Wolf Jahnke / Michael Scholten
Die 199 besten Action-Filme & -Serien
Wolf Jahnke, geboren 1969 in Lengerich, entdeckte mit KRIEG DER STERNE, JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES sowie den Filmen von John Carpenter und Jack Arnold seine Leidenschaft für das einschlägige Genre-Kino. 1992 erschien unter seiner Mitarbeit Das Lexikon des Science Fiction Films, 1995 folgten Die 100 besten Action-Filme. Danach schrieb er Artikel für FILM-DIENST u.v.a. Nach dem Magister-Studium in Kulturwissenschaften betreute er für Universal Pictures alte Kinoklassiker. Als Labelmanager von Epix Media betreute er die DVD-Veröffentlichung von IRRTUM IM JENSEITS, DIE REBELLEN VOM LIANG SHAN PO, FICKENDE FISCHE und BLOODY SUNDAY. Zudem schrieb und produzierte er 2008 den an John Carpenter orientierten Horrorfilm VIRUS UNDEAD. 2011 erschien sein Buch Los Angeles – Mit Hollywood durch L.A. Er lebt als freier Texter in Berlin.
Wolf Jahnkes favorisierte Actionfilme sind THE CHASE, CRANK, DAS FLIEGENDE AUGE, HEAT, THE KILLER, POINT BREAK, RUNAWAY TRAIN, STIRB LANGSAM 2, TERMINATOR und DAS TÖDLICHE WESPENNEST.
Michael Scholten, geboren 1971 in Bocholt, wuchs in Rees am Niederrhein auf, vor allem aber vor dem Fernseher, in Kinos und Videotheken. Ab dem siebten Schuljahr drehte er Playmobil-Western, Big-Jim-Actionfilme und reale MIAMI VICE-Parodien. Nach dem Englisch- und Publizistik-Studium in Münster und Los Angeles besuchte er als TV Spielfilm-Reporter Dreharbeiten in aller Welt. Er war Juror für den Deutschen Comedypreis und Deutschen Fernsehpreis sowie Autor bei WETTEN, DASS..? 2007 brach er zu einer langen Weltreise auf. Bis heute besuchte er 123 Länder, darunter Nordkorea und Afghanistan. Seit 2010 lebt er in Kambodscha, schreibt für die Phnom Penh Post und deutsche Medien. Parallel zur Arbeit an Die 199 besten Actionfilme & Serien flickten ihn Ärzte nach einem Unfall zusammen, wenig später kam in Phnom Penh am 2. Juli 2012 sein Sohn Tim Sovann zur Welt.
Als Teenager liebte Michael Scholten EIN COLT FÜR ALLE FÄLLE und EIN AUSGEKOCHTES SCHLITZOHR, seine heutigen Action-Favoriten sind BLOOD DIAMOND, CRANK, JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES, LÉON – DER PROFI, SPEED, STIRB LANGSAM, TERMINATOR 2 und WANTED.
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnd.ddb.de abrufbar.
Schüren Verlag GmbH
Universitätsstr. 55 · D-35037 Marburg
www.schueren-verlag.de
© Schüren Verlag 2012
Alle Rechte vorbehalten
Gestaltung: Erik Schüßler
Umschlaggestaltung: Wolfgang Diemer, Köln
Bildnachweis Umschlag Buchhandelsausgabe: DIE BOURNE IDENTITÄT (Universal), HEAT (Warner), DER CLOWN – PAYDAY (rotaryaction.com / action concept), PHANTOM KOMMANDO (20th Century Fox), 24 (20th Century Fox) Bildnachweis Umschlag Sonderausgabe: action concept
Druck: druckhaus köthen, köthen
Printed in Germany
ISBN 978-3-89472-811-3
«…und Action!»
Filme und Serien: DAS A-TEAM bis AIR AMERICA
Das knallt: Explosionen, die man nicht verpassen sollte (1)
Filme und Serien: AIRWOLF bis ALARM FÜR COBRA 11
Interview mit ALARM FÜR COBRA 11-Produzent und Stuntman Hermann Joha
Filme und Serien: ALARMSTUFE: ROT bis DIE BOURNE IDENTITÄT
Das knallt: Explosionen, die man nicht verpassen sollte (2)
Filme und Serien: BULLET IN THE HEAD bis THE EXPENDABLES
Vom Actionfilm in die Politik
Filme und Serien: EXPLOSIV – BLOWN AWAY bis GAMER
Rauchende Colts: Schießereien, die man nicht verpassen sollte
Filme und Serien: GEHEIMCODE: WILDGÄNSE bis DIE KATZE
Interview mit Regisseur Dominik Graf
Filme und Serien: KICK-ASS bis DER MANN, DER NIEMALS AUFGIBT
Zitate aus Actionfilmen (1)
Filme und Serien: MATRIX bis MIDNIGHT RUN – FÜNF TAGE BIS MITTERNACHT
Faust auf Faust: Schlägereien, die man nicht verpassen sollte
Filme und Serien: MISSION: IMPOSSIBLE bis TRUE ROMANCE
Zitate aus Actionfilmen (2)
Filme und Serien: 24 bis ZWEI WIE PECH UND SCHWEFEL
Zitate aus Actionfilmen (3)
Die 10 besten Actionszenen aus Filmen, die keine Actionfilme sind
Die 19,9 schlechtesten Actionfilme
Rest in Peace
Alex Attimonelli, Dr. Tilman Baumgärtel, Andreas Berger, Christian Füllgraf, Gerrit Jahnke, Tommy Krappweis, Axel Remmeke, Stefan Scholten, Ursula Scholten, Marcus Schulz, Sandra Wiegand.
Außerdem Julia Göppert (capelight pictures), Christina Josten (Atlas Film + Medien), Christian Kühne (Rapid Eye Movies HE), Sarah Lüke (3L-homevideo), Dino Malacarne (Ascot Elite Film), Elisa Nitschke (X-Filme Creative Pool), Stephanie Paul (Concorde Home Entertainment), Petra Seibert (EuroVideo).
Sowie Dominik Graf, Hermann Joha und Tom Tykwer.
rufen Regisseure. Diese Anweisung könnte bereits 1903 das Motto für den Film DER GROSSE EISENBAHNRAUB gewesen sein, der in nur zwölf Minuten vieles bot, was auch 110 Jahre später als Action empfunden wird: ein schnelles Fahrzeug, Explosionen, Schießereien, Schlägereien, Gut gegen Böse. In den Stummfilmklassikern gab Douglas Fairbanks als Robin Hood, Zorro oder Musketier actionlastige Vorstellungen mit Schwert und Degen, während Buster Keaton und Harold Lloyd in den 1920er Jahren Akrobatik und Komik kombinierten. Ihre Stunts an Hausfassaden, auf Eisenbahnen oder in den ersten Automobilen waren die Vorboten der später so erfolgreichen Actionkomödien. Die 1930er, 1940er und frühen 1950er Jahre waren aus gegebenem Anlass von Kriegsfilmen geprägt, feierten aber auch den gerechten Westernhelden.
