Nr. 1158
Der Schiffbrüchige
Eine Superintelligenz erinnert sich – die Vergangenheit wird lebendig
von Marianne Sydow
Das 427. Jahr NGZ, das dem Jahr 4014 alter Zeitrechnung entspricht, ist angebrochen, und die Menschheit sieht sich der bisher größten Bedrohung ihrer Existenz ausgesetzt.
Der Zeitdamm, der Terra und Luna wirkungsvoll vor den Angriffen Vishnas schützte, existiert nicht mehr. Kein Wunder daher, dass der nächste Anschlag der abtrünnigen Kosmokratin, die der Menschheit Rache geschworen hat, nicht länger auf sich warten lässt.
Noch vor der Jahreswende 426/427 ist es soweit! Vishna versetzt das Erde-Mond-System in den Grauen Korridor und schickt die erste Plage über die Menschen, der bis zum Februar 427 die zweite und die dritte Heimsuchung folgen, die wesentlich gravierender sind als die erste.
Indessen kommt es in der weit entfernten Galaxis M 82, in der neben der Galaktischen Flotte Perry Rhodans auch die Endlose Armada operiert, zu bedeutsamen Entwicklungen.
M 82 ist bekanntlich der Sitz der negativen Superintelligenz Seth-Apophis, die der Menschheit schon so manchen Schaden zugefügt hat. Das plötzliche Passieren von Milliarden Wesen und Millionen Raumschiffen durch den Frostrubin ließ Seth-Apophis bewusstlos werden. Nun aber erwacht die Superintelligenz, gewinnt ihre Erinnerung zurück und versteht sich als DER SCHIFFBRÜCHIGE ...
Die Hauptpersonen des Romans
X'Phan – Ein unorthodoxer Parsynne.
K'Wer – Kommandant der MISSIONAR I.
R'Hsu – Ein Freund der Heels.
Unfall Nummer Drei – Ein Heel-Weibchen.
X'Hou – Ein Parsynne mit medizinischen Kenntnissen.
Prolog
Ein mentaler Schlag hatte die Superintelligenz Seth-Apophis bewusstlos werden lassen, und lange Zeit hindurch war sie nicht fähig gewesen, auf das zu reagieren, was in Sethdepot geschah. Nun aber begann sie zu erwachen, und mit ihr erwachte auch der Schiffbrüchige.
Für ihn war dies ein langwieriger und schmerzhafter Prozess. Es war, als hätten der mentale Schlag und die lange Ohnmacht ihn dorthin versetzt, woher er einst gekommen war. In seiner seltsamen, von grauen Schlieren verhangenen Welt dämmerte der Schiffbrüchige seinem endgültigen Erwachen entgegen und erinnerte sich dabei an Dinge, die vor vielen Millionen Jahren geschehen waren.
Damals, als alles begann ...
1.
Die Parsynnen waren die Krone der Schöpfung, und wer daran zweifelte, der war entweder dumm oder verrückt – jeder Parsynne wusste das. Auch X'Phan war davon überzeugt, und darum war er fest entschlossen, in der heutigen Sitzung des Rates das neue Projekt K'Wers scharf anzugreifen.
Während X'Phan die breite Rampe zur Ratskuppel hinaufstieg, rekapitulierte er in Gedanken noch einmal alle Argumente, die ihm eingefallen waren, und er fand, dass er eine beachtliche Sammlung zusammengebracht hatte. Als er den Eingang zur Kuppel erreicht hatte und sein Spiegelbild in der gläsernen Tür sah, fiel ihm plötzlich noch ein weiteres Argument ein. Überrascht hielt er inne. Warum war er nicht schon früher darauf gekommen?
Niemand konnte abstreiten, dass die Körperform der Parsynnen ideal war. Dieser ideale Körper hatte schließlich auch dazu beigetragen, dass die Parsynnen überhaupt erst Gelegenheit fanden, sich zu intelligenten Wesen zu entwickeln. Der eigentliche Rumpf war halbkugelig nach oben gewölbt und dabei weich genug, um vorübergehende Verformungen zuzulassen. Ein Parsynne konnte ganz breit und flach werden, oder auch ganz lang und dünn – und allein das reichte mitunter aus, um einen der wenigen natürlichen Feinde zu irritieren und ihm zu entwischen. Der obere Teil des Rumpfes war blassblau wie der Himmel von Förderuxen, der untere und die sechzehn nach unten hervorragenden Gliedmaßen dagegen rötlichbraun wie die Vegetation dieses Planeten. Die Ur-Parsynnen, die zuerst in den Wipfeln der Bäume und später im Grasland gelebt hatten, verdankten es nicht zuletzt dieser tarnenden Färbung, dass sie besonders leicht an eine Beute herankamen, gleichzeitig aber auch nur sehr selten zur Beute ihrer diversen Feinde wurden. Die Sinnesorgane in der oberen Rumpfhälfte waren einziehbar, was die Verletzungsgefahr in einem Kampf noch weiter herabsetzte, und schließlich waren da noch die sechzehn Gliedmaßen, beliebig streckbare Tentakel, die sich alle gleichwertig einsetzen ließen und sowohl zur Fortbewegung, als auch zum Hantieren mit Geräten und Werkzeugen aller Art dienten.
Alle anderen den Parsynnen bekannten Lebensformen waren weit weniger ideal geformt. Abgesehen von einigen Vorformen parsynnischen Lebens, die noch nicht so perfekt waren, aber zumindest schon die entsprechenden Ansätze zeigten, waren sie sogar so unmöglich angelegt, dass man sich fragen musste, wie sie überhaupt überleben konnten. Natürlich schafften sie es – zum Beispiel, indem sie eine so ungeheure Fruchtbarkeit an den Tag legten, wie man sie jederzeit an den Heels beobachten konnte. Sie mussten so fruchtbar sein, um ihre Sterblichkeitsrate auszugleichen. Um zu überleben, mussten sie ständig kämpfen und sich vermehren, und dabei fanden sie selbstverständlich herzlich wenig Zeit, sich Gedanken über den Sinn der Welt zu machen. Wie hätten sie auf diese Weise Gelegenheit erhalten sollen, Intelligenz zu entwickeln?
Die Parsynnen hatten bereits eine ganze Reihe von Raumschiffen ausgesandt und Dutzende von Sonnensystemen der Galaxis Ux-Förd-II untersucht. Auf einigen Planeten hatten sie Wesen entdeckt, die sich den Anschein gaben, intelligent zu sein. Niemals war es gelungen, diese Wesen zur Lehre der Parsynnen zu bekehren. War das verwunderlich, wenn man bedachte, dass diese Wesen schon aufgrund ihrer Körperform wohl kaum imstande waren, parsynnische Ideen nachzuvollziehen?
Die Ratsglocke begann zu läuten. X'Phan vergaß sein Spiegelbild und beeilte sich, ins Innere der Kuppel zu kommen.
Er kam fast zu spät, und das verdross ihn. K'Wer stand bereits auf dem Platz des Redners und war schon fast am Ende seines Vortrags angelangt. Zum Glück kannte X'Phan die Argumente K'Wers in- und auswendig. Es würde ihm also trotzdem möglich sein, seine eigenen Einwände vorzutragen.
X'Phan hatte sich diesen Konflikt nicht gewünscht. Im Gegenteil: Er wäre dieser Auseinandersetzung mit seinem Nestbruder gerne aus dem Wege gegangen. Er mochte K'Wer. Aber X'Phan war ein zu guter Parsynne, als dass er die Interessen seines Volkes um persönlicher und privater Gefühle willen hätte vergessen können.
K'Wer beendete seine Ansprache, und X'Phan erhob sich auf einen Teil seiner Tentakeln. Er beeilte sich, zum Platz des Redners zu kommen, denn eigentlich rechnete er fest damit, dort bereits auf ganze Heerscharen von Parsynnen zu treffen, die gleich ihm Protest anzumelden wünschten.
Aber zu seinem Erstaunen traf er als erster ein, und von hier unten betrachtet, waren die Gänge und Rampen zwischen den Sitzmulden leer.
»Nun«, sagte sich X'Phan in Gedanken, »sie wissen selbstverständlich, dass sie sich auf mich verlassen können. Sehr höflich und rücksichtsvoll, dass sie mich zuerst reden lassen!«
Stolz und gelassen zugleich trat er hinaus auf den Platz des Redners und begann, K'Wers Argumente systematisch zu zerfetzen.
Die Sachlage war einfach und leicht überschaubar: Die Parsynnen, als altes, weises, vollkommenes Volk, das sie nun einmal waren, hatten – wie war es anders zu erwarten – die absolut beste und vernünftigste Theologie entwickelt. Sie hatten den Sinn des Universums erkannt. Es stand außer Frage, dass dies eine sehr bedeutsame Erkenntnis war, und viele Parsynnen waren fest davon überzeugt, dass es ein Segen für das gesamte Universum war, wenn sie ihre Lehre verbreiteten und sie auch anderen Völkern zugänglich machten. Dieses Sendungsbewusstsein hatte die Parsynnen dazu gebracht, sich mit der Problematik des Raumflugs zu beschäftigen. Selbstverständlich hatten sie alle damit verbundenen Probleme binnen kürzester Zeit gelöst – und dann mussten sie feststellen, dass die anderen Völker keineswegs auf die Parsynnen und ihre Lehre gewartet hatten. Diese dummen Kreaturen merkten gar nicht, welch wertvolle Juwelen des Wissens die Parsynnen ihnen anboten.
Nicht nur X'Phan, sondern auch viele andere, die an derartigen Flügen teilgenommen hatten, kamen daraufhin zu dem Schluss, dass es für die Parsynnen besser und befriedigender war, auf ihrem Planeten zu bleiben und sich tiefer in die Geheimnisse des Universums zu versenken. Welchen Sinn hatte es, da draußen herumzurasen, wenn man doch nichts damit erreichen konnte?
Und ausgerechnet in dieser Situation brachte K'Wer den Vorschlag ein, größere Schiffe zu bauen – ja, Riesenschiffe sollten es sein. Und diese Schiffe sollten nicht etwa nur in der Galaxis Ux-Förd-II herumkreuzen, sondern diese verlassen und weit in das Universum hinausfliegen, um überall die Lehre von Uxförd zu verkünden.
Uxförd war das Schlüsselwort für die großartigen Erkenntnisse, die die Parsynnen erlangt hatten, gewissermaßen die Gottheit, an die sie glaubten. Uxförd hieß nichts anderes als »Alle Wahrheit und aller Sinn steckt im Kleinen«, und dies war der Kernsatz parsynnischer Weisheit.
X'Phans stärkstes Argument bezog sich auf diesen Kern der Lehre selbst.
»Anstatt in das Universum hinauszufliegen«, rief er seinen Artgenossen zu, »sollten wir lieber auf Förderuxen bleiben und uns bemühen, unsere Kenntnisse zu vertiefen, indem wir weiterhin das Kleine erforschen, wie unsere Lehre es uns gebietet. Oder ist ein einziger unter euch, der meint, dass wir bereits bis in die letzten Geheimnisse des Kleinen vorgedrungen sind?«
In der Ratskuppel war es sehr still, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Parsynnen normalerweise nicht besonders schweigsam waren, wirkte diese Stille geradezu bedrückend. Aber X'Phan führte das Schweigen seiner Artgenossen darauf zurück, dass sie so beeindruckt waren, dass es ihnen die Sprache verschlagen hatte.
»Wir Parsynnen«, fuhr er fort, »sind das älteste und weiseste Volk in dem uns bekannten Teil des Universums. Wir haben viele andere Völker dort draußen gefunden, und keines von ihnen konnte unsere Lehren verstehen. Sie haben uns nicht einmal zugehört. Sie hatten keine Zeit dazu, denn sie waren zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig umzubringen und Dinge zu erforschen, über die wir ihnen längst alles hätten sagen können. Glaubt ihr, dass es in einem anderen Teil unseres Universums anders sein könnte? Und selbst wenn dort draußen zwei oder drei Völker existieren, die so hoch entwickelt sind wie wir – sollen wir ihretwegen solche Mühen auf uns nehmen?«
Er signalisierte das kommende Ende seiner Rede, indem er einige Tentakel zu Boden setzte. Dabei beobachtete er die Gänge und Rampen, aber dort rührte sich nichts, und das beunruhigte ihn ein wenig. Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass nun, am Schluss seiner Rede, ein Ansturm auf den Platz des Redners einsetzen würde. Ihm wurde beklommen zumute, und er fragte sich, ob er seine Artgenossen nicht vielleicht doch falsch eingeschätzt hatte.
Aber er konnte nun nicht mehr zurück.
