Nr. 1189
Alaska Saedelaere
Entscheidung im Bann des Loolandre – das Cappinfragment rebelliert
von Marianne Sydow
Wir blenden zurück in den Mai des Jahres 427 NGZ – in die Zeit also, da die Menschen auf der im Grauen Korridor gefangenen Erde den Angriffen Vishnas, der abtrünnigen Kosmokratin, erlegen sind.
Schauplatz des Geschehens ist die ferne Galaxis M 82, in der die Endlose Armada und Perry Rhodans Galaktische Flotte operieren. Letztere hat inzwischen auf der Suche nach dem Lenker oder der Zentralstelle der Endlosen Armada die Pforten und sogar den Vorhof des Loolandre passiert, obwohl die Schwierigkeiten, die sich vor den Terranern auftaten, auf den ersten Blick wahrhaft unüberwindlich erschienen.
Nun schickt sich die Galaktische Flotte, angeführt von der BASIS, an, in das eigentliche Loolandre vorzudringen, das man auch die Armadaeinheit 1 oder das Armadaherz nennt.
Doch Perry Rhodan, dem der Armadaprophet die Herrschaft über den gigantischen Heerwurm von Raumschiffen (sprich: Endlose Armada) vorausgesagt hat, darf eines nicht vergessen: Er hat in den Armadaschmieden erbitterte Konkurrenten.
Während die Silbernen bereits einen vielversprechenden Plan zu realisieren beginnen, der ihnen die Herrschaft über die Endlose Armada sichern soll, starten die Terraner die Loolandre-Patrouille. Zu dieser Patrouille gehört auch ALASKA SAEDELAERE ...
Die Hauptpersonen des Romans
Alaska Saedelaere – Der Terraner trifft eine Entscheidung.
Carfesch – Alaskas Begleiter.
Kytoma – Eine alte Bekannte erscheint.
Ygaph – Ein Bewohner des Loolandre.
1.
»Ich glaube, wir haben es geschafft«, sagte Carfesch leise. »Sieh dir das an, Alaska – das muss der Loolandre sein!«
»Schon möglich«, murmelte Alaska Saedelaere.
»Du könntest wenigstens mal hinschauen«, bemerkte Carfesch mit leisem Tadel. »Vor uns liegt das größte Geheimnis der Endlosen Armada. Wäre das nicht einen kurzen Blick wert?«
Der Terraner richtete sich auf. Ein paar Sekunden lang starrte er auf die Wand, die sich vor ihnen in der Lichtflut abzuzeichnen begann. Es gab noch nicht viel zu sehen, denn sie waren noch zu weit entfernt, um Einzelheiten ausmachen zu können. Nur eines ließ sich schon jetzt mit Bestimmtheit sagen: Der Loolandre musste ungeheuer groß sein.
»Bist du jetzt zufrieden?«, fragte Alaska mürrisch.
»Nein«, gab Carfesch zu. »Ich hatte gehofft, dass dieser Anblick dich ein wenig ablenken würde. Ich möchte dir helfen, mein Freund – aber ich weiß nicht, wie ich das tun könnte.«
Alaska Saedelaere hatte das verrückte Gefühl, dass etwas in seinem Innern verschoben und verdreht wurde, und der Schweiß brach ihm aus allen Poren.
»Du kannst mir nicht helfen«, erklärte er beinahe grob. »Es sei denn, du könntest dich mit diesem verdammten Cappinfragment verständigen und ihm sagen, dass er damit aufhören soll.«
»Ich glaube nicht, dass mir das gelingen wird«, erwiderte Carfesch. »Ich konnte nicht mit ihm in Verbindung treten, als es noch vor deinem Gesicht saß – wie sollte ich es jetzt erreichen können?«
»Vergiss es«, murmelte Alaska. »Es war nur ... ein Scherz!«
Carfesch hatte offenbar gar nicht hingehört, denn er fuhr nachdenklich fort: »Andererseits deutet alles darauf hin, dass es sich von dir losmachen will. Es findet einfach keinen Ausweg aus deinem Körper. Aber vielleicht könnte man ihm einen solchen Weg zeigen. Ich weiß nicht, ob das sehr moralisch wäre – schließlich kann niemand sagen, was aus dem Fragment wird, wenn es sich von dir trennt – aber du wärst es dann auf jeden Fall erst mal los.«
»Wie tröstlich!«
Carfesch sah den Terraner erstaunt an, aber Alaska war nicht bereit, seine sarkastische Bemerkung näher zu erklären.
