Erfolgreich präsent
in den Medien
Clever kommunizieren als Unternehmen, Verein, Behörde
Ein Ratgeber aus der Beobachter-Praxis
Der Autor
Patrick Rohr war Zeitungs- und Radio-journalist, bevor er 15 Jahre als Moderator und Redaktor beim Schweizer Fernsehen arbeitete («Schweiz aktuell», «Arena», «Quer»). Er ist Autor der Bestseller «Reden wie ein Profi» und «So meistern Sie jedes Gespräch» und besitzt eine Kommunikationsfirma in Zürich (www.patrickrohr.ch).
Eine Liste aller Deutschschweizer Medien mit Links können Sie für einen günstigen Preis herunterladen unter www.beobachter.ch/patrickrohrmedien. Auf dieser Liste sind auch alle Ombudsstellen aufgeführt.
Beobachter-Buchverlag
© 2011 Axel Springer Schweiz AG
Alle Rechte vorbehalten
www.beobachter.ch
Herausgeber: Der Schweizerische Beobachter, Zürich
Lektorat: Christine Klingler Lüthi
Satz: Bruno Bolliger
Cover: Krisztina Faller (Grafik),
Luxwerk Candrian/Jaggi (Bild)
ISBN 978 3 85569 464 8
eISBN 978 3 85569 633 8
Dieses Buch wurde auf chlor- und säurefreiem Papier gedruckt.
Dank des Autors
Folgende Personen haben zum Gelingen dieses Buches beigetragen, dafür möchte ich ihnen herzlich danken: Lektorin Christine Klingler Lüthi, sie war auch bei der Entstehung meines dritten Buches eine hervorragende Sparringpartnerin und wertvolle Stütze; Doris Graf, Verlagsleiterin, sie brachte mit ihrem grossen Vertrauen meine Gedanken zum Fliegen; Kommunikationswissenschaftler wissenschaftler Michael Frei, mein erster Mitarbeiter, von seinem Wissen floss viel in dieses Buch ein, vor allem ins Kapitel 6; Werbetexter Claudio Knechtle, «Digital Native» und guter Freund, er versorgte mich mit wertvollem Input zum Thema Social Media; Medienrechtler Dr. Georg Gremmelspacher, er gab mit seinem grossen Wissen Kapitel 5 den letzten Schliff; auf dieses Kapitel hat auch Beobachter-Juristin Karin von Flüe ein scharfes Auge geworfen; mein guter Freund Bert Bulder aus Amsterdam, er war ein wichtiger Gesprächspartner und regte mich mit präzisen Fragen immer wieder zum Weiterdenken an. Und schliesslich gebührt ein ganz spezieller Dank meinem Mann und Geschäftspartner Simon Ming, der während meiner wochenlangen Abwesenheiten Privatleben und Geschäft am Laufen hielt. Er und meine Mutter Dora Lauber waren auch aufmerksame Erstleser des Manuskripts. Merci!
Inhalt
Vorwort
1. So funktionieren die Medien
1.1 Wie Medien ihre Themen finden
Der (schlechte) Ruf der Journalisten
Der Journalist – dein Feind und Helfer?
Wie entscheidet ein Journalist, worüber er berichtet?
Interessant ist, was von der Norm abweicht
Auf die Nachrichtenwerte kommt es an
Auch die Relevanz zählt
Medien folgen einer eigenen Logik
1.2 Der tägliche Kampf um Aufmerksamkeit
Rasanter Wandel des Schweizer Mediensystems
Nie dagewesene Medienvielfalt
Mehr Aufmerksamkeit – mehr Werbegelder
2. So kommen Sie in die Medien
2.1 Das Aussergewöhnliche interessiert
Das geeignete Medium für Ihren Anlass
Hat Ihre Veranstaltung Nachrichtenwert?
Nachrichtenwerte selber schaffen
Eine Einladung an die Medien schreiben
Eine Medienmitteilung verfassen
Einen Artikel für die Zeitung schreiben
Grössere Chance mit attraktiven Fotos
So kommen Sie ins Radio …
… und so ins Fernsehen
Beziehungen zu Medienvertretern pflegen
2.2 Eine Medienkonferenz durchführen
Ist das Ereignis wichtig genug?