Actionfilme, wie wir sie heute kennen, fanden ihren Ursprung im Kriminalfilm der späten 1950er und der 1960er Jahre. Um gegen die immer populärer werdende Fernsehkonkurrenz bestehen zu können, musste das Kino durch große Bilder, teure Sets und Tabubrüche wie die Darstellung extremer physischer Gewalt beeindrucken. Alfred Hitchcock prägte mit DER UNSICHTBARE DRITTE (1959) das Genre, indem er seinen Helden geschickt von einer gefährlichen Situation in die nächste jagte und allein für die Ausführung der Actionszenen große Kulissen im Studio bauen ließ. Hitchcocks Film soll, zusammen mit J. Lee Thompsons Kriegsabenteuer DIE KANONEN VON NAVARONE (1961), Albert R. Broccoli und Harry Saltzmann inspiriert haben, lan Flemings Romanhelden James Bond auf die Leinwand zu bringen. Allein in den 1960er Jahren bestand 007 sechs Filmabenteuer, die immer spektakulärer und actionlastiger wurden. Die Locations, die Stunts, die Verfolgungsjagden, die Waffen und die Kämpfe setzten neue Maßstäbe für das Actiongenre.
Moderne Großstadtwestern wie BULLITT (1968), BRENNPUNKT BROOKLYN – THE FRENCH CONNECTION (1971) und DIRTY HARRY (1971) antworteten auf den humorigen Superagenten mit grimmiger Polizeiarbeit und actionreichen Verfolgungsjagden. Der Vietnamkrieg und die aufkochende Proteststimmung in den USA färbte auch auf die Filme jener Epoche ab. Regisseure der New-Hollywood-Bewegung gingen ihre Filmstoffe nüchtern an und zeigten hemmungslos realistische Gewalt. Arthur Penns blutige Gangsterballade BONNIE UND CLYDE (1967) sorgte für kontroverse Diskussionen, ebenso das Gemetzel in Sam Peckinpahs THE WILD BUNCH (1969) – unter Einsatz eines modernen Waffenarsenals, schneller Schnitte und Zeitlupe. Der Spätwestern lieferte gebrochene Helden mit tödlichem Ehrenkodex. Die Legende vom aufrechten Helden à la John Wayne war endgültig ein Western von gestern.
Großen Einfluss auf die formale Gestaltung der Actionfilme nahm das Werk des Japaners Akira Kurosawa, der bereits in den Kampfszenen von DIE SIEBEN SAMURAI (1954) auf Zeitlupe, Großaufnahmen und pointierte Schnitte setzte. Sergio Leone drehte nach Kurosawas Vorbild YOJIMBO (1961) den ersten großen Italowestern FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR (1964) mit Clint Eastwood. Die Bildsprache mit Zeitlupen und Riesenknarren in Nahaufnahme hat sich bis heute gehalten und findet im Kino des Hongkong-Chinesen John Woo ebenso statt wie bei den Filmen des Franzosen Luc Besson, des Amerikaners Quentin Tarantino und, tja, des in Gießen und Heuchelheim aufgewachsenen Til Schweiger.
Während unter grundsätzlich britischer Regie in den 1970er Jahren einige der action- oder zumindest effektreichsten Bond-Filme gedreht wurden (DER SPION, DER MICH LIEBTE, MOONRAKER), stieg im fernen Hongkong Bruce Lee zum neuen Actionstar auf. Die von ihm ausgelöste Kung-Fu-Welle erreichte schnell den Westen. Zwar starb Bruce Lee mit 32 Jahren noch vor der Fertigstellung seines vierten Films, doch die Begeisterung für Martial-Arts und Körperbeherrschung war nicht mehr aufzuhalten. Sogar STAHLNETZ-Macher Jürgen Roland bot in ZINKSÄRGE FÜR DIE GOLDJUNGEN (1973) und Schlagerfuzzi Christian Anders in DIE BRUT DES BÖSEN (1979) Karate made in Germany. Chuck Norris, der als Militärpolizist in Südkorea die asiatische Kampfkunst erlernte und 1972 im Film DIE TODESKRALLE SCHLÄGT WIEDER ZU gegen Bruce Lee gekämpft hatte, brachte seine Fähigkeiten auch in Hollywood-Produktionen ein, die von unbesiegbaren Kämpfern im Dienste der Gerechtigkeit erzählten.
Actionfilme mit körperbetonten Helden feierten einen Erdrutschsieg, nachdem Sylvester Stallone als traumatisierter Vietnam-Heimkehrer RAMBO (1982) die brutale Kampfmaschine gesellschaftsfähig gemacht hatte. Aus Europa zugereiste Bodybuilder wie Arnold Schwarzenegger (TERMINATOR, PHANTOM KOMMANDO, PREDATOR), Jean-Claude Van Damme (BLOODSPORT) und Dolph Lundgren (THE PUNISHER) dominierten ebenfalls das muskulöse Kino der 1980er Jahre. Neben den grimmigen Helden war in den Kinos aber auch stets Platz für Actionkomödien wie NUR 48 STUNDEN (1982) und BEVERLY HILLS COP (1984) mit Eddie Murphy. Humor spielte auch eine entscheidende Rolle im Achterbahnkino, das George Lucas und Steven Spielberg mit JÄGER DES VERLORENEN SCHATZES (1981) boten. Harrison Ford, der als abenteuerlustiger Archäologe körperlich nicht gerade in einer Liga mit Stallone und Schwarzenegger spielte, verband spektakuläre Action mit Komik und Köpfchen.
Bruce Willis musste sich für STIRB LANGSAM (1988) die Muskeln erst antrainieren, doch Regisseur John McTiernan bat ihn, es nicht zu übertreiben. Denn der Filmheld John McClane sollte kein tumber Rambo sein, sondern ein leidensfähiger Jedermann, der die Terroristen nicht nur mit Kugeln und Muskeln, sondern auch durch Intelligenz ausschaltet. Dasselbe Konzept wurde in den 1990ern eifrig kopiert, unter anderem mit Steven Seagal in ALARMSTUFE: ROT, Wesley Snipes in PASSAGIER 57, Kurt Russell in EINSAME ENTSCHEIDUNG, Harrison Ford in AIR FORCE ONE und Bruce Willis in den STIRB LANGSAM-Fortsetzungen.
Mitte der 1990er Jahre hatten sich die Zuschauer am Bizeps Stallones und Schwarzeneggers sattgesehen. Stallone suchte seine Karrierezuflucht in der fragwürdigen Komödie STOP! ODER MEINE MAMI SCHIESST! (1994), Schwarzenegger in dem Schwangerschaftsstreifen JUNIOR (1994), nachdem er in LAST ACTION HERO (1993) einen ironischen Abgesang auf sein Erfolgsgenre angestimmt hatte.