»Ich werde mich ein bisschen hinlegen«, sagte er und stand auf. »Du kommst jetzt sicher auch ohne mich zurecht.«
Carfesch sah ihm nach und wandte sich dann wieder den Kontrollen zu. Im Augenblick war in der Tat nicht viel zu tun. Den Ring der Wachschiffe hatten sie hinter sich, und der Loolandre war ein derart großes Ziel, dass sie es schwerlich verfehlen konnten.
*
In seiner winzigen Kabine trat Alaska Saedelaere vor den Spiegel und betrachtete sich eingehend. Vor rund 600 Jahren hatte er sein Gesicht verloren – an einen Organklumpen, ein Cappinfragment, das während eines missglückten Transmitterdurchgangs an ihm hängengeblieben war. Seitdem hatte er eine Maske tragen müssen, denn der Anblick dieses Klumpens trieb so ziemlich jedes intelligente Wesen augenblicklich in den Wahnsinn.
Alaska selbst konnte den Klumpen jederzeit betrachten, ohne Schaden zu nehmen, und er hatte es oft genug getan: Er hatte in der Abgeschiedenheit irgendeines Raumes die Maske abgenommen und auf das seltsame Ding gestarrt, das sein eigenes Gesicht verdeckte. Er hatte den Klumpen verflucht und jede erdenkliche Anstrengung unternommen, um ihn loszuwerden. Ein Leben ohne diesen gefährlichen Klumpen, ohne die Maske, die ihn zum Außenseiter machte, war ihm noch vor kurzer Zeit als erstrebenswert erschienen. Er hatte sich seltsamerweise niemals Gedanken darüber gemacht, dass die Befreiung von dem Cappinfragment möglicherweise auch negative Folgen haben könnte.
Dabei war es doch nur logisch, dass sein Gesicht gewissen Veränderungen unterworfen wurde. Kein organisches Wesen kann einen Teil seines Körpers über einen so langen Zeitraum hinweg unter einer fremdartigen organischen Masse verbergen und dann damit rechnen, dass hinterher alles wie früher ist.
Das Gesicht, das unter dem Organklumpen zum Vorschein gekommen war, sah alles andere als schön aus. Den Totenbleichen nannte man ihn mittlerweile, ohne Rücksicht darauf, dass die Veränderung nur sein Gesicht betraf. Im Grunde genommen trug Alaska Saedelaere nun erst recht eine Maske, und diesmal konnte er sie nicht einmal dann abnehmen, wenn er alleine war. Wahrscheinlich war es das, was die anderen erschreckte und dazu veranlasste, sich von dem ehemaligen Transmittergeschädigten fernzuhalten.
Alaska hob zögernd die rechte Hand und strich über sein Gesicht. Er spürte die Berührung kaum. Seine Haut sah aus, als hätte man sie aus weißem Kerzenwachs gefertigt, und sie fühlte sich auch so an. Sie war unnatürlich glatt. Die Nase war flach und schmalrückig und wirkte wie aufgeklebt, und die farblosen, blutleeren Lippen bildeten nicht den Rahmen eines lebendigen Mundes, sondern waren nur unbedeutende Vorsprünge in einem Gesicht, das unmenschlicher als das eines Nichtmenschen wirkte. Nur die Augen hatten ihre Farbe bewahrt. Sie waren braun und lebendig, und in ihrer Lebhaftigkeit ließen sie das wächserne Gesicht um so unnatürlicher erscheinen.
All die Jahre hindurch hatte er versucht, das Cappinfragment loszuwerden, und es war ihm nie gelungen. Jetzt war zumindest sein Gesicht frei, und er brauchte keine Maske mehr zu tragen, aber er war alles andere als glücklich darüber. Er tastete zur Seite und bekam die Maske zwischen die Finger – er trug sie immer noch bei sich oder deponierte sie zumindest an einem Ort, an dem er sie jederzeit erreichen konnte. Mit routinierten Bewegungen setzte er das primitive Plastikding auf, und für kurze Zeit gelang es ihm, sich zu entspannen.
