Fußnoten

»Nun gut, wer bist du denn?«: Zitat aus Johann W. Goethe, »Faust« I, Studierzimmer.

S. 9 Patriarchenteich: Patriarši prudy, ein Ort im Zentrum von Moskau in der Nähe der Großen Gartenstraße. Im Russischen steht der Name im Plural als »Patriarchenteiche«, weil es ursprünglich drei Teiche waren, diese Übersetzung verwendet die Singularform, um irreführende Gedankenbilder zu vermeiden, weil sich schon in den 1930er Jahren nur noch ein Teich an diesem Ort befand. Im 17. Jahrhundert gehörte die Gegend dem russisch-orthodoxen Patriarchen Filaret. Ihr volkstümlicher Name lautet dagegen einigermaßen dämonisch »Koz’e boloto« (»Ziegensumpf«). Möglicherweise spielt diese Doppeldeutigkeit für Bulgakow eine Rolle bei der Wahl der Anfangsszenerie.

S. 9 »Es war Frühling, eine heiße Dämmerstunde am Patriarchenteich. Zwei Herren zeigten sich …«: Der Anfangssatz des Romans wurde von Bulgakow mehrfach überarbeitet. Die Fassungen unterscheiden sich aber nur im Detail. So wird in einigen von ihnen die Dämmerstunde als »außerordentlich heiß« bezeichnet, in anderen findet sich die Zeitangabe »am Mittwoch« oder die Ortsangabe »in Moskau«. Laut Viktor Lossew (dem Herausgeber der verwendeten russischen Textausgabe) fällt es, aufgrund von zahlreichen Streichungen und Wiederherstellungen des bereits Gestrichenen, schwer, im Nachhinein festzustellen, bei welcher Version es sich tatsächlich um die vom Autor beabsichtigte handelt. Gleiches gilt für die Personenbeschreibung von Berlioz und Besdomny einige Sätze später.

S. 9 »Literaturzeitschrift von Format«: »tolstyj žornal« (wörtlich: »dicke Zeitschrift«) ist im Russischen ein feststehender Ausdruck für einen Literaturalmanach (im Gegensatz zu einer Illustrierten). In der Übersetzung wird versucht, auf ironische Weise sowohl die vermeintliche Bedeutsamkeit als auch die Dicke der Zeitschrift anzudeuten.

S. 9 Massolit: Eine Schriftstellervereinigung mit diesem Namen hat es nicht gegeben. Die für die frühe Sowjetunion typische Abkürzung wird im Allgemeinen als »Moskauer Assoziation der Literaten« gelesen und ist gewiss eine Anspielung auf die offiziöse und Ende der 1920er Jahre sehr einflussreiche Vereinigung RAPP (»Russische Assoziation Proletarischer Autoren«).

S. 9 Besdomny: Wörtlich »ohne Heim; der Obdachlose«. Mit diesem nom de plume fügt sich Ponyrjow nahtlos in die lange Kette von proletarischen Dichter- und Künstlernamen, die auf die soziale Herkunft ihrer Träger anspielen, wie zum Beispiel Demjan Bedny (»der Arme«), Michail Golodny (»der Hungrige«), Iwan Pribludny (»der unehelich Geborene; der Hergelaufene«), Alexander Odinokij (»der Einsame«) und Alexander Besymenski (»der Namenlose«).

S. 9 Malaja Bronnaja: Eine Straße im Zentrum von Moskau, welche die Große Gartenstraße mit dem Twerskoi-Boulevard verbindet.

S. 10 Gartenring: Sadovoe kol’co, eine große Ringstraße in Moskau.

S. 10 Kislowodsk: Ein Kurort im nördlichen Kaukasus, bekannt für seine Mineralquellen.

S. 11 Poem: Innerhalb der russischen Tradition ein narratives Langgedicht. Möglicherweise eine Anspielung auf das antireligiöse Poem des Stalin’schen Propagandadichters Demjan Bedny (1883–1945) »Das Evangelium ohne Makel, empfahn / von dem Evangelisten Demjan«.

S. 12 Philo von Alexandrien (ca. 25 v. Chr. – ca. 50 n. Chr.): Jüdisch-hellenistischer Denker und Bibelexeget.

S. 12 Flavius Josephus (ca. 37 – ca. 100 n. Chr.): Jüdisch-römischer Historiker, Verfasser der »Geschichte des Jüdischen Krieges« und der »Jüdischen Altertümer«.

S. 12 Tacitus, Publius Cornelius (ca. 60 – ca. 120 n. Chr.): Römischer Historiker, Verfasser der »Annalen«, einer Geschichte des Römischen Reiches vom Tod des Augustus bis zum Tod Neros.

S. 12 Osiris: Altägyptischer Gott der Wiederauferstehung und Richter über die Toten.

S. 12 Tammuz: Gott der sumerischen, babylonischen, assyrischen, aber auch phönizischen Mythologie, den die Griechen später unter dem Namen Adonis übernahmen, verkörpert den Tod und die Wiederauferstehung.

S. 12 Marduk: Hauptgottheit des babylonischen Pantheons, der Stadtgott von Babylon.

S. 13 Vitzliputzli (auch »Huitzilopochtli«): Kriegs- und Sonnengott der Azteken.

S. 13 Spazierstock mit schwarzer Pudelschnauze: In Goethes »Faust« erscheint Mephistopheles dem Faust in der Gestalt eines Pudels (»Das also war des Pudels Kern!«). Auch die ältere Faust-Sage kennt den gelehrigen Pudel namens Prestigiar.

S. 14 Adonis: siehe Tammuz.

S. 14 Attis: In der phrygischen Mythologie ein Jüngling, der, von Kybele in den Wahnsinn getrieben, sich selbst entmannt.

S. 14 Mithras: Eine ursprünglich iranische Licht-Gottheit, wurde um 100 n. Chr. zum Mittelpunkt eines römischen Mysterienkults, in welchem er die Überwindung des Todes personifizierte.

S. 15 »Aber hundert Pro!«: Besdomnys saloppe Ausdrucksweise parodiert die demonstrative Verwendung der groben, ungehobelten Sprache bei den proletarischen Dichtern der 1920er bis 30er Jahre.

S. 16 »Von denen gibt es ja bekanntlich ganze fünf!«: Die gemeinten Gottesbeweise sind offenbar der kosmologische, der teleologische, der ontologische, der moralische und der historische. In seiner »Kritik der reinen Vernunft« teilt Immanuel Kant die Gottesbeweise dagegen in drei grundlegende Beweisarten ein: den ontologischen, den kosmologischen und den teleologischen.

S. 17 Immanuel Kant: Deutscher Philosoph der Aufklärung (1724–1804), Verfasser der »Kritik der reinen Vernunft«. Kant lehnt den Beweis der Existenz Gottes im rationalen Bereich ab und lässt nur den moralischen Gottesbeweis gelten, der sich auf die Existenz des menschlichen Gewissens gründet.

