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Unter den Linden
Kommen und Gehen
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Eine Szenenfolge deutscher Geschichte
Wieland Giebel (Hg.)
Kommen und Gehen - Unter den Linden
Einen Szenenfolge deutscher Geschichte von Walter Schimmel-Falkenau
1. Auflage - Berlin: Berlin Story Verlag 2012
eISBN: 978-3-86368-719-9
© Berlin Story Verlag
Alles über Berlin GmbH
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Umschlag: Norman Bösch
Vorwort zur Neuauflage
Vor dreihundert Jahren
Die jungfräuliche Lindenallee. Um 1700
Berlin empfängt die Kronprinzessin. 27. Juni 1733
Die Einweihung des Opernhauses. 7. Dezember 1742
Die Königin bei A. Dorothea Terbusch am 7. März 1746
Lessing rettet sich nach Berlin. Dezember 1748
Der jungvermählte Chodowiecki. 13. Juni 1756
Der Krieg macht vor Berlin nicht halt. Oktober 1760
Der König enttäuscht die Berliner. Ende März 1763
»… Wie Berlins Töchter und Söhne daherwalleten …« Um 1770
Goethe im Palais Prinz Heinrich. Mitte Mai 1778
Der König stirbt. 16./17. August 1786
Mozart gibt ein Gastspiel. 19. Mai 1789
Die Gräfin und das neue Brandenburger Tor Sommer 1793
Wieder kam eine Kronprinzessin durch das Brandenburger Tor. 22. Dezember 1793
Hoher Besuch bei Rahel Levin. Silvester 1799
Schiller gibt Iffland einen Wink. Sommer 1804
Voll Übermut in den Krieg. August 1806
Napoleon und die »Linden«. Oktober 1806
Das Abenteuer Schill. Mai 1809
Königin Luise, Rückkehr und Heimkehr. 1809/10
Humboldt und seine Universität. 15. Oktober 1810
Die Kleist-Tragödie. November 1811
Berlin im Befreiungsfieber. Frühjahr 1813
Der Tag von Großbeeren. 23. August 1813
Die Quadriga kehrt zurück. 30. Juni 1814
Der erste Weihnachtsbaum. 24. Dezember 1815
Der Beginn einer Romanze. 10. März 1819
Die letzten Besucher der Gräfin Lichtenau. 19. Juni 1820
Ein Ehepaar von Weber fährt über die „Linden«. 18. Juni 1821
Ausklang einer Romanze. Frühjahr 1822
Heinrich Heine lobt die „Linden«. Sommer 1822
Paganinis Zaubergeige. Herbst 1828
Henriette Sontags Abschiedsabend. 19. Mai 1830
Besuch aus Paris. Januar 1833
Letzte Begegnung. März 1833
Bettina von Arnim empfängt. Frühling 1842
Berlin bereitet Franz Liszt Ovationen. Sommer 1842
Der Opernbrand. Die Nacht 18./19. August 1843
Wie ein Phönix aus der Asche … 7. Dezember 1844
Fontane erzählt. Herbst 1845
Ludwig Tieck, wie man ihn nicht kennt. Um die Jahrhundertmitte
Eine Revolution fegt über die „Linden«. März 1848
Schüsse ins Leere. 7. Mai 1866
Vor und nach zwei historischen Depeschen. 1870/71
Skandal in der Königlichen Hofoper. 1. April 1871
Berlin im Friedenstaumel. 16. Juni 1871
Episode aus der Gründerzeit. 1872
Eine Jubelpremiere. Herbst 1876
Das Attentat. 11. Mai 1878
Ein Hofhall, wie Menzel ihn malte. Winter 1886
Als der alte Kaiser starb. März 1888
Die Entlassung. 29. März 1890
Rendezvous »Unter den Linden«. Herbst 1890
Liebermann malt Fontane. April 1896
»Mich dünkt, ich hab Euch lieb …«. Juni 1899
Zwei Damen machen einen »Linden«-Bummel. September 1899
Vom Kabarett zum Deutschen Theater. Im Herbst 1903