Frauen spielten im Actiongenre meist eine Nebenrolle. Aber es gab sie und gibt sie immer mehr: Sigouney Weaver wurde als taffe Anführerin in Ridley Scotts ALIEN (1979) populär, weil die Rolle ursprünglich für einen Mann geschrieben worden war. Auch Sarah Connor mauserte sich vom Opfer, das es in TERMINATOR (1984) zu beschützen galt, in TERMINATOR 2 (1991) zur entschlossenen Kämpferin. Bei Bond gab es zwar auch schon schlagkräftige Amazonen, aber diese dienten – lediglich als attraktives Beiwerk – dem Schurken, waren von Natur aus böse und dem Agenten stets unterlegen (Karin Dor, Grace Jones). Stark, gut, sexy und tödlich war die Frau dann endgültig im 21. Jahrhundert. Angelina Jolie schwang sich als Schatzjägerin LARA CROFT zur erfolgreichsten Actionheldin empor, Produzentin Drew Barrymore belebte gemeinsam mit Cameron Diaz und Lucy Liu die DREI ENGEL FÜR CHARLIE wieder, also jene Krimiserie, die in den 1970er Jahren als erste ohne männliche Helden auskam.
Der männliche Actionheld fürs neue Jahrtausend kam eher klein, flink und clever daher wie Tom Cruise als Ethan Hunt in der MISSION: IMPOSSIBLE-Reihe, Keanu Reeves als Neo in der MATRIX-Trilogie und Matt Damon als Agent Jason Bourne. Auch die James-Bond-Reihe musste im neuen Jahrtausend auf den Erfolg der Bourne-Konkurrenz reagieren. Statt unsichtbarer Superautos und Pierce Brosnans ironischem Gentleman-Charme holten die 007-Produzenten für CASINO ROYALE (2006) Daniel Craig als knallharten Kerl mit proletarischem Hintergrund in den britischen Geheimdienst. Der verzichtet bewusst auf die technischen Spielereien des Erfinders Q, während die übermächtigen Maschinen in Michael Bays TRANSFORMERS-Reihe die menschlichen Co-Akteure schon beinahe überflüssig machen. Riesige Kampfroboter liefern sich gigantische, am Computer geschaffene Zerstörungsorgien, bei denen der Mensch zum Statisten wird und ein schmächtiger Teenagerheld nur noch als Berater benötigt wird. Fertigte die Spielwarenindustrie früher noch Actionfiguren nach dem Vorbild von Filmhelden, so hat sich auch das inzwischen beim modernen Actionfilm und seinen Subgenres geändert: TRANSFORMERS basiert ebenso auf Plastikspielzeug der Firma Hasbro wie auch G.I. JOE und BATTLESHIP.
Verfilmtes Spielzeug? Warum nicht? Seit es Actionfilme gibt, ist das Genre der Skepsis und dem Hohn derer ausgesetzt, die behaupten, nur der guten Handlung und der anspruchsvollen Dialoge wegen ins Kino zu gehen. «Wir drehen nicht fürs Feuilleton, das hasst uns sowieso», sagt der deutsche Actionproduzent und Stuntman Hermann Joha (ALARM FÜR COBRA 11, DER CLOWN) und schafft klare Fronten: «Das Feuilleton ist geprägt von Sendungsbewusstsein, unsere Welt ist pures Entertainment.» Regielegende Sam Fuller sagte: «Film ist ein Schlachtfeld: Liebe, Hass, Action, Gewalt und Tod. Mit einem Wort Emotion.» Diese Einschätzung trifft vor allem auf den Actionfilm zu. Die Emotionen überschlagen sich, wenn die packenden Bilder von Explosionen, Gewalt, Verfolgungsjagden, Faustkämpfen und Schießereien den Zuschauer mitfiebern lassen. Und sie überschlagen sich erst recht, wenn Actionfilme gesellschaftskritische Themen aufgreifen. Als DIE WARRIORS, COLORS – FARBEN DER GEWALT oder NATURAL BORN KILLERS anliefen, wurde schnell lautstark nach einem Verbot gerufen. Die Filme wurden zum Politikum und entfachten große Kontroversen.
Es ist müßig, über den Sinn, den Anspruch, die Nachhaltigkeit von Actionfilmen zu diskutieren. Auch die Behauptung, dass berühmte Actionstars am Ende gar nicht so gute Schauspieler sind wie ihre unbekannten und viel schlechter bezahlten Kollegen an städtischen Theaterbühnen, muss nicht weiter diskutiert werden. Man überlasse einfach dem US-Schriftsteller und Drehbuchautor William Goldman (ZWEI BANDITEN) die Antwort: «Frage: Wer ist der größere Filmstar? Schwarzenegger oder Olivier? Darauf gibt’s nur eine Antwort: Arnold. (…) Nächste Frage: Wer ist der bessere Filmschauspieler? Schwarzenegger oder Olivier? Da wir einen der populärsten Stars der Achtziger mit dem Schauspieler des Jahrhunderts vergleichen, dürfte die Entscheidung wohl einstimmig auf Olivier fallen. (…) Stimmt schon, ich habe nicht die geringste Lust, Schwarzenegger als Hamlet zu sehen. Aber ich hätte ebenso wenig Interesse an Olivier als Terminator.»
Nicht jeder Actionfilm ist ein Meisterwerk, aber darum geht es auch nicht zwingend. Es geht um Unterhaltung, koste es, was es wolle! Popcorn-Kino halt, großes Entertainment, Achterbahn! Und dass man trotzdem mit den oft zwielichtigen Helden mitfiebert und bei einer rasanten Autoverfolgungsjagd, die schon mal amokartig in den Gegenverkehr geht, mitschwitzt, ist die große Kunst!
Die Definition des Genres «Actionfilm» im vorliegenden Buch ist einfach: Züge, Flugzeuge oder Autos, aber auch Motorboote kommen im modernen Actionfilm vor als Zeichen des Fortschritts, als Fluchtmittel, als Tatwaffe, als mobile Festung. Deshalb findet GLADIATOR keinen Platz im Buch, auch nicht DER LETZTE MOHIKANER, obwohl in beiden Filmen dauernd spektakulär gerannt, geritten und gekämpft wird. Es geht um hochmoderne Zeiten in einer Ära der Industrialisierung, Mechanisierung und des technischen Fortschritts mit Automobilen; nicht um Ritterspektakel, Piratenabenteuer oder Western. Filme über den Zweiten Weltkrieg oder den Vietnamkrieg sind ein eigenes Genre und werden mit ihrer historisch-erzählerischen Form ebenfalls nicht berücksichtigt. Auch der Science-Fiction-Film ist ein anderes Genre. Dem sterilen Weltall mangelt es am Staub des Asphalts, den jeder moderne Actionheld schnuppern muss. TERMINATOR ist dagegen ein Actionfilm, denn er spielt auf der Erde und in der Gegenwart. Alles soll schön erdverbunden sein, denn «Im Weltraum hört Dich niemand schreien», warnte schon 1979 der deutsche Untertitel von Ridley Scotts ALIEN. Aber STARSHIP TROOPERS (1997) schickte Menschen von der Erde auf fremden Planeten scharenweise in den Tod und zelebrierte großes Actionkino.
Überhaupt geht es um echte Menschen, die leiden, schwitzen und bluten. Die Hobbits aus DER HERR DER RINGE gehören nicht dazu, auch nicht Superman, Vampire, Zombies oder Gen-Mutanten wie Spider-Man und die X-Men. Wohl aber Bruce Wayne, der ein Mensch ist und erst durch die Macht seiner Maschinen zu BATMAN wird, ebenso Tony Stark, der nur dank seiner selbstentwickelten Technik als IRON MAN in die Luft gehen kann.
…und Action!
Drei Soldaten einer Spezialeinheit in Vietnam werden zu Unrecht durch ein Militärgericht verurteilt. Sie fliehen aus dem Gefängnis und tauchen in Los Angeles unter. Die Regierung jagt sie, doch zusammen mit ihrem treuen Piloten helfen die Söldner denjenigen, die unschuldig in Not geraten sind.
Der Zigarren paffende Verwandlungskünstler «Hannibal» Smith, das mit Goldketten behangene Muskelpaket B.A. Baracus, der schöne Allesbeschaffer «Face» Peck und der durch ein Vietnamtrauma psychisch angeschlagene Hubschrauberpilot H.M. Murdock bilden das Rückgrat einer der weltweit erfolgreichsten Actionserien. Als typisches TV-Produkt der 1980er Jahre sind die Helden Vietnam-Veteranen (wie auch in MAGNUM oder TRIO MIT VIER FÄUSTEN) und lassen ihre Kriegserfahrung in die dramaturgisch immer gleich gestaltete Verbrecherjagd einfließen. Schüsse, Schläge und Autounfälle bleiben meist folgenlos. In fünf Staffeln sind kaum Verletzte und nur fünf Tote zu beklagen. In Deutschland lief die Serie erst 1987, nachdem sie in den USA abgesetzt worden war. Die ARD zeigte bloß 26 Folgen, die friedlich genug für den Vorabend waren. RTL strahlte ab 1990 alle Staffeln aus. 2010 produzierten die Krawallbrüder Tony und Ridley Scott eine aufgeblasene Kinoversion der Serie. DAS A-TEAMM – DER FILM, inszeniert von Joe Carnahan und mit Liam Neeson und Bradley Cooper in den Hauptrollen, fehlt jedoch der spitzbübische Charme des Originals.
Hinter den Mordanschlägen auf Gewerkschaftsführer in Detroit vermutet der schwarze Polizist Jericho Jackson den psychopathischen Industriellen Peter Dellaplane als Drahtzieher. Doch der schiebt seinem Verfolger einen Mord unter.
Nachdem BEVERLY HILLS COP (1984) mit Eddie Murphy den schwarzen Filmhelden wieder populär gemacht hatte, setzte ACTION JACKSON die Tradition der 1970er-Kinohelden SHAFT und SUPERFLY fort. Carl «Apollo Creed» Weathers spielt den edel gekleideten Polizisten mit Harvard-Jura-Abschluss, der zu Unrecht degradiert wurde und seine Waffe abgeben musste. Bei dem Versuch, einen neuen Kinohelden aufzubauen, verwendeten die Produzenten wenig Mühe auf Originalität oder Logik und streckten die dünne Story mit harten Stunts und ein paar schmissigen Songs. Im Mittelpunkt stehen ausgefallene Actionszenen, für die Regisseur Craig R. Braxley mehrere Stuntelemente in überraschender Weise vermischte. Braxley hatte zuvor als Actionspezialist für Walter Hills DIE WARRIORS (1979) gearbeitet und die Fernsehserie DAS A-TEAM geschaffen. ACTION JACKSON kommt weitgehend ohne Schusswaffen aus. Die Opfer werden zerquetscht, stürzen in die Spitzen eines Gitters oder fallen als brennende Fackel aus einem Hochhaus. Der Humor ist grimmig, einzelne Figuren und Aktionen wirken in ihrer Überhöhung, als seien sie einem Comic entsprungen. Die Werbekampagne des Verleihers sprach damals Bände: «It’s Time for ‹Action›!»
Mitten im Vietnamkrieg mischt die CIA im Nachbarland Laos beim lukrativen Drogenhandel mit. Die in Asien operierende Fluggesellschaft Air America schmuggelt das Heroin aus der Region, der Pilot Gene Ryack macht nebenher noch mit Waffenschmuggel Profit. Sein neuer Kopilot Billy Covington will das illegale Treiben unterbinden. Schnell hat er die laotische Armee und die CIA als mächtige Feinde.
Die als zivile Luftfahrtgesellschaft getarnte Air America wurde von der CIA kontrolliert und für kriegswichtige Transport- und Aufklärungsflüge in Asien eingesetzt. 1972 deckte das Buch eines US-Geschichtsprofessors den Drogenschmuggel der CIA auf. Der Britisch-Kanadier Roger Spottiswoode (JAMES BOND 007 – DER MORGEN STIRBT NIE) machte aus den Fakten eine gelungene Satire, die in den USA als Hochverrat an Vietnamveteranen galt und floppte. Der Film bietet aber Lichtblicke für Actionfans, weil er mit schier unglaublichen Flugmanövern im Grenzgebiet zwischen Thailand und Myanmar aufwartet. Wo sonst sieht man, wie ein Pilot seine Maschine in einem zuvor verlustreich gecrashten Transportflugzeug notlandet, um sich vor den Feinden zu verstecken? Hauptdarsteller Mel Gibson war 1990 durch drei MAD MAX- und zwei LETHAL WEAPON-Filme schon ein Star. Der eher aus künstlerischen Filmen bekannte Robert Downey Jr., der in AIR AMERICA als Hüter der Moral ein Drogenlabor sprengt, sorgte ab 1996 durch seine Drogensucht für Schlagzeilen.
Die erste dramaturgisch eingesetzte Filmexplosion wurde 1903 für den zwölf Minuten kurzen Western DER GROSSE EISENBAHNRAUB gezündet. Seither kommt kaum ein Hollywood-Blockbuster ohne ein bis zwei Explosionen aus – oder 50, wenn Michael Bay Regie führt. Laut einer nicht streng wissenschaftlichen Untersuchung steigt der Umsatz von Michael-Bay-Filmen tatsächlich mit der Anzahl der von ihm gezündeten Explosionen pro Film. So spielte auch die Dauer-Explosion TRANSFORMERS 3 (2011) weltweit mehr als 1,12 Milliarden Dollar ein.
Francis Ford Coppola drehte seinen Vietnam-Kriegsfilm auf den Philippinen und wurde – gegen Geld – kräftig von Diktator Ferdinand Marcos und seiner Armee unterstützt. Er musste sich aber verpflichten, alle Filmbauten nach Drehende zu entfernen. Anstatt das im Khmer-Stil errichtete Dschungelversteck des General Kurtz (Marlon Brando) abzureißen, ließ Coppola die Kulisse mit einem Riesenarsenal an Benzinbomben sprengen und filmte das nächtliche Spektakel mit 15 Kameras. Einzelne Versionen des Films enden mit diesen durch Effekte verfremdeten Bildern, obwohl Coppola die Fehldeutungen vieler Zuschauer missfiel, dass die Szene eine von Captain Willard (Martin Sheen) befohlene Bombardierung des Lagers und seiner Bewohner sei.
Bei einem Einsatz auf Kuba lassen Will Smith und Martin Lawrence in der Villa eines Drogenbosses nur den Pool heil. Erst fahren sie mit dem Hummer die Einrichtung platt, dann sprengen sie das Anwesen. Gedreht wurde in einer Villa in Delray Beach, Florida. Sie stand über Jahre leer, der neue Besitzer wollte nur das Grundstück und bot in einer Variety-Anzeige Produktionsfirmen an, das Haus für Dreharbeiten zu sprengen. Regisseur Michael Bay griff zu.
Seinen Spitznamen Charly Bum Bum trug der Bayer Karl Baumgartner (1912–2012) nicht von ungefähr. Als Pyrotechniker, der seinen Sprengstoff anfangs aus Fliegerbomben des Zweiten Weltkriegs gewann, sorgte er schon bei DIE BRÜCKE (1959) und DER LÄNGSTE TAG (1962) für Knalleffekte. Da durfte er auch bei Wolfgang Petersens DAS BOOT nicht fehlen. Der Fliegerangriff auf den U-Boot-Bunker im Hafen von La Rochelle, zu dem Baumgartner die Explosionen beisteuerte, musste aus Kostengründen in nur einem Take gedreht werden. Dafür waren zwei französische Flugzeuge zu britischen umdekoriert worden.
David Leans Klassiker wurde in Ceylon, dem heutigen Sri Lanka, gedreht. Die Sprengung der titelgebenden Brücke und eines auf ihr fahrenden Zuges war für den 10. März 1957 geplant. Selbst der damalige Premierminister Ceylons und andere Politiker waren als Ehrengäste geladen. Leider stand Kameramann Freddy Ford im Bild, der Regisseur stoppte die Sprengung, der Zug fuhr über die Brücke, rammte einen Generator und war kaputt. Es blieben 24 Stunden zur Reparatur, bis die Sprengung tags darauf wie geplant erfolgen konnte. Der Premierminister blieb extra einen Tag länger.
Die russische Antonow-Transportmaschine ist das größte Flugzeug der Welt. Um sie zu sprengen, bedurfte es der größten Filmexplosion Europas. Auf dem Flugplatz in Euskirchen inszenierte Sebastian Vigg für seinen Produzenten Hermann Joha (ALARM FÜR COBRA 11) den nicht wiederholbaren Stunt. 200 Liter Benzin und viel Sprengstoff sorgten für eine 60 Meter hohe Feuersäule. Die gesprengte Antonow war eine Attrappe, die beim Stunt nur von vorn zu sehen ist, da sie bloß aus Cockpit und Flügeln bestand.
Regisseur Christopher Nolan hatte ein klares Ziel: «Ich wollte mehr Sachen in die Luft jagen als jemals irgendeiner zuvor.» So setzte er bei der Sprengung des Gotham General Hospitals nicht auf Modelle, sondern ließ das komplette Hauptquartier der Pleite gegangenen Süßwarenfirma Brachs Candy in Chicago sprengen. Das vier Etagen hohe Büro- und Fabrikgebäude stand seit 2001 leer.
Der Pilot Stringfellow Hawke muss den entführten Superhubschrauber Airwolf aus Libyen zurück in die USA holen, versteckt ihn aber vor der Regierungsorganisation «Die Firma», um die Suche nach seinem in Vietnam verschollenen Bruder zu erzwingen. Fortan fliegt Hawke für «Die Firma» geheime Missionen.
Wenn die Hubschrauberstaffel in APOCALYPSE NOW (1979) zu Richard Wagners Walkürenritt ein vietnamesisches Dorf zerschießt oder DAS FLIEGENDE AUGE (1983) die totale Überwachung von Los Angeles ermöglicht, kann sich niemand der Faszination für diese Fluggeräte entziehen. Produzent Donald P. Bellisario, in dessen Serienhit MAGNUM (1980–1988) der Hubschrauberpilot T.C. ständig über Hawaii rattert, schuf 1984 mit AIRWOLF die erste Serie, die sich allein um eine martialisch aufgerüstete Bell 222 drehte. Neben Jan-Michael Vincent gehörte Hollywood-Veteran Ernest Borgnine zur Crew der ersten drei Staffeln. Als dem US-Sender CBS die hohen Gagen und die Material verschleißende Luftakrobatik im Monument Valley zu teuer wurden, tauschte er Stars gegen Unbekannte, Flugszenen gegen Archivbilder und kurbelte die vierte Staffel billig im grauen Kanada runter, weshalb echte Fans die letzten 24 Folgen, die in den USA als AIRWOLF II liefen, nicht anerkennen. Die original Bell 222 wurde nach dem Ende der Serie an die deutsche HSD-Luftrettung verkauft, stürzte nach einem Einsatz ab und tötete die Besatzung.
«Ihr Revier ist die Autobahn. Ihr Tempo ist mörderisch. Ihre Gegner: Autoschieber, Mörder und Erpresser. Einsatz rund um die Uhr für die Männer von Cobra 11. Unsere Sicherheit ist ihr Job!»
Manchmal steckt in der Parodie viel Wahrheit: In einer Folge der ProSieben-Comedy SWITCH RELOADED werden die Helden der RTL-Serie ALARM FÜR COBRA in den Innendienst strafversetzt, weil sie draußen zu viel Schaden anrichten. Während die zwei Beamten, parodiert von Peter Nottmeier und Michael Müller, eine Beschwerde an den Polizeipräsidenten aufsetzen, zerlegen sie ganz nebenbei ihr Büro in Trümmer. Sie können halt nicht anders – und das Zelebrieren der Zerstörung von Fahrzeugen und Stadtteilen ist nun mal der Herzschlag des RTL-Dauerbrenners, der 1996 mit dem Pilotfilm BOMBEN BEI KILOMETER 92 startete. Stuntman und Produzent Hermann Joha hat die vernichtenden Kritiken bis heute aufgehoben, die den explosiven Erstling begleiteten. Doch 10,06 Millionen Zuschauer waren für RTL und Johas Firma action concept Grund genug, weiter aufs Gaspedal zu treten. «Cobra 11» ist der Funk-Codename der beiden Autobahnpolizisten.
Erdogan Atalay spielt seit der dritten Folge den türkischstämmigen Hauptkommissar Semir Gerkhan, der mit Tom Beck als Hauptkommissar Ben Jäger inzwischen den sechsten Partner an seiner Seite hat. Zum Team gehören außerdem – mit wechselnder Besetzung – eine verständnisvolle Vorgesetzte, eine Sekretärin und leicht behäbige Streifenbeamte in uncoolen Uniformen. Die überschaubaren Geschichten sind so geschrieben, dass sie pro Folge drei Verfolgungsjagden, Massenkarambolagen oder Explosionen enthalten: ein Stunt am Anfang, ein Stunt in der Mitte und ein Stunt zum Schluss. Als die Serie von 1996 bis 1998 noch von der Polyphon produziert wurde und action concept nur die Stunts lieferte, war Brandenburg der Handlungsort. Gedreht wurde im Süden Berlins auf einem stillgelegten Autobahnstück, das inzwischen renaturiert ist. Später verlegte action concept als alleiniger Produzent die Geschichten nach Nordrhein-Westfalen und durfte bei Bedarf die A540 bei Grevenbroich sperren, weil das Teilstück zu einer damals noch nicht vollendeten Autobahn gehörte. Seit 2005 wird die extra für Dreharbeiten geschaffene Film & Test Location (FTL) auf einem früheren Zechengelände in Aldenhoven genutzt.
In den ersten 16 Jahren fuhren die Stuntleute über 4000 Autos zu Schrott, doch auch Lastwagen, Motorräder, Boote und Helikopter kamen zum Einsatz. Meist werden Vorserienmodelle von BMW und Mercedes, aber auch viele aufgehübschte schrottreife Gebrauchtwagen auf ihre letzte Reise geschickt. Bis zu 16 Kameras, zum Teil fest installiert in stoß- und feuerfesten Crashboxen, halten die Stunts aus verschiedenen Perspektiven fest und lassen den Zuschauer mitten im Feuerball sein. Jede zweite neue Staffel startet in Spielfilmlänge und mit einem Knalleffekt. Für die Folge ÜBERSCHALL kooperierte action concept mit der Luftwaffe auf einem Eurofighter-Stützpunkt in Rostock-Laage, während zu Beginn von STADT IN ANGST eine laut Drehbuch Leck geschlagene Gas-Pipeline 14 Autos in die Luft wirbelte.
Auf dem Höhepunkt der COBRA 11-Euphorie gab RTL im Jahr 2002 ALARM FÜR COBRA 11 – EINSATZ FÜR TEAM 2 in Auftrag. Die Spin-Off-Serie mit Hendrik Duryn und Julia Stinshoff als Team «Cobra 12» bediente sich aller Konzepte, Fachleute und Drehorte des Originals und brachte RTL bis 2005 an elf weiteren Donnerstagabenden gute Quoten. 2012 setzte beim RTL-Publikum eine gewisse Crashmüdigkeit ein, die Zuschauerzahl sank auf circa fünf Millionen pro Folge. ALARM FÜR COBRA 11 bleibt aber unverändert Deutschlands größter TV-Exportschlager und läuft in fast allen europäischen Ländern, in Japan, Mexiko, Argentinien und in Südkorea. Seit April 2010 strahlt auch Bundeswehr TV die Folgen aus, damit am Hindukusch keine Langeweile aufkommt.
Der Erfolg von ALARM FÜR COBRA 11 veränderte in den letzten 16 Jahren das Erscheinungsbild deutscher Serien nachhaltig. Während auch etablierte Krimis wie WOLFFS REVIER, DER FAHNDER oder KOMMISSAR REX plötzlich auf mehr Action statt Aktenordner setzten, gab RTL bei action concept auch Genre-verwandte Formate wie DER CLOWN, DIE MOTORRAD-COPS – HART AM LIMIT und LASKO – DIE FAUST GOTTES in Auftrag. Jedoch hatte keine von ihnen eine vergleichbare Lebensdauer wie COBRA 11, die am längsten laufende Serie im deutschen Privatfernsehen.
Wie schätzen Sie aktuell den Action-Standort Deutschland ein?
Hermann Joha: Mit unserer deutschen Ingenieurs-Gründlichkeit und dem Fanatismus, den wir als Filmemacher haben, wäre ein großer deutscher Actionfilm möglich, der internationalen Standards absolut gerecht wird. Aber leider gibt niemand das nötige Budget in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe frei, nicht mal im unteren Bereich. Aktuell können wir uns und unser Wissen nur an internationale Koproduktionen dranhängen. Die indische Produktion DON – THE KING IS BACK, ZU der wir in Berlin die Stunts geliefert haben, war in Indien ein gigantischer Hit und bekam dort den begehrten Preis für Action und Stunts.
Nicht nur die deutschen Produzenten, sondern auch das Feuilleton ist Ihren Actionproduktionen gegenüber eher kritisch eingestellt.
Wir drehen nicht fürs Feuilleton. Das hasst uns sowieso. Die sind geprägt von Sendungsbewusstsein, unsere Welt ist pures Entertainment.
Wie viele Autos haben Sie eigentlich in Ihrem Leben zerstört?
In meiner ganzen Karriere weit über 5000. Darunter 1000, bei denen ich selbst am Steuer saß. Ich war erst 17, als ich bei den Actionshows der Hell Drivers anfing. Ich besaß nicht mal einen Führerschein, fuhr aber in jeder Show zehn bis 15 Autos zu Schrott.
Hat es Ihnen jemals um ein Auto leid getan?
Ja, vor allem in der Anfangszeit. Da habe ich für den TATORT Autos zerstört, die ich mir privat niemals leisten konnte. Das sind ja oft Vorserienmodelle, die BMW oder Mercedes zur Verfügung stellen.
Welche Auflagen machen die Hersteller, damit Sie die Autos verwenden dürfen?
Wir müssen ein modernes Märchen erzählen. Wenn ein Auto 100 Meter durch die Luft fliegt, landet es elegant an der Abschrägung eines Brückenwalls. Im Idealfall setzt es sogar auf und fährt weiter. Jeder weiß, dass der Fahrer im wahren Leben tot sein könnte oder sich zumindest sehr weh getan hätte. Bei uns geht es aber gut aus. Darauf legen die Hersteller wert.
Eine schöne, heile Fernsehwelt?
Das passt zur Politik unserer Firma und des Senders RTL, dass der Vater abends um 20.15 Uhr mit seinem 12-jährigen Sohn vor dem Fernseher sitzen kann und das anschaut. Jegliche Art von Horrorfilmen, in denen kaputte Typen sich mit Autos jagen und umbringen, wollen wir nicht machen. ALARM FÜR COBFÌA 11 ist das, was WINNETOU vor 40 Jahren war.
Mit anderen Pferdestärken…
Genau. Nur Kriminelle, die richtig böse sind, knallen am Ende auch schon mal mit dem Auto unter einen Lastwagen. So wie Mario Adorf als Bandit Santer von Indianerspeeren durchbohrt wurde, nachdem er Winnetous Schwester erschossen hatte.
Wie zerlegt man ein Fahrzeug besonders unterhaltsam?
Ich habe meinen Job nie unter dem Vorzeichen der reinen Zerstörungslust gesehen. Die ist eher bei Stefan Raabs TV TOTAL STOCK CAR CRASH CHALLENGE gegeben. Da wollen Leute sehen, wie sich Autos gegenseitig demolieren. Für mich sind die Stunts, wie wir sie in unseren Serien zeigen, eher ein Sport. Ich will ausprobieren, was man mit einem Auto alles machen kann.
Haben Stuntleute eine besondere Affinität zur Gefahr?
Wir lieben das Adrenalin, aber wir sind keine Draufgänger. Wenn wir an unsere Grenzen gehen, dann tun wir das mit Sinn und Verstand und mit intensiver Vorbereitung.
Nachdem Sie 5000 Autos auf dem Gewissen haben: Ärgern Sie sich noch, wenn Sie eine Beule in Ihren Privatwagen fahren?
Und wie! Das sehe ich als persönliche Beleidigung an. Jede Beule tut weh. Das darf nicht passieren.
Hatten Sie nach Einführung der Abwrackprämie Probleme, Gebrauchtwagen für Ihre Produktionen zu bekommen?
Nein, wir bekommen immer ausreichend günstige Altfahrzeuge. Wir haben auch keine allzu hohen Ansprüche. Der Wagen kann ruhig 500.000 Kilometer gelaufen sein und einen defekten Motor haben. So lang er noch halbwegs vernünftig aussieht und die letzten Meter in der Szene schafft, lackieren wir ihn und verkaufen ihn bei seiner letzten Fahrt als Neuwagen. Selbst mit einem vergleichsweise guten RTL-Budget könnten wir es uns nie leisten, Neuwagen für ein paar 100.000 Euro kaputtzumachen.
Das Fernsehen muss sparen. Sie auch?
Natürlich. Zum Glück mussten wir kaum Leute entlassen. Aber vom großen Cateringwagen bishin zu den vier Hubschraubern, die action concept mal hatte, haben wir vieles abgeschafft. Wir sind in allen Bereichen zum Sparen verdonnert.
Will RTL das so?
Der Fernsehmarkt will das so. 2004 und 2005 hat sich die Serienlandschaft komplett verändert. Damals begann der Siegeszug von US-Serien wie CSI, DR. HOUSE und DESPERATE HOUSEWIVES im Privatfernsehen. ALARM FÜR COBRA 11 ist eine der wenigen deutschen Serien, die sich zur Primetime gehalten haben. Die Budgets, die uns die Sender heute gewähren, sind nur noch ein Bruchteil der früheren. Damit müssen wir gegen Hollywood konkurrieren, wo alles Geld und kreative Potenzial der Erde zu finden ist.
Bei einer Kapitänsfeier auf der USS Missouri übernehmen der Erste Offizier Krill und eine Gruppe von Terroristen das Kommando über das Schlachtschiff und die Nuklearwaffen. Nur mit Smutje Casey Rybak, dem zu Unrecht degradierten Spezialagenten, hat keiner gerechnet.
Steven Seagal, ehemaliger Meister verschiedener Kampfsportarten, machte Ende der 1980er mit harten B-Reißern wie NICO und HARD TO KILL Filmkarriere. Seine Figuren sind schweigsame Helden, die auf eigene Faust und mit eigenwilligen Methoden gegen das Böse vorgehen. Der ALARMSTUFE: ROT-Koch Rybak quetscht einem Bösewicht ein Auge aus, jagt ihm ein Messer in den Kopf und rammt das Haupt in einen Computerbildschirm. Regisseur Andrew Davis (AUF DER FLUCHT) nutzt effektvoll das Labyrinth des Schlachtschiffes für perfekt getimte Kämpfe. Die unverhohlene STIRB LANGSAM-Imitation, die erst wie plumpe Militärpropaganda erscheint, wird zum irren Trip: Der Held kämpft gegen einen gut ausgetüftelten Plan intelligenter Terroristen, die allesamt durchgeknallt sind. Der schauspielerisch völlig überforderte Steven Seagal ist als Koch und Kämpfer unfreiwillig komisch. Gary Busey bietet als Krill eine surreale Travestienummer, Tommy Lee Jones wirkt als Strannix ständig high. Die Darsteller nutzen den kompletten Größenwahn der Figuren, um ihre Spielfreude ironisch auszutoben. ALARMSTUFE: ROT 2 spielte 1995 mit vergleichbarer Story in einem Zug, konnte an den Erfolg des Originals aber nicht anknüpfen.
Die Studentin Sydney Bristow wird von der Geheimorganisation SD-6 angeworben und zur Agentin ausgebildet. Als die Vorgesetzten ihren Verlobten töten, erkennt Sydney, dass SD-6 kein Teil der CIA ist, sondern aus Terroristen besteht. Sie geht zur CIA und kämpft a Is Doppelagentin für Gerechtigkeit.
Was denkt sich dieser J.J. Abrams eigentlich? Anstatt übliche Serienkost in leicht verdaulichen Häppchen zu servieren, spinnt er in ALIAS ein über fünf Staffeln währendes Netzwerk aus Verschwörungen, falschen Identitäten und fingierten Todesfällen. Warum aber taten sich so viele Fans diesen Berg von Story an? Wegen der großartigen Antiheldin! Die gut trainierte Jennifer Garner schlüpfte als Sydney Bristow in extravagante Outfits zwischen sexy Vamp und Geisha. Stuntkoordinator Jeff Habberstad (SPIDER-MAN) sorgte für Kämpfe in edler Kino-Optik, die vielfältigen Locations auf den Disney Studios in Burbank täuschten eine televisionäre Weltreise vor, Stars wie Quentin Tarantino und Roger Moore absolvierten Gastauftritte. Während J.J. Abrams dank ALIAS und LOST (2004-2010) Regie bei den Big-Budget-Filmen MISSION: IMPOSSIBLE 3 (2006), STAR TREK (2009) und SUPER 8 (2011) führen durfte, wurde es um Jennifer Garner ruhig: Nach den Fantasy-Ausflügen DAREDEVIL (2003) und ELEKTRA (2005) sorgte sie nur noch für Schlagzeilen, als sie 2005, 2009 und 2012 mit Ben Affleck Kinder in die Welt setzte.