S. 17 »Nicht umsonst sagte Schiller, Kants Überlegungen könnten nur Knechten genügen …«: Friedrich Schiller (1759–1805), deutscher Dichter, Dramatiker und Historiker, Vertreter der Weimarer Klassik, setzte sich kritisch mit Kant auseinander. In seiner Schrift »Über Anmut und Würde« (1793) schreibt er über ihn: »Womit aber hatten es die Kinder des Hauses verschuldet, dass er nur für die Knechte sorgte?«

S. 17 David Friedrich Strauß: Deutscher Philosoph und Theologe (1808–1874), Verfasser der Schrift »Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet« (1835–36).

S. 17 Sibirien: Im russischen Original spricht Besdomny hier (ebenfalls im übertragenen Sinne) von »Solovki«, also den Solowezki-Inseln, die seit dem 17. Jahrhundert als Staatsgefängnis fungierten.

S. 19 Nascha Marka: Wörtlich »Unsere Marke«, eine seit 1925 verbreitete Papyrossensorte. Dass Besdomny den Ausländer ausgerechnet um »Unsere Marke« bittet, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

S. 20 »Von unseren Feinden? Von Interventen?«: Gemeint sind natürlich keinesfalls persönliche Feinde von Berlioz und Besdomny, sondern die Feinde des Sowjetsystems, als dessen Vertreter er sich somit unmissverständlich ausgibt.

S. 21 Komsomolzin: Ein Mitglied des 1918 gegründeten kommunistischen Jugendverbands Komsomol, der seine Mitglieder im Geiste des Marxismus-Leninismus er- und heranziehen sollte.

S. 21 »… wo in Vorahnung der Abendkühle lautlose Krähen ihre Kreise kritzelten …«: Eine der zahlreichen Stellen im Roman, wo Bulgakow intensiv mit Klangfiguren arbeitet: »… gde, predčuvstvuja večernjuju prochladu, besšumno črtili černye pticy …«

S. 22 Literaturnaja Gaseta: Tendenziöse sowjetische Wochenzeitung, seit 1934 offizielles Organ des Sowjetischen Schriftstellerverbands.

S. 23 »W«: Zwar stammt der Teufelsname »Woland« vom mittelhochdeutschen »vâland« ab (er kommt auch als »Junker Voland« in Goethes »Faust I«, in der »Walpurgisnacht«, vor), doch wird er, anders als in der Version aus den Jahren 1929–30, wo er noch »Dr. Theodor Voland« hieß, nicht mit einem »V«, sondern mit einem »W« geschrieben (im Russischen ist ausdrücklich von einem »Doppel-V« die Rede). Diese Schreibweise ist keineswegs zufällig, denn so wird der Buchstabe »W« auch graphisch zu einem Gegenstück des »M« auf der Mütze des Meisters (siehe die Anmerkung zu Kapitel 13).

S. 23 »Ja, ich denke, ich bin ein Deutscher …«: Bulgakows Verweis auf die Herkunft seiner Teufelsgestalten aus dem Geist der deutschen Romantik und vor allen Dingen aus Goethes »Faust«.

S. 24 Grimoire: Ein Manuskript mit magischen, insbesondere nekromantischen Formeln und Beschwörungen.

S. 24 Gerbert d’Aurillac: Ein Universalgelehrter des 10. Jahrhunderts, Lehrer des deutschen Kaisers Otto III., seit dem Jahr 999 Papst Silvester II. Spätere Generationen verbreiteten das Gerücht, er habe mit dem Teufel im Bunde gestanden.

S. 24 »Im weißen Gewand, blutig umbordet …«: Der Ausdruck »s krovavym podboem« wird gewöhnlich im Sinne von »blutig gefüttert« gelesen. Abgesehen von der unglücklichen Bedeutungsdopplung, die im Deutschen auf diese Weise zu entstehen droht, entspricht ein solches rot gefüttertes Gewand nicht den antiken Vorbildern. Gemeint ist ganz offensichtlich eine für hochgestellte Römer typische toga praetexta, also ein weißes Gewand mit einem breiten Purpurstreifen. Zumal das russische Wort »podboj« nicht ausschließlich als »Futter«, sondern eben auch als »Borte« verstanden werden kann.

S. 24 Nisan: Ein Monat nach dem jüdischen Kalender (der etwa Mitte März beginnt). Das alljährliche Pessach-Fest wird vom 15. bis 21. Nisan gefeiert.

S. 25 Legio XII Fulminata: Wörtlich »Blitz-Legion«, eine legendäre, von Gaius Julius Caesar gegründete Einheit.

S. 25 Jerschalajim: Zur Steigerung der Unmittelbarkeit sieht Bulgakow im gesamten Pilatus-Roman von der Verwendung der allgemein üblichen Orts- und Personennamen ab und ersetzt sie, wo es nur geht, durch quasi authentische (wobei er bei seinen Rekonstruktionen auf unterschiedliche, oft genug auch zweifelhafte, literarische oder okkulte, Quellen zurückgreift). Im Übrigen weicht die Topographie seines Jerschalajim erheblich von der tatsächlichen ab und vermischt sich immer wieder mit Bildern von Kiew und Moskau.

S. 25 Hemicrania: Hemikranie, eine Form von Migräne mit teils heftigen einseitigen Kopfschmerzen.

S. 26 Tetrarch: Herrscher über ein Viertel des gesamten Gebiets; nach dem Tod von Herodes dem Großen 4 v. Chr. hatte Kaiser Augustus dessen Reich unter den vier Söhnen aufgeteilt.

S. 26 Synedrion: Der Hohe Rat, dessen 71 Mitglieder Priester, Schriftgelehrte und Vertreter der Laienaristokratie [Älteste] waren. Dem Rat oblag die Kult- und Rechtspflege, der Hohepriester hatte den Vorsitz inne.

S. 28 Jeschua Ha-Nozri: Aramäisch für »Jesus von Nazareth«.

S. 28 Gamala: Oder Gamla, eine jüdische Stadt östlich des Sees Genezareth.

S. 30 Bethphage: Wörtlich »Feigenhaus«, ein Dorf auf dem Ölberg.

S. 31 Banga: »Banga-Ljubanga« war ein Kosename für Ljubow Belosjorskaja (1895–1987), Bulgakows zweite Ehefrau (1924–1932).

S. 35 Tor von Susa: Heute das Goldene Tor an der Ostmauer des Tempelbergs, so genannt, weil zur Zeit Jesu viele Exiljuden aus der persischen Residenzstadt Susa durch dieses Tor nach Jerusalem heimkehrten.

