Kinder lernen leichter mit Kinesiologie
Kinder lernen leichter mit Kinesiologie
Lern- und Konzentrationshilfen – Ratgeber für die Familie
Mit Illustrationen der Leichter-lernen-Übungen von Steffen Butz
Oesch Verlag
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur + Textredaktion Swantje Steinbrink, Berlin.
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger, die Speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags
Copyright © by Oesch Verlag AG, Zürich 2005/2009
Die Ratschläge in diesem Buch wurden von den Autorinnen und dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft; dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorinnen bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
5. Auflage 2012
Umschlagfoto: Shutterstock Images
Satz: Oesch Verlag
ISBN 978-3-0350-4000-5
Gern senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis:
Oesch Verlag, Verena-Conzett-Strasse 7, Postfach, 8036 Zürich
E-Mail: info@oeschverlag.ch
Unser Buchprogramm finden Sie im Internet unter:
www.oeschverlag.ch
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de
Einleitung
Kommt Ihnen das bekannt vor?
Was ist Kinesiologie?
Das Gehirn
Der Hirnstamm
Das Kleinhirn
Das limbische System
Der Cortex
Die Hemisphären
Informationsfluss im Gehirn
Im Flow sein
Das Gehirn – so versteht es auch Ihr Kind
Das Gehirnhaus
Lernen – ein natürlicher Vorgang
Lernen durch Bestrafung oder Belohnung
Weitere Gründe für Lernblockaden
Wassermangel
Fernsehen
Ernährung
Erwartungsdruck der Eltern
Angst und andere emotionale Probleme
Unfälle
Die drei Dimensionen des Lernens
Woran Sie die verschiedenen Blockaden erkennen
Rechts/Links-Blockade
Oben/Unten-Blockade
Vorne/Hinten-Blockade
Stress – wie er Leben und Lernfähigkeit beeinflusst
Negative Stressfaktoren
Was tun in Stresssituationen?
Emotionale Stressreduzierung
Wie die Emotionale Stressreduzierung funktioniert
Wie die Emotionale Stressreduzierung wirkt
Vergangenen Stress loslassen
Körperliche Stressreduzierung
Visuell, auditiv, kinästhetisch … Welchen Lernstil bevorzugt Ihr Kind?
Die verschiedenen Augenzugangshinweise
Der visuelle Typ
Der auditive Typ
Der kinästhetische Typ
An der Decke steht es geschrieben
Visuell, auditiv, kinästhetisch (sehen, hören, fühlen)
Beispiele für typisch visuelle Wortwahl
Beispiele für typisch auditive Wortwahl
Beispiele für typisch kinästhetische Wortwahl
Olfaktorisch und gustatorisch (riechen und schmecken)
Beispiele für typisch olfaktorische Wortwahl
Beispiele für typisch gustatorische Wortwahl
Skizzieren, diskutieren oder experimentieren?
Der Test mit der Liegenden Acht
Experimentieren mit der Liegenden Acht
Besseres Einschätzen und Verstehen
Bewegung macht fröhlich
Leichter lernen
Leichter-lernen-Übungen
Türenöffner
Liegende Acht
Gehirnaktivierer
Sauerstoffversorger
Sinneswecker
Zentrierer
Kreativitätswecker 1
Kreativitätswecker 2
Schönschreibhelfer
Nacken- und Schulterlockerer
Wachmacher
Muntermacher
Balancierer
Ohrenspitzer
Energieregler 1
Energieregler 2
Die Kraft der Gedanken – die Macht der Sprache
Die Energie folgt der Aufmerksamkeit
Füttern Sie Ihre positiven Erwartungen
Auditive und kinästhetische Vorstellungskraft
Positive Programmierungen
Arbeiten mit Zielsätzen
Leichter-lernen-Übungsreihe
Wenn es mal nicht so klappt …
Ernährung
Leben im Schlaraffenland – und dennoch mangelernährt?!
Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Das weiße Gift Zucker
Süßer Zucker – saure Stimmung
Irreführende Werbung
Optimale Ernährung
Kohlehydrate
Proteine
Fette
Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente
Vitamin B-Komplex
Vitamin C
Vitamin D
Kalium
Kalzium
Magnesium
Jod
Zink
Wasser
Kochen mit allen Sinnen
Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen …
Küchen-Spiele
Erbsen, Bohnen, Linsen …
Spürnase
Schleckermaul
Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht
Welche Talente hat Ihr Kind?
Checkliste Talente
Spielen
Spielen in der Natur
Spielen zu Hause
Kleine Gedächtnisspiele
Brainstorming
Ja/Nein-Fragespiel
Koffer packen
Im Land, wo alles möglich ist
Ein Fingerspiel für die kleinen Geschwister
Tipps für einen aufbauenden Umgang mit Ihrem Kind
Was können Eltern für sich selbst tun?
Entspannungsphasen einplanen
Glücksmomente sammeln und Energie tanken
Energiespeicher aufladen
Stress raus – Power rein
Lachen
Die Zauberformel
Mudras für Eltern und Kinder
Hakini-Mudra
Pran-Mudra
Shunya-Mudra
Prithivi-Mudra
Kalesvara-Mudra
Bach-Blüten
Cherry Plum
Chestnut Bud
Clematis
Elm
Gentian
Honeysuckle
Hornbeam
Impatiens
Larch
Olive
Scleranthus
Walnut
Anhang
Literaturhinweise
Adressen, die weiterhelfen
Dank
»Mein Kind kann beim Lernen nicht stillsitzen.« »Zu Hause weiß mein Sohn noch alles, aber wenn er einen Test schreiben soll, hat er den totalen Blackout.« »Meine Tochter verdreht beim Schreiben und Lesen die Buchstaben.« »Mein Kind hört einfach nicht zu, wenn ich ihm etwas erklären will.« »Eltern von Mitschülern haben sich über die Aggressivität unseres Sohnes beklagt.« »Mein Kind kann zwar rechnen, aber wenn es um Textaufgaben geht, versagt es.« Könnte einer oder sogar mehrere dieser Sätze von Ihnen sein? Konzentrationsschwierigkeiten, Lese- und Rechtschreibschwäche, Aggressionen, Hyperaktivität, Versagensängste … immer mehr Kinder sind von diesen Problemen betroffen, reagieren mit Schulunlust und schlechten Noten auf die an sie gestellten Anforderungen.
Wenn Kinder plötzlich Lernprobleme haben, in der Schule keine Freunde finden, Schwierigkeiten mit den Lehrern bekommen oder nachts einnässen, leidet meist die ganze Familie darunter. Viele Eltern sind ratlos oder gestresst und werden an eigene unverarbeitete Schulerlebnisse erinnert. Wenn Eltern es trotz aller Bemühung nicht schaffen, ihrem Kind auf die Sprünge zu helfen, zweifeln sie nicht nur an ihm, sondern oft auch an ihrer Fähigkeit, ihrem Kind das richtige Werkzeug mit auf den Weg zu geben. Vor allem Mütter setzen sich unter Druck, weil sie beispielsweise ihre Qualität als hauptsächlich Erziehende darüber definieren, wie gut ihr Kind in der Schule ist.
Dieses Buch will Sie als Eltern entlasten und Ihnen Mut zusprechen! Es zeigt nicht nur Hintergründe für Schul- oder Anpassungsprobleme auf, sondern bietet auch Selbsthilfemöglichkeiten an, um emotionalen Stress (bei Ihnen und bei Ihrem Kind) zu beseitigen und Selbstakzeptanz und -sicherheit, Aufmerksamkeit, Motivation, Körperkoordination, Geschicklichkeit, Reaktionsvermögen und vieles mehr zu verbessern. Die Methoden, allen voran die Kinesiologie, bieten Ihnen einfaches Handwerkszeug, das Ihnen und Ihrem Kind hilft, vorhandene Fähigkeiten zu entdecken und zu nutzen. Wenn Ihr Kind sich mehr zutraut, wird es wieder gerne zur Schule gehen und Lernen als etwas Spannendes betrachten. Das entlastet die Eltern und die ganze Familie.