»Warum kehrst du nicht einfach an deinen Platz zurück?«, fragte er das Cappinfragment, das ihn selbstverständlich weder hören noch verstehen konnte. »Das wäre wahrscheinlich für uns beide die beste Lösung.«
Im nächsten Augenblick klapperte er mit den Zähnen vor Kälte, und der kalte Schweiß trat ihm auf die Stirn, während sein Herz sich in einem sonderbar heißen Gefühl zusammenzuziehen schien und in seinem Hinterkopf eine eigenartige Leere entstand. Instinktiv richtete er sich auf. Das Blut rauschte in seinen Ohren, und sein Herz schlug so heftig, dass er unwillkürlich die Hand darauflegte. Er zwang sich dazu, tief und regelmäßig zu atmen.
Es geht gleich vorbei, hämmerte er sich ein. Es dauert nie länger als einige Sekunden!
Aber entweder hielt es diesmal doch länger an, oder die Sekunden dehnten sich zu einer halben Ewigkeit aus. Er fühlte sich sterbenselend.
Wollte dieser verdammte Organklumpen ihn etwa umbringen? Besaß das Ding vielleicht doch so etwas wie ein Bewusstsein, war es vielleicht sogar intelligent genug, um einen genau geplanten Angriff durchzuführen?
Alaska Saedelaere legte die Hand auf den Zellaktivator und fragte sich, warum dieses Gerät gegen das Cappinfragment machtlos war. Dann wieder vergaß er diese Frage und trat vor den Spiegel. Er starrte auf die primitive Plastikmaske, und ebenso plötzlich, wie er begonnen hatte, war der Anfall vorüber.
Die Maske!
Er hatte dieses Ding ja nur deshalb tragen müssen, weil das Cappinfragment keinen anderen Ersatz zuließ. Es hatte damals, als er diesen seltsamen Zusammenstoß erlebt hatte, längst andere Möglichkeiten gegeben, ein entstelltes Gesicht zu verbergen, aber der Organklumpen stieß Biomasken einfach ab. Aber jetzt gab es dieses Hindernis nicht mehr – zumindest nicht in seinem Gesicht. Er konnte sich also eine neue, bessere Maske anfertigen lassen, eine, die ihn wie einen normalen Menschen aussehen ließ. Dann konnte er ein neues Leben beginnen ...
»Was für ein neues Leben?«, fragte er sein Spiegelbild. »Wer oder was bin ich jetzt? Wer oder was war ich vorher?«
Seitdem er nach dem Durchgang durch den Frostrubin entdeckt hatte, dass das Cappinfragment aus seinem Gesicht verschwunden war, zerbrach er sich den Kopf darüber, wie er die neue Situation meistern sollte, und er fand keine Antwort.
In seiner linken Hand kribbelte es, und als er hinsah, wurde die Haut transparent. Er hob die Hand vor die Augen und konnte durch sie hindurch in den Spiegel sehen. Er konnte die Finger bewegen, und als er die Hand zur Faust ballte, spürte er den Druck der Fingerkuppen auf dem Fleisch. Die Hand war vorhanden, und nach einigen Sekunden wurde sie auch wieder sichtbar.
Der Totenbleiche stand regungslos da und lauschte in seinen Körper hinein.
Das Cappinfragment bewegte sich auf geisterhafte Weise durch ihn hindurch – wie ein Gefangener, der vergeblich gegen die Mauern seines Kerkers anrannte. Rund 600 Jahre lang hatte der Organklumpen in Alaska Saedelaeres Gesicht gesessen, und damals hatte es sich niemals bewegt, zumindest nicht in dieser Art und Weise.
Warum verhielt es sich jetzt so ganz anders?