S. 36 Dysmas und Gestas: Bulgakow übernimmt die Namen der beiden Verurteilten aus dem apokryphen Nikodemus-Evangelium (auch bekannt als »Pilatus-Akten«), wo es in Kap. 9,4 heißt: »Dein Volk hat dich der Anmaßung des Königsnamens überführt. Daher habe ich entschieden, dass du entsprechend der Satzung der frommen Kaiser zuerst gegeißelt und danach am Kreuze aufgehängt werdest in dem Garten, wo du gefasst wurdest. Und Dysmas und Gestas, die beiden Missetäter, sollen mit dir gekreuzigt werden.«

S. 36 Bar-Rabban: Wörtlich »der Sohn des Vaters«, der in allen kanonischen Evangelien erwähnte Mörder Barabbas.

S. 37 Turma: Eine aus dreißig Soldaten bestehende Einheit der Reiterei.

S. 37 Idistaviso: Der Ort, wo im Jahr 16 n. Chr. der römische General Nero Claudius Germanicus die Cherusker unter Arminius zurückschlug, wahrscheinlich am Ostufer der Weser, bekannt aus den »Annalen« des Tacitus.

S. 37 Caesarea Stratonis: Auch Caesarea Maritima, eine Stadt im Nordwesten von Jerusalem, errichtet von Herodes dem Großen, die als Residenz der Statthalter von Judäa diente.

S. 38 »Ein kahler Kopf und darauf eine goldene Krone mit spärlichen Zacken. Die Stirn – ein einziges rundes Geschwür …«: Gemeint ist Kaiser Tiberius, dessen Gesicht im Alter voller Geschwüre gewesen sein soll.

S. 38 Majestätsbeleidigung: In der zweiten Herrschaftsperiode von Kaiser Tiberius nahmen Prozesse wegen Majestätsbeleidigung (laesa maiestas) drastisch zu, oft genug aus minimalen Anlässen.

S. 39 Judas von Kirjath: Bulgakow deutet den überlieferten Namen »Judas Iskarioth« im Sinne einer Herkunft aus Kirjath, einer Stadt nordwestlich von Jerusalem. Die russische Form »iz Kiriafa« (»von Kirjath«) besitzt eine noch größere klangliche Nähe zu »Iskarioth«.

S. 40 Caligen: Römische Militärstiefel.

S. 43 Kahler Berg: Bulgakow verwendet bewusst nicht den herkömmlichen Namen »Golgatha« (»Golgofa«) oder »Schädelstätte« (»lobnoe mesto«), sondern – als scharfe Dissonanz – den aus der russischen Folklore bekannten »Kahlen Berg« (»lysaja gora«), einen Treffpunkt der Hexen. Von seiner Kiewer Wohnung (Andrejewski Spusk) aus hatte Bulgakow einen Ausblick auf den sagenumwobenen Kahlen Berg.

S. 43 Ala: Wörtlich »Schwarm«, eine berittene Einheit, fünfhundert bis tausend Mann stark.

S. 45 Pessach-Feier: Ein Wallfahrtsfest im jüdischen Frühlingsmonat Nisan, es erinnert an die Zeit des Exodus, an den Auszug der Israeliten aus Ägypten, die Flucht vor Unterdrückung und Sklaverei. Die Feier war häufig Anlass für Proteste gegen die römische Besatzungsmacht.

S. 47 »Stattdessen strömte so ein purpurner Schlick. Darin wiegten sich Algen, ins Unbekannte getrieben. Und zusammen mit ihnen trieb auch Pilatus dahin …«: Die Stelle spielt auf die Legende an, laut welcher Pilatus später Selbstmord beging und seine Leiche schließlich in dem sogenannten Pilatussee bei Luzern versenkt wurde.

S. 48 Pontier, Reiter Goldener Speer: Der Familienname »Pontius« verweist auf das römische Geschlecht der Pontier. Der Name »Pilatus« leitet sich möglicherweise von »pilum« (Speer) ab.

S. 38 Caprea: Der antike Name von Capri, dem Alterssitz des Kaisers Tiberius.

S. 48 Salomos Teich: Künstliche Wasserstellen unweit von Jerusalem. Die Römer bauten zwei Aquädukte, um Wasser aus diesen Teichen nach Jerusalem zu leiten.

S. 48 Schilder mit kaiserlichen Inschriften: Verschiedene historische Quellen berichten davon, dass Pilatus im Palast des Herodes vergoldete Schilder mit dem Namen des Kaisers aufstellen ließ, die für allgemeine Empörung sorgten. Auf Befehl des Kaisers Tiberius musste Pilatus die Schilder schließlich entfernen und nach Caesarea in den Augustus-Tempel bringen lassen.

S. 51 »… nahm ihren Lauf irgendwo ferne, am Hippodrom, immer bedrohlicher brodelnd …«: In dem ohnehin sehr dichten Klangbild der Passage verwendet Bulgakow hier stark wirkende Alliterationen: »Ona načalas’ ne gromko, zarodivšis’ gde-to vdali u gippo dro ma, potom stala gromopodobnoj …«

S. 54 »Erst nachdem er die Tribüne verlassen hatte – in deren Etappe –, öffnete Pilatus die Augen, der Gefahr entronnen …«: Durch die Verwendung des militärischen Ausdrucks »Etappe« (»tyl«) macht Bulgakow auf subtile Weise deutlich, dass die gesamte Szene auf den kriegserfahrenen und tapferen Pilatus bedrohlicher wirkt als jede Schlacht, an der er bisher teilgenommen hat.

S. 54 »Die Reiterala, in immer rasanterem Trab, sprengte zum Platz, um diesen am Rande zu streifen …«: Vergleiche im Russischen das Klangbild des nachfolgenden Satzes: »… pod kajšej dorogoj proskakat’ k Lysoj Gore …«

S. 58 Metropol: Ein Hotel im Moskauer Stadtzentrum, das in den 1920–30er Jahren vornehmlich von ausländischen Touristen bewohnt wurde.

S. 60 Jermolajewski-Gasse: Eine Gasse in der Nähe des Patriarchenteichs.

S. 64 »Momentchen, Momentchen, ich darf doch sehr bitten […] Mit Verlaub! …«: Nach dem durch Berlioz’ Tod verursachten Schock ändert sich schlagartig Besdomnys Sprache: Statt des demonstrativ groben proletarischen Jargons redet er plötzlich in gutbürgerlichen Floskeln und offenbart so gewissermaßen sein wahres Gesicht.

S. 66 »Iwan schnappte förmlich nach Luft …«: Im Original heißt es, dass Iwan »rein gar nichts gefangen hat« und daraufhin »ächzte«. Die Übersetzung versucht, auf spielerische Weise, beides mit einem einzigen Ausdruck wiederzugeben.

S. 67 Spiridonowka: Eine Straße in Moskau, die von der Kleinen Nikitskaja zum Gartenring führt.

S. 67 Nikitski-Tor: Ein Platz in Moskau auf der Kreuzung zwischen dem Boulevard-Ring und der Großen Nikitskaja.

S. 67 Arbat-Platz: Ein Platz im Zentrum von Moskau. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert war die Gegend stark besiedelt und bestand aus zahllosen, oft verwinkelten Gassen, deren Namen zum Teil vergessen sind. In den 1920er bis 30er Jahren wurde der Arbat starken strukturellen Änderungen unterzogen, sodass sein heutiges Bild kaum mehr dem damaligen entspricht. Im Arbat-Viertel lebten viele Akademiker und Künstler.

S. 68 »… im Handumdrehen kam auch Iwan dort an …«: Auch im russischen Original eine reimähnliche Figur mit bremsender Wirkung: »V mgnoven’e oka Ivan i sam okazalsja tam …«

S. 68 »… im Handumdrehen kam auch Iwan dort an …«: Auch im russischen Original eine reimähnliche Figur mit bremsender Wirkung: »V mgnoven’e oka Ivan i sam okazalsja tam …«

S. 68 Kropotkinskaja: Eine Straße im Zentrum von Moskau, benannt nach dem Anarchisten Peter Alexejewitsch Kropotkin (1842–1921), ursprünglich Pretschistenka.

S. 68 Ostoschenka: Eine Straße im Zentrum von Moskau.

S. 69 »Ein riesiger, völlig verwahrloster Flur …«: Gemeint ist eine für die damalige Zeit typische Kommunalwohnung, in der mehrere Parteien untergebracht sind.

S. 69 »Irgendwo brüllte mit dumpfer männlicher Stimme ein Rundfunkgerät zornige Verse heraus …«: Möglicherweise eine Anspielung auf den Vortragsstil von Wladimir Majakowski.

S. 70 »Amphitheater des Moskwa-Flusses«: Gemeint sind die steinernen Stufen am Moskwa-Ufer in unmittelbarer Nähe der (1931 abgerissenen) Christ-Erlöser-Kathedrale, welche ursprünglich als Taufstelle dienten.

S. 71 Gribojedow: Siehe Anmerkung zu Kapitel 5.

S. 72 »Eugen Onegin«: »Evgenij Onegin«, Oper von Peter Tschaikowski (1840–1893) nach dem gleichnamigen Versroman von Alexander Puschkin (1799–1837).

S. 72 Tatjana: Protagonistin aus »Eugen Onegin«.

S. 73 Boulevard-Ring: Der aus verschiedenen Boulevards bestehende Ring um den Moskauer Stadtkern.

S. 73 »Das alte cremefarbene Haus mit zwei Stockwerken lag am Boulevard-Ring …«: Bulgakow spielt auf das sogenannte Herzen-Haus auf dem Twerskoi-Boulevard an, das in den 1920er Jahren dem Moskauer Schriftstellerverband gehörte und u.a. für sein Restaurant berühmt war.

S. 73 Alexander Gribojedow: Russischer Dichter (1795–1829), Verfasser der Verskomödie »Verstand schafft Leiden«.

S. 73 »Verstand schafft Leiden«: »Gore ot uma«, Verskomödie von Alexander Gribojedow, in welcher der Protagonist Tschatzki wegen seiner dissidenten Ansichten von der Moskauer Gesellschaft für verrückt erklärt wird.

S. 74 B. Trugowa, O.W. Mirowa (zu lesen als: »Betrug-owa« und »Oh-weh-mir-owa«): Im russischen Original ebenfalls groteske sprechende Namen »M.B. Podloschnaja« (von podlog = Betrug, Fälschung) und »Pokljowkina« (von klevat’ = picken, mit dem Schnabel hacken).

S. 76 »Wo isst du zu Abend, Ambrosius …«: Die Passage karikiert sowjetische Literaten in der Gestalt dekadenter Römer.

S. 78 Kljasma: Ein Fluss im Norden von Moskau.

S. 78 Steuermann Jim: Das Pseudonym lautet im russischen Original »Steuermann George«. In der Übersetzung wurde der Name geändert, um eine falsche Lesart (wie etwa in »Stefan George«) zu vermeiden und gleich die englische Aussprache zu betonen.

S. 78 Perelygino: Gemeint ist das Dorf Peredelkino westlich von Moskau, wo renommierte sowjetische Schriftsteller Datschen besaßen.

S. 78 »Doch wann teilt sich die Welle, wann naht sich die Ferne? …«: Im Original zitiert Poprichin mit ironischem Unterton einen Vers aus dem Volkslied »Vniz po matuške po Volge« (»Auf dem Mütterchen Wolga«): »Ničego v volnach ne vidno« (»In den Wellen ist nichts zu sehen«). Die Übersetzung versucht, dies mit einem leicht abgewandelten Goethe-Zitat aus dem Gedicht »Glückliche Fahrt« wiederzugeben.

S. 79 Prosektor: Ein sezierender Arzt.

S. 80 Tamara Halbmond: Wörtliche Übersetzung des Namens »Tamara Polumesjac«.

S. 80 Johann von der Insel Kronstadt: Zur Steigerung der grotesken Atmosphäre nennt Bulgakow in dem als Hölle dargestellten Restaurant den Namen eines russisch-orthodoxen Heiligen Johannes von Kronstadt.

S. 81 Blasfeminow, Süßlich: Im russischen Original »Bogochul’skij« (»gotteslästerlich«) und »Sladkij« (»süß«).

S. 81 Karaibisches Meer: Bulgakow verwendet hier die alte Bezeichnung für das Karibische Meer.

S. 84 »Friede sei mit euch, Freunde«: Der proletarische Dichter Besdomny spricht hier auf einmal eine Sprache, die zwischen salopp und archaisch changiert und für volkstümliche Straßenpropheten und »Narren in Christo« charakteristisch ist, was die insgesamt groteske Wirkung der Szene verstärkt.

S. 84 Skatertny: Eine Gasse im Zentrum von Moskau.

S. 85 »Und siehe, eine gewaltige Menge sammelte sich um Iwans Licht«: Im russischen Original ist die religiöse Konnotation spielerisch durch den Ausdruck »ivanov ogon’« (»Johannisfeuer«) gegeben.

S. 87 Panteleimon vom Buffet: Wie im Fall des »Johann von der Insel Kronstadt«, benutzt Bulgakow auch hier den Namen eines christlich-orthodoxen Heiligen, nämlich Panteleimon des Heilers.

S. 91 Kulak: Russisch für »Faust«; Negativausdruck für einen Großbauern. Ende der 1920er Jahre wurden im Zuge der »Entkulakisierungs«-Kampagne zahllose Bauern unter dem Vorwand, Kulaken zu sein, inhaftiert oder erschossen.

S. 98 Ausfahrt zum Boulevard: Gemeint ist der Twerskoi-Boulevard.

S. 98 »… der Mann aus Metall …«: Gemeint ist das Denkmal des Dichters Alexander Puschkin (1799–1837), das sich ursprünglich auf dem Twerskoi-Boulevard befand.

S. 98 »Will der Himmel sich verhüllen? …«: »Burja mgloju nebo kroet«, der Beginn des Puschkin-Gedichts »Zimnij večer« (»Winterabend«):

Will der Himmel sich verhüllen?

Brausend weht ein böser Wind,

um als Raubtier loszubrüllen

und zu weinen wie ein Kind!

(Deutsch von Alexander Nitzberg)

S. 98 »Da schießt auf ihn dieser Weißgardist …«: Gemeint ist Georges-Charles d’Anthès (1812–1895), ein französischer Offizier, der sich 1837 mit Alexander Puschkin duellierte und ihn tödlich verwundete. Natürlich war er kein Weißgardist, denn die Weiße Armee bildete sich erst nach der Oktoberrevolution 1917 im Zuge des Russischen Bürgerkriegs. Bulgakow parodiert hier das für die 1920er bis 30er Jahre typische ideologisierte Denken in Feindbildern, bei dem alle negativen Elemente als »Volksverräter«, »Spione«, »Saboteure« oder eben »Weißgardisten« betrachtet wurden.

S. 98 Abrau: Abrau-Durso, eine bekannte russische Sektmarke.

S. 101 Varieté: Hieß in früheren Fassungen noch »Theater Cabaret«. Als Prototyp diente Bulgakow möglicherweise das Music Hall auf der Großen Gartenstraße. Vor der Revolution befand sich in dem Gebäude ein Zirkus.

S. 101 »…in eben jener Wohnung, im sechsstöckigen hufeisenförmigen Haus auf der Gartenstraße …«: Im Haus 302 B Große Gartenstraße, Whg. 50, lebte Bulgakow von 1921 bis 24, heute ist dort (Bolschaja Sadowaja 10) ein Museum eingerichtet.

S. 103 Boschedomka: Eine Straße in einem Moskauer Randbezirk.

S. 103 Pyramidon: Verbreitetes Medikament gegen Kopfschmerzen und Fieber, das in Form von Pulver eingenommen wurde.

S. 105 Skhodnja: Beliebter Erholungsort nordwestlich von Moskau.

S. 106 »… außer Wodka noch Portwein getrunken …«: Wodka mit Portwein zu vermischen, gilt in Russland als Unsitte.

S. 111 »Jemand entstieg dem Pfeilerspiegel …«: Es ist auffällig, dass Azazello im Roman höchst selten als konkrete Person genannt wird, sondern meistens nur als »Einer«, »Jemand«, »Irgendwer«.

S. 111 Azazello: Vom Hebräischen »Azazel« oder »Azael« (»Ziegengott«), ein jüdischer Wüstendämon, gilt als Prototyp des »Sündenbocks« (vgl. auch Leviticus, 16). Im apokryphen Buch Henoch heißt es im 8. Kap.: »Überdies lehrte Azaziel die Menschen Schwerter machen und Messer, Schilde, Brustharnische, die Verfertigung von Spiegeln und die Bereitung von Armbändern und Schmuck, den Gebrauch der Schminke, die Verschönerung der Augenbrauen, (den Gebrauch der) Steine von jeglicher köstlichen und auserlesenen Gattung und von allen Arten der Farbe, so dass die Welt verändert wurde«.

S. 115 »Iwan überflog die Lage. Drei Wege standen ihm frei …«: Um die weitere (initiatische) Entwicklung seines Helden einzuleiten, greift Bulgakow hier auf eine typische Figur aus russischen Volksmärchen zurück: »Iwan der Dumme« oder »Iwan der Königssohn« (ein Protagonist zahlreicher Märchen) steht am Scheideweg und muss sich für einen der drei Pfade entscheiden; in deutschen Märchen fällt diese Rolle dem »Hans« oder dritten Sohn zu.

S. 115 »Doch der heutige Iwan unterschied sich deutlich vom gestrigen Iwan …«: Bulgakow wendet hier den paulinischen Begriff vom »alten« bzw. »neuen Adam« auf Besdomny an, den er in den »alten« bzw. »neuen Iwan« auftrennt, um seine innere Wandlung anzudeuten.

S. 120 »… auch Intellektuelle können manchmal bemerkenswert klug sein …«: Die Stelle zeigt die grundsätzlich polemische Einstellung der proletarischen Dichter gegenüber den Vertretern der Intelligenzia.

S. 125 Korowjew: Der Name »Korowjew« stammt vom russischen Wort »korova« (»Kuh«) ab und erweckt somit eine Assoziation mit Hörnern. Möglicherweise nennt Bulgakow seine Gestalt aber so, weil die ihm bestens vertraute atheistische Zeitschrift »Bezbožnik« (»Der Gottlose«) Jahrgang 1925 den Untertitel »Korovij« führte, um die russischen Bauern anzusprechen. Die besagte Zeitschrift beschäftigte sich mit landwirtschaftlichen Problemen (u.a. auch mit der Viehzucht).

S. 125 Nikanor Iwanowitsch Bossoi: vom Russischen »bossoj« (»barfüßig«).

S. 126 »… in den fünften Stock …«: Die Übersetzung folgt hier der russischen Zählung der Stockwerke (bei der das Erdgeschoss als erster Stock gilt), um Bulgakows Zahlensymbolik zu wahren.

S. 133 »Mit Ihnen spricht ein Mieter des eben zitierten Hauses […] Denn ich fürchte die Rache des oben geschilderten Vorsitzenden …«: Die krause Ausdrucksweise Kwaszows, die dem Wunsch entspringt, besonders amtlich zu reden, folgt dem russischen Original.

S. 135 »Haben die Feinde mir untergeschoben! …«: Auch hier sind nicht etwa persönliche Feinde Bossois gemeint, sondern die Feinde der Sowjetunion.

S. 135 »Beichte alles! Dann hast du was gut! …«: Durch das Wort »pokaisja« (»beichte«) erhält der Ausruf von Bossois Gattin abermals eine religiöse Komponente, die im materialistischen Klima der Familie deplatziert und grotesk wirkt. Später, in Kapitel 15, wird auch Bossoi selbst diese Linie fortsetzen, indem er sich andauernd bekreuzigt und ein Gebet spricht.

S. 138 »Schockschwerenot –, schnaubte Rimski, mit der Rechenmaschine schnarrend …«: Auch im Russischen eine scharfe Alliteration: »Čert znaet čto takoe, – šipel Rimski, ščelkaja na sčetnoj mašinke …«

S. 139 »Folgende Mitteilung stand darin: ›[…] brünetter mann nachthemd hose barfuß …‹ …«: In Kapitel 7 beschreibt Bulgakow Stjopa beim Aufwachen als »im schmutzigen Hemd samt Schlips und Kragen«, dass er hier im Nachthemd geschildert wird, ist wohl einer Unaufmerksamkeit geschuldet.

S. 140 Pseudo-Demetrius: Der entlaufene Mönch Grigori Otrepjew gab sich in der sogenannten »Wirren Zeit« als Sohn Iwans des Schrecklichen aus und wurde 1605 zum russischen Zaren gekrönt, bevor er 1606 einem Mord zum Opfer fiel.

S. 141 »… starrender Fels mein Aufenthalt …«: eine Zeile aus dem Lied »Aufenthalt« von Franz Schubert (1797–1828):

Rauschender Strom,

Brausender Wald,

Starrender Fels

mein Aufenthalt.

(Text: Ludwig Rellstab)

S. 146 Puschkino: Ort nordöstlich von Moskau, sehr beliebt als Sommerfrische, für die Unterhaltung der Erholungssuchenden wurde 1896 ein Sommertheater erbaut, das durch Aufführungen unter Beteiligung prominenter Künstler (wie Konstantin Stanislawski, Fjodor Schaljapin) sehr bekannt wurde.

S. 150 »Aus den Gassen sprudelten schäumende Ströme …«: »… izpodvorotnej bežali pennye potoki …«, stark rhythmisierte Alliterationen, wie diese, beherrschen im Russischen die gesamte Passage.

S. 151 Der doppelte Iwan: Hier wird der paulinische Begriff vom »alten« und »neuen Adam«, angewandt auf Iwan, weiter entfaltet. Was für den äußeren Blick als Schizophrenie erscheint, erweist sich in Wirklichkeit als tiefgreifende innere Wandlung.

S. 157 »Vom lauten Applaus erdröhnte das Haus …«: Auch im Russischen erscheint hier ein Reim: »Rukopleskanija potrjasli zdanie …«.

S. 159 Pierre Bengalski: Im Original heißt der Ansager mit Vornamen »Georges«, was aber Französisch ausgesprochen wird, um ihm etwas Weltmännisches zu verleihen. Um im Deutschen gleich das richtige Bild entstehen zu lassen, verwendet die vorliegende Übersetzung einen von vornherein französisch klingenden Namen. Der Nachname bedeutet auf Russisch »der Bengalische« und spielt somit auf Bengalisches Feuer an.

S. 160 Fagot: Zum ersten Mal im Roman fällt hier Korowjews eigentlicher Name. Auf Russisch wird der Name zwar genauso geschrieben wie der Name des Instruments Fagott (»fagot«). Doch es ist höchst zweifelhaft, ob damit tatsächlich diese Assoziation erweckt werden soll. Vielmehr scheint der Name aus dem Französischen zu stammen: »fagoter« = »sich geschmacklos kleiden«; »fagot« = »Unfug«; »fagotin« = »Narr«. Außerdem heißt »fagot« im Französischen »Reisigbündel«, was für die Identifizierung der Figur möglicherweise von Bedeutung ist. Siehe Anmerkung zu Kapitel 32.

S. 161 Messire: Französisch für »Euer Hochwohlgeboren« oder auch als geistliche Anrede »Euer Hochwürden«.

S. 165 Behemoth: Vom hebräischen »b’hemot« (»Ungeheuer«), ein Dämon des Festlands im Gegensatz zum Leviathan, dem Dämon des Wassers. Das Wesen wird u.a. im Buch Hiob (40,15ff.) beschrieben und in der Kunst häufig nilpferdähnlich dargestellt. Der Name des Katers bekommt im Roman eine besonders komische Note, weil er mit dem russischen Wort für »Nilpferd« (»begemot«) identisch ist.

S. 173 »Der Graf, der liebte Sittiche …«: Bulgakow zitiert die Couplets »Zeitgenössische Notiz« (»Sovremennaja zametka«) eines gewissen L.K. aus dem Petersburger Herold (1862).

S. 177 »Kurolessow! Bravo! …«: Die Erklärung für diesen Ausruf Bossois folgt in der Anmerkung zu Kapitel 15.

S. 180 »Faust«: Oper (1859) von Charles-François Gounod (1818–1893); mit einem Libretto von Jules Barbier und Michel Carré nach Goethes »Faust I«; es war Bulgakows Lieblingsoper.

S. 182 »M«: Das »M« für den »Meister« wird gleichzeitig zu einer Chiffre im gesamten Roman: Bereits der Titel »Master i Margarita« spielt mit einem doppelten »M«. Auch ist der Buchstabe eine gängige Abkürzung für »Moskau«, was die Stadt selbst gleichsam zu einer Protagonistin des Romans erklärt. Schließlich bildet er einen deutlichen Gegenpol zum »W« Wolands.

S. 183 »Das Gässchen lag in der Nähe vom Arbat«: Der Beschreibung nach, dürfte als mögliche Adresse das Haus in der Mansurow-Gasse 9 angenommen werden, wo Bulgakows Freund, der Künstler und Bühnenbildner Sergej Topleninow, wohnte, in dessen Kellerwohnung Bulgakow oft am Roman gearbeitet hat.

S. 184 Twerskaja: Die Hauptstraße im Zentrum von Moskau.

S. 184 »Also, die Twerskaja, die werden Sie kennen. Auf der Twerskaja laufen ständig Tausende und Abertausende Passanten …«: Da es sich bei der Twerskaja um die zentrale und bekannteste Moskauer Straße handelt, zeugt der Satz des Meisters entweder von scharfem Sarkasmus gegenüber Iwan Besdomny oder von seinem eigenen verwirrten Zustand.

S. 190 Ahriman: In der zoroastrischen Religion die Kraft der Zerstörung.

S. 190 »Er redete etwas vom ›schiefen Regen‹ …«: Die Erwähnung des »schiefen Regens« erinnert an eine berühmte Fassung des Gedichts »Nach Hause« (»Domoj«) von Wladimir Majakowski (1893–1930), in der es wörtlich heißt:

Ich will von meinem Land verstanden sein,

und werd ich es nicht – was soll’s –

dann geh ich an meinem Heimatland

wie ein schiefer Regen vorbei.

S. 191 »Pilatentum«: Eine für die Sowjetkritik typische Wortbildung, bei der das kritisierte Element sogleich polemisch zu einer allgemeinen und zu bekämpfenden Erscheinung hyperbolisiert wird, wie z.B. »Jessenintum« oder »Bulgakowtum«.

S. 192 Mogarytsch: Das russische, aus dem Arabischen stammende Wort »magaryč« bezeichnet den kaufmännischen Brauch, das abgeschlossene Geschäft mit einem (vom Verkäufer gestifteten) gemeinsamen Mahl zu besiegeln.

S. 197 »Eine Viertelstunde später, nachdem sie gegangen war, klopft’ es an meine Fensterscheibe …«: Die Formulierung und die dreimonatige Abwesenheit legen nahe, dass der Meister verhaftet wurde.

S. 197 »Und Mitte Januar stand ich dann – nachts – in eben jenem Mantel – nur halt mit abgerissenen Knöpfen …«: In sowjetischen Gefängnissen wurden den Häftlingen die Mantelknöpfe abgeschnitten.

S. 206 Ai-Danil: Ein Qualitätswein aus der südlichen Region der Krim.

S. 208 »Dann erhob er sich. Ebenso Rimski, der vom Tisch zurückwich und mit den Händen seinen Aktenkoffer packte …«: Im russischen Original lautet der Satz folgendermaßen: »Er erhob sich (dasselbe tat der Finanzdirektor) und wich einen Schritt vom Tisch zurück, mit den Händen den Aktenkoffer packend.« Aus dem weiteren Verlauf wird aber deutlich, dass der Satz fehlerhaft ist, denn es ist nicht Warenucha, sondern Rimski, der den Aktenkoffer hält und später sogar als Schutzschild benutzt, während Warenucha mit den (freien) Händen in der Luft fuchtelt.

S. 212 »Dort wurde versucht, mit Nikanor Iwanowitsch, dessen Augen vor lauter Blutaufwallung und seelischer Erregung trübe wirkten, ins Gespräch zu kommen …«: Wie auch an anderen Stellen des Romans, behandelt Bulgakow die staatlichen Organe sprachlich in entpersonalisierter Form.

S. 220 »Der Geizige Ritter«: »Skupoj rycar’«, ein Dramolett von Alexander Puschkin aus der Sammlung »Kleine Tragödien« (»Malen’kie tragedii«).

S. 221 »So wie der junge Geck zum Stelldichein / die listige Verführerin erwartet …«: Die Anfangsworte des Monologs des Barons aus dem »Geizigen Ritter«.

S. 221 »Nikanor Iwanowitsch hörte ihn sagen, wie irgendeine unglückliche Witwe jammernd – im Regen – vor ihm niederkniete …«: Alles, was Bossoi in der folgenden Passage auf Kurolessow bezieht, bezieht sich in Wirklichkeit auf den Baron aus Puschkins »Geizigem Ritter«, dessen Rolle der Schauspieler spielt.

S. 221 »Und wer soll gefälligst die Miete bezahlen? Puschkin etwa? …«: Eine im Volksmund (bis auf den heutigen Tag) gängige Redewendung, die Puschkin ironisch zu einem Allroundgenie und Faktotum stilisiert.

S. 222 »Der Artist starrte Kanawkin in die Augen. Nikanor Iwanowitsch schien es sogar, er starre durch Kanawkin hindurch, wie mithilfe von Röntgenstrahlen. …«: Im Original lautet der Satz wie folgt: »Der Programmleiter starrte Kanawkin direkt in die Augen, und Nikanor Iwanowitsch schien es sogar, als würden aus diesen Augen Strahlen sprühen und Kanawkin durchdringen, wie Röntgenstrahlen«, und enthält somit einen Bezugsfehler.

S. 223 Pretschistenka: Eine Straße im Zentrum von Moskau.

S. 223 Pralinenschachtel: Im russischen Original heißt es »Einem-Schachtel«, benannt nach der bekannten, von Theodor Ferdinand von Einem gegründeten Moskauer Konditorei.

S. 225 »Dort liegt das Gold, und es ist mein, / ja, es gehört nur mir allein …«: Arie des Hermann aus Peter Tschaikowskis Oper »Pique Dame« nach der gleichnamigen Novelle von Alexander Puschkin.

S. 225 Lianosowo: Ein Ort nördlich von Moskau.

S. 225 Kampfgänse: Der Gänsekampf (vergleichbar dem Hahnenkampf) ist ein in Russland verbreiteter traditioneller Wettbewerb.

S. 228 »Ungefähr eine Meile weiter …«: Im Original ist von einem »Kilometer« die Rede, einem in der Antike unbekannten Entfernungsmaß. Der Pilatus-Roman ist in früheren Fassungen exzessiv von Anachronismen durchsetzt, in den späteren Versionen tilgte Bulgakow solche grotesken Elemente systematisch, bis auf einige wenige Stellen, wo er sie offenbar übersah.

S. 230 »Aber die Eimer leerten sich schnell. Und den Kavalleristen verschiedener Trupps wurde nacheinander befohlen, am Fuße des Berges Wasser zu holen. In der Höllenhitze verhauchte dort, nur spärlich beschirmt von verdorrten Bäumen, seine letzten Tage ein trüber Bach. Hier standen auch und schnappten nach schwachen Schatten die Pferdewärter und hielten die Zäume ihrer kirren Tiere …«: Im Original zeichnet sich die Passage durch feinmechanische Klangstruktur aus, die intensiv mit Alliterationen, Assonanzen, Reimen und Anklängen arbeitet: »Vedra pusteli bystro, i kavaleristy iz raznych vzvodov po očeredi otpravljalis’ za vodoj v balku pod goroj gde v židkoj teni toščich tu tovych derev dožival svoi dni na etoj d’javol’skoj žare mutnovatyj ručej. Tut že stojali, lovja nestojkuju ten’, i skučali konovody, deržavšie prismirevšich lošadej …«

S. 231 »… ganz gleich, ob Kiesel oder von der Zeit gebleichtes Menschengebein …«: Auch im Russischen enthält die Stelle reimähnliche Anklänge: »… vybelennye vremenem čelovečeskie kosti ili melkie kremni …«

S. 233 Tallit: Ein ritueller jüdischer Gebetsmantel.

S. 235 »Im hitzigen Hirn hetzt der Gedanke …«: Das Original enthält ein ähnliches Klangbild: »V gorjaščej ego golove prygala tol’ko odna gorjačečnaya mysl’ …«

S. 235 »Sieht links die offene Tür eines Lädchens, wo Brot verkauft wird …«: Der Autor Andrej B. Levin macht zu Recht darauf aufmerksam, dass die gesamte hier von Bulgakow geschilderte Situation nicht authentisch sein kann: Erstens wurde Brot niemals in »Lädchen«, sondern ausschließlich in Bäckereien verkauft, die keine Theken und Regale im heutigen Sinne besaßen. Zweitens wurde es ausschließlich von Männern verkauft. Drittens wurde das Brot im Altertum niemals mit einem Messer geschnitten, sondern nur gebrochen. Viertens ist selbst ein modernes Brotmesser nicht lang und schmal, sondern, im Gegenteil, breit und abgerundet. Fünftens war nach dem Mittag des 14. Nisan in ganz Israel jede Art von Brot auf Sauerteigbasis für den Zeitraum einer Woche verboten.

S. 236 Kefije: Ein von Männern getragenes Kopftuch.

S. 237 »Verschluckt von einer Sturmwolke, die drohend und stur von Westen her über den Himmel kroch …«: Im Russischen: »Poglotiv ego, po nebu s zapada podnimalas’ grozno i neuklonno grozovaja tuča …«

S. 237 Tal Hinnom: Auch »Tal der Söhne Hinnoms« genannt, verläuft südlich von Jerusalem in ostwestlicher Richtung. Das Buch Jeremias berichtet, dort würden Kinder dem Gott Baal geopfert (19,1f.), »darum siehe, es wird die Zeit kommen, spricht der Herr, dass man diese Stätte nicht mehr Thopheth noch das Tal Ben-Hinnom, sondern Würgetal heißen wird« (19,6). Die hebräische Bezeichnung »Ge-Hinnom« wird in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments an einigen Stellen in der gräzisierten Form »Gehenna« wiedergegeben, im Neuen Testament wird der Ort als »Hölle« bezeichnet.

S. 243 Kudrinskaja-Platz: Ein Platz im Moskauer Stadtzentrum am Gartenring.

S. 246 »Vielleicht auch Faland …«: Von vâland, mittelhochdeutscher Name für den Teufel.

S. 251 »… und ein Kater kommt rein. Ein schwarzer und fetter, fast schon ein Nilpferd …«: ein Wortspiel, denn der Name »Behemoth« (»Begemot«) ist im Russischen mit dem Wort »Nilpferd« (»begemot«) identisch.

S. 252 Wagankowski-Gasse: Eine Gasse im Moskauer Stadtzentrum.

S. 253 »Herrlicher Baikal, du heiliges Meer …«: Ein bekanntes Volkslied nach dem Gedicht »Die Gedanken eines Flüchtlings am Baikalsee« (»Dumy begleca na Bajkale«) von Dmitri Dawydow (1811–1888). Als der ferne Osten Sibiriens erschlossen wurde, schickte man politische Häftlinge in Orte wie Schilka und Nertschinsk am Amur, eine Flucht war fast unmöglich: Allein bis zum Baikalsee waren fast tausend Kilometer unwegsamer Natur zu überwinden. Und dann verhinderte der See, fast siebenhundert Kilometer lang und siebzig Kilometer breit, jedes Weiterkommen. Mit einem Fass als Kahn und seinem Mantel als Segel hofft der Fliehende, der eisige Nordwind, der aus der Tundra ins Baikaltal einfällt, möge ihn bald ans andere Ufer wehen.

S. 254 Schilka und Nertschinsk: Städte in der Region Transbaikalien.

S. 259 Institutskaja Straße: Eine Straße in Kiew in der Nähe der Alten Börse, dort siedelten sich mit Vorliebe Finanzspekulanten an.

S. 260 »Eine Wohnung in Moskau, das ist kein Jux …«: Vor allem in der Hauptstadt herrschte Wohnungsmangel, nach der Revolution waren Immobilien verstaatlicht, der Immobilienhandel verboten worden, Zwangskollektivierungen, Landflucht, intensive Industrieansiedlung im Großraum Moskau ließen Millionen Menschen in die Stadt strömen, der Staat förderte das System der zwangsbelegten Gemeinschaftswohnungen. Wohnungssuchende benötigten eine amtliche Wohnberechtigung, häufig griffen sie in ihrer Not zu Tricks oder denunzierten Nachbarn.

S. 260 Denkmal des Fürsten Wladimir: Das älteste Denkmal und Wahrzeichen Kiews, das dem legendären Fürsten Wladimir (genannt Wladimir der Heilige, der Große oder der Apostelgleiche, von 980 bis 1015 Fürst von Kiew) gewidmet ist.

S. 260 Wladimirberg: Ein Park in Kiew, in dem das Wladimirdenkmal steht.

S. 266 »Alles geriet durcheinander im Hause Oblonski …«: Der berühmte zweite Satz des Romans »Anna Karenina« von Leo Tolstoi (1828–1910).

S. 270 Baron Maigel: Siehe Anmerkung zu Kapitel 23.

S. 277 Gella: Der Name der Vampirin leitet sich von »Gello« (»Gillo« oder »Gylou«), einem blutsaugenden weiblichen Dämon der Antike, ab.

S. 279 »Habe soeben aus vertrauenswürdigen Händen erfahren …«: Die krause Redeweise drückt Sokows Verwirrung aus.

S. 287 »Die beiden bewohnten das komplette Obergeschoss einer Villa in der Nähe vom Arbat im wunderschönen Garten zwischen den Gassen …«: Die Beschreibung der Villa und der Lage passt gut auf das Haus in der Tanejew-Straße 12. Gegenüber, im kleinen Haus Nr. 9, wohnte Bulgakows Schwägerin Olga Sergejewna Bokschanskaja mit ihrem Mann, dem Schauspieler Kaluschski.

S. 291 Antonia-Turm: Eigentlich handelt es sich um vier durch Mauerwerke miteinander verbundene Türme; ursprünglich die Festung Baris, eine Burg in Jerusalem, benannt nach dem Triumvir Marcus Antonius, von wo aus römische Einheiten das gesamte Tempelgelände kontrollierten. Viele Historiker und Theologen waren der Ansicht, dieser Ort wäre identisch mit dem Prätorium, dem Amtssitz des römischen Präfekten, wo Jesus von Pilatus zum Tode verurteilt wurde.

S. 291 Hasmonäer-Palast: Einer der beiden Paläste von Herodes dem Großen.

S. 294 Bänke an der Kreml-Mauer: Gemeint ist der Alexandergarten, ein Park neben dem Moskauer Kreml, beliebter Treffpunkt für Paare.

S. 294 Manegeplatz: Ein Platz im Zentrum von Moskau in unmittelbarer Nähe des Kremls und des Alexandergartens.

S. 303 »Hinter den Ahornzweigen hing der Vollmond am hellen Abendhimmel …«: Zum Vergleich die russische Klangstruktur: »Luna v večernem čistom nebe visela polnaja, vidnaja skvoz’ vetvi klena …«

S. 304 »Die Wangen erfüllte gleichmäßiges Glühen …«: Im Russischen: »Koža šček nalilas’ rovnym rozovym cvetom …«

S. 313 Das Becker’sche Hausinstrument: »Jacob Becker« ist eine St. Petersburger Klaviermarke aus dem 19. Jahrhundert.

S. 319 »… die Gläser glänzten im mondenen Strahl und wurden gleich wieder fahl …«: Im Russischen: »Izredka pobleskivajuščee v lune, a potom potuchajuščee pensne …«

S. 321 Aphrodite: Im russischen Original »Venera« (»Venus«). Der Name wurde aus klanglichen und rhythmischen Gründen abgeändert.

S. 322 »Du? Claudine? Die Lustige Witwe? …«: Die früh verwitwete Claudine de La Tour-Turenne war eine Hofdame von Margarete von Valois.

S. 323 Königin Margot: Die als »Reine Margot« bekannte Margarete von Valois (1553–1615), Königin von Frankreich und Navarra, von Zeitgenossen ob ihrer Klugheit und Schönheit gepriesen, von Historikern und Dichtern des 17. Jahrhunderts als lasterhaft und sittenlos dargestellt, dieses Bild zeichnete auch Alexandre Dumas’ Roman »La reine Margot«; ihr Bruder, König Heinrich III., warf ihr in aller Öffentlichkeit einen liederlichen Lebenswandel vor und verbannte sie vom Hof.

S. 323 »Von irgendeiner blutigen Hochzeit seines Freundes Guessard in Paris …«: Gemeint ist François Guessard (1814–1882), ein französischer Mediävist, Herausgeber der »Memoiren und Briefe der Margarete von Valois« (Paris 1842). Die »blutige Hochzeit« bezieht sich auf die »Pariser Bluthochzeit« zwischen Margarete und Heinrich von Navarra (später Heinrich IV.) während der berüchtigten »Bartholomäusnacht« vom 23. zum 24. August 1572, aber der betrunkene »Dicke« bringt die Zusammenhänge durcheinander.

S. 323 Jenissej: Ein Strom in Sibirien.

S. 326 Dorogomilowo: Ein Bezirk im Westen von Moskau.

S. 329 Semljanoj Wal: Wörtlich »Erdwall«, ein Bezirk im Zentrum von Moskau zwischen dem Boulevard- und Gartenring.

S. 331 »Eine französische Königin aus dem sechzehnten Jahrhundert …«: Margarete von Valois.