Anfang der 60er Jahre wurde von dem amerikanischen Chiropraktiker Dr. George Goodheart die Basis für Kinesiologie geschaffen. Kinesiologie ist eine sanfte und ganzheitliche Methode, wörtlich übersetzt die »Lehre der Bewegung«. Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin, die auf jahrtausendealtem Wissen basiert, ist der Körper von einem Netz von Energieleitbahnen durchzogen, Meridiane genannt. Alles Lebendige ist in Bewegung – so auch unsere Körperenergien. Sobald der Fluss in den Meridianen ins Stocken gerät, ist die Entwicklung blockiert, egal ob auf der körperlichen, geistigen oder emotionalen Ebene. Gründe für Energieblockaden sind eine Anhäufung von Faktoren wie negativen Emotionen, schlechter Ernährung, belastenden Umwelteinflüssen, Leistungsdruck oder zu wenig Bewegung.
Physische und psychische Vorgänge im Menschen spiegeln sich im Funktionszustand seiner Muskeln wider. Wenn wir uns in einer stressenden Situation befinden, ändert sich der Spannungszustand unserer Muskeln. Schon die Gedanken an eine beängstigende Situation oder an eine bestimmte Person reichen aus, um eine Muskelreaktion auszulösen. Aus dieser Erkenntnis entwickelte Dr. Goodheart ein Testverfahren, um Energieblockaden zu identifizieren, das ohne Apparate auskommt: den Muskeltest. Dieser Test funktioniert ganz einfach:
Um Antworten vom Körper zu erhalten, benutzt man beispielsweise den Deltamuskel im Oberarm. Dazu streckt die Testperson einen Arm seitlich waagerecht vom Körper weg. Während sie an eine bestimmte Person, zum Beispiel eine Kollegin denkt, drückt der Tester leicht auf den Unterarm der Testperson. Bleibt der Arm oben, zeigt das, dass die Testperson »stressfrei« auf die Kollegin reagiert, das heißt, sie hat wahrscheinlich eine neutrale oder gute Beziehung zu ihr. Bewegt sich der Arm während des Testens nach unten, hat die Testperson vermutlich ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Nachbarin. Gedanken an positive Erlebnisse lassen den Testmuskel fest bleiben, Erinnerungen an negative Situationen sorgen dafür, dass er »abschaltet«. Sobald der Stress auf bestimmte Menschen, Situationen oder Ereignisse identifiziert ist, kann er mit verschiedenen kinesiologischen Techniken abgebaut werden. Haben wir unser Gleichgewicht wiedergefunden, können wir mit Stressoren leichter umgehen. Probleme sind dann keine Hindernisse mehr, sondern Herausforderungen, und wir besitzen die nötige Kraft, Ruhe und Kreativität, diese auch anzugehen.
Im Laufe der Jahre haben Ärzte, Pädagogen, Psychologen, Physiotherapeuten und Heilpraktiker ihr Wissen mit der ursprünglichen Methode »Touch for Health« verknüpft und daraus die verschiedenen Bereiche der Kinesiologie entwickelt. In diesem Buch ist der Fokus hauptsächlich auf die pädagogische Kinesiologie gerichtet, die wir vor allem Dr. Paul Dennison und seiner Frau Gail und deren System Brain Gym®‚ zu verdanken haben; eine weitere erfolgreiche Methode zur Verbesserung von Lern- und Teilleistungsstörungen entwickelte Dr. Charles Krebs mit seinem LEAP-Programm (Learning Enhancement Advanced Program).