*
Der Loolandre musste ungeheuer groß sein, denn als Alaska Saedelaere schließlich zu Carfesch zurückkehrte, war noch immer nur eine formlose Wand inmitten der Lichtflut zu erkennen. Das winzige Raumschiff kroch förmlich dahin – sie mussten vorsichtig sein, denn wenn man sie entdeckte, war es aus mit ihnen. Sie wussten nicht, wie es den anderen Spähtrupps ergangen war, und was die Galaktische Flotte und die Schiffe der Kranen anging, so mochten sie bereits mit den Barbarenflotten im Kampf liegen – Alaska und Carfesch würden es möglicherweise nie erfahren, denn die Hyperfunkverbindung war längst zusammengebrochen. Sie waren auf sich allein gestellt: Ein ehemaliger Gesandter der Kosmokraten und ein Terraner, der nicht wusste, was er war oder in Zukunft sein würde.
»Wir sind wahrhaftig ein großartiges Gespann«, bemerkte Alaska.
Carfesch wandte sich ihm zu.
»Warum so sarkastisch, mein Freund?«, fragte er sanft. »Bis jetzt waren wir erfolgreich, und wir können es auch weiterhin sein. Oder bist du anderer Ansicht?«
Saedelaere ließ sich schwerfällig hinter den Kontrollen nieder und bemühte sich, das Kribbeln in seinem linken Oberschenkel zu ignorieren.
»Wer bist du?«, fragte er impulsiv.
»Eine Projektion«, sagte Carfesch ruhig.
»Wovon?«
»Von etwas, das einmal war oder irgendwann sein wird.«
»Kannst du dich nicht etwas genauer ausdrücken?«
»Nein. Ich weiß, dass ich war – aber wie sollte ich wissen, dass ich auch in der Zukunft existieren werde? Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass meine jetzige Existenz auf Ereignissen basiert, von denen wir beide noch nichts wissen. Das trifft aber nicht nur auf mich, sondern auch auf dich zu.«
»Auf mich bestimmt nicht. Ich bin nur ein Mensch – und auch das zur Zeit nicht einmal ganz.«
»Warum fühlst du dich minderwertig?«
»Oh, hör auf damit!«, stöhnte Saedelaere, der den sanft hypnotischen Einfluss deutlich spürte.
»Warum?«, fragte Carfesch leise. »Alles, was wir zueinander sagen, wird unser Geheimnis bleiben, solange wir das wünschen. Wir sind einander sehr ähnlich, mein Freund. Ich könnte dir vielleicht helfen.«
»Nein!«
»Warum nicht?«
»Kannst du das Cappinfragment in mein Gesicht zurückbefördern?«
»Vor einiger Zeit hast du mich gebeten, das Fragment aus deinem Gesicht zu entfernen«, sagte er schließlich. »Ich habe es versucht – aber ich bin froh darüber, dass es mir nicht gelungen ist. Du hast dir nichts sehnlicher gewünscht, als das Cappinfragment loszuwerden, aber du bist jetzt nicht gerade glücklich darüber. Es wäre ziemlich sinnlos, den Frostrubin deswegen zu hassen, aber du kannst das ruhig tun – TRIICLE-9 wird deinen Hass nicht wahrnehmen. Warum hast du es dir anders überlegt?«
»Vor meinem ... Unfall war ich ein ganz normaler junger Mann«, sagte Saedelaere nachdenklich.
»Die erste Zeit danach war wie ein Albtraum, und ich kam mir vor wie ein Monstrum. Darum wollte ich das Fragment loswerden. Ich wollte wieder so sein wie vorher. Statt dessen wurde ich der Transmittergeschädigte, der Mann mit der Maske, und ich blieb es rund sechs Jahrhunderte lang. Durch das Cappinfragment gewann ich gewisse Fähigkeiten und Einsichten, und dadurch wiederum konnte ich Dinge tun, die anderen Menschen unmöglich waren. Man respektierte mich so, wie ich war. Ich glaube, dass ich schon seit langer Zeit gar nichts anderes mehr sein wollte. Ich habe mir das nur niemals so richtig bewusst gemacht.«
»Du warst sehr enttäuscht, als ich dich nicht auf Anhieb von dem Klumpen befreien konnte«, bemerkte Carfesch.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich enttäuscht war. 600 Jahre sind eine sehr lange Zeit. Es hat viele Versuche gegeben, und ich bin in Situationen geraten, in denen ich glauben musste, dass Fragment würde sterben und abfallen – aber das ist niemals geschehen. Ich war sicher, dass nichts und niemand dem Organklumpen etwas anhaben konnte. Gerade darum war es reizvoll, es immer wieder zu versuchen. Es war ... wie ein spannendes Spiel, verstehst du?«
»Nein«, bekannte Carfesch ehrlich. »Ich verstehe gar nichts.«
»Vielleicht kann ich es dir durch einen Vergleich verständlicher machen. Vor langer Zeit hatte ich mal einen Nachbarn, der ein Pärchen Wickelbären besaß. Das sind ungeheuer neugierige Tiere und wahre Meister in der Kunst des Ausbrechens. Der Mann hielt die kleinen Bären in einem Käfig, aber mindestens einmal in der Woche gelang es ihnen, aus diesem Käfig zu entkommen. Das Ergebnis war jedes Mal ein totales Chaos im ganzen Haus und oft auch in der weiteren Umgebung. Auch ich blieb von gelegentlichen Besuchen dieser Tiere nicht verschont. Eines Tages fragte ich meinen Nachbarn, ob er denn nicht endlich einen wirklich sicheren Käfig für die Tiere anschaffen wolle. Und weißt du, was der Mann mir gesagt hat? Dass die Tiere sich dann zu Tode langweilen würden – und er auch. Es war ein Spiel, an dem alle drei ihren Spaß hatten.«
»Und wenn die Bären wirklich geflohen wären?«
»Oh, sie hätten das durchaus tun können, aber sie haben es eben nicht getan. Sie liebten diesen Mann, und sie waren auf seine Pflege angewiesen. Sie erwarteten einfach von ihm, dass er sie wieder einfing – das gehörte zu diesem Spiel. Sie konnten fliehen – aber sie blieben bei ihm. Natürlich konnte er sich nicht restlos darauf verlassen, dass sie immer wieder zu ihm zurückkehrten, aber gerade darum ließ er sie immer wieder entkommen.«
»Ich verstehe es immer noch nicht!«
»Dabei ist es doch ganz einfach – vom menschlichen Standpunkt aus. Er hätte sie in einen ausbruchssicheren Käfig tun können, aber dann hätte er niemals erfahren, ob sie wirklich die Absicht hatten, bei ihm zu bleiben. Mit der Rückkehr bestätigten sie ihn in seinen Gefühlen ihnen gegenüber.«
»Willst du damit andeuten, dass du diese Versuche, das Fragment loszuwerden, nur unternommen hast, um feststellen zu können, dass das nicht ging?«
»Wahrscheinlich war es so. Anfangs habe ich es natürlich sehr ernst gemeint, aber später ... Ich bin mir nicht sicher. Ich habe nie darüber nachgedacht. Aber ich habe mich nie als etwas anderes gefühlt als das, was ich war: der Mann mit der Maske. Ich habe seit sehr langer Zeit nicht mehr davon geträumt, das Cappinfragment zu verlieren und ein normaler Mensch zu sein. Ich glaube, dass ich mich viel zu weit von diesem Punkt entfernt habe. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht einmal mehr daran erinnern, wie ich damals ausgesehen habe. Ich kann nicht mehr in meine alte Haut zurück. Und das, was ich jetzt darstelle, ist mir zu fremd, als dass ich etwas damit anfangen könnte.«
»Die Verwandlung, die du damals durchgemacht hast, war weitaus dramatischer«, gab Carfesch zu bedenken. »Es sollte dir sehr viel leichter fallen, dich mit deiner neuen Situation abzufinden.«
»Theoretisch hast du wahrscheinlich recht, aber in der Praxis sieht es anders aus«, erklärte Alaska Saedelaere nüchtern. »Als Mann mit der Maske war ich eine intakte Persönlichkeit. Ohne das Cappinfragment bin ich ein Niemand.«
»Sie nennen dich jetzt den Totenbleichen.«
»Was nützt mir das? Wer oder was ist der Totenbleiche? Welche Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt er?«
»Du bist immer noch Alaska Saedelaere.«
–alle