»Wir Parsynnen sind alt und weise«, sagte er ohne große Hoffnung. »Aber das war nicht immer so. Wäre damals ein fremdes Volk zu uns gekommen, um uns die Wahrheit nahezubringen, dann hätten wir diesen Fremden auch nicht zugehört. Wir hätten diese Wahrheit nicht begriffen, weil wir keine Gelegenheit hatten, sie uns selbst zu erarbeiten. Lasst die anderen Völker ihren eigenen Weg gehen. Irgendwann werden sie von selbst erkennen, wo die Wahrheit liegt.«
Noch immer war es still, und X'Phan blieb benommen stehen. Dann sah er, dass K'Wer sich erhob und zu ihm herabstieg.
»Du hast den wichtigsten Teil meiner Rede verpasst«, sagte K'Wer sanft. »Du gehst davon aus, dass man uns dort draußen nicht zuhören wird. Aber das stimmt nicht – jetzt nicht mehr. Wir haben ein Gerät konstruiert, das die fremden Völker zwingen wird, uns anzuhören.«
X'Phan starrte seinen Nestbruder entsetzt an.
»Eine Waffe?«, fragte er ungläubig.
Er kannte Waffen. Die Parsynnen hatten früher welche benutzt – aber das lag weit zurück, und aufgeklärte, moderne Parsynnen bekamen Krämpfe in den Tentakeln, wenn sie an Gewaltanwendung auch nur dachten. Aber draußen, auf den anderen Planeten, war man weniger pingelig. X'Phan war Zeuge gewesen, als die Bewohner von Xlur sich total ausrotteten, indem sie die Kräfte Uxförds zwar teilweise erkannten, dann aber missbrauchten. Er hatte gesehen, wie die primitiven Bewohner von K'Dham sich gegenseitig mit Steinkeilen die Schädel einschlugen, er kannte die weitaus raffinierteren Methoden der Laguren, und eine der Waffen der Raldirs hatte er sogar am eigenen Leib gespürt – sein dreizehnter Tentakel war seither nur noch bedingt zu gebrauchen. Bei seiner letzten Reise hatte er in weiter Ferne ein gleißendes Funkeln gesehen, als würden dort Juwelen im Raum treiben, die das Licht der Sonnen nahe dem Zentrum von Ux-Förd-II reflektierten – aber es waren Raumschiffe gewesen, die in einer gigantischen Schlacht verglühten.
Er hasste Waffen, und K'Wer wusste das.
»Keine Waffe«, erwiderte K'Wer. »Sondern ein Gerät mit Plasmazusätzen, das ich den Verkünder genannt habe. Es tötet nicht. Es lenkt nur die Gedanken in eine Richtung, die zu Uxförd führt. Wir haben es ausprobiert, und es hat funktioniert. Gib es auf, X'Phan. Wir werden diese Schiffe bauen und die Lehre von Uxförd in das ganze Universum hinaustragen.«
X'Phan sah zu den Rampen auf. Nichts rührte sich dort, und in der Ratskuppel herrschte noch immer dieses tiefe, beunruhigende Schweigen. Alle Mitglieder des Rates wussten, dass X'Phan und K'Wer Nestbrüder waren und sich auch sonst sehr nahestanden. Sie machten sich flach, und einige schlichen sich leise hinaus: Sie wollten nicht gerne Zeugen dieser Auseinandersetzung sein.
»Bleibt!«, rief X'Phan ihnen zu.
Aber sie hörten nicht auf ihn, im Gegenteil: Die Ratskuppel leerte sich jetzt geradezu beängstigend schnell. X'Phan sah hilflos zu, wie sie alle sich zurückzogen, bis er und K'Wer allein in der riesigen Halle waren.
»Ich habe das nicht gewollt«, sagte K'Wer schließlich bedauernd. »Ich habe dir jeden meiner Berichte zugeschickt. Du hättest sie dir ansehen sollen.«
»Das habe ich getan«, erwiderte X'Phan bitter. »Aber von dem Verkünder war darin nie die Rede.«
»Dann musst du die betreffenden Stellen übersehen haben«, behauptete K'Wer kühl.
»Ich glaube eher, dass du mir diese Informationen absichtlich vorenthalten hast«, erklärte X'Phan enttäuscht und betroffen. »Aber ich werde diese Sache noch einmal vor den Rat bringen.«
»Man wird dir nicht zuhören.«
»Man wird mir zuhören müssen.«
»Warum?«
X'Phan wandte sich schweigend ab. Er wusste, dass er geschlagen war. K'Wer kannte seine Argumente, und er wusste, dass X'Phan es nicht wagen würde, sie vor dem Rat auszusprechen. Und was das Schlimmste war: Er stand ganz alleine mit seiner Meinung da. Er war der einzige Überlebende jener Expedition, die über die Grenzen von Ux-Förd-II hinausgeflogen war.
*
X'Phan liebte die Berge nördlich von Uxförlan ihrer Einsamkeit wegen. Nur wenige Parsynnen wollten dort leben – die meisten zogen die weiten, wasserreichen Ebenen vor. Dort waren auch die Heels weniger zahlreich vertreten.
X'Phans Wohnkuppel war von einem Schutzgraben umgeben, den die Heels theoretisch nicht überwinden konnten. In der Praxis taten sie das dennoch ab und zu, und wenn nur einer von ihnen in die Kuppel hineingelangte, dann konnte das bereits recht unangenehme Folgen haben. Die anderen Wohnkuppeln in dieser Gegend waren daher mit weiteren, zusätzlichen Schutzvorrichtungen ausgestattet, die darauf abzielten, jedem Heel den Garaus zu machen. Die Parsynnen waren ansonsten recht friedliche Wesen, aber auf die Anwesenheit eines Heels reagierten sie beinahe allergisch. Sie zogen es allerdings vor, die Heels in automatischen Fallen zu fangen und zu vernichten – kein Parsynne hätte sich je dazu überwinden können, selbst diese allgemein gehassten Kreaturen eigenhändig um die Ecke zu bringen. Das wäre auch gar nicht so einfach gewesen, denn ein Heel war nicht nur flink und wendig, sondern auch außerordentlich hart im Nehmen.
Auch X'Phan hatte sich früher auf automatische Fallensysteme verlassen, aber nach der Rückkehr von seiner letzten Reise hatte er sie eigenhändig funktionsunfähig gemacht. Gleichzeitig hatte er eine feste Brücke über den Schutzgraben gebaut. Seit dieser Zeit brauchte er sich nicht mehr über ungebetene Besucher zu ärgern, denn kein Parsynne wagte sich freiwillig in eine Kuppel, in der die Heels nach Belieben ein und auszugehen vermochten. X'Phan war seither gezwungen, ein recht einsames Leben zu führen, aber das störte ihn nicht. R'Hsu, der ein wenig verrückt war und wie ein Ur-Parsynne in diesen Bergen umherzog, kam ab und zu vorbei, und wenn X'Phan sich nach Gesellschaft sehnte, konnte er jederzeit in die Stadt gehen. Seine Sippe wohnte in der Ebene in jener alten, aus vielen Kuppeln zusammengesetzten Pyramide, in der sein Nestbruder K'Wer sich noch immer heimisch fühlte. Schon vor seiner letzten Reise hatte X'Phan sich innerlich von seiner Sippe gelöst.
X'Phan landete direkt vor der Brücke auf einer von rostbraunen Moosen bewachsenen Fläche. Als er aus dem Schweber stieg, sprang ihm ein noch junger Heel entgegen. Er verhielt sich regungslos, um dem Tier keine Angst einzujagen, aber zu seinem Erstaunen blieb auch der Heel stehen. Er musste wirklich noch sehr jung sein, denn sein Fell war noch fast samtig-weich, und X'Phan sah sich instinktiv nach der Mutter dieser kleinen Bestie um. Der Heel stieß ein hungriges Quieken aus und richtete sich auf die Hinterpfoten auf. Gleichzeitig trat ein Parsynne auf die Brücke hinaus.
»Komm her, kleiner Freund!«, rief R'Hsu, und der Heel kehrte auch tatsächlich um. »Wir haben auf dich gewartet, X'Phan. Wenn du uns jetzt nicht gebrauchen kannst, gehen wir.«
Im ersten Augenblick wollte X'Phan von diesem Angebot Gebrauch machen, aber dann überlegte er es sich anders. Er musste mit irgend jemandem reden, und gerade R'Hsu, für den es kein Tabu gab, kam ihm jetzt sehr gelegen.
»Ihr seht beide hungrig aus«, stellte er fest. »Kommt mit hinein.«
R'Hsu hob den Heel behutsam hoch und trug ihn ins Innere der Kuppel. Dort setzte er ihn ab, und der junge Heel begann umgehend, seine neue Umgebung zu erkunden.
»Wie bist du an den da geraten?«
»Das ist kein ›Der‹, sondern eine ›Die‹!«, behauptete R'Hsu.
–lebenden