Lieutenant Ripley, deren Crew von einem Alien getötet wurde, reist mit einer Gruppe Marines zum Herkunftsplaneten dieses Weltraummonsters. Sie wollen eine Siedlerkolonie überprüfen, doch in den menschenleeren Gängen erwartet sie eine Armee von Aliens.
«This time it is war!» bewarb der Verleih die Fortsetzung von Ridley Scotts düsterem Science-Fiction-Horror-Klassiker ALIEN (1979). Das TERMINATOR-Erfolgsteam James Cameron und Gale Anne Hurd entwickelte mit Walter Hill (DRIVER) die Geschichte des nur 18 Millionen Dollar teuren Kriegsspektakels. « ALIEN war eine Geisterbahnfahrt, ALIENS ist eine Achterbahnfahrt», meinte Regisseur Cameron. Die düstere Atmosphäre des eleganten Originals ergänzte er durch schweißtreibende Actionsequenzen und die Auslotung der Psyche seiner Helden, die sich einem unbekannten Feind ausliefern. Seit DER PATE 2 (1974) wurde keine Fortsetzung eines Kinohits so euphorisch aufgenommen wie ALIENS – DIE RÜCKEHR. Die Story weist viele Parallelen zum Vietnamkrieg auf. Das Labyrinth der Raumstation ist so undurchsichtig wie ein Dschungel, die fast unsichtbare Monsterschar ist den Marines vollkommen überlegen. Was als Befreiungsfeldzug beginnt, schlägt in einen nackten Existenzkampf um. Sigourney Weaver leistete als selbstbewusste Ripley, die sich gezwungenermaßen zum Muttertier entwickelt, einen entscheidenden Beitrag für starke Frauenfiguren in Hollywoods Actionkino.
Inspektor Le Tellier verfolgt den von der verdorbenen Gesellschaft angewiderten Psychokiller Minos und den Bankräuber Marcucci. Nur mit illegalen Mitteln und akrobatischen Kunststücken kann er das skrupellos vorgehende Pack besiegen.
ANGST ÜBER DER STADT ist kein ernstzunehmender Polizeifilm, denn Jean-Paul Belmondo will einfach nur spielen. Wie sein US-Kollege «Dirty Harry» bricht auch Inspektor Le Tellier die Gesetze, wenn er andere Gesetzesbrecher aus dem Weg räumen will. Belmondo war Frankreichs großer Actionstar, den die Nation für seinen Witz, seine Nonchalance und die weitgehend selbst ausgeführten Stunts liebte. Nach dem Misserfolg der anspruchsvollen Betrügerposse STAVISKY (1974) baute er sein populäres Image des Kämpfers mit Köpfchen und Muskeln kontinuierlich aus. Als Superflic in ANGST ÜBER DER STADT stellt Belmondo seine ausgeprägte Sportlichkeit unter Beweis. So rennt er über die Dächer von Paris, klettert an Hausfassaden entlang, springt hinein in ein Kaufhaus und rauf auf eine fahrende Metro, um sich im Showdown von einem Hubschrauber abzuseilen. Untermalt wurden die furiosen Szenen mit der gewohnt perfekten Musik von Ennio Morricone und amüsant abstrusen Regieeinfällen: So deutete eine halb abgedunkelte Leinwand die Ich-Perspektive des einäugigen Killers an. Nach ANGST ÜBER DER STADT liebte Frankreich Belmondo wieder und bekam dank DER AUSSENSEITER und DER PROFI noch reichlich Actionhelden-Nachschub.
Eine Straßengang erschießt in Los Angeles völlig sinnlos ein Mädchen und verfolgt den Vater zu einer abgelegenen, fast verlassenen Polizeistation. Hier trifft gerade ein Transporter mit Schwerverbrechern ein. Polizei und Gefangene werden zu Verbündeten im Kampf gegen die blindlings angreifenden und schattenhaft erscheinenden Gangster.
Howard Hawks’ Westernklassiker RIO BRAVO (1959) und der stilsichere Film noir dienten James Cameron als Inspiration. Er übernahm die Konstellation, in der einst John Wayne ein Sheriff-Büro verteidigen musste, und machte daraus eine moderne düstere Version. In der phantasievollen 2001-Satire DARK STAR (1973) hatte Carpenter bewiesen, dass er mit geringsten Mitteln eine Geschichte originell, schnörkellos und groß erzählen kann. Sein Geschick für den Aufbau meisterhafter Spannungsabläufe stellte er bei ASSAULT unter Beweis, ehe er mit HALLOWEEN (1978) als «Meister des Grauens» bekannt wurde. Der brutale Mädchenmord basiert auf einer wahren Begebenheit, und ASSAULT ist einer der ersten Filme über die explodierende Gang-Problematik der 1970er. Im werkgetreuen Remake DAS ENDE (2005) von Jean-François Richet greift eine korrupte Polizeieinheit die Station an. Es ist effektgeladenes, düsteres Actionkino, doch es hat nicht die Intensität des Originals. Mit dem Hardboiled-Dream-Team aus schwarzem Cop, zu Tode verurteilten Schwerverbrechern und cooler Sekretärin etablierte Carpenter seinen nihilistischen, aber aufrechten Heldentypus.
Der Chirurg Dr. Richard Kimble wird für den Mord an seiner Frau zum Tode verurteilt. Auf dem Weg zum elektrischen Stuhl kann er bei einem Zugunglück fliehen. US-Marshal Samuel Gerard treibt Kimble durch die Bundesstaaten, während dieser den wahren Mörder sucht.
Die Odyssee des unschuldig zum Tode verurteilten Dr. Kimble startete 1963 im Fernsehen. Die ersten Folgen waren gleich so populär, dass weit mehr Episoden als die ursprünglich geplanten entstanden. Die Faszination resultierte aus dem ständigen Rollenwechsel des von David Janssen gespielten Helden. Einerseits wurde er von der Polizei gejagt, andererseits jagte er den Mörder seiner Frau. Je mehr Zeugen der ratlose Dr. Kimble traf, desto näher kamen er und die Zuschauer der Wahrheit. Die letzte der 120 Folgen war ein Straßenfeger. Nach vier Jahre währender Hatz wollte jeder den Täter entlarven. Für die Kinofassung mit Harrison Ford und Tommy Lee Jones wurde das altmodische Konzept kaum verändert. Action und Stunts sind mit größerem Aufwand inszeniert, doch sie wirken fast zurückhaltend im Vergleich zu den Materialschlachten anderer Actionfilme der 1990er. Nach DIE KILLER-BRIGADE (1989) und ALARMSTUFE: ROT (1992) war AUF DER FLUCHT für Tommy Lee Jones die dritte Arbeit mit Regisseur Andrew Davis. Der Film brachte ihm den Oscar als bester Nebendarsteller ein. In der Fortsetzung AUF DER JAGD (1998) musste er den flüchtigen Wesley Snipes – ebenfalls unschuldig verurteilt – ausfindig machen.