Sich auf die Konferenz vorbereiten
Die Einladungsliste erstellen
Den Ablauf festlegen
Eine Medienmappe zusammenstellen
Sich auf Fragen vorbereiten
Am Tag der Konferenz
3. Neue Medien, neue Chancen
3.1 Grenzenlose Vielfalt
Am Anfang braucht es eine Strategie
3.2 Die Basis: eine gute Website
Einfache Struktur
Kurze und klar gegliederte Texte
Laufende Aktualisierung
Menschen zeigen
Geschichte und Geschichten
Fotos zum Herunterladen
Ansprechende Gestaltung
3.3 Aussagekräftiger Blog
Kompetenz zeigen
Meinungen kundtun, Diskussionen anstossen
Kommentare zulassen und beantworten
Kurz ist gut
3.4 Aktiv auf Facebook
So kommen Sie als Organisation auf Facebook
Direkt kommunizieren – und erst noch gratis
Aufwendige Bewirtschaftung
3.5 Kurz und prägnant: Twitter
So kann Twitter eingesetzt werden
4. Richtig reagieren, wenn die Medien kommen
4.1 Die richtige Vorbereitung
Schritt 1: Botschaft festlegen
Schritt 2: Standfestigkeit prüfen
Schritt 3: Sich auf Fragen vorbereiten
Nicht ausweichen
Eine angenehme Atmosphäre schaffen
Verständnis für Fragestellung signalisieren
4.2 Die Bedürfnisse der verschiedenen Medien
Was Printmedien brauchen
Was das Radio braucht
Was das Fernsehen braucht
Was es fürs Internet braucht
4.3 Die verschiedenen Interviewformen
Das 1:1-Interview
Das Interview für einen geschnittenen Beitrag
Das Statement
Das Recherchegespräch
5. Ihre Rechte im Umgang mit den Medien
5.1 So vermeiden Sie Ärger
In welchem Medium erscheint das Interview?
In welchem Kontext erscheinen die Aussagen?
Wer kommt sonst noch zu Wort?
Aussagen vor der Publikation gegenlesen
Sonderfälle Radio und Fernsehen
5.2 So können Sie sich wehren
Der Leserbrief
Die Richtigstellung
Die Gegendarstellung
Der Presserat
Ombudsstellen
Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI)
Die Klage
Falle Internet
6. Richtig reagieren in der Krise
6.1 Der Ruf wird beschädigt
Ereignis und Ereignisbewältigung
Kommunizieren in der Krise
6.2 Kritische Ereignisse
Typ 1: Weltweite Krisen
Typ 2: Unglücksfälle, Natur- und Umweltkatastrophen
Typ 3: Überfall, Diebstahl, Amoklauf
Typ 4: Missbräuche, Übergriffe, interne Konflikte
Typ 5: Gerüchte, Indiskretionen, Rechtsstreitigkeiten, Protestaktionen
6.3 Richtiges Verhalten in der Krise
Phase 1: Grösste Medienaufmerksamkeit
Anforderungen an die Kommunikation in Phase 1
Phase 2: Fragen nach Ursachen, Schuld und Verantwortung
Anforderungen an die Kommunikation in Phase 2
Phase 3: Lehren und Konsequenzen
Anforderungen an die Kommunikation in Phase 3
Auf den Gesamteindruck kommt es an
Den Ton treffen
Die Macht der Bilder
6.4 Bereiten Sie sich vor
Kommunikationskonzept für den Krisenfall
Nachrichtenlage aufmerksam verfolgen
Anhang
Checkliste: So sind Sie für den Krisenfall optimal vorbereitet
Links
Literatur
Stichwortverzeichnis
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser
Haben Sie sich auch schon gefragt, wie Sie es schaffen, mit Ihrem Verein, Ihrer Behörde, Ihrem Verband oder Ihrem Unternehmen in die Medien zu kommen? Oder haben Sie umgekehrt schon gedacht: «Ich will mit den Medien lieber nichts zu tun haben, die Journalisten kommen sowieso nicht in guter Absicht…»? Beides will Ihnen dieses Buch erleichtern – mit Ihrem Anliegen in die Medien zu kommen, aber auch souverän zu reagieren, wenn Journalisten etwas von Ihnen wollen. Ich zeige Ihnen anhand vieler praktischer Beispiele, wie Sie den Umgang mit den Medien erfolgreich meistern, auch in schwierigen Situationen.
Beide Seiten sind mir vertraut: die der Journalisten – und die der Menschen, über die berichtet wird. Vor dreissig Jahren begann ich als Mittelschüler, für Lokalzeitungen zu schreiben, meine Schulferien verbrachte ich auf den Redaktionen der «Glarner Nachrichten» (heute «Südostschweiz») und des «Walliser Boten». Später, als Student, schrieb ich Artikel für die «SonntagsZeitung» und den «Blick», bevor ich 1990 als Redaktor und Moderator im Gründungsteam des Oberwalliser Lokalsenders «Radio Rottu» (heute «rro») dabei war.
1992 kam ich zum Schweizer Fernsehen, wo ich nach dem Einstieg beim Tagesfernsehen «TAF» fünf Jahre lang als Reporter und Moderator für die Sendung «Schweiz aktuell» arbeitete. In dieser Zeit verfasste ich auch viele Beiträge für «10vor10» und die «Tagesschau». 1999 wurde ich Redaktionsleiter und Moderator der wöchentlichen Politdebatte «Arena», und von 2002 bis 2007 schliesslich moderierte ich das Gesellschaftsmagazin «Quer». Ausserdem führte ich während zweier Jahre für den «Blick» regelmässig Interviews mit bekannten Persönlichkeiten und wurde – als eines der «Gesichter» des Schweizer Fernsehens – auch selber immer wieder von verschiedensten Medien interviewt.