Großer Tag für Emmy Destinn. 5. Dezember 1906
Ein Maientag voll tieferer Bedeutung. 13. Mai 1910
In der russischen Botschaft wußte man Bescheid. Ende Juli 1914
Die Novemberrevolution. 8./9. November 1918
Ein Pils zu 300 Milliarden! Anno 1923
Marlene macht von sich reden … Frühling 1929
Der Botschafter Frankreichs sah zu … 30. Januar 1933
Olympiade 1936
Und wieder traf’s die Lindenoper. 9./10. April 1941 bis 7. Dezember 1942
Ein Drama in Funksprüchen. 3. Februar 1943
Das Inferno. 1944
Die Wanderer zwischen zwei Welten. Herbst 1945
Als sie noch radelte. Oktober 1945
Der Aufschrei. 17. Juni 1953
Die Mauer. 13. August 1961
Namenregister
Dies ist wirklich das schönste Buch über die Geschichte der Linden, über einen Boulevard, an dem die Geschichte Berlins und die Geschichte Deutschlands wie unter dem Brennglas erscheinen. Das Buch ist so gut, weil Walter Schimmel-Falkenau schier unendliche Erfahrung mitbringt, historische Sachverhalte brillant darzustellen, nämlich historisch genau, gleichzeitig aber lebendig wie ein Bühnenstück. Er schrieb viel fürs Theater, nachdem er zuvor Theaterkritiker war. Das gibt es nicht oft.
In diesem Buch werden alle lebendig, jeder findet seinen Platz auf der Bühne: Baumeister Schlüter und der Kurfürst Friedrich, Friedrich der Große, Mozart, die Prinzessinnen Luise und Friederike, Richard Wagner, Langhans und Knobelsdorff, Fontane, Leopold von Ranke, Ludwig Tieck, Mendelssohn-Bartholdy, Friedrich Wilhelm IV., Bismarck, Mommsen, Moltke, Graf Roon, Clara Schumann, die Maler Menzel und Max Liebermann, Else Lasker-Schüler, Marlene Dietrich und Josef von Sternberg, die Nationalsozialisten, der amerikanische Erzähler Thomas Wolfe. Das hört sich an wie das Aufreihen prominenter Namen in einer Talkshow. Wir wissen, daß es so war. Daß es hier Unter den Linden einfach bis heute so ist. Jeder, der in Deutschland eine wichtige Demonstration machen möchte, kommt Unter die Linden.
Walter Schimmel-Falkenau wurde am 27. Januar 1895 in Grottkau in Oberschlesien geboren. Im »Wer ist wer« von Walter Habel im Berliner Arani-Verlag aus dem Jahr 1962 wird Oberschlesien mit OS abgekürzt. Würde das heute jemand verstehen? Seit 1938 war Schimmel-Falkenau verheiratet mit Marie Therese, geb. Kirchstein, die den Künstlernamen Lessoeurs annahm. Das Buch »Unter den Linden« ist Therese und Margarete Lessoeurs (= die Schwestern) gewidmet. Er ging in Löwenberg mit Blick auf die Schneekoppe zur Schule, an das »Tal der Schlösser und Gärten« (dazu gibt es ein Buch mit über 400 Seiten) angrenzend, dem von Schinkel, Stüler und Lenné geprägten Hirschberger Tal in Schlesien, heute Polen. An den Universitäten Leipzig und Breslau studierte er. Von 1924 bis 1929 arbeitete er als Dramaturg und als Theaterkritiker für Ullstein. Dann als Feuilleton-Redakteur bei Dammerts Pressedienst, schließlich als freier Mitarbeiter bei Scherl. Als Theaterkritiker für die Schlesische Zeitung in Breslau stand er in der Tradition von Heinrich Hart, dessen Beiträge für die Breslauer Zeitung unter dem Titel »Mongolenhorden im Zoologischen Garten, Berliner Briefe von Heinrich Hