten Plänen, in denen sie darlegte, wie sie die CI zu verändern gedachte, um das Chaos in den Griff zu bekommen, das durch Karim al-Jamil und die Ermordung ihres Vorgängers entstanden war. Die Stimmung innerhalb der CI war verständlicherweise auf dem Tiefpunkt, und natürlich waren die Leiter der einzelnen Abteilungen verärgert, weil jeder von ihnen der Meinung war, er hätte eigentlich zum Direktor der CI ernannt werden müssen.

Doch sie hatte bereits eine Reihe von Maßnahmen im Auge, wie sie innerhalb der Organisation für Ordnung sorgen und die allgemeine Arbeitsmoral wieder heben würde. Sie war absolut sicher, dass der Präsident nicht nur mit ihren Plänen hochzufrieden sein würde, sondern auch mit dem Tempo, mit dem sie sie umsetzen würde. Ein so wichtiger Geheimdienst wie die CI durfte nicht auf Dauer in Verzweiflung und Frustration versinken. Nur die »black ops«, die »schwarzen Operationen«, die Martin Lindros unter dem Namen Typhon zur Terrorbekämpfung ins Leben gerufen hatte, funktionierten so, wie sie sollten, und das verdankte sie der neuen Leiterin dieser Abteilung, Soraya Moore. Sorayas Amtsübernahme war völlig reibungslos verlaufen. Ihre Leute liebten sie und wären mit ihr durchs Feuer gegangen. Den Rest der CI würde sie selbst reparieren müssen, damit auch hier die alte Entschlossenheit zurückkehrte.

Sie war überrascht – ja, man konnte durchaus sagen, schockiert  –, dass im Oval Office nicht nur der Präsident saß, sondern auch Luther LaValle, der Geheimdienstzar des Pentagons, und sein Stellvertreter, General Richard P. Kendall. Sie ignorierte die beiden und ging direkt über den exquisiten blauen Teppich auf den Präsidenten zu, um ihm die Hand zu schütteln. Sie war groß und schlank von Statur. Ihr blondes Haar war in einer modischen Frisur geschnitten, die ein klein wenig männlich wirkte und ihr ein sehr professionelles Aussehen verlieh. Bekleidet war sie mit einem mitternachtsblauen Hosenanzug, Pumps mit niedrigen Absätzen und kleinen goldenen Ohrringen, und dazu war sie äußerst dezent geschminkt. Ihre Fingernägel waren kurz geschnitten.

»Bitte, setzen Sie sich, Veronica«, forderte sie der Präsident auf. »Sie kennen Luther La Valle und General Kendall.«

»Ja.« Veronica nickte kurz. »Gentlemen, freut mich, Sie zu sehen.« Obwohl das genaue Gegenteil der Fall war.

Sie hasste La Valle. In vielerlei Hinsicht war er der gefährlichste Mann im amerikanischen Geheimdienstwesen, nicht zuletzt deshalb, weil er den enorm mächtigen E. R. »Bud« Halliday, den amerikanischen Verteidigungsminister, hinter sich hatte. La Valle war ein machthungriger Egoist, der der festen Überzeugung war, dass er und seine Leute im amerikanischen Geheimdienstwesen das Sagen haben sollten. Und es war seinen Absichten durchaus dienlich, wenn Krieg oder allgemeine Unsicherheit herrschte. Außerdem hegte Veronica den Verdacht, dass er hinter einigen der schmutzigeren Gerüchte steckte, die über sie in Umlauf gebracht wurden. Er genoss es, den Ruf anderer Leute zu ruinieren und ihre Köpfe rollen zu sehen.

Seit Afghanistan und dem Irak hatte La Valle immer mehr die Initiative ergriffen und einiges unternommen, um »das Schlachtfeld für die kommenden Truppen vorzubereiten«, wie man im Pentagon alle nicht näher definierten Aktivitäten nannte. Mit der Zeit dehnte er die Geheimdienstarbeit des Pentagons immer weiter aus und engte damit den Spielraum der CI bedenklich ein. Es war ein offenes Geheimnis innerhalb der amerikanischen Geheimdienstkreise, dass er es auf die Agenten der CI und ihre gut eingespielten internationalen Netzwerke abgesehen hatte. Jetzt, wo der »große Alte« und auch sein logischer Nachfolger tot waren, musste man durchaus damit rechnen, dass La Valle auf die aggressivste Weise versuchen würde, noch mehr Macht an sich zu reißen. Und genau aus diesem Grund ließ die Anwesenheit von La Valle und seinem Wachhund bei Veronica auch alle Alarmglocken läuten.

Vor dem Schreibtisch des Präsidenten standen drei Stühle; nachdem zwei bereits besetzt waren, blieb Veronica nur noch der freie Platz in der Mitte. Es war gewiss kein Zufall, dass sie sich links und rechts von ihr platzierten. Veronica lachte innerlich. Wenn die beiden dachten, dass sie sie damit einschüchtern konnten, so hatten sie sich schwer getäuscht. Doch als der Präsident zu sprechen begann, hoffte sie sehr, dass ihr das Lachen nicht schon bald vergehen würde.

 

Dominic Specter kam gerade um die Ecke geeilt, als Bourne die Tür zu seinem Büro absperrte. Die tiefen Falten auf seiner hohen Stirn verschwanden für einen Augenblick, als er Bourne sah.

»David, ich bin froh, dass ich Sie noch treffe, bevor Sie weg sind!«, sagte er begeistert. Dann wandte er sich Bournes Begleiterin zu. »Und das gilt natürlich auch für die großartige Moira«, fügte er mit seinem ganzen Charme hinzu. Ganz der vollendete Gentleman, verneigte er sich vor ihr.

Dann wandte er sich wieder Bourne zu. Er war ein klein gewachsener Mann, der trotz seiner über siebzig Jahre noch voller Energie steckte. Sein runder Kopf war von einem Haarkranz umgeben, der von einem Ohr zum anderen reichte. Seine Augen waren dunkel und neugierig, und seine Haut braun getönt. Mit seinem breiten Mund wirkte er ein bisschen wie ein Frosch, der drauf und dran war, von einem Seerosenblatt zum nächsten zu hüpfen. »Es gibt da eine wichtige Sache, zu der ich gern Ihre Meinung hören würde.« Er lächelte. »Ich sehe, dass Sie heute Abend keine Zeit dafür haben. Aber könnten wir’s vielleicht morgen beim Abendessen besprechen?«

Bourne erkannte etwas hinter Specters Lächeln, das ihn nachdenklich machte; irgendetwas machte seinem Mentor Sorgen. »Wir könnten uns auch zum Frühstück treffen«, schlug er vor.

»Macht Ihnen das keine zu großen Umstände, David?«, fragte Specter, ohne jedoch seine Erleichterung zu verbergen.

»Also, Frühstück passt sogar noch besser für mich«, log Bourne, um Specter entgegenzukommen. »Acht Uhr?«

»Wunderbar! Ich freu mich schon.« Er nickte Moira noch kurz zu und ging weiter.

»Der Mann ist eine Wucht«, meinte Moira. »Hätte ich nur Professoren wie ihn gehabt.«

Bourne sah sie an. »Deine Uni-Jahre müssen die Hölle gewesen sein.«

Sie lachte. »So schlimm war’s auch wieder nicht, aber ich hatte ja auch nur zwei Jahre, bevor ich nach Berlin abhaute.«

»Wenn du Professoren wie Dominic Specter gehabt hättest, wärst du wahrscheinlich nicht weggegangen.« Sie gingen um eine größere Ansammlung von Studenten herum, die den neuesten Klatsch austauschten oder sich über eine Vorlesung unterhielten.

Sie schritten den Gang entlang, zur Tür hinaus und die Stufen auf den Campus hinunter. Raschen Schrittes strebten sie auf das Restaurant zu, wo sie zusammen essen wollten. Studenten strömten an ihnen vorbei und eilten die Wege zwischen Bäumen und Rasenflächen entlang. Die Wolken am Himmel zogen vorbei wie schnelle Segelschiffe auf hoher See, und es wehte ein nasskalter Winterwind vom Potomac herein.

»Es gab eine Zeit, da steckte ich in einer tiefen Depression. Ich wusste es schon, wollte es aber nicht akzeptieren – du weißt ja, wie das ist. Professor Specter war derjenige, der auf mich zuging und den Schutzpanzer durchbrach, hinter dem ich mich versteckte. Ich weiß bis heute nicht, wie er das angestellt hat und warum er sich überhaupt die Mühe gemacht hat. Er sagte einmal, dass er etwas von sich selbst in mir gesehen hat. Nun, wie auch immer, er wollte mir jedenfalls helfen.«

Sie gingen an dem von Efeu überwucherten Gebäude vorbei, in dem Specter, der inzwischen Direktor der School of International Studies an der Georgetown University war, sein Büro hatte.

»Professor Specter hat mir den Job am Linguistik-Institut gegeben. Es war wie ein Rettungsring für einen Ertrinkenden. Was ich am meisten brauchte, was das Gefühl von Ordnung und Stabilität. Ich weiß wirklich nicht, was aus mir geworden wäre, wenn er nicht gewesen wäre. Er hat erkannt, dass es mich glücklich macht, mich in einer Sprache zu verlieren. Egal, wer ich sonst noch war oder bin – meine Sprachkenntnisse sind etwas Konstantes in meinem Leben. Sprachen zu lernen ist im Grunde auch ein Geschichtsstudium. Es spiegelt die ständigen Auseinandersetzungen zwischen Ethnien und Religionen wider. Aus einer Sprache kann man so viel lernen, weil sie von der Geschichte geformt wurde.«

Sie hatten inzwischen den Campus verlassen und gingen die 36th Street hinunter, auf das »1789« zu, ein Lieblingsrestaurant von Moira, das in einem alten Federal Town House untergebracht war. Als sie ankamen, wurden sie im ersten Stock zu einem Fenstertisch in einem gedämpft beleuchteten altmodischen Raum mit Kerzen auf den Tischen geführt, die mit feinstem Porzellan und funkelnden Stielgläsern gedeckt waren.

