Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1 Wirkungsorientierung in der Jugendhilfe
1.1 Ausgangslage und Hintergründe der aktuellen Diskussion
1.2 Zum Verhältnis von Wirkung und Qualität
1.3 Wichtige Begriffe
1.4 Gesetzlicher Rahmen
2 Forschungsstand
2.1 Wirkungsforschung
2.1.1 Qualitative Weiterentwicklung
2.1.2 Methodische Anforderungen und Probleme
2.2 Bisherige Studien – die wichtigsten Ergebnisse
2.2.1 JULE
2.2.2 Die JES-Studie
2.2.3 Bundesmodellprogramm „Wirkungsorientierte Jugendhilfe“
2.3 Instrumente zur Wirkungsmessung
2.3.1 EVAS - Evaluationsstudie erzieherischer Hilfen
2.3.2 Der WOS-Manager
2.4 Kritische Anmerkungen
3 Wirkungsorientierung in der Praxis
3.1 Wirkungsorientierte Gestaltung von Vereinbarungen
3.2 Das Hilfeplanverfahren
3.3 Wirkungsbedingungen
3.4 Wirkungsindikatoren
3.4.1 Hilfeplanung
3.4.2 Zielerreichung
3.4.3 Gründe für die Beendigung von Maßnahmen
3.4.4 Partizipation und Akzeptanz der Hilfen
3.4.5 Beziehung zwischen Pädagoge und Klient
3.4.6 Soziale Bezüge
4 Zwischenfazit
5 Das KinderschutzHaus
5.1 Art der Einrichtung und Grundstruktur
5.2 Art und Ziel der Leistungen
5.3 Qualität der Leistungen
6 Methodisches Vorgehen
6.1 Qualitative Forschung
6.2 Darstellung der verwendeten Erhebungsmethoden
6.3 Erstellung, Planung und Durchführung der Erhebungsmethoden
6.3.1 Entwicklung des Aktenanalyserasters und Aufbau der Interviewleitfäden
6.3.2 Stichprobenauswahl und -beschreibung
6.3.3 Durchführung der Interviews
6.4 Auswertung
6.4.1 Aufbereitung der Interviews
6.4.2 Analyseverfahren: Grounded Theory
7 Ergebnisse
7.1 Elternarbeit
7.2 Arbeit mit dem Kind
7.3 Zusammenarbeit der verschiedenen Fachkräfte
7.4 Zielerreichung
7.5 Hilfedauer
8 Fazit und Perspektiven
Literaturverzeichnis
Autorenprofil
Andrea Primus wurde 1982 in Hof/Saale geboren. Ihr Studium in Pädagogik und Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg schloss sie im Jahr 2009 mit dem akademischen Grad Magistra Artium erfolgreich ab. Schon seit der Schulzeit sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Während ihres Studiums absolvierte sie 2006 ein Jahrespraktikum in einer stationären Kriseneinrichtung in München, in der sie anschließend als pädagogische Aushilfe weiterarbeitete.
Durch die Erfahrungen, die sie in verschiedensten Einrichtung sammeln konnte, stellte sich für die Autorin schon früh die Frage, wie nachhaltig die Arbeit im Bereich der Jugendhilfe ist und ob man auch mittel- und langfristige Erfolge nachweisen kann. Somit entstand die Idee zur Thematik des Buches, um durch eine eigene empirische Untersuchung herauszuarbeiten, wie man auch im sozialen Bereich Ergebnisse und Wirkungen sichtbar und messbar machen kann.
Andrea Primus
Wirkungsorientierte Jugendhilfe: Wie kann man pädagogische Arbeit effektiver und effizienter gestalten?
ISBN: 978-3-8428-1773-9
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012
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© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2012
BFSFJ | Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend |
BP | Bezugspädagoge |
EB | Erziehungsberatung |
ebd. | ebenda |
EVAS | Evaluationsstudie erzieherischer Hilfen |
HPT | Heilpädagogische Tagesstätte |
HzE | Hilfen zur Erziehung |
IKJ | Institut für Kinder- und Jugendforschung |
JES | Jugendhilfe-Effekte-Studie |
JULE | Studie über Leistungen und Grenzen von Heimerziehung |
KJHG | Kinder- und Jugendhilfegesetz |
KSH | KinderschutzHaus |
QEV | Qualitätsentwicklungsvereinbarungen |
SBH | Sozialbürgerhaus |
SGB VIII | achtes Sozialgesetzbuch |
u.a. | unter anderem |
usw. | und so weiter |
vgl. | vergleiche |
WOS-Manager | Wirkungsorientierte Steuerung im Dialog |
z.B. | zum Beispiel |
Angebot und Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen haben in den letzten 25 Jahren erheblich zugenommen. Insbesondere durch die Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) 1990 hat sich diese Tatsache auch in den Hilfen zur Erziehung bemerkbar gemacht.
„Der Zweck der Hilfen zur Erziehung im Sinne des §1 Abs. 1 und 3 SGB VIII (Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe) ist, Kinder und Jugendliche zu befähigen, sich in ihrer Lebensrealität besser zurechtzufinden und adäquat handeln zu können. Dieses Ziel auf der Grundlage der unter Mitwirkung des jungen Menschen und seiner Eltern erarbeiteten Hilfeplanung zu realisieren, ist die Kernaufgabe und der von der Gesellschaft und Gesetzgeber erteilte Auftrag.“ (Struzyna 2007, S. 5)
Dieser Bewusstseinswechsel rückt die Kinder, Jugendlichen und Eltern als Subjekt in den Mittelpunkt der pädagogischen und sozialen Arbeit. Durch die wachsenden Problemlagen in der Gesellschaft entstand die Notwendigkeit, neue und differenzierte Angebote auch in den Hilfen der Erziehung zu schaffen, die zudem fachlich qualifiziert begleitet werden sollten – die Ausgaben stiegen dadurch enorm.
Die Gesellschaft gibt für sozialpädagogische Leistungen einen erheblichen Betrag der öffentlichen Mittel aus und somit ist die Frage nach dem Wirken der Hilfen zur Erziehung durchaus berechtigt. 1999 wurden mit der Einführung des § 78 des KJHG die Leistungserbringung, die Weiterentwicklung und die Finanzierung der stationären und teilstationären Hilfen zur Erziehung auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt. Die betriebswirtschaftlichen und sozialpolitischen Erfordernisse im Arbeitsfeld der Hilfen zur Erziehung sollen durch eine Wirkungsorientierung vereinbart werden.
Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Erwartungen des Gesetzgebers in Bezug auf mehr Transparenz der Leistungsangebote und Reduzierung der Kosten noch nicht hinreichend erfüllt werden.
„Aber auch die fachlichen Chancen zugunsten des Leistungsempfängers und im Hinblick auf die Qualitätsentwicklung [werden] von den Vereinbarungspartnern bisher kaum erkannt und genutzt. Vorrangig werden Personalschlüssel und Aufwand beschrieben und daraus ein Tagessatz abgeleitet. Zweck und konkreter Inhalt sowie das Leistungsniveau der zu erbringenden Leistung bleiben hingegen oftmals vage. Aussagen zum anzustrebenden Ergebnis bzw. zur intendierten Wirkung fehlen meist völlig.“ (ebd. S. 5)
Im ersten Teil dieses Buches soll ein Überblick über die momentane Diskussion verschafft werden, was Wirkungsorientierung bedeutet, welche Chancen sie bietet, aber auch wo die Grenzen liegen. Anschließend sollen einige bisherige und auch laufende Studien sowie eine Auswahl von Instrumenten zur Wirkungsmessung vorgestellt werden, um den aktuellen Stand der Forschung aufzuzeigen. Im Weiteren soll geklärt werden, welchen praktischen Herausforderungen sich für Leistungsträger und Leistungserbringer ergeben und wie aktives wirkungsorientiertes Handeln aussehen könnte.
In diesem Buch liegt der Fokus auf dem Diskurs um Wirkungsorientierung aus Sicht der Pädagogik. Die ökonomische Sicht – Wirkungsorientierung im Bezug auf Markt- und Wettbewerbsorientierung ist selbstverständlich ein wichtiger Teil und sozusagen ein "Grundelement" der ganzen Thematik. Dennoch soll auf die Finanzierungspolitik nur kurz eingegangen werden. Das Hauptaugenmerk richtet sich auf die Innovationsmöglichkeiten für die Pädagogik. Denn längst sind noch nicht alle Chancen erkannt worden, die sich durch eine Qualifizierung und Professionalisierung der Hilfen zur Erziehung auftut.
Im zweiten Teil soll vor allem geklärt werden, welche Möglichkeiten man im Hinblick auf Wirkungsorientierung in einer stationären Kleinsteinrichtung hat. Da sich die bisherigen Forschungsbemühungen eher an größere Einrichtungen- mit einer größeren Fallzahl – richten, soll überprüft werden, inwieweit sich diese Ergebnisse auf solch eine Einrichtung übertragen lassen. Die Wirkungsforschung und vor allem die Umsetzung, das wirkungsorientierte Handeln, stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Selbst in größeren Einrichtungen, die sich schon in paar Jahre mit dem Thema Wirkungsorientierung beschäftigen, steht man in punkto Umsetzung noch ganz am Anfang.
Aus diesem Grund darf man keinesfalls erwarten, dass in diesem Buch ein fertiges Modell als Anleitung zum wirkungsorientierten Arbeiten vorgestellt wird. Es gibt in Deutschland mehrere Studien und Projekte, die sich zum Teil schon Jahre damit beschäftigen, ein fundiertes Modell auf die Beine zu stellen. Allerdings ist es ein sehr zeitaufwendiges Unterfangen bis ein Projekt sich von der Planung bis zu der Erprobung und Umsetzung in der Praxis etablieren kann.
Ziel der Studie ist somit in Anlehnung an bereits bestehende Erkenntnisse Grenzen und Chancen von Wirkungsorientierung in einer stationären Kleinsteinrichtung zu untersuchen. Durch eine Fallanalyse soll geklärt werden, welche Ansätze für wirkungsorientiertes Arbeiten es bereits gibt und vor allem wie man dies nachweisen kann. Was ist grundsätzlich überhaupt durchführbar, unabhängig davon, inwieweit z. B. bestimmte Instrumente diskutiert oder sogar kritisiert werden? Es soll versucht werden, Möglichkeiten für die wirkungsorientierte Praxis zu erarbeiten – eine Richtung aufzuzeigen, um die grundlegenden Forderungen von Seiten der Gesellschaft und der Politik besser umsetzen zu können und das pädagogische Handeln zu optimieren.
1991 wurde das Jugendhilferecht durch das SGB VIII reformiert und die Hilfen zur Erziehung als Rechtsanspruch ausgestaltet. Somit wurde das Jugendamt zum Träger von Sozialleistungen mit der Verpflichtung, diese Leistungen auch zu gewähren und zu erbringen. Die traditionellen Institutionen der Erziehungshilfe bekamen die Rolle des Leistungserbringers zugewiesen.
Mit der Einführung der §§ 78a ff. in das SGB VIII im Jahr 1999 wurde eine neue Grundlage der gesetzlichen Regelung geschaffen, die die Leistungserbringung, die Weiterentwicklung der Qualität und die Finanzierung betrifft – es werden konkrete Erwartungen an die Art und Ausprägung der Leistungen geknüpft.
Die Gesellschaft fordert zunehmend und berechtigterweise Nachweise über die Wirkung der Hilfe und Nachweise eines effizienten Einsatzes der öffentlichen Mittel. (vgl. Struznya 2006, S. 290f. )
„Im fachlich-wissenschaftlichen Diskurs setzen sich zunehmend Forderungen durch, dass soziale Arbeit professionellen Standards zu genügen habe und die versprochenen Wirkungen nachvollziehbar zu beweisen seien (vgl. etwa Elfter Kinder- und Jugendbericht). Die Fachpraxis wird hingegen weitgehend von Arbeitsmethoden dominiert, die wenig wissenschaftlich erforscht sind und im hohen Maße auf Erfahrungswissen beruhen.“ (ebd. S. 290)
Zu dieser kritischeren Betrachtung der Kinder- und Jugendhilfe hat unter Anderem der eben schon erwähnte enorme Kostenanstieg geführt. Die dadurch bedingte Krise der öffentlichen Haushalte könnte zum Abbau sozialer Leistungen und letztendlich zum Kontrollverlust der Jugendhilfe in ihrem ureigensten Aufgabengebiet führen.
Somit ist es eine unbedingte Notwendigkeit für die Hilfen zur Erziehung Wirkungsnachweise zu präsentieren und effektive Steuerungsinstrumente zu entwickeln.
Die knappen Kassen führen unweigerlich dazu, dass man Prioritäten setzen muss – nur die Leistungen, die ihre Wirkungen nachweisen können, können auch finanziert werden und sich somit langfristig behaupten. Dadurch entsteht – wenn auch nicht gewollt – eine Konkurrenz zwischen den Einrichtungen. Durch diese Tatsache besteht somit auch die Notwendigkeit, sich der Diskussion um Wirkungsorientierung in der Sozialen Arbeit nicht zu verschließen. Nur so besteht die Möglichkeit, dass die Kinder- und Jugendhilfe weiterhin bis zu einem gewissen Grad eigenverantwortlich in ihrem Arbeitsfeld agieren kann.
Die Hoffnung der Politik aus ökonomischer Sicht richtet sich darauf, dass Effizienz und Effektivität1 gesteigert und die Hilfen besser gesteuert werden können. Ein erhebliches Problem besteht allerdings darin, dass "sich pädagogische Leistungen und Wirkungen nicht so einfach darstellen [lassen]. Noch schwieriger ist es, Wirkungen nachzuweisen bzw. den Wert der Wirkung zu beziffern." (Frey 2008, S. 34)
In der Diskussion ist ständig die Rede von outcome, output, Kosten-Nutzen-Relation und Kosten-Wirkungs-Verhältnis¹. Doch diese betriebswirtschaftlichen Fachbegriffe lassen sich nicht ohne weiteres in die Soziale Arbeit übertragen. Diese "Wertschöpfungsketten" (ebd. S. 33) kann man in der Pädagogik nicht so einfach herstellen, diese Eindeutigkeit von Prozessabfolgen, die mit der Wortwahl suggeriert werden, gibt es oft gar nicht.
Ein weiterer kritischer Punkt auf der Ebene der Ökonomie ist das Rollenverständnis des Klienten. Der Begriff des "zufriedenen Kunden", der oft verwendet wird, hat nichts mit einem Kunden im herkömmlichen Sinn zu tun. Denn das würde bedeuten, dass sich der Klient frei zwischen den Leistungen entscheiden kann und zudem auch selbst dafür bezahlt. Die Kunden in den Hilfen zur Erziehung werden aber weder hinreichend in den Hilfeleistungsprozess mit eingebunden, noch wird genug Rücksicht auf ihre Bedürfnisse genommen. In der Diskussion um Wirkungsorientierung steht der Klient leider immer noch weit hinter dem Kostenargument. Der Erfolg von Hilfen zur Erziehung ist aber immer abhängig von dem koproduktiven Prozess zwischen dem Klienten, dem Leistungsträger und dem Leistungserbringer. Eine Maßnahme kann nur dann greifen, wenn der Klient dazu bereit ist, mitzumachen. Für eine aktive Beteiligung muss er aber miteinbezogen werden, er muss als Subjekt wahrgenommen werden und vor allem muss er sich ernst genommen fühlen. Daher darf man die Bedürfnisse und Wünsche der Klienten nicht außer Acht lassen – das Prinzip der Selbstbestimmung sollte so weit wie möglich greifen.
Es ist schließlich das Ziel der Hilfen zur Erziehung, dass der Klient nur für einen bestimmten Zeitraum die Hilfe in Anspruch nehmen muss und somit ist es unbedingt notwendig, die Selbstwirksamkeit der Klienten zu stärken. Die Vereinbarungen der der gewünschten Wirkungen, die im Hilfeplan festgelegt werden, müssen mit dem Klienten gemeinsam beschlossen werden. Nur so erreicht man bei ihm die Motivation mitzuwirken und Hilfe anzunehmen. (vgl. Frey 2008, S. 43)
Unter diesen Umständen richtet sich das Augenmerk nun auch im Besonderen auf die Situation der Hilfeempfänger. Gerade im stationären Bereich greift die Kinder- und Jugendhilfe oft tief in das Leben der Kinder, Jugendlichen und deren Familien ein. Die fehlende Kenntnis über Wirkungen der Interventionen und eventuelle unerwünschte Nebenwirkungen stellen ein klares Defizit in der pädagogischen Arbeit dar, dem unbedingt entgegengewirkt werden muss.
Selbst bei medizinischen Behandlungen und Eingriffen übernehmen die Krankenkassen die Kosten nur für solche Medikamente, deren Wirksamkeit zuvor in Forschungsstudien getestet und nachgewiesen wurde. Die Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen gehört ebenso in jedem Fall zur Sorgfaltspflicht jedes Arztes. (vgl. Struzyna 2006, S.290f)
Aus Sicht der Pädagogik wird das Thema Wirkungsorientierung aus mehreren Gründen kritisch gesehen. Neben all den Vorteilen und Chancen, birgt dieses Thema auch einige Gefahren.
Das Kostenargument nimmt unbestritten einen großen Raum in der Debatte um Wirkungsorientierung ein. Es ist aber nun mal nicht möglich, Soziale Arbeit auf Zahlen und Daten zu reduzieren. Das pädagogische Handeln ist in der Regel auf die individuelle Situation abgestimmt, es gibt viele Problemkonstellationen und es ist ein grundsätzlicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit, sich auf unbekannte Situationen einzulassen und situationsabhängig darauf zu reagieren.
Die Komplexität dieses Feldes ist zahlenmäßig nur schwer zu erfassen, und zu viele Standardisierungen würden die Arbeit der Pädagogen einengen.
Aber auch wenn man viele Aspekte der pädagogischen Arbeit nicht in Zahlen fassen kann, darf man nicht völlig auf methodisches und zielgerichtetes Vorgehen verzichten – man muss nur realistisch bleiben, was grundsätzlich möglich ist.
Es muss ein Weg gefunden werden, wie Messungen vorgenommen werden können, damit Diagnosen gestellt werden können und Forschung und Evaluation möglich sind, und dennoch auch Aussagen über den Einzelfall gemacht werden können.
Zudem darf man – wie schon erwähnt – den Klienten nicht aus dem Blickfeld verlieren. Zu strenge Messverfahren würden oft verhindern, die Ursache für manche Verhaltensauffälligkeiten der Kinder oder Missstände in den Familien zu finden, da die Interpretationsmöglichkeiten zu eingeschränkt wären. (vgl. Frey 2008, S. 22f)
Der fachliche Gewinn, den man mit Wirkungsorientierung erreichen kann, wird als Chance gesehen: "Die Entwicklung von Wirkungsindikatoren, die Aussagen zu Effekten der eigenen Arbeit liefern können, ist eine hervorragende Möglichkeit, das eigene Handeln zu bestätigen bzw. kann wichtige Informationen liefern, um das eigene Tun zu hinterfragen und zu verbessern." (ebd. S. 24)
Auf der anderen Seite hat man Bedenken: Soziale Arbeit wird mit einer einseitigen Betrachtung aus ökonomischer Sicht zu einer reinen Dienstleistung reduziert, es besteht die Gefahr. Dass Klienten ausgegrenzt werden und die Förderung von Leistungen nur von der vereinbarten Effizienz und Effektivität abhängig gemacht wird. (vgl. Frey 2008, S. 26)
An dieser Stelle ist deutlich ein Defizit im System zu erkennen: In den Hilfe- und Finanzierungsstrukturen und in den Interessenslagen von Kostenträgern und Leistungserbringer
zeigt sich, dass
"[p]ädagogischer Erfolg (...) nicht etwa finanziell belohnt [wird], sondern eine erfolgreich abgeschlossene Hilfe (...) zu einem unbelegten Platz und damit zu einem wirtschaftlichen Risiko für den Leistungserbringer [führt]. Erfolgreiche Arbeit wird geradezu bestraft! Der wirtschaftliche Anreiz liegt eher in der Fortsetzung der Hilfe als in ihrer erfolgreichen Beendigung. Solche falsch gesetzten Anreize können dazu beitragen, dass Hilfen länger als notwendig aufrechterhalten werden." (Struzyna 2007, S 7)
Wirkungsorientierung muss aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert werden. Die betriebswirtschaftlichen Bemühungen und die Legitimation Sozialer Arbeit sind notwendig. Wirkungsorientierung stellt eine Chance zur fachlichen Weiterqualifizierung der Hilfen zur Erziehung dar – unter Anderem kann und muss die Stellung der Klienten gestärkt werden.
Die Fortführung des Qualitätsdiskurses ist wichtig und notwendig, allerdings muss darauf geachtet werden, alte Fehler nicht zu wiederholen.
Die Diskussion um Qualität ist schon seit Jahren ein großes Thema im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Zunächst stand die Strukturqualität im Vordergrund, danach richtete sich der Fokus auf die Prozessqualität und momentan beschäftigt man sich zum großen Teil mit der Ergebnisqualität, da verstärkt das Verhältnis von Leistungsträgern und - erbringern in den Mittelpunkt rückt2