Greser & Lenz
Thomas Gsella
Viecher in Versen
C. Bertelsmann
1. Auflage
© 2012 by C. Bertelsmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur
Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen
Umschlaggestaltung: R·M·E , Rosemarie Kreuzer /Carla Nagel
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-08419-6
www.cbertelsmann.de
WIDMUNG
Für Edith, Renate,
Ursula, Ingrid, Ladan, Cordula, Steffi,
Joelle, Simone, Malena, Nina, Gabi, Anna-Maria,
Fernanda, Haylee, Christiane, Elya, Raquel, Marion, Rosa,
Jutta, Tine, Barbara, Taliza, Conny, Shona, Notburga, Frieda,
Ndapewa, Margrit, Mutter, Katharina, Bettina, Emilia, Helga, Rita,
Rosi, Herta, Ulrike, Sonja, Jamyanga, Hilke, Andrea, Anna-Verena,
Viola, Nehanda, Harriet, Britta, Marieluise, Corinna, Annegret, Pooly,
Zita, Alea, Natalie, Kirsten, Sabine, Tania, Mausi, Anna, Claudia, Annette,
Maja, Heidi, Grace, Flauschee, Vanessa, Mia Mia, Michaela, Uschi, Monika,
Margret, Franziska, Moppel, Susanne, Ricarda, Maria, Paula, Dani, Elisa,
Sabi, Elena, Andrea, Karen, Gabriele, Doro, Babsy, Erika, Petra, Lucia,
Lanchen, Betty, Kristin, Martina, Judy, Hauke, Birgit, Anke, Haylee,
Camilla, Britta, Bianca, Carina, Felicitas, Gudrun, Hiltraud, Meggie,
Rosa, Lena, Anni, Sarah, Silke, Clara, Adriana, Gina,
Gina II, Bella und natürlich Ju
VORWORT
Von jeher mögen Reimgedicht und Zeichnung sich gut leiden. Und wie bei Wilhelm Busch und Joachim Ringelnatz, bei Robert Gernhardt und F. W. Bernstein oder dem Duo Harry Rowohlt/Rudi Hurzlmeier gehen beide Künste auch in diesem mit dem Robert-Gernhardt-Preis 2011 geschmückten Buch mit Freude aufeinander los.
Die bildnerische Hälfte liefern die Zeichner und Karikaturisten Greser & Lenz. Seit drei Jahren erscheinen ihre Tierbilder zweiwöchentlich auf der Seite »Staat und Recht« der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, und die Idee der Zeichner war, dem eher spröden Gegenstand der Seite einen sinnlichen Kontrapunkt zu gönnen. So werden die juristischen, meist staatsrechtlichen Aufsätze zu Fragen und Regeln der menschlichen Zivilisation nun bildlich konterkariert durch Szenen aus der nicht zivilisierbaren instinkt- und triebgesteuerten Natur, deren Grausamkeit bekanntermaßen auch der Zivilisation nicht fremd ist.
Zu diesen Zeichnungen wollen die Reimgedichte Thomas Gsellas im ähnlichen Verhältnis stehen wie Erstere zu ihrem Anlass. Weder möchten seine Verse die Bilder zu Illustrationen verkleinern noch deren bloße In-Worte-Fassungen sein, und so ist alles möglich in diesem Miteinander.
Im freien Spiel ergänzen sich Zeichnung und Reim, verstärken oder widersprechen sich, verdoppeln Komik oder mindern sie, schmuggeln Trauer ein und Melancholie, trampeln gemeinsam über Hauptstraßen oder verlieren sich in Seitenwegen, bekräftigen oder demontieren eine Aussage, fügen eine neue hinzu, werden fabelartig, allegorisch, was auch immer; und im gelungenen Fall werden beide dichter, voller, bunter, verschwenderischer – zwei Kunstformen, die sich an ihren Gegenständen und aneinander bereichern wie zwei Diebe, deren einer die fette Sau gestohlen hat und der andere den guten Wein, wobei die Künstler sich um die Rollenverteilung noch streiten, aber einig sind darin, dass zum saftigen Festmahl beide gehören.
I MEINE WELT
AM MORGEN
Am Morgen fiel mit lautem Schrei’n
Ein Nager in das Elsass ein
Und schrie mit Blick auf seine Uhr:
»Ab sieben herrscht hier Diktatur!«
Moral: Er hat was falsch gemacht,
Denn Diktatur kommt stets um acht.
SERENGETI MON AMOUR
Sand unter mir und über mir
Ein Mond und hundert Sterne.