Bourne beugte sich über den Tisch und sagte mit leiser Stimme: »Hör zu, Moira, ich möchte dir etwas sagen, was nur wenige wissen. Die Bourne-Identität verfolgt mich immer noch. Marie hat sich immer Sorgen gemacht, dass all das, was ich als Jason Bourne tun musste, mich irgendwann gefühllos machen könnte – dass ich irgendwann nach Hause kommen könnte und David Webb für immer fort sein würde. Das darf ich nicht zulassen.«

»Jason, wir beide haben doch jetzt einige Zeit miteinander verbracht, seit wir uns von Martin verabschiedet haben. Ich habe nie irgendein Anzeichen dafür bemerkt, dass du etwas von deiner Menschlichkeit verloren hättest.«

Sie lehnten sich zurück und schwiegen, als der Kellner ihre Getränke auf den Tisch stellte und ihnen die Speisekarten reichte. Als er gegangen war, sagte Bourne: »Das beruhigt mich wirklich. In der kurzen Zeit, die ich dich jetzt kenne, habe ich deine Meinung schätzen gelernt. Jemanden wie dich habe ich noch nie getroffen.«

Moira nahm einen Schluck von ihrem Drink und stellte das Glas ab, ohne den Blick von ihm zu wenden. »Danke. Aus deinem Mund ist das ein beachtliches Kompliment, vor allem weil ich weiß, wie viel dir Marie bedeutet hat.«

Bourne starrte in sein Glas.

Moira streckte den Arm über das makellose weiße Leinentischtuch aus und nahm seine Hand. »Es tut mir leid. Jetzt bist du traurig, weil du an sie denkst.«

Er sah auf ihre Hand hinunter, zog die seine aber nicht zurück. Als er aufblickte, sagte er: »Ich habe mich in so vielen Dingen auf sie verlassen. Und jetzt stelle ich fest, dass mir diese Dinge immer mehr entgleiten.«

»Ist das etwas Gutes oder etwas Schlechtes?«

»Genau das ist es«, sagte er. »Ich weiß es nicht.«

Moira sah den Schmerz in seinem Gesicht und wurde augenblicklich von Mitgefühl ergriffen. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie ihn in The Cloisters hatte stehen sehen. Er hielt die Bronzeurne mit Martins Asche so fest in der Hand, als wolle er sie nie mehr loslassen. Wenn Martin es ihr nicht schon gesagt hätte, dann hätte sie in diesem Augenblick gewusst, wie nahe sich die beiden gestanden hatten.

»Martin war dein Freund«, sagte sie schließlich. »Du hast dich in größte Gefahr begeben, um ihn zu retten. Das allein zeigt doch, wie viel Gefühl in dir steckt. Außerdem hast du ja vorhin selbst klar gesagt, dass du jetzt nicht Jason Bourne bist, sondern David Webb.«

Er lächelte. »Da hast du auch wieder recht.«

Ihre Miene verdunkelte sich. »Ich möchte dir eine Frage stellen, aber ich weiß nicht, ob ich das Recht dazu habe.«

Sein Lächeln verschwand, als er ihren ernsten Gesichtsausdruck sah. »Natürlich kannst du fragen, Moira. Worum geht’s?«

Sie holte tief Luft und atmete aus. »Jason, ich weiß, du hast gesagt, dass du sehr zufrieden an der Universität bist, und wenn das so ist, dann ist es in Ordnung. Aber ich weiß auch, dass du dir Vorwürfe machst, weil du Martin nicht retten konntest. Du musst aber verstehen – wenn du ihn nicht retten konntest, dann hätte es keiner gekonnt. Du hast dein Bestes getan; er wusste das auch, da bin ich mir sicher. Und jetzt frage ich mich einfach, ob du vielleicht denkst, dass du ihn im Stich gelassen hast – und dass du allein deshalb nicht mehr Jason Bourne sein kannst. Hast du dich schon einmal gefragt, ob du das Angebot von Professor Specter vielleicht nur deshalb angenommen hast, weil du dich von Jason Bournes Leben abwenden willst?«

»Natürlich habe ich mich das auch gefragt.« Nach Martins Tod hatte er tatsächlich wieder einmal beschlossen, Jason Bourne hinter sich zu lassen und wegzukommen von den Kämpfen, von all den Toten. Die Erinnerungen lagen immer auf der Lauer; die traurigen waren allgegenwärtig, doch da gab es noch andere, die stets verschwammen, wenn er sich ihnen näherte. Und was zurückblieb, waren die Gebeine all derer, die er getötet hatte oder die gestorben waren, weil er der war, der er war. Doch er wusste, dass die Bourne-Identität nie sterben würde, solange er atmete.

Er hatte einen gequälten Ausdruck in den Augen. »Du musst verstehen, wie schwer es ist, zwei Persönlichkeiten zu haben, die ständig miteinander kämpfen. Ich wünsche mir so sehr, ich könnte einen der beiden aus mir herausschneiden.«

»Und welcher wäre das?«, fragte Moira.

»Das ist das Schlimme daran«, antwortete Bourne. »Jedes Mal, wenn ich glaube es zu wissen, merke ich, dass ich es nicht weiß.«