Die Erfahrungen, die ich als Journalist und Interviewter gemacht habe, gebe ich heute als Coach und Trainer weiter. Profitieren mit diesem Buch auch Sie davon. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und guten Mut beim Ausprobieren!
Patrick Rohr
Zürich, im Oktober 2011
1.1 Wie Medien ihre Themen finden
Der (schlechte) Ruf der Journalisten
Der Journalist – dein Feind und Helfer?
Wie entscheidet ein Journalist, worüber er berichtet?
Interessant ist, was von der Norm abweicht
Auf die Nachrichtenwerte kommt es an
Auch die Relevanz zählt
Medien folgen einer eigenen Logik
1.2 Der tägliche Kampf um Aufmerksamkeit
Rasanter Wandel des Schweizer Mediensystems
Nie dagewesene Medienvielfalt
Mehr Aufmerksamkeit – mehr Werbegelder
1.1 Wie Medien ihre Themen finden
Sie möchten ein Thema in den Medien platzieren? Sie wollen richtig reagieren, wenn die Medien zu Ihnen kommen? Dann lohnt es sich, zu verstehen, worüber Journalistinnen und Journalisten berichten – und warum.
Der Begriff «Medium» kommt aus dem Lateinischen und heisst wörtlich übersetzt «die Mitte». Die Medien stehen also in der Mitte zwischen zwei Seiten, dem «Gegenstand» der Berichterstattung auf der einen und dem Publikum auf der anderen Seite. Über sie findet der Austausch der beiden Seiten statt, die Medien sind (Ver-)Mittler zum Beispiel zwischen Behörden, Vereinen, Verbänden, Unternehmen und der sogenannten Öffentlichkeit, also uns allen, die wir Medien konsumieren. Und umgekehrt.
Als (Ver-)Mittler haben die Medien die Aufgabe, Vorgänge, Ereignisse und Sachverhalte verständlich und nachvollziehbar zu machen, sie einzuordnen und allenfalls zu kommentieren. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, müssen Journalistinnen und Journalisten Fragen stellen, auch kritische, denn nur so können sie zum Kern der Sache vordringen.
Indem sie ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchten, Vorgänge und Sachverhalte hinterfragen und Entscheidungsträger mit kritischen Fragen konfrontieren, schaffen die Medien Transparenz. Transparenz ist unabdingbar, will man als Behörde, als Unternehmen, als Verein und unter Umständen auch als Privatperson das Vertrauen der Öffentlichkeit gewinnen und aufrechterhalten.
Die Medien sorgen für Transparenz in Unternehmen und Politik. Transparenz ist gut, sie schafft bei einer breiten Öffentlichkeit Vertrauen.
Der (schlechte) Ruf der Journalisten
Die Medien haben also in einem freien, demokratischen Staat eine bedeutende Aufgabe. Nicht zuletzt tragen sie durch das Abbilden und Hinterfragen von Vorgängen massgeblich dazu bei, dass der Bürger und die Bürgerin sich eine Meinung bilden können und dass zum Beispiel unrechtmässiges Handeln einer Behörde oder eines Unternehmens ans Licht kommt.
Interessanterweise schneiden Journalistinnen und Journalisten aber trotz ihrer gesellschaftlich wichtigen und verantwortungsvollen Aufgabe in Umfragen zur Beliebtheit von Berufen regelmässig schlecht ab. Warum?
Zum einen haben Journalisten und Journalistinnen ihren (schlechten) Ruf sich selber zuzuschreiben, weil es immer wieder vorkommt, dass einzelne Medienschaffende unsauber arbeiten oder Geschichten einer guten Schlagzeile zuliebe «aufblasen». Dadurch kann die Institution oder die Person, über die berichtet wird, grossen Schaden nehmen.
Diese Ausreisser sind glücklicherweise die Ausnahme, aber sie fallen auf und geben – zu Recht – jeweils viel zu reden. Beispiele aus der jüngeren Geschichte sind der Fall des ehemaligen Schweizer Botschafters in Berlin, Thomas Borer, der nach grossem Medienwirbel sein Amt aufgab, der Fall der Privatbank «Swissfirst» und ihres Besitzers Thomas Matter, der nach massiven Vorwürfen seine Bank verkaufen musste, sowie einzelne Berichte nach dem Rücktritt von Militärchef Roland Nef, die sein Privat- und Sexleben auf unzulässige Art beleuchteten.
Niemand schätzt es, wenn sein Tun und Handeln kritisch hinterfragt wird. Doch genau das gehört zur Aufgabe der Journalisten.
Zum anderen, und das trägt zum Ruf der Journalisten wahrscheinlich nicht unwesentlich bei, begrüssen es die wenigsten Leute, wenn ihr Tun und Handeln (kritisch) hinterfragt und öffentlich gemacht wird. Selbst wenn wir alle es als Medienkonsumenten schätzen, wenn die Medien diese Aufgabe bei anderen Menschen, Unternehmen usw. wahrnehmen – sich selber lässt niemand gern hinterfragen. Mit diesem Widerspruch werden die Journalistinnen und Journalisten wohl ewig leben müssen, auch wenn sie noch so sorgfältig arbeiten. Was aber an ihrer wichtigen Aufgabe in der Gesellschaft nichts ändert.
Denn Hand aufs Herz: Im Grossen und Ganzen sind Sie ja wahrscheinlich mit der Berichterstattung in Ihrer Zeitung, im Fernsehen, im Radio und im Internet leidlich zufrieden, denn immerhin erfahren wir über die Medien täglich Neues, Spannendes, Überraschendes und Wissenswertes, das es uns überhaupt erst ermöglicht, uns ein Bild von der Welt zu machen, in der wir leben.
Der Journalist – dein Feind und Helfer?
Wenn ich in meinen Medientrainings die Teilnehmenden nach ihrem Bild der Journalisten frage, kommt neben einer eher ablehnenden, kritischen Haltung (der Journalist als «Feind») meist noch ein zweites Bild hinzu: Von vielen Menschen werden Journalistinnen und Journalisten auch als «nützliche Helfer» wahrgenommen, die einem helfen, die eigenen Botschaften zu verbreiten.
Analog zum alten Werbespruch der Polizei («Die Polizei – dein Freund und Helfer») sehen viele Menschen die Journalisten also «als Feind und Helfer». Dieses Rollenverständnis ist problematisch, denn es gibt den Journalisten auf der einen Seite sehr viel Macht, und auf der anderen Seite nimmt es sie in ihrem Berufsverständnis nicht ernst.
Am besten ist es, Sie begegnen dem Journalisten als jemandem, der nach bestem Wissen und Gewissen seinen Beruf ausübt. Treten Sie ihm mit dieser Haltung gegenüber, fühlt er sich ernst genommen und wird auch Sie ernst nehmen. Wenn er dagegen von allem Anfang an Ihr Misstrauen zu spüren bekommt, weil Sie denken, dass er sowieso nichts Gutes von Ihnen will, dann wird er zu Recht hellhörig und fragt sich: «Was hat diese Person zu verstecken, dass sie mir so feindlich begegnet?»
Begegnen Sie dem Journalisten auf Augenhöhe. Dann geben Sie ihm nicht unnötig viel Macht, machen ihn aber auch nicht klein.
Dasselbe gilt für Menschen, die im Journalisten lediglich den «nützlichen Helfer» sehen: Er spürt diese Haltung, und sie weckt in ihm einen berechtigten Abwehrreflex. Der Journalist denkt sich: «Mein Gesprächspartner will mich nur für seine Zwecke benutzen; der wird sich noch wundern, wie kritisch ich ihm begegne!»
Sie sehen, es lohnt sich, wenn Sie vor Ihrem nächsten Medienkontakt Ihre Haltung gegenüber den Journalistinnen und Journalisten überprüfen. Wenn Sie Medienschaffende in der Rolle, die sie in unserer Gesellschaft spielen, ernst nehmen, zahlt sich das in Ihrer Medienarbeit aus.
Wie entscheidet ein Journalist, worüber er berichtet?
«Journalisten berichten sowieso nur über Negatives, das Positive interessiert die doch gar nicht. Wenn sie nichts Skandalträchtiges finden, können sie auch keine guten Schlagzeilen machen.» Auch das ist ein Vorurteil, das ich in meinen Medientrainings oft höre. Im Kern ist es nicht einmal völlig falsch, aber das hat weniger mit dem Wesen der Journalisten als vielmehr mit dem Wesen der Menschen zu tun.
Etwas überspitzt könnte man sagen: Medien sind nichts anderes als die Katalysatoren, gewissermassen Verstärker und «Übersetzer» menschlicher Bedürfnisse, Triebe und Gefühle. Würde das Publikum nämlich Geschichten über Konflikte, Skandale und Unglücksfälle keine Beachtung schenken, würden die Journalisten auf der Stelle aufhören, über solche Themen zu berichten, denn schliesslich möchten sie mit ihren Publikationen ein möglichst grosses Publikum erreichen. Da der Mensch aber etwas anders tickt, werden sich Journalisten auch weiterhin jenen Themen widmen, die eine breite Öffentlichkeit interessieren – und das ist nun einmal nicht das Unspektakuläre, das Normale, Alltägliche und Absehbare.
Die Medien berichten über das, was ein möglichst breites Publikum interessiert. Und das ist nun einmal nicht das Alltägliche und Absehbare.
Um zu entscheiden, worüber er berichten soll, fragt sich ein Journalist deshalb zuerst: Was ist für ein möglichst breites Publikum interessant? Interessant ist grundsätzlich alles, was die Neugier der Leserin, des Zuschauers oder der Zuhörerin weckt. Die zweite Frage, die sich ein Journalist stellt, lautet: Ist dieses Thema auch für ein möglichst breites Publikum – oder wenigstens für eine bestimmte Publikumsgruppe – von Belang, ist es also auch relevant? Hier gilt es einzuschränken, dass sich Boulevard- und Unterhaltungsmedien eher an der ersten Frage orientieren, also ob ein Thema von möglichst breitem Interesse ist; sogenannte Qualitätsmedien geben der Frage nach der Relevanz ebenso grosses, wenn nicht grösseres Gewicht (mehr zum Thema Relevanz ab Seite 24).
Interessant ist, was von der Norm abweicht
Wie findet nun ein Journalist heraus, ob ein Thema interessant ist? Ganz einfach: Er orientiert sich an der Neugier des Menschen. Diese wird dann geweckt, wenn etwas nicht ist wie immer, wenn etwas abweicht von der Norm.
Ein Beispiel: Wenn wir sehen, wie Nachbarin Meier jeden Morgen um zehn Uhr ihren Hund spazieren führt, ist das die Norm und deshalb uninteressant. Unser Interesse wird erst dann geweckt, wenn Frau Meier eines Tages plötzlich nicht mehr auftaucht. Dann fragen wir uns: «Ist etwas geschehen?» Oder wenn sie eines Tages plötzlich mit einer Dogge aus dem Haus kommt statt mit dem Pudel, mit dem sie in den letzten Jahren immer spazieren ging. In diesem Fall überlegen wir: «Was ist geschehen? Ist der Pudel gestorben?» Diese Neugier ist natürlich und nicht verwerflich, sie liegt in der Natur des Menschen.
Übersetzt auf ein Medienthema bedeutet das: Auch wenn sich Schulleitung, Lehrpersonen und Eltern darüber freuen würden – die Schlagzeile «An der Schule Nietlisbach läuft alles normal» wird keine Zeitung bringen, denn das ist die Norm, davon gehen wir aus, deshalb ist diese Nachricht für eine breite Öffentlichkeit nicht interessant.
Würde die Schlagzeile lauten: «An der Schule Nietlisbach läuft wieder alles normal», wäre das Interesse der breiten Öffentlichkeit bereits grösser – das Wort «wieder» signalisiert nämlich, dass an der Schule etwas ausserhalb der Norm beziehungsweise der «normalen» Erwartung passiert sein muss.
Der Normalzustand ist für uns Menschen nicht interessant. Interessant ist, was von der Norm abweicht.
Und damit ist klar: Das grösste Interesse weckt die Schlagzeile «An der Schule Nietlisbach läuft gar nichts normal». Sie signalisiert, dass es völlig ausserhalb der Norm gelaufen sein muss.
Das Interesse der breiten Öffentlichkeit an der Norm, also an dem, was zu erwarten ist, ist gering, denn die Norm wird vorausgesetzt. Erfüllt hingegen ein Mensch oder eine Institution die Norm nicht, dann ist das von grossem Interesse.
Auf die Nachrichtenwerte kommt es an
Journalistinnen und Journalisten orientieren sich also daran, ob ein Thema von der Norm abweicht. Als Richtlinie helfen ihnen dabei die sogenannten Nachrichtenwerte. Das sind Kriterien, die – wie es der Name sagt – einen Hinweis darauf geben, ob ein Thema eine Nachricht wert ist.
Journalisten orientieren sich an Nachrichtenwerten. Diese geben einen Hinweis darauf, ob ein ereignis oder ein Vorgang eine Meldung wert ist.
Je mehr Nachrichtenwerte ein Thema erfüllt, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Medien darüber berichten. Im Folgenden stelle ich Ihnen die wichtigsten Nachrichtenwerte vor.
Aktualität
Etwas, das jetzt gerade geschieht oder soeben geschehen ist, erfährt von uns Menschen die höchste Aufmerksamkeit; je länger ein Ereignis zurückliegt, desto weniger interessiert es uns.
Ein Beispiel: Sportübertragungen sind deshalb so beliebt, weil der Zuschauer dabei ist, wenn die eine Mannschaft die andere besiegt. Im Prinzip würde es ja reichen, wenn man im Nachhinein das Resultat erfahren würde, doch weil das Ereignis dann bereits vorbei ist, ist das Interesse daran nicht mehr gleich gross.
Übrigens hat die Aktualität auch bei unseren alltäglichen Begegnungen einen hohen Stellenwert. Achten Sie einmal darauf, viele der Gespräche beginnen mit dem einleitenden Satz: «Du glaubst nicht, was ich jetzt gerade erlebt habe!»
Konflikt
Streit und Meinungsverschiedenheiten stossen bei einer Mehrheit der Menschen auf grosses Interesse; man fragt sich: Wer ist schuld, wer gewinnt, wer verliert?
Ein Beispiel: Das Interesse der Öffentlichkeit beziehungsweise das Medieninteresse an der Arbeit des Bundesrats ist viel grösser, wenn sich die Mitglieder öffentlich streiten und blossstellen, als wenn das oberste Gremium des Landes in aller Stille und in Eintracht seine Arbeit verrichtet. Aus diesem Grund finden auch viele andere Konflikte in den Medien grosse Beachtung, zum Beispiel ein Streit in einer Geschäftsleitung oder eine Auseinandersetzung zwischen dem Trainer einer Fussballmannschaft und einem seiner Spieler.
Nähe
Etwas, das sich in unserem unmittelbaren Lebensbereich abspielt oder das mit uns zu tun hat, ist interessanter als etwas, das sich weit weg von uns zuträgt und für unser Leben ohne Belang ist.
Ein Beispiel: Ein Autounfall, der sich im Quartier, vielleicht sogar vor der eigenen Haustüre ereignet, interessiert uns. Fahren zwei Autos irgendwo in Kanada oder nur schon in einem anderen Kanton ineinander, ist unser Interesse daran mehr als gering – ausser der Unfall ist sehr spektakulär oder mindestens einer der Autoinsassen erfüllt den Nachrichtenwert «Prominenz».
Prominenz
Prominente haben eine Vorbildfunktion, mit ihnen träumen und leiden wir, an ihnen messen wir unser eigenes Tun und Handeln. Deshalb ist es von grossem Interesse, was berühmte oder bekannte Persönlichkeiten tun und denken.
Ein Beispiel: Wenn die Frau von Golfstar Tiger Woods aus Wut über die sexuellen Eskapaden ihres Gatten nachts im Streit dessen Auto zertrümmert, ist das viel interessanter, als wenn Herr und Frau Müller einen handfesten Ehekrach haben. Für letzteren interessieren sich höchstens die Nachbarn, die wegen des Streits nicht schlafen können.
Übrigens: Auch Firmen, Vereine und Verbände können «prominent» sein. Je bekannter zum Beispiel ein Unternehmen ist – oder sein CEO oder Verwaltungsratspräsident –, desto grösser ist die Beachtung, die das Unternehmen in den Medien findet.
Verstoss gegen das Gesetz
Wer gegen das Gesetz verstösst, tut etwas, das von der Gesellschaft nicht geduldet wird und viele Menschen empört. Darum sind Verstösse gegen das Gesetz beliebte Themen in den Medien.
Öffnen Sie, um ein Beispiel zu finden, die Zeitung von heute. Sie werden mit grosser Sicherheit eine Meldung lesen über ein Wirtschaftsdelikt, über einen Raser, der ein Kind totgefahren hat, über einen Betrüger, der alte Menschen ausgenommen hat, oder über einen Mord. Verbrechen gehören, neben Sex, zu den beliebtesten Medienthemen.
Verstoss gegen die Moral
Hierzu gehören die meisten Themen aus den Bereichen Sex und Geld. Wir Menschen empören uns gern über moralisch verwerfliches Verhalten, vor allem, wenn es Personen betrifft, die sich dies aufgrund ihrer Rolle in der Gesellschaft nicht erlauben dürften. Wittern die Medien einen Verstoss gegen die Moral, führt das meist zu einem (Medien-)Skandal.
Ein Beispiel: Wenn ein Bordellbesitzer Sex hat, vielleicht sogar mit mehreren Frauen, empört das niemanden, weil ein Bordellbesitzer in seiner gesellschaftlichen Rolle mit Sex in Verbindung gebracht wird. Hat ein katholischer Pfarrer hingegen mit einer oder mehreren Frauen Sex, stösst das auf grosses Interesse, weil der Pfarrer wegen des Zölibatgelübdes der körperlichen Liebe entsagen sollte.
Unter diesen Nachrichtenwert fallen übrigens auch praktisch alle grossen Wirtschaftsskandale der letzten Jahre (Boni-Debatte, Abzockerdebatte, Aktienverkauf vor Gewinnwarnung usw.). Hier wird ebenfalls ein unmoralisches Verhalten thematisiert, zum Beispiel von Wirtschaftsführern, von denen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung ein moralisch einwandfreies Verhalten erwartet wird.
Negativität
Es entspricht nun einmal – leider – der Natur des Menschen, dass wir uns eher für negative Themen als für gute Nachrichten interessieren.
Ein Beispiel: Solange der Verkehr auf der Strasse rollt, ist das von mässigem Interesse, weil es der Erwartung entspricht (Positivität). Kommt es zu einem Unglück, ist das für alle Unbeteiligten naturgemäss interessanter, ebenso wie lange Staus und Massenkarambolagen.
Exklusivität
Oft entscheidet ein Medium, eine Meldung zu bringen, weil es das erste oder einzige Medium ist, das die Neuigkeit verbreiten kann. Politiker und Unternehmen «spielen» gerne mit dieser Tatsache, indem sie zum Beispiel einer Sonntagszeitung ein Thema exklusiv «stecken» oder einem ausgewählten Medium ein Exklusiv-Interview gewähren.
Ein Beispiel: Ein Bundesrat plant, eine Debatte über das Road pricing, einen modernen Strassenzoll, zu lancieren. Das schafft er am besten, wenn er seine Idee über eine grosse Schlagzeile auf der Frontseite einer Sonntagszeitung verbreiten kann; es ist nämlich damit zu rechnen, dass an einem – üblicherweise – ereignisarmen Sonntag Radio und Fernsehen die Meldung aufnehmen und am Montag danach auch die anderen Zeitungen darüber berichten.
Bilder
Vor allem Boulevardzeitungen und das Fernsehen machen die Berichterstattung über ein Thema in vielen Fällen davon abhängig, ob Bilder des Ereignisses vorhanden sind. Bilder haben eine hohe Emotionalität und erzählen oft eine eigene Geschichte, die über die reine Faktenvermittlung hinausgeht. Sie sind darum in Medien, die stark mit der Emotionalität arbeiten, besonders wichtig.
Ein Beispiel: Die Explosion eines Tanklastwagens, bei der keine Menschen zu Schaden kommen und der Sachschaden gering ist, ist dann ein Medienthema, wenn es spektakuläre Bilder davon gibt.
Je mehr Nachrichtenwerte, desto besser
Es genügt bereits, wenn ein Ereignis einen Nachrichtenwert erfüllt, um in die Medien zu kommen. Je mehr Nachrichtenwerte ein Thema allerdings erfüllt, desto breiter wird es in den Medien behandelt werden.
Schlagen Sie die Zeitung auf und überprüfen Sie, welcher Artikel wie viele Nachrichtenwerte erfüllt. Sie werden schnell sehen, welches Thema warum in die Zeitung gekommen ist.
Ein Beispiel: Die Verhaftung des Meteorologen und Wettermoderators Jörg Kachelmann wegen mutmasslicher Vergewaltigung erfüllte für die Schweizer Medien gleich drei Nachrichtenwerte: Prominenz (Kachelmann ist in der Schweiz und in Deutschland sehr bekannt), Nähe (Kachelmann ist Schweizer), Verstoss gegen das Gesetz (Vergewaltigungsvorwurf). Während der Untersuchungshaft kamen durch die Recherchen verschiedener Medien ausserdem Details aus Kachelmanns Liebesleben ans Licht, die gegen die gängige Moral verstiessen – womit zu den drei oben erwähnten noch ein vierter Nachrichtenwert dazu kam. Die Empörung in den Medien war gross, der Skandal perfekt.
Auch die Relevanz zählt
Neben den Nachrichtenwerten orientieren sich die Medien auch an der Relevanz eines Ereignisses. Relevanz bedeutet, dass ein Thema für ein möglichst breites Publikum oder eine ganz bestimmte Publikumsgruppe von grosser Wichtigkeit ist beziehungsweise viele Menschen betrifft.
Stellen wir uns zum Beispiel vor, dass eine Behörde unsorgfältig mit Steuergeldern umgeht, indem sie Millionen in ein neues IT-System steckt, das kurz nach seiner Einführung bereits wieder ersetzt werden muss. Dann ist dieses Thema einerseits interessant, weil es sich hier um einen Verstoss gegen die Moral handelt (Verschleuderung von Steuergeldern). Andererseits ist das Thema aber auch relevant, weil es ein Unterschied ist, ob jemand mit seinem eigenen Geld unsorgfältig umgeht oder mit dem von anderen Menschen, eben zum Beispiel mit Steuergeldern. Ein solcher Missstand muss aufgedeckt werden, und dazu sind die Medien da.
Relevanz bedeutet, dass ein Thema für eine breite Öffentlichkeit oder eine ganz bestimmte Gruppe von grosser Wichtigkeit ist, weil es sie möglicherweise betrifft.
Ähnlich verhält es sich, wenn ein Spital den leitenden Frauenarzt per sofort freistellt, weil der Verdacht besteht, dass er sich an Patientinnen vergangen hat. Eine solche Nachricht ist nach Medienlogik interessant (Verstoss gegen die Moral, eventuell sogar gegen das Gesetz), sie ist aber auch relevant, weil der Arzt mutmasslich eine Grenze überschritten hat und durch die Bekanntmachung des Verdachts möglicherweise weitere Opfer gefunden werden können, was für ein allfälliges Strafverfahren von Bedeutung – eben relevant – sein könnte.
Keine scharfen Grenzen
Im Idealfall ist also ein Thema, das in die Medien kommt, interessant und relevant. Der Begriff der Relevanz ist allerdings dehnbar. Oft hängt es auch ganz einfach davon ab, was auf der Welt, in der Schweiz oder in der Region sonst noch geschieht, ob über ein Thema berichtet wird oder eben nicht.
Die Medien folgen ihrer eigenen Logik. oft werden Themen aus der Not geboren, oder der Zufall spielt mit und lässt ein Ereignis zum Medienthema werden.
Die Zeitungs-, Radio-, Online- und Fernsehredaktionen müssen ihre Spalten und Sendezeit auch dann füllen, wenn wenig Wichtiges oder Spannendes geschieht. Das hat zur Folge, dass an einem Tag, an dem «nichts» geschieht, plötzlich ein verhältnismässig unbedeutendes Thema gross in die Medien kommt, während dasselbe Thema an einem Tag, an dem Wichtigeres oder Interessanteres geschieht, nicht oder nur am Rand «stattfinden» würde.
Unbedeutender Unfall wird zu grossem Ereignis
Manchmal helfen auch Zufälle mit, dass ein Ereignis zum Medienthema wird.
Ein Beispiel: Im Bahnhof eines mittelgrossen Ortes, nennen wir ihn Althaus, entgleist an einem ereignisarmen Tag wegen einer blockierten Weiche eine Rangierlokomotive. Es gibt keine Verletzten, und auch der Bahnverkehr wird nicht eingeschränkt, da die Züge über ein anderes Geleise umgeleitet werden können.
Normalerweise würde über einen solchen Zwischenfall am folgenden Tag höchstens im Regionalteil der Zeitung in einer Kurznachricht berichtet, zum Beispiel so:
RANGIERLOKOMOTIVE ENTGLEIST
Althaus. – Im Bahnhof Althaus entgleiste gestern Nachmittag während Rangierarbeiten die Lokomotive eines Rangierzuges. Als Grund gab ein Sprecher der Bahn eine blockierte Weiche an. Personen wurden bei dem Zwischenfall keine verletzt, der Zugverkehr wurde nicht beeinträchtigt.
Nun will es aber der Zufall, dass genau in dem Moment, als der Unfall geschieht, auf einem Perron des Bahnhofs Althaus ein Videojournalist des regionalen Fernsehsenders auf den Zug wartet. Als er sieht, wie die Lok entgleist, zückt er geistesgegenwärtig seine Videokamera und filmt das Ereignis. Es gelingen ihm ein paar spektakuläre Bilder.
Als er die Bilder im Kasten hat, geht der Journalist zu den Rangierarbeitern und zum Bahnhofvorstand. Er fragt sie, wie es zu diesem Unfall kommen konnte, ob so etwas öfter geschieht und ob die Bahn ein Sicherheitsproblem hat. Obwohl ihm alle Interviewpartner sagen, dass das Ereignis für sie unbedeutend und die Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände sei, ruft der Videojournalist seine Redaktion an und erzählt vom Vorfall. Seine Kollegen auf der Redaktion sind dankbar für das Angebot des Journalisten. Der verantwortliche Ausgabeleiter beschliesst, den Rangierunfall als «Aufmacher» – als ersten Beitrag – der abendlichen Nachrichtensendung zu bringen. Die Schlagzeile lautet:
Rangierunfall am Bahnhof Althaus – hat die Bahn ein Sicherheitsproblem?
Doppeltes Pech für das Bahnunternehmen: An einem Tag, an dem mehr los gewesen wäre, wäre der Rangierunfall im Regionalfernsehen höchstens als Kurznachricht ohne Bilder vermeldet worden. Da sich aber an diesem Tag wenig anderes ereignet hat und ausgerechnet ein Videojournalist mit Kamera in der Nähe war, ist der Unfall nun ein grosses Thema, bei dem sogar die Sicherheit der Bahn infrage gestellt wird. Das ist für die Bahn natürlich unangenehm, denn ihr ansonsten guter Ruf steht auf dem Spiel.
Dieses Beispiel zeigt: Oft spielen Zufälle und andere Umstände mit, dass ein Ereignis zu einem Medienthema wird. Dieses Wissen hilft, Journalistenanfragen – auch in unangenehmen Situationen – mit einer gewissen Gelassenheit zu begegnen. «Geschichten» – wie Medienbeiträge im Journalistenjargon genannt werden – lassen sich, wenn sie Hand und Fuss haben, schlecht bis gar nicht verhindern. Viel geschickter ist es daher, auch dann Auskunft zu geben, wenn es den eigenen Interessen gerade widerspricht. Das vermittelt ein Bild von Offenheit und Informationsbereitschaft, was wiederum das Vertrauen in die Institution stärkt.
Ein Arzt sagte mir in einem Kurs einmal: «Mich regen die Journalisten auf: Kaum sinken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt, rufen sie mich an, um zu fragen, ob es jetzt wegen des Glatteises mehr Unfälle gebe und wie man sich davor schützen könne. Und natürlich muss es immer gleich sofort sein! Als ob ich nichts anderes zu tun hätte, als denen für so etwas Banales Red’ und Antwort zu stehen.»
Natürlich müssen Sie nicht alles mitmachen, wenn eine Journalistenanfrage kommt. Wenn Sie höflich absagen und Ihr Nein begründen, wird das normalerweise problemlos akzeptiert.