Unser Gehirn, die Schaltzentrale im Oberstübchen, fasziniert und beschäftigt die Menschen schon seit langer Zeit. Manche reden vom Kosmos im Kopf, für andere ist es ein komplexes Wunderwerk, und je besser wir es verstehen lernen, umso mehr geraten selbst Wissenschaftler ins Staunen über so viel Komplexität. Die Neurowissenschaftler haben in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr verblüffende Zusammenhänge herausgefunden. Dennoch bleiben Erstaunen und Ehrfurcht, und es wird weiterhin spannend sein, die Ergebnisse der Forscher zu verfolgen.
Unser Gehirn hat sich im Laufe der Evolution immer weiter entwickelt. Auf Grund dieser Entwicklungsgeschichte hat der Neurologe Dr. Paul MacLean als erster die Vorstellung des dreigliedrigen Gehirns dargestellt. (Im Nachfolgenden finden Sie eine vereinfachte und leicht verständliche Darstellung der Arbeitsweise unseres Gehirns. Falls Ihnen die Ausführungen für den Anfang zu viel Theorie sein sollten, blättern Sie bitte gleich zur Kurzversion »Das Gehirn – so versteht es auch Ihr Kind« auf Seite 28 ff. weiter und lesen das Kapitel »Das Gehirn« zu einem späteren Zeitpunkt.)
Der Hirnstamm ist der älteste Teil unseres Gehirns, der sich schon vor über fünfhundert Millionen Jahren entwickelt hat. Er hat große Ähnlichkeit mit dem vollständigen Gehirn eines Reptils und wird daher auch gerne als Reptiliengehirn bezeichnet. Der Hirnstamm befindet sich tief im Inneren unseres Gehirns und umfasst die Bereiche Medulla oblongata (verlängertes Mark), Pons (Brücke), Mesencephalon (Mittelhirn) und Diencephalon (Zwischenhirn).
Er steuert und überwacht lebenswichtige vegetative Körperfunktionen wie die Kontrolle des Atems, des Herzschlags, der Körpertemperatur und der Verdauungstätigkeit. Instinktiv regelt der Gehirnstamm körperliche Bedürfnisse wie Essen, Trinken und die Fortpflanzung. Wenn wir großem Stress ausgesetzt sind, übernimmt der Hirnstamm sozusagen das Kommando, und wir sind nur noch auf Überleben programmiert. Die klassische Stressreaktion, in der wir nur noch zwischen Kampf oder Flucht entscheiden können, findet in diesem Bereich des Gehirns statt.
Ein weiterer wichtiger Bereich des Hirnstamms ist die Formatio reticularis, die sich von oben nach unten durch den Hirnstamm zieht. Bestehend aus einem Netzwerk von Zellen, übt sie einen entscheidenden Einfluss auf unseren Grundwachheitsgrad aus. Gemeinsam mit dem Subthalamus, dem Hypothalamus und Teilen des Thalamus kontrolliert und überwacht die Formatio reticularis den Grad unserer zielgerichteten Aufmerksamkeit, der Selbstwahrnehmung und des Wachheitszustandes. Das bedeutet, dass wir, obwohl draußen Geräusche von vorbeifahrenden Autos, spielenden Kindern oder einem brummenden Flugzeug zu hören sind, zielgerichtet unsere Arbeiten durchführen können, ohne uns von den Geräuschen ablenken zu lassen. Das gilt natürlich auch für Laute im näheren Umfeld, wie streitende Geschwister, Mitschüler, die ihre Arbeit bereits beendet haben, oder einen Klassenkameraden, der unruhig mit dem Stuhl wippt. Die Formatio reticularis ist eine Schaltstelle, die alle ankommenden Signale überwacht und unwichtige Informationen wie zum Beispiel Verkehrslärm filtert, damit wir uns weiter auf unsere Arbeit konzentrieren können. Kinder, die Probleme haben, diese Außengeräusche auszufiltern, werden häufig als rastlos, impulsiv, unkonzentriert und unfähig, eine Arbeit zu Ende zu führen, beschrieben.
An der Rückseite des Hirnstamms, verbunden durch den Pons, liegt das Kleinhirn (Cerebellum), das in zwei Hemisphären und den dazwischen liegenden Vermis (Wurm) aufgeteilt ist. Es ist die höchste und wichtigste Kontrollinstanz für die Koordinierung und Feinabstimmung unserer Bewegungsabläufe. Es übernimmt viele wichtige Funktionen in Bezug auf unsere automatischen, koordinierten Bewegungsabläufe, das Gleichgewicht und die Körperhaltung. Wenn Sie zum Beispiel etwas aufschreiben wollen, denken Sie nicht darüber nach, welche Muskeln oder Sehnen nun koordiniert werden müssen. Nein, Sie nehmen Ihren Stift zur Hand und notieren Ihre Gedanken. Die notwendigen Bewegungsabläufe werden von Ihrem Kleinhirn in Zusammenarbeit mit den Basalganglien (siehe Seite 20) moduliert und zur Feinabstimmung gebracht. Als Sie das erste Mal in Ihrem Leben einen Stift in die Hand nahmen, haben Sie vermutlich sehr fest gedrückt und waren von den Linien Ihres Stiftes sehr beeindruckt. Das hat Sie ermuntert, weiter zu experimentieren, und so haben Sie mit der Zeit herausgefunden, wie die beste Haltung und der richtige Druck sind, um malen oder schreiben zu können.
Das Kleinhirn hat seine Größe im Laufe der menschlichen Evolution verdreifacht. Daran wird deutlich, welche wichtigen Funktionen dort stattfinden: Alle gelernten automatisierten Bewegungsabläufe, wie beispielsweise einen Stift halten, schreiben, Fahrrad fahren, schwimmen, Tennis spielen etc., sind im Kleinhirn in Form von Bewegungsabläufen festgeschrieben und archiviert. Bei Bedarf können sie einfach abgerufen werden – auch wenn Sie jahrelang nicht Fahrrad gefahren sind, können Sie auf ein Rad steigen und losfahren, da das Programm der Bewegungsabläufe im Kleinhirn gespeichert ist.
Das limbische System liegt wie eine weitere Schicht über dem Hirnstamm. Es besteht aus einer Gruppe von Zellstrukturen zwischen Hirnstamm und Cortex und hat sich vor etwa zwei bis drei Millionen Jahren entwickelt. Das limbische System ist bei Säugetieren am höchsten entwickelt und wird somit auch als Säugerhirn bezeichnet.
Die Steuerung von Blutdruck, Pulsfrequenz und Blutzuckerspiegel gehören ebenso zu den Aufgaben des limbischen Systems, wie für unser Überleben zu sorgen: Ernährung, Fortpflanzung und Kampf oder Flucht. Es ist sozusagen der Sitz unserer Gefühle und arbeitet völlig unterbewusst. Das limbische System besteht aus mehreren wichtigen Bereichen:
Hypothalamus
Nur von der Größe einer Erbse, steuert er dennoch grundlegende Funktionen wie Essen, Trinken, Schlafen, Wachen, Körpertemperatur, Pulsfrequenz, Hormone und Sexualität. Außerdem spielt er eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Gefühlen. Er sorgt für Homöostase, d. h., er regelt das innere Milieu.
Hypophyse (Hirnanhangdrüse)
Als zentrale Drüse des endokrinen Systems wird sie vom Hypothalamus aktiviert. Dadurch wird die Hormonproduktion angeregt, die entscheidenden Einfluss auf unser Verhalten hat.
Epiphyse (Zirbeldrüse)
Hier wird der Tag-Nacht-Rhythmus reguliert. Die Epiphyse wird durch Licht aktiviert und ist für das Wachstum und die Entwicklung des Menschen zuständig.
Hippocampus
Er ist von entscheidender Bedeutung für das Lernen, da er an Gedächtnisleistungen beteiligt ist und das Kurzzeitgedächtnis dort seinen Sitz hat. Das Ablegen und Abrufen unserer bewussten Erinnerungen findet im Hippocampus statt.
Amygdala (Mandelkern)
Grundlegende Gefühle wie Freude, Schmerz, Angst, Wut sowie die Entscheidung zwischen Kampf oder Flucht entstehen in der Amygdala. Sie etikettiert unsere Erfahrungen – gefährlich oder nicht. Wenn Gefahr droht, wird sofort der Kampf-oder-Flucht-Reflex ausgelöst, das Stammhirn übernimmt die Regie, wir können nicht mehr klar denken. Droht keine Gefahr, kann der Cortex planmäßig handeln. Zusammen mit dem Hippocampus ist die Amygdala entscheidend an der Weiterleitung von Informationen an das Langzeitgedächtnis beteiligt.
Thalamus
Der Thalamus liegt tief im Inneren unseres Gehirns und besteht aus zwei Teilen, die wiederum aus verschiedenen Kernen zusammengesetzt sind. Seine Hauptaufgabe besteht darin, sensorische Informationen zu filtern. Er ist die letzte Relaisstation vor dem Cortex. Alle Sinneseindrücke werden vom Thalamus ausgewertet und erst dann an das bewusste Denken weitergeleitet. Ausgenommen ist der Geruchssinn, dieser geht den direkten Weg zum Cortex. Bevor wir den Schmerz, die Berührung oder die Empfindung von Wärme oder Kälte bewusst wahrnehmen, hat sie der Thalamus unter dem Aspekt »wichtig fürs Überleben« sortiert. Nur was für das Überleben notwendig ist, wird an die Großhirnrinde weitergegeben.
Basalganglien
Diese liegen tief eingebettet in unserem Gehirn und spielen eine große Rolle bei der Koordination, Integration und Ausführung motorischer Bewegungsabläufe. Sie stehen über zahlreiche Faserbündel mit fast allen Bereichen des Cortex in Verbindung und haben eine zentrale Bedeutung für die Erinnerung der Bewegungsabläufe, die im Kleinhirn moduliert werden.
Der Cortex, auch Großhirnrinde genannt, stellt die Hauptmasse des Gehirns dar. Er ist stark gefaltet und durch viele Furchen und Windungen gekennzeichnet. Würde man ihn entfalten, ergäbe das eine Fläche von 2400 cm2. In ihm sind mehr Neuronen enthalten als in jeder anderen Hirnstruktur. Die Großhirnrinde ist etwa 2–4 mm dick und enthält rund 14 Milliarden Zellkörper. Durch den Cortex werden wir zu bewusst handelnden Menschen, hier werden Entscheidungen getroffen, wird organisiert oder werden Erfahrungen im Gedächtnis abgespeichert. Der Cortex ermöglicht uns, zu sprechen, zu handeln und unsere Gedanken und Gefühle mitzuteilen. Er nimmt zunächst alle Informationen auf, analysiert sie und zieht Vergleiche mit gespeicherten Daten aus vergangenen Erfahrungen, um dann eine Entscheidung zu treffen.
Das Großhirn besteht aus zwei Hälften, auch Hemisphären genannt, die durch eine tiefe Furche unterteilt sind. Diese Furche ist von einem dichten Faserbündel, dem Corpus callosum, durchzogen. Das Corpus callosum wird auch gerne als Brücke bezeichnet, eine ganz spezielle Brücke aus etwa dreihundert Millionen Nervenfasern. Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Informationsaustausch der beiden Gehirnhälften sicherzustellen. Die rechte Gehirnhälfte steuert die Funktionen der linken Körperseite, die linke die der rechten.
Jede Gehirnhälfte hat sich auf ganz spezifische Aufgaben spezialisiert. So wird die linke Gehirnhälfte auch Logikgehirn genannt. Sie verarbeitet eintreffende Daten verbal, logisch, analytisch, rational, abstrakt, zeitlich, linear, der Reihe nach; wohingegen die rechte Gehirnhälfte, auch als Gestaltgehirn bezeichnet, nonverbal, intuitiv, gefühlsmäßig, räumlich, konkret, visuell, ganzheitlich, den Überblick bewahrend verarbeitet.