Ich flüsterte »Hier bleiben wir«
Und küsste sie, es waren vier,
Und alle hauchten: »Gerne.«
KURZER VORTRAG NACH
ERLEUCHTUNG
Schiele nicht aufs schnöde Geld.
Schiele nicht auf Ruhm und Ehre.
Das, von dem man denkt, es mehre
Sich durch Mühe, das zerfällt.
Leb’ die Leichtigkeit des Seins.
Sei sein Teil, nicht Widerstreiter.
Nur wer’s Weite, nicht das Weiter
Sucht, wird sagen: alles meins.
Lass, was sein mag, doch geschehn.
Gehe leicht und locker über
Leichen, dann kommt Kohle rüber.
Bitte hier rein. Wiedersehn.
AUF UND ZWISCHEN ALLEN STÜHLEN
Was da sitzt auf allen Stühlen:
Die da vorn und die da oben
Die Gemachten und die Groben
Die Gesetzten und Bestallten
Sollst du in der Tat nicht loben
Sondern dir vom Leibe halten
Aber zwischen allen Stühlen:
Sohlendreck und Erdnussbrocken
Tüten, Tempos, Streptokokken
All der Abfall all der Pfeifen
Statt in ihrem Dreck zu hocken
Sollst du dir die Stühle greifen
Lehrgedichte (1)
WIDER DAS OPIUM!
O Kapsel des Schlafmohns, o Serum,
Das rosarot jener entspringt!
In Rom hießest du somniferum:
Ein Ding, das zum Einschlafen bringt.
Doch hörte man Eltern dich loben
Bereits in altgriechischer Zeit.
Das kommt: Wenn die Kinder nachts toben,
Lag Schlafmohn von jeher bereit.
Sie gaben den Kleinen zu schmecken
Vom Saft, der auch Große betört.
Und blitzschnell entschwanden die Zecken
Ins Reich, welches Morpheus gehört.
Da tanzten die Eltern und ritzten
Die Kapsel noch inniger auf!
Sie trockneten, rauchten und spritzten
Und kamen gar wundersam drauf.
Denn Obacht: Wer’s also behandelt,
Verhext es zu Opium! Stopp!
Der Mensch wird von diesem verwandelt,
Ja grausig verworren im Kopp.
Dann muss er laut lachen und weinen
Und reden und schweigen und grölen
Und endet auf todmatten Beinen
In blutroten Opiumhöhlen!
Moral:
So lasst uns die Mohnkapsel herzen
Und fürchten: als Retter und Not.
Als Morphium lindert sie Schmerzen,
Als Opium ist sie der Tod!
So bringet sie Glück und Verdruss
Und heißet das Urteil: 1 +
WENN DIE LIEDER NICHT MEHR STIMMEN
»Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt«?
Vorbei. Aus. Vergangen. Erwärmt ist das Land.
Doch wann wird am trefflichsten heuer gesät?
Im Jänner? Zu zeitig. Im Märzen? Zu spät.
Bleibt Februar nur, um zu säen das Gut.
Doch höret, was dann auf uns zukommen tut:
Es fehlen der Aussaat drei Tage!
Nebst Hitz’ – wird Freund Hunger zur Plage …
STIMMT ALLES
Die Sonne schützt den Morgentau,
Der Fälscher schützt das Echte.
Der Menschenhändler schützt die Frau,
Der Freier ihre Rechte.
McDonald’s schützt den Regenwald,
Der Schlag die Blutbefleckten.
Der Lügner schützt den Sachverhalt,
Der Frosch schützt die Insekten.
Atomkraft schützt vor Leukämie,
Die Merkel schützt das Klima.
Den nächsten Urlaub macht sie wie
Gehabt in Fukushima.
HIESSE UND WÄRE
Hieße
der ehemalige hessische
Ministerpräsident Koch
mit Vornamen statt Roland
nur ein wenig anders, nämlich
Folad –
und mit Nachnamen statt Koch
auch ein wenig anders, nämlich
Lihrte –
im Ganzen also: Folad Lihrte,
wäre
es ein Anagramm von
»Adolf« »Hitler«.
Aber
so …
WAS WIRKLICH GUT IST
Dass Reichtum feist auf Armut fußt
und Sieger grölen, weil du lost:
I’m not amused
Dass jeder mit Gezinktem zockt
und jeden in die Falle lockt:
Ich bin geschockt
Dass falsche Welt auf jeden drückt
und noch den schwächsten Rücken bückt: