Winter 1944, irgendwo in Deutschland. In einem Militärkrankenhaus kuriert der SS-Offizier Kalterer eine Schußverletzung aus – und macht sich Gedanken über seine Zukunft. Er weiß, daß der Krieg verloren ist und er das Strafgericht der Sieger zu fürchten hat. Zur gleichen Zeit nimmt der entflohene KZ-Häftling Ruprecht Haas in Berlin grausame Rache an denen, die er für sein und seiner Familie Schicksal verantwortlich macht. Als sich unter den Mordopfern auch ein hochrangiger Parteigenosse findet, bekommt Kalterer von höchster Stelle den Auftrag, den Fall aufzuklären. Während die Stadt im Bombenhagel versinkt, beginnt eine rasante Verfolgungsjagd, bei der Haas bittere Wahrheiten erfahren muß und Kalterer einen moralischen Standort zu definieren hat, der ihm eine Zukunft möglich machen soll. – »Zwei Historiker haben das Kunststück fertig gebracht, Zeitgeschichte, persönliche Schicksale und anklagende Emotionen zu einem fesselnden Lesestoff zu machen.« (Hamburger Abendblatt)
Richard Birkefeld, geboren 1951, und Göran Hachmeister, geboren 1959, sind Historiker mit dem Schwerpunkt Kultur- und Sozialgeschichte im frühen 20. Jahrhundert. Sie publizierten eine Reihe wissenschaftlicher Aufsätze, Essays, Dokumentationen und Bücher zu stadtgeschichtlichen Problemfeldern. Beide leben und arbeiten in Hannover.
Richard Birkefeld
und
Göran Hachmeister
Wer übrig bleibt, hat recht
Kriminalroman
Ungekürzte Ausgabe
August 2004
2. Auflage November 2005
Neuauflage E-Book November 2012
Titelfoto: Bundesarchiv, Bild 183-S74430/CC-BY-SA 30, Heinscher, 1946: Frühling
Copyright 2012, Richard Birkefeld, Göran Hachmeister, Hannover
Ebook-Erstellung: Belbook by Satzweiss.com GmbH
ISBN 978-3-8450-1031-1
Alle Rechte vorbehalten.
Das habe ich getan«, sagt mein Gedächtnis. »Das habe ich nicht getan« – sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich – gibt das Gedächtnis nach.
Friedrich Nietzsche
Ganz klar: auch Satan kann in seiner Sache etwas vorbringen. Das ist ganz selbstverständlich. Es mag zwar ziemlich erbärmlich sein, aber das spielt keine Rolle; denn dasselbe läßt sich von jedem von uns sagen.
Mark Twain
Die Kapos hatten sich entfernt. Er hörte ihr Lachen, sah sie rauchend am oberen Rande des Steinbruchs stehen. Sie blickten hinunter in den Abgrund, machten abfällige Bemerkungen, dann gingen sie weiter. Endlich war er unbeobachtet. Erschöpft lehnte er sich gegen die Lore.
Unten im Kessel hatte er oft genug geschuftet. Angetrieben von den Schindern, die ihn schlugen und bespuckten. In stinkenden Lumpen, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, ohne Pause, ohne Zeit fürs Essen, fürs Pinkeln, für ein paar leise Worte.
Er verfolgte jede Bewegung der Kapos, hörte ihr derbes Lachen, sah sie sich immer weiter von ihm entfernen, bis sie stehenblieben und Steine in den Abgrund warfen. Das war ihre Lieblingsbeschäftigung. Sie zielten auf seine Kameraden, die dort unten Steine aus Felswänden brachen, machten sich einen Spaß daraus, die Menschen zu verletzen und zu töten. Das Spiel hieß Tontaubenschießen.
Für einen Moment wandte er sich ab, hielt seine blasenübersäten Hände vor den Mund und unterdrückte mühsam einen Hustenanfall.
Nur keine Aufmerksamkeit erregen.
Aus der Talsohle hallte das Hämmern und Klopfen, die Flüche und Beschimpfungen, vereinzelte Schmerzensschreie der von Steinen getroffenen Kameraden zu ihm hoch. Der Schmerz in seinen Ohren wurde stärker, und er zitterte vor Anstrengung. Die gestreiften Fetzen an seinem Leib trieften von Schweiß, die Augustsonne brannte auf den Steinbruch nieder. Er ging in die Hocke und drückte sich in den kurzen Schatten der Lore.
Etwa fünfzig Meter vor ihm erkannte er durch die hitzewabernde Luft eine Handvoll Häftlinge, die wie er Felsbrocken in eine Lore geworfen hatten, aber jetzt mit der Arbeit aufhörten. Einige ließen sich im Schatten der Lore nieder, andere blieben stehen, doch sie täuschten das Steineschleppen nur vor: Jeder verweigerte Handschlag verlängerte das Leben – aber auch die Folterungen und Schmerzen, das wußten sie alle. Und das hielten viele nicht aus ...
Er hatte sie gesehen, die Todsuchenden, mit verrenkten, verkohlten Gliedern im Elektrozaun, mit zerschmettertem Körper auf der Talsohle nach einem Sprung aus dreißig Metern Höhe, mit bläulichen Gesichtern in Schlingen aus zusammengeknoteten Kleiderfetzen, schneeweiß und ausgeblutet, wenn sie mit stumpfen Gegenständen ihre Pulsadern aufgeschlitzt hatten.
Er suchte nach der Postenkette, die das ganze Steinbruchareal umstellt hatte. Die meisten standen zu zweit oder zu dritt zusammen und beobachteten, die Maschinenpistole im Anschlag, aufmerksam das Gelände. Deutschlands Bodensatz, auch Beutedeutsche, radebrechende Volksgenossen aus Rumänien, der Ukraine und der Ostmark, Mörder, die jeden Tag Häftlinge erschossen, die ihnen die Kaposchweine absichtlich ins Schußfeld trieben. Dieses Spiel hieß Aufderfluchterschossen. Daß es wieder gespielt worden war, erfuhr man meistens beim Abendappell, wenn jemand in der Reihe fehlte. Aufderfluchterschossen – ein armes Schwein, das man vielleicht gekannt hatte, mit dem man frühmorgens noch durch das Lagertor marschiert war, unter der höhnenden Inschrift »Recht oder Unrecht. Mein Vaterland«.
Er wollte auf den Boden spucken, doch sein Mund war ausgetrocknet. Mit der Faust schlug er auf die Steine. Mein deutsches Vaterland! Deutsche Muttererde! Das Vaterland hatte ihm alles genommen, hatte ihn betrogen und versklavt, wollte den letzten Funken Leben in ihm auslöschen. Die vielgerühmte Muttererde, diese harte braune Scheiße, verschloß sich hartnäckig seinen Bemühungen, Steine aus ihr zu brechen, als ob sie verhindern wollte, daß er sein lebensrettendes Tagessoll erreichte. Er haßte den Krieg, die Uniformen, die arische Herrenrasse, den Führer, dieses verlogene Schwein, mit all seinen fetten und hinkenden Trabanten. Er haßte es alles, obwohl er mal daran geglaubt hatte. Er haßte, weil er wußte, daß der Haß ihn am Leben hielt. Manche seiner Kameraden blieben am Leben, weil sie liebten, ihre Familien, ihre Frauen, ihre Kinder oder weiß der Teufel wen. Auch er liebte seine Frau und seinen Sohn, keine Frage, aber ihn trieb diese Liebe in den schieren Wahnsinn, sie machte ihn weich und verwundbar. Der Haß dagegen spendete ihm Kraft und schenkte ihm Widerstandswillen. Mit dem Haß stand er jeden Tag aufs neue die Erniedrigungen und die Schmerzen durch.
Ich liebe den Haß, sagte er manchmal in den leise geführten nächtlichen Gesprächen, wenn sie zerschunden in den Baracken lagen. Ein paar unverbesserlich gottgläubige Kameraden widersprachen ihm. Sie hatten immer noch nicht begriffen, daß sie schon längst in der Hölle schmorten.
Er schlug immer noch auf den steinigen Boden ein.
Ich liebe den Haß, und ich werde diese Hölle überleben.
Die Namen. Da waren sie wieder! Die Namen derjenigen, die ihn in diesen Satanspfuhl gebracht hatten. Sie glotzten ihn an, er erkannte ihre Gesichter in den Steinbrocken, in den Wolken, in den Holzmaserungen der Barackendecke, in den Kothaufen der Latrinen. Er stellte sich vor, wie sie vielleicht gerade im Café Kranzler saßen, sich angeregt unterhielten, den friedlichen Sommertag genossen und keinen Gedanken daran verschwendeten, was außerhalb ihrer Volksgemeinschaft in diesem beschissenen Vaterland ihm und seinen Kameraden angetan wurde.
Sein Atem wurde ruhiger, der Schweiß trocknete langsam auf seiner Stirn. Er blickte zum Himmel und verfolgte den Flug eines Raubvogels, der hoch oben in den Lüften seine Kreise zog und nach Beute Ausschau hielt. Der Vogel schwebte über dem Talkessel, flog über die Kapos, die stehengeblieben waren und ununterbrochen Steine in den Abgrund warfen. Der Vogel segelte hoch über ihnen in die Sonne.
Er kniff die Augen zusammen und glaubte, zwischen den stechenden Sonnenstrahlen die Silhouetten weiterer Raubvögel zu entdecken. Er zuckte zusammen. Die Vögel stürzten aus dem gleißenden Licht herab, schossen wie Schatten auf ihn zu und fegten über die Unebenheiten des Geländes. Staubwolken stoben auf, wirbelten durch die heiße Luft. Das Kreischen der Motoren war so laut, daß er sich tiefer duckte und seine feuchten Handflächen an die Lore drückte. Er sah die Feuerstöße der Bord-MG, sah, wie die Einschläge in die Postenkette spritzten und als mehrspurige Gesteinsfontänen über Schienenstränge, Loren und Häftlingsgruppen jagten, dann am Rande des Steinbruchs in der Tiefe verschwanden. Das Donnern der Detonationen hallte nach oben, und er hörte furchtbare Schreie. Dunkle Explosionswolken quollen aus dem Steinbruch, und das Echo der zerberstenden Bomben rollte über die zitternde Landschaft.
Er warf sich unter die Lore, lag starr auf dem Rücken. Schwarze Ölwolken und Kondensstreifen zeichneten am Himmel Kreise, die Jagdbomber kehrten zurück. Während das Dröhnen anschwoll, drehte er sich auf den Bauch. Vor ihm wurde Erde in die Luft geschleudert, Bäume knickten um, und zentnerschwere Steinbrocken wirbelten durcheinander. Rechts und links von ihm knallten Splitter auf den Boden oder schlugen dröhnend gegen das Metall der Lore. Er mußte weg hier, schnell.
Zwischen den Rädern hindurch sah er eine schreiende Postengruppe, die stolpernd auf die nächste Lore zustürzte und sich neben den Häftlingen in Deckung brachte. Dann ein Feuerblitz, dem sofort eine wuchtige Detonation folgte. Erde, Steine und Metall wurden in die Höhe geschleudert. Die Druckwelle peitschte ihm ins Gesicht und brachte die Lore über ihm so zum Schwanken, daß die Last herauspolterte. Dann prasselten Eingeweide und Gliedmaßen, Rümpfe und Köpfe und Kleiderfetzen auf ihn nieder, färbten den felsigen Boden in leuchtendes Rot. Er vernahm ein schweres, klatschendes Geräusch, dicht vor ihm lag der Körper eines stöhnenden SS-Postens.
Dort, wo vorher die andere Lore gestanden hatte, erschien unter den Rauchschwaden ein riesiger Krater, der die Erde bis zum Steinbruchrand aufgerissen hatte.
In seinem Ohr war nur noch dieses tiefe Summen Sonst hörte er nichts mehr. Er nahm an, daß der Angriff weiterging, weil immer neue Explosionswolken hochstiegen, die Flieger immer noch am Himmel kreisten. Doch Angst verspürte er keine mehr. Das war seine Chance, er mußte los.
Er robbte ins Freie und kroch zu dem verletzten SS-Posten, griff nach einem schweren Stein und blickte in das blutverschmierte Gesicht. Dann schlug er zu, kräftig, immer wieder, bis das Stöhnen verstummte. Er zog dem Mann den geöffneten Mantel aus, riß ihm die Stiefel von den Füßen, löste das Koppel, zerrte an der Jacke, öffnete die Hosen und zog sie von den schlaffen Beinen. Die Geschosse, die neben ihm in den Fels einschlugen, beachtete er nicht.
Im Schatten der Lore schlüpfte er in die zu weiten Bekleidungsstücke und blickte sich um. Das ganze Steinbruchareal war in Staubwolken gehüllt. Die Kapos waren verschwunden, auch von der Postenkette war niemand mehr zu sehen. Überall lagen verstümmelte Körper, in noch erkennbaren Uniformen oder Sträflingskleidung. Es stank nach Urin und Kerosin.
Das Summen in seinem Ohr ließ nach, und in der Ferne hörte er Explosionen, die aus der Richtung kamen, wo die Gustloff-Werke und die SS-Baracken lagen. Hier oben konnte er keine Bewegung erkennen, keinen Laut mehr vernehmen. Nur aus dem Steinbruch drangen immer wieder Schmerzensschreie zu ihm herauf.
Er lief langsam los, mußte sich erst an die schweren Stiefel gewöhnen. Dann wurde er schneller, spurtete schließlich geduckt über felsigen Grund, bis er den Waldrand erreichte, vor dem üblicherweise die SS-Schergen postiert waren. Er stürzte durchs Unterholz. Zweige schlugen ihm hart ins Gesicht und brachten ihn zur Besinnung. Er mußte sich sammeln, sich im Wald orientieren. Wohin? In welche Richtung?
Nach Nordosten. Nordosten war seine Richtung! Wo stand die Sonne? Halbrechts in seinem Rücken.
Richtig. Immer weiter in Richtung – wie hieß das Kaff noch mal? – in Richtung Buttstädt.
Er hetzte zwischen dichten Baumstämmen hindurch, überquerte Wanderwege, rannte über Lichtungen, bis er endlich den Wald und die Ausläufer des Ettersberges hinter sich hatte. Vor ihm öffnete sich eine hügelige Landschaft, und am nahen Horizont erkannte er die grünen Bergrücken von Schmücke, Schrecke und Finne.
Dort irgendwo, hinter Unstrut, Saale, Mulde und Elbe, irgendwo im Nordosten – da lag Berlin.
Mit Vorsicht und Glück würde er die Stadt erreichen. Er wußte, daß er es schaffen konnte.
Dort warteten Lotti und Fritzchen auf ihn – und natürlich die anderen, deren Namen er tonlos mit den Lippen formte.
Der Zug pfiff kurz und schrill. Das dumpfe Rattern der Räder, das ihn begleitet hatte, seitdem er aus dem traumlosen, von Tabletten verursachten Schlaf erwacht war, wurde von einem heller tönenden Schlagen abgelöst, das sich mit einem kurzen, abgehackten Rauschen vermischte.
Es muß eine Brücke sein, eine sehr lange Brücke. Eine Stahlkonstruktion mit vielen Pfeilern.
»Wo sind wir«, fragte er die vorbeieilende Schwester. »Überm Rhein.«
Am Rhein, Heim ins Reich. Er versuchte, sich das Rheintal vorzustellen, die sanft ansteigenden, grünen Hügel, das Ziegelrot der Dächer, das braunblaue Band des breiten Flusses. Doch so richtig gelang es ihm nicht.
Seit Tagen lag er auf der untersten Pritsche eines zum Lazarettzug umgebauten französischen Personenzuges. Von der vorbeiziehenden Landschaft sah er nichts. Ihm war, als hätte der Zug mehrmals die Richtung geändert. Längere Zeit hatte er auf Abstellgleisen gestanden, hatte Menschen und Material für die Front in der Normandie oder wo sie jetzt auch immer stand, vorbeigelassen. Tieffliegerangriffe auf Eisenbahnknotenpunkte hatten sie auf offener Strecke abgewartet. Immer wieder gab es Anschläge auf die Nachschublinien, und immer wieder Umleitungen. Informationsfetzen und Gerüchte schwirrten durch die Abteile. Alles schien zusammenzubrechen. Eine Armee auf der Flucht. Ohne Moral.
Der Geruch von Chloroform und Zigaretten stand in der Luft. Er fragte sich, wo die Brücke stand, ob die rheinische Tiefebene hier schon weit ausladend, leicht hügelig zum Westen hin geneigt war oder ein enger Talkessel mit scharf ansteigenden Felsen zu beiden Seiten des Flusses wie bei der Lorelei. »Ich weiß nicht was soll es bedeuten ...«
Er wußte es nicht.
»Der Rhein, Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze.« Nur Bruchstücke seiner Schulbildung gingen ihm durch den Kopf, mehr fiel ihm nicht mehr ein.
Streng dich an, du mußt auch Dinge analysieren können, die du nicht kennst. Zügig strukturiert auswerten, schnell handeln. Das war die Maxime.
Halb Europa hatte er kennengelernt, aber am Ober- und Mittelrhein war er nie gewesen. Wahrscheinlich ging die Fahrt über Frankfurt weiter oder in Richtung Köln, Ruhrgebiet, Hannover nach Berlin, seinem Zielbahnhof. Köln, das kannte er.
»Melden Sie sich in Köln, alles Weitere erfahren Sie dort.« Die Schellenberg-Aktion. Er war bei der Abteilung vor Ort gewesen. Sie hatten zwei englische Offiziere aus dem niederländischen Venlo entführt. Es war ein voller Erfolg gewesen.
Und da war Paula, die Hure aus einer Arbeiterkneipe am Neumarkt mit ihrer ausladend einladenden Figur. Paula gab sich französisch, nannte jeden »Chérie« und führte französische Floskeln im Mund, zu einer Zeit, als das schon verpönt, wenn nicht sogar gefährlich gewesen war. Sie fanden das besonders reizvoll, dem Anlaß ihrer Anwesenheit, ihrem Auftrag entsprechend. Ein kleines Mosaiksteinchen, das Atmosphäre schaffte. »Versetzen Sie sich in die Lage Ihres Kontrahenten, studieren Sie seine Umgebung, umgeben Sie sich damit«, hatte der Ausbilder ihnen eingebleut. Wie hatten sie gelacht mit der falschen Französin auf dem Schoß, den vulgären Zoten in den Ohren und genügend Kölsch und Rheinwein im Kopf. Sie hatten sich damals so jung gefühlt, so unüberwindbar, als Elite des Landes, des mächtigsten Landes der Welt. Deutschland. Die Schellenberg-Aktion war etwas ganz anderes gewesen als diese Sachen im Osten. Viereinhalb Jahre war das schon her, eine ganze Ewigkeit.
Jetzt lag er mit einem Oberschenkeldurchschuß in diesem dreckigen Zug.
»Parole Heimatschuß«, hatte der Chirurg gesagt. »Das mit dem Laufen wird nicht so schnell, braucht mindestens einen Monat, Sie kommen zur weiteren Ausheilung nach Berlin.«
Er hätte nicht unbedingt dabeisein müssen, Bergmann war für die Leitung der Aktionen vor Ort zuständig. Aber irgendein verrückter Teufel hatte ihn geritten. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie hatten die Sabotageakte der Résistance zugenommen. Sie hatten der Logistik empfindliche Schläge versetzt, auch in seinem Einsatzbereich. Täglich mußten sie mit Überfällen auf Wachposten, Sprengungen von Brücken, Anschlägen auf Vergnügungsetablissements rechnen. Dazu kamen gut organisierte Aktionen gegen sich umgruppierende deutsche Einheiten auf ihrem Weg nach Norden an die Front. Die Résistance wurde immer frecher, es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch. Aber die Franzosen wurden immer unvorsichtiger. Und da konnte man ansetzen.
Er hatte alles perfekt durchorganisiert, wie immer alle Informationen Schnipsel für Schnipsel zusammengetragen, die Protokolle der Funküberwachung ausgewertet, das Wesentliche aus den Spitzelberichten herausgefiltert. Aus der Flut von Informationen, Andeutungen, versteckten Hinweisen und erpreßten Geständnissen hatte er ein recht eindeutiges Gesamtbild zusammengestellt. Es war mit einer größeren Waffenlieferung der Engländer im Planquadrat G/7 zu rechnen. Er hatte seine Einheiten und ihre Aufstellung im Gelände organisiert. Schnelle Einsatzgruppe vor Ort, Rückraumüberwachung, alles wie nach Lehrbuch. Die Koordination verlief reibungslos. Die Planungsphase war zu kurz gewesen, aber anders ging es eben nicht.
Ein einsames Gehöft im Zentralmassiv diente der Résistance als Schlupfwinkel. Ein klug gewähltes, vom Verteidiger gut einsehbares Gelände. Ihm standen französische Faschisten zur Verfügung, die zum Endkampf gegen den Bolschewismus und auch gegen ihre eigenen Landsleute fest entschlossen waren. Seine eigenen Sicherungsgruppen und alles, was er sonst noch kriegen konnte, hatte er für eine weiträumige Einkesselung des Areals abkommandiert. Die Franzosen sollten als erste ins Zielgebiet vordringen, vom Norden her, unerwartet und unauffällig. Die anderen Verbände sollten die Absperrung der Straßen und die restliche Einschließung übernehmen.
Natürlich war es schiefgegangen, wie so oft.
Warum er eigentlich mitgefahren war, wußte er nicht mehr. Feldaktionen waren Bergmanns Aufgabe. Er gehörte ans Funkgerät. Koordination im Feld, schnelle Umgruppierungen, flexible Entscheidungen, das waren seine Aufgaben. Er war der Mann für den Überblick. Dieses »Sprung auf, Marsch, Marsch« war Bergmanns Metier. Bergmann hatte sich zurückgesetzt gefühlt, weil diesmal er die Aktion leitete.
Das Gehöft war schnell umkreist. Es war hell, eine Vollmondnacht, das Gelände leicht hügelig. Sie gingen über eine verkarstete Wiese, die Waffen im Anschlag. Ginsterbüsche hoben sich neben vereinzelten Steinwällen vom Boden ab. Eine Gegend für Ziegen und Esel, trocken, aber reizvoll. La douce france. Die Zikaden zirpten, und es duftete nach Kräutern, die er nicht kannte. Manche rochen süßlich, nach Seife, nach Paris, manche nach Verwesung, wie der Herbst in seiner Heimat.
»Hans, es riecht hier nach Verwesung.«
Er lachte. »Es ist schön hier.«
Merit und er waren mit dem Boot zu der kleinen Insel gepaddelt. Sie lagen unter der Trauerweide, während das Wasser des kleinen Flusses leise gegen das moderige Ufer schwappte. Er strich ihr über den Arm, sie schüttelte ihn ab.
»Hans, du riechst nach Verwesung ...«
»Du spinnst.«
Signalrot hatte es plötzlich in der Nacht aufgeleuchtet, ein leichtes Maschinengewehr tackerte, dann begann eine wüste Ballerei. Keine Ahnung, warum er mitgegangen war. Er hatte befohlen: »Sprung auf, Marsch, Marsch!« Bergmann guckte betreten. Sie stürmten vorwärts, feuerten aus Pistolen und Maschinengewehren, brachten die Granatwerfer in Stellung. Gefangene wurden keine mehr gemacht. Das Getöse betäubte seine Ohren. Kurzes abgehacktes Schießen, aufblitzendes Mündungsfeuer, dumpfes Knallen
Töten im Viervierteltakt.
Merit am Klavier, So nimm denn meine Hände.
Der Schmerz durchfuhr ihn erst, als sein Kopf auf dem Boden aufschlug. Der Krieg war aus. Genieße das Ende, der Anfang würde fürchterlich sein.
»Sie sind also een Bekannta von det lütte Persönchen?«
Der alte Mann blickte Haas freundlich an, trat über die Türschwelle ins dämmrige Treppenhaus und blieb vor ihm stehen.
Er nickte. »Mehr ein flüchtiger ...«
»Ja, die wohnt unten im Zweeten, bei ihra Tante, der Wachowiak.« Ein verschmitztes Lächeln blitzte im faltigen Gesicht des Alten auf. »Is ja eene von den schneidigen Fräuleins, die für unseren Führa ihren Mann stehen.«
Der Alte roch zwar nicht gut, aber auf den Kopf gefallen war er nicht. Er war der einzige, der hier oben in der fünften Etage unterm Dach wohnte, wahrscheinlich in einer ehemaligen Dienstmädchenkammer. Er schaute sich die Welt von oben an. Es konnte nicht schaden, ein wenig nachzulegen. »Ja, sie war immer ein recht fanatisches Fräulein, früher stramme BDMlerin mit den Händen an der Rocknaht, ich weiß, aber Sie scheinen sie ja ganz gut zu kennen, hat sich wohl nicht groß geändert, die Gute?«
»Ick kenn doch meene Pappenheimer.« Der Alte senkte die Stimme »Wissen Se, dit is hier so'n Haus, na sagen wa mal so, in dem vielleicht nicht jeda jenau weeß, wann der Führa Jeburtstag hat.«
»Ich weiß das auch nicht so genau, ehrlich gesagt.«
Der Alte trat noch näher. »Det hab ick mir gleech jedacht. So wie Se aussehen, scheint ja Braun nicht jrade Ihre Lieblingsfarbe zu sein.«
Der Alte war wirklich eine Nummer. Viel zu vertrauensselig. Der mußte verdammt aufpassen, daß er sich nicht um Kopf und Kragen redete.
»Wissen Se«, fuhr der Mann fort, »die kam hier vor een paar Monaten ins Haus, weil se ausjebombt wurde. Hat sofort dafür jesorgt, dat se den Luftschutzdienst übernimmt, weil se meente, Kollege Kretschmer, der Blockwart hier, der könne mit seem steifen Bein bei die Bombenangriffe nich mehr schnell genug uffs Dach kommen. So eene is dat. Immer vorneweg. Aber Schneid hattse, die Lütte, immer alleen uffs Dach, nur mit Sandeemer und Wasserspritze bewaffnet, bei Tach und bei Nacht, bei jedem Angriff. Da kannste sagen watte willst, dir nur wundann, wat ne Mücke manchmal fürn Fett hatt.«
Der Alte gefiel ihm. Ein unverbesserlicher Roter wahrscheinlich, der seine Kodderschnauze nicht halten konnte. Vor fünfzehn Jahren war der sicher keiner Prügelei mit der SA aus dem Weg gegangen. Ein Sozi oder Kommunist, der schon immer gewußt hatte, daß die ganze Hitlerei nur in den Untergang führen würde. Er selbst hatte die Linken nie gemocht, er war ein Kaufmann, hatte einen Laden besessen, er hatte keinen Wert auf das ganze Revolutions- und Enteignungsgequatsche gelegt. Politische Unruhen waren schlecht fürs Geschäft, er hatte die Warnungen vor der bolschewistischen Gefahr ernst genommen. Er hatte damals im März die NSDAP gewählt ... Haas merkte, wie er sich unwillkürlich aufrichtete. Diesen Irrtum zumindest konnte er jetzt korrigieren.
»Vielen Dank, Herr Heutelbeck, dann gehe ich mal runter und hoffe, daß ich sie antreffe.«
Der Alte blickte auf seine Armbanduhr. »Dat müßten Se eigentlich, ick gloobe, um diese Zeit sitzt se vorm Dudelkasten und hört die Stimme ihres Herrn.«
Er wollte gerade die Treppe hinuntergehen, als er ganz kurz ein schwaches Vibrieren spürte, das sich zu einem schrillen auf- und abschwellenden Ton verdichtete. Er fühlte sich wie gelähmt. Sirenengeheul! Fast hätte er sich auf dem Treppenabsatz in die Hose gepinkelt.
»Nun sind die Fliega ja doch noch jekommen«, hörte er Heutelbeck grummeln. »Ick hatte schon befürchtet, die Tommies hättn uns heute vajessen.«
Er wußte nicht, was er machen sollte. Heutelbeck jedenfalls schlurfte langsam in die Wohnung zurück und blieb im Türrahmen stehen. »Sie müssen runta! Wir haben unten einen Luftschutzkeller. Dat isn bißchen Sicherheit.«
Er konnte auf keinen Fall in den Luftschutzkeller, das war viel zu gefährlich. Wer weiß, wer da alles Schutz suchte. Langsam kam wieder Leben in seinen steifen Körper. »Und Sie?«
Heutelbeck winkte ab. »Ick bin schon viel zu oller Knochen, um noch vorm Tod Muffensausen zu haben. Außerdem machen meene Beine nich mehr mit. Eh ick im Kella anjekommen bin, is der Angriff doch schon längst vorbei. Nee, nee, ick stülp mir meenen Detektor üba die Ohren und hör dann janz jerne, wat die im Ausland so über uns reden. Machenses jut.« Die Tür fiel ins Schloß.
Er hörte Toilettenspülungen rauschen. Im Treppenhaus knallten die Türen. Flüche, Rufe, Kindergeschrei, die Bewohner polterten die Treppen hinunter. Doch über dem ganzen Lärm hing ein eindringlicher Sirenenton, der ihm durch Mark und Bein ging. Er mußte diese lähmende Angst überwinden. Wenn er sich nicht täuschte, würde sie ihren Pflichten schon nachkommen. Die Gelegenheit war zu günstig.
In der hereinbrechenden Dunkelheit konnte er gegenüber Heutelbecks Wohnungstür gerade noch die Ecke erkennen, wo der Treppenflur nach links abknickte. Dort sah er die steile Treppe, die zum Dachboden führte.
Auf halber Höhe angekommen, verstummten die Sirenen in einem langen, wehmütig abklingenden Ton. Jetzt hörte er das herannahende Brummen von Flugzeugmotoren. Er stieß die Tür zum Dachboden auf. Der Bomherpulk donnerte geradewegs über das Haus hinweg. Er hatte das Gefühl, als stünde er direkt unter den Fliegern.
Er hielt den Atem an und trat auf den vibrierenden Boden des Speichers. Die Luft war stickig und roch nach Staub. Es herrschte fast absolute Dunkelheit. Nur durch die Dachluken fiel ein wenig Licht. Er konnte aufgehängte Wäsche erkennen und einen mit Sand gefüllten Löscheimer, der unter der Dachschräge stand. Ein Spaten ragte aus dem metallenen Gefäß.
Er ging zu einer Dachluke, spähte hinaus und suchte die Umgebung ab. Von seinem Beobachtungspunkt konnte er weit über die Dachlandschaft blicken. Am Himmel glimmten nacheinander vier senkrechte Lichtmarkierungen auf, die ein gespenstisches Licht auf die Dächer warfen.
Christbäume!
Der Volksmund besaß manchmal einen trotzigen Galgenhumor. In wenigen Augenblicken würden die Tommies ihre »Geschenke« verteilen. Er kannte den Spruch, ein Mithäftling hatte ihn unter vorgehaltener Hand unter die Leute gebracht: »Weihnachten läuft mit folgendem Programm ab: Die Engländer setzen die Christbäume, die Flak liefert die Kugeln, Goebbels erzählt uns Märchen, und wir sitzen im Keller und warten auf die Bescherung.«
Aber er saß nicht im Keller, er hockte hier völlig ungeschützt auf dem Dachboden, inmitten eines Luftangriffs. Früher hätte er so einen Mut nicht aufgebracht, hätte jeden, der nicht im Luftschutzkeller war, für verrückt erklärt. Aber in Zeiten wie diesen ändern sich auch die Menschen.
Der Anblick der flimmernden Tannenbäume schlug ihm auf den Magen. Er mußte pissen, traute sich aber nicht. Er hielt sich an den Zinkrändern des Lukenrahmens fest, wippte in den Knien und versuchte anhand der Position der Lichtmarkierungen einzuschätzen, wo der Schwerpunkt des Bombenangriffes erfolgen würde. Wenn er sich nicht täuschte, dann war der Flughafen Tempelhof das Angriffsziel, ein paar Kilometer von hier entfernt. Beruhigend war das nicht gerade, aber ändern ließ sich jetzt ohnehin nichts mehr. Unaufhörlich brummten die Bomber über ihn hinweg.
Die Scheinwerferkegel der Flugabwehrbatterien blitzten auf. In vier, fünf, sich häufig überschneidenden Strahlenbahnen durchschnitten sie die Nacht auf der Suche nach den anfliegenden Bombern. Seine Angst war mit einem Mal wie weggeflogen, fasziniert verfolgte er das Schauspiel am Himmel. Die Scheinwerfer bündelten sich in einem Punkt, wo ein Teil der anfliegenden Maschinen entdeckt worden war. Gleich darauf hörte er das regelmäßige Tackern der Flak, deren Leuchtspurmunition rotgepunktete Kurven in den Himmel zeichneten.
Plötzlich sah er einen gelblichroten Schein am Dächerhorizont aufleuchten. Leicht verzögert hörte er eine gewaltige, dumpfe Detonation. Das mußten Luftminen sein. Überall blitzte es. Lichtbälle wanderten zuckend und in fast regelmäßigen Abständen durch sein Blickfeld. Die Explosionsgeräusche wurden lauter, überrollten sich, fanden einen Rhythmus im Sekundentakt. Gleich darauf flackerten die ersten Feuerscheine in den nächtlichen Himmel
Die detonierenden Luftminen kamen näher. Seine Kopfhaut zog sich zusammen. Er machte sich kleiner, zog die Beine an, hing beinahe am Zinkrand der Dachluke, wollte weg und konnte dennoch nicht loslassen. Macht sie fertig, bombt sie zu Klump, schickt das braune Gesindel zur Hölle ... Er hatte den Mund geöffnet, glaubte zu schreien, aber er atmete nur laut, stoßweise.
Die Feuerbälle verlagerten sich jetzt in Richtung Schöneberg, und im nächsten Moment hörte er ein Rauschen in der Luft. Ganz nah, ganz dicht über ihm. Die Detonationen schienen von der Rückseite des Hauses zu kommen, Richtung Hallesches Tor. Sie dröhnten in den Hinterhof, hallten tausendfach in die Nacht. Die gewaltigen Druckwellen raubten ihm den Atem. Er stürzte, fand sich auf dem Boden wieder, die Arme über den Kopf geschlagen. Das Haus schwankte, Lukenfenster zersplitterten, einige Ziegel links von ihm fielen aus dem Mauerwerk, und es prasselte aufs Dach, als hagelte es Steine.
Dann war es vorbei.
Mit wackligen Beinen richtete er sich auf und blickte wieder aus der Luke. Ein paar Straßen weiter standen Häuser in Flammen. Er hörte knackendes, splitterndes Holz, sah zusammenbrechendes Gemäuer, fühlte, wie die von der Hitze angesogene Luft durch die brennende Straßenschlucht pfiff, ahnte, wie sie durch fenster- und geschoßlose Häusergerippe zischte, hagelgroße Funken und glimmende Papierfetzen in den Himmel stoben. Ruß- und Staubschwaden behinderten seine Sicht, dazwischen schossen jenseits der Feuerbrunst immer noch die Lichtkegel der Scheinwerfer in die rötlich schimmernde Nacht. Die Flak feuerte ununterbrochen, doch Flugzeugpulk nach Flugzeugpulk überquerte das leuchtende Planquadrat am Himmel und warf seine tödliche Last ab.
Bombt sie zu Klump! Bombt sie zu Klump!
Minenabwurf auf Minenabwurf, Detonationen auf Detonationen, einige Herzschläge später knallten mit Phosphor gefüllte Stabbomben in die bereits von Luftminen zerfetzte Schneise. Sie durchschlugen Dächer, züngelten in Treppenhäusern und Dachstühlen, entzündeten ausströmendes Gas, zerplatzten auf Pflastersteinen, verspritzten unzählige brennende Phosphorklumpen. Die von Splittern perforierten und nur noch von verbogenen Moniereisen gehaltenen Außenwände der freigelegten Wohnungen hingen an den Häuserfronten herunter wie abgerissene Tapeten.
Er sah die von heißen Luftspiegelungen umrahmte Flammenwand am Horizont, und der Wind trug den beißenden Brandgeruch zu ihm herüber, und er starrte in das rotschwarze Inferno, bis seine Augen tränten.
Brenne, Berlin, brenne! Werft Sprengbomben in die Flammen, zehn, zwanzig, dreißig Zentner schwer, schafft eine Feuersbrunst, die niemand mehr löschen kann, bombt die Stadt platt ...
»Bombt die Stadt platt!« Er schrie tatsächlich in die Nacht hinaus, hatte seinen Kopf weit aus der Dachluke herausgestreckt, hatte keine Angst mehr, fühlte sich erleichtert, befreit, nicht mehr allein. Fast neugierig beobachtete er einige Irrläufer, die jaulend in die Dächer nahegelegener Häuser pfiffen und schwarze Explosionswolken in den Himmel schleuderten.
Aber der Höhepunkt des Angriffs war offenbar überschritten. Hin und wieder hörte er noch Detonationen, irgendwann eine rasche Abfolge von Explosionsgeräuschen in weiterer Entfernung und aus einer ganz anderer Richtung. Aus der Ferne klang das trockene Husten schwerer Flakgeschütze zu ihm herüber, doch langsam entfernte sich das Brummen der Flugzeugmotoren. Der Himmel flackerte rot von unzähligen brennenden Gebäuden.
»Sind Sie wahnsinnig, Mann? Lebensmüde? Machen Sie sofort, daß Sie runterkommen in den LSK!«
Er hatte nicht gehört, wie sie gekommen war, hatte fast vergessen, daß er nur ihretwegen hier oben war. Langsam drehte er sich um.
Nur eine Armlänge von ihm entfernt, stand der dunkle Schatten der Frau. Das flackernde rötliche Licht, das durch die Dachluken fiel, schien auf ihr Gesicht. Sie hatte sich kaum verändert, hübsch und zierlich stand sie da. Selbst der zu große Stahlhelm stand ihr, bildete einen fast passenden Kontrast zu ihrer gepflegten Kleidung.
Sie sah ihn direkt an, aber wahrscheinlich erkannte sie ihn nicht, weil er die Dachluke im Rücken hatte.
»Was machen Sie hier überhaupt?« Sie trat einen Schritt näher. »Wohnen Sie hier im Haus?« Ihre Hand schnellte nach vorne. Der Lichtkegel einer Taschenlampe stach ihm in die Augen. Sekundenlang hörte er nur ihre schweren Atemzüge und in der Ferne abgehacktes Flakfeuer.
»Du!« flüsterte sie schließlich.
»Ja, ich bin wieder da.« Mit einer schnellen Bewegung riß er ihr die Taschenlampe aus der Hand und hielt sie dicht vor ihr Gesicht.
Sie war ein wenig älter geworden, verhärmter. In dem grellen Lichtstrahl zeichneten sich Schatten unter müden Augen und unübersehbare Krähenfüße ab.
»Ja, ich bin wieder da«, wiederholte er langsam. »Und jetzt wird endlich Tacheles geredet.«
Er konnte das Geräusch nicht einordnen. Laut und durchdringend tönte es ohne Unterlaß. Alarm? Sirenen? Die Haustür? Das Telefon?
Es war das Telefon. Sie meldeten sich wieder. »Ja. Jawoll.«
Fernmeldetruppen, modernste Nachrichtentechnik, das Telefon, ... aktuelle Berichte, immer wieder aktuelle Berichte. Und Zahlen.
»Jawohl, es ist deutlich angekommen, ich wiederhole: Linie im Auftragszeitraum erreicht, 27 ... 43 ... 342 ...«
»28 ... 147 .... 275 ... 93 ...«
Jawoll nach Kriegsbrauch! Der Gruppenführer betritt den Raum. Das Telefon, ein großer Holztisch, darauf eine Karte, das Operationsgebiet. Ein kleiner Tisch, die Schreibmaschine, der Bericht.
Alle springen auf, nehmen Haltung an.
»Na, Sturmführer, wie sieht's aus?«
Der Mantel fliegt mit Schwung über einen Stuhl.
»Alles nach Plan, Gruppenführer. Gebiet abgeriegelt. Waldreiches Gelände, schlechte Zugangswege, im Osten mehrere unbegehbare Sümpfe, Seengruppe im Westen und Südwesten bilden natürliche Hindernisse. Angriffsbrigaden befinden sich im Aufmarschraum.«
»Danke für Ihre Hilfe, Sturmführer ... Gute Planung.« Der Gruppenführer tritt ab. Die Tür schließt sich. Kalte Novemberluft dringt in den Raum.
»59 ... 219 ... 83 ...«
Immer wieder Zahlen.
Die Meldungen.
Der Gruppenführer.
Das Dorf ... die Kirche ...
Das Schreien.
Er wachte schweißgebadet auf, stierte nach oben. Da war nichts als die dunkle Decke. Grüne Zacken durchfluteten den Raum.
»Sie gehen die Hauptallee runter, dann den zweiten Querweg links hinter dem Brunnen. Kurz vor der Mauer auf der rechten Seite ist das Grab.« Der grauhaarige Friedhofbedienstete blickte von dem Lageplan hoch. Über schweren Tränensäcken steckten rotgeränderte Augen, die ihn teilnahmsvoll musterten. »Sie sind der Gatte und Vater?«
Er nickte nur.
»Ich weiß, daß das für Sie kein Trost ist, aber seit Monaten kommen jeden Tag Männer her, meistens Soldaten auf Fronturlaub. Die suchen alle die Gräber ihrer Angehörigen; Ehemänner, Söhne, Brüder. So viele Tote.«
Der Mann stemmte sich vom Tisch hoch, wirkte schwerfällig, als er in den dicken Gummistiefeln an ihm vorbeiging. »Manchmal können wir den Hinterbliebenen gar nicht genau sagen, wo ihre Kinder und Frauen begraben liegen. Viele müssen wir einfach in Massengräbern unterbringen. Nach manchen Angriffen liegen so viele Tote auf den Straßen ... sind kaum noch zu identifizieren oder müssen schnellstens unter die Erde wegen der Seuchengefahr. Wir würden's ja gerne machen, aber wir haben kaum Zeit, für jeden ein Grab auszuheben.«
Er folgte dem Mann auf einen kleinen, kiesbestreuten Vorplatz.
»Aber auch hier finden sie ihre letzte Ruhe nicht immer. Gestern ist ein Irrläufer runtergekommen, direkt in ein Massengrab. Fürchterliche Schweinerei, das. Wir mußten alles wieder einsammeln und neu verscharren. Verstehen Sie mich nicht falsch, da hat Ihre Familie noch richtiges Glück gehabt.« Er wies mit der Hand zu einem mit Blautannen gesäumten Weg. »Dort lang müssen Sie. – Noch einmal, mein herzlichstes Beileid und Heil Hitler.«
Er ging den Weg entlang und stand wenige Minuten später an der gesuchten Stelle. Hier standen nur einige kleinwüchsige Birken. Die dünne Grasnarbe bedeckte einen mit herbstlich verfärbten Blättern gesprenkelten Boden. Die Urnengräber lagen dicht an dicht in mehreren Reihen. Manche waren mit einem beschrifteten Holzkreuz geschmückt, andere mit einer Grabplatte oder mit Tannenzweigen abgedeckt. Bei vielen Gräbern war die aufgeworfene Erde noch nackt und unbewachsen.
Er entdeckte das Grab sofort. Es lag in der zweiten Reihe. Die Erde war durch die Witterung abgetragen, und verwelktes Unkraut rankte über die niedrige Steineinfassung. Am Kopfende der Grabstelle war ein kleines Holzschild eingepflockt, auf dem in schwarzer Farbe eine Nummer und zwei Namen gepinselt waren.
Lieselotte Haas. Friedrich-Christian Haas. Die Namen seiner Frau und seines Sohnes.
Er zitterte heftig, fiel auf die Knie, hörte sich schluchzen und sah durch den Tränenschleier, wie seine Hände kleine Büschel Unkraut aus dem Boden zupften, gespreizte Finger die trockene Erde harkten.
Er wollte schreien, aus Wut, aus Ohnmacht. Er wollte den Boden aufreißen, sich durchwühlen zu Lotti und Fritzchen, sie sehen, sie an sich drücken. Wie Asche rieselte die sandige Erde durch seine Finger. Er häufte sie um die freigelegten, starren Wurzelstränge einer verkümmerten Efeupflanze, die irgend jemand auf das Grab gesetzt hatte.
Am Leben hatte er bleiben wollen in Buchenwald, für seine Familie Alles für die Katz, alles umsonst. Sie waren aus seinem Leben gerissen worden, von einer Bombe zerfetzt, vor Monaten schon, und unter den Trümmern begraben.
Warum? Warum gerade ihr? Frick, du Miststück, du verlogenes Frauenzimmer, du hast es gewußt, warum bist du nicht mit der Sprache rausgekommen, trotz der Schläge in deine hinterhältige Fresse?
Mit einem Ruck riß er den Stiel eines Rainfarns aus dem Boden. Die vertrockneten farnartigen Blätter zerbröselten unter seinem Griff, er schüttelte die Pflanze, und lose Erdkrumen flogen auf den Weg. Ein herber Geruch setzte sich an seinen Händen fest Ihm schossen wieder Tränen in die Augen. Er stützte sich auf die Einfassung, drücke die Stirn gegen das Holzkreuz. Rotz lief aus seiner Nase und tropfte auf das Grab.
Er hatte geglaubt, die Schmerzen, die er im Lager hatte erdulden müssen, wären das Schlimmste, das er je erleben würde. Doch das hier war schlimmer. Seine Eingeweide verkrampften sich zu einem Eisenklumpen, es brannte in seinem Inneren, so daß er sich kaum aufrichten konnte.
Es begann zu regnen. Es störte ihn nicht. Im Gegenteil, er nahm den Hut ab, wollte die Tropfen auf seinem Kopf spüren. Hätte er im Lager nur auf die Liebe gesetzt, dann wäre spätestens jetzt sein Leben sinnlos geworden – es wäre einfach zu Ende, hier, vor diesem trostlosen Stück Erde, wie ausgeknipst. Er fuhr sich mit der Hand über den Schädel, strich über die kurzen Stoppeln und schlug die Regentropfen ab.
Er hatte im Lager auf den Haß gebaut, auf einen Haß, der durch jeden weiteren Schicksalsschlag stärker und wilder wurde. Er drückte sich den Hut auf den Kopf. Er war alleine und am Ende – aber er stand nicht vor dem Nichts. Er schmeckte sie, hinten im Rachen, wie sie hochkroch, an die Luft wollte, diese unbeschreibliche Wut ...
»Ihr verdammten Schweine!«
War er das? Hatte er eben geschrien? Auf einem Friedhof, vor dem Grab seiner Familie? Die anderen sollten ihn kennenlernen, spüren, zu was er geworden war, zu was sie ihn gemacht hatten. Er versuchte die Namen, die Gesichter, die ihm vor Augen standen, in eine Reihenfolge zu bringen, doch es gelang ihm nicht. Er wußte noch zu wenig, wußte nicht, wo sie steckten, hinter welchen Trümmerfassaden sie sich in dieser sterbenden Stadt verkrochen hatten. Aber er würde sie finden, und wenn es das letzte war, was er in seinem verschissenen Leben tat. Zu verlieren hatte er nichts mehr. Ruprecht Haas, der Lebensmittelhändler an der Ecke, war schon lange tot, er war kein Mensch mehr, schon länger nicht, als er es sich bisher eingestanden hatte. Es war ihm schon gedämmert, als die Frick ihm vom Tod seiner Familie erzählt hatte. Richtig klar war es ihm aber erst geworden, als er mit dem Handspaten, der vorher im Sand des Löscheimers gesteckt hatte, auf ihren Kopf einschlug, bis die Schädeldecke mit einem Geräusch aufplatzte, als entweiche Luft aus einer Sodaflasche.
Er war kein Mensch mehr, er war eine Zeitbombe.
Die junge Schwester schüttelte das Thermometer herunter. »Fast Normaltemperatur, das wird ja langsam wieder was.«
Er lächelte sie an.
»Ich muß Ihnen noch den Puls fühlen.«
Er lag auf der Fensterseite eines großen vollbesetzten Krankenzimmers. Schwestern traten durch die Schwingtüren auf beiden Seiten des Durchgangszimmers, liefen den Gang auf und ab, zogen Infusionsständer hinter sich her, schleppten Bettpfannen, trugen Tabletts mit Arzneimitteln oder Verbandsmaterial von einem Patienten zum anderen.
Die Schwester hatte sich auf den Bettrand gesetzt, tastete nach seinem Puls und blickte konzentriert auf ihre Uhr.
»Prima«, sagte sie. »Sie werden sicher bald in ein Erholungsheim –«
Drei Betten weiter schrie plötzlich ein Patient, richtete sich auf, rollte aus dem Bett und schlug mit einem harten Schlag auf den Boden. Die Schwester stürzte hin. »Bett 6 geht ab!«
Der Arzt kam sofort, groß, blond, weiß, mit Schmissen im Gesicht, verbreitete Ruhe, ordnete soldatisch Maßnahmen an. »Notoperation vorbereiten, Blutkonserven bereithalten.«
Die Schwestern stoben auseinander.
Blutkonserven ... eingemachtes Fleisch, Blut. Die Konserve gegen den Tod!
Konserven hatten ihn von Anfang an verfolgt, ließen ihn auch jetzt nicht mehr los. In den aufkommenden Erinnerungsfetzen hörte er die harte, ihm gut vertraute Stimme.
»Kalterer, Sie besorgen die Konserven, damit das jetzt schnell erledigt wird.«
Fast gleichzeitig drang die andere Stimme in sein Bewußtsein, eine ruhige, abwägende Stimme. »Mein lieber Kalterer, das ist der Sprung auf der Karriereleiter, das ist Ihr Fahrstuhl nach oben.«
Warum war er, Hans-Wilhelm Kalterer, nicht im Erdgeschoß geblieben?
Im Büro seines Vorgesetzten, Kriminalrat Scharf, hatte er am Fenster gestanden und zugesehen, wie sich zwei Straßenbahnen auf dem Alex kreuzten, damals im Juni 39.
Die Seile eines Fahrstuhles konnten reißen. Aber das hatte er sich damals, blöd vor Ehrgeiz, bei dem Gespräch mit Scharf nicht vorstellen können.
»Das ist Ihre Chance, Kalterer. Greifen Sie zu, oder wollen Sie hier vermodern? Es wird Krieg geben, und die interessanten Sachen werden woanders ablaufen, nicht bei der Sitte oder der Fahndung in irgendeinem Berliner Kiez. Das sind nur Abstellgleise.« Scharf hatte ihm geschmeichelt, hatte ihm jovial die Hand auf die Schulter gelegt. »Sie sind der richtige Mann dafür, kommen Sie mit mir. Unter uns, wir müssen die Polizei zum Teil der Bewegung machen, zum Instrument unseres Führers. Weg von diesen verkommenen staatlichen Vorschriften. Und Sie sollten mit vorangehen, bevor man Sie trägt. Macht einen besseren Eindruck.«
Er hatte eingeschlagen. Nahkampftechniken, Ausbildung an verschiedenen Schußwaffen, stetige Übungen und schließlich die Generalprobe in der märkischen Heide, bis dann der Tag X, der Tag des Einsatzes da war, der Tag, nach dem es kein Zurück mehr gab.
Er hatte im Laufe seiner Karriere Hunderte von Menschen kennengelernt, Kameraden, Vorgesetzte, Flüchtige, Gesuchte und andere. Viele ihrer Namen hatte er vergessen, oder sie fielen ihm erst nach längerem Überlegen wieder ein, obwohl er in seinem Beruf ein ganz gutes Namensgedächtnis entwickelt hatte.
Die Namen der Männer jedoch, die mit ihm in diesem einfachen Zimmer des Hotels »Haus Oberschlesien« gesessen hatten, waren ihm allgegenwärtig: Skibba, Hartmann, Schröder, Brunnenkamp – die Kameraden.
Und da war Honiok, Franz, aus Hohenlieben, Kreis Gleiwitz, einundvierzig Jahre alt, Landmaschinenvertreter, die erste Konserve und wohl der erste Tote des Krieges, betäubt zum Sender geschleppt und an Ort und Stelle erschossen. Und da war natürlich Naujocks ...
Naujocks, der alte Haudegen, der Amateurboxer, der starke Naujocks, der sich schon mit den Roten in der Kampfzeit in den Straßen für den Führer geprügelt hatte. Den Naujocks hatten sie alle bewundert.
Naujocks hatte die Kommandogewalt. Ein Toter reichte für die Inszenierung nicht aus.
»Kalterer und Schröder, Sie besorgen weitere Konserven.«
Sie hatten die Leichen aus einem Lager abgeholt und abgelegt. Abgeknallt hatte sie ein anderer. Nicht er. Ein anderer.
Zwei Schwestern schoben schnell das Krankenbett den Gang hinunter. Der Soldat stöhnte nur noch leise.
»Wette, der überlebt das nicht«, sagte sein Bettnachbar. »Zwei Tage, mehr nicht. Ne Flasche Schnaps?«
Kalterer antwortete nicht. Schon seit Tagen fühlte er sich matt, richtig müde. Aber er konnte einfach nicht einschlafen. Immer lag er wach und mußte die Decke anstieren. Schnaps bräuchte er, viel Schnaps, französischen Weinbrand, wie damals, als sie sich erschöpft und vollkommen aufgekratzt in den frühen Morgenstunden im Hotel zugeprostet hatten und die Ansprache des Führers hörten. »Polen hat nun heute nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch durch reguläre Soldaten geschossen. Seit 5.45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen! Und von jetzt ab wird Bombe für Bombe vergolten.««
Seit diesem Tag waren viele Bomben gefallen, und aus dem einfachen Krieg gegen Polen war ein Krieg gegen die ganze Welt geworden, und der war nicht mehr zu gewinnen.
Er wälzte sich unruhig hin und her, gab es schließlich auf, den Schlaf herbeizukämpfen, setzte sich auf die Bettkante. Er hatte sich oft gefragt, warum man die Toten damals wohl Konserven genannt hatte. Um ihre grenzenlose Verfügbarkeit zu verdeutlichen? Hier eine hin, dort eine hin; die war schlecht; wir wollen keine mit arischen Gesichtszügen; macht nichts, wir haben noch welche auf Reserve.
Er mußte an zwei Zeilen eines Gedichts denken. Sein Banknachbar im Realgymnasium, dieser idealistische, sozialistisch angehauchte Junge, hatte ihm die Verse immer dann zugeflüstert, wenn der Deutschlehrer pathetisch vom Kampferlebnis an der Somme berichtete. »Der Staat braucht Menschen als Konserven / und Blut schmeckt ihm wie Himbeersaft.«
Kalterer streckte sich auf dem Bett aus. Schließlich ging es um Deutschland, nach den demütigenden Jahren seit 1918 war doch jedes Mittel recht. Stärke schafft Macht und Macht schafft Recht. Aber inzwischen war die Situation eine vollkommen andere geworden. Gleiwitz und Venlo, das mochten ja noch abenteuerliche Aktionen gewesen sein, aber was dann folgte? Krieg ist grausam, Mäßigung im Krieg ist Dummheit. Das hatte Naujocks gesagt. Zweifel beseitigen, darauf verstanden sich viele Vorgesetzte. Er hatte funktioniert, seine Skrupel beiseite geschoben, Befehlen gehorcht, das war seine Pflicht. Brentanos Verse fielen ihm ein: ... und wer entflieht ist schlecht. Er hatte Karriere machen wollen, sicher. Vielleicht hatte Merit recht gehabt, und es war ihm im Grunde seines Herzens wirklich gleichgültig, was um ihn herum passierte, so lange er nur weiterkam. Er war Soldat, Offizier. Was hätte er denn überhaupt anderes tun können? Brentano hatte das alles fatalistischer gesehen. Wer fällt, der bleibet liegen, wer steht der kann noch siegen, wer übrig bleib hat recht, und wer entflieht ist schlecht, tralali.
So einfach war es schon lange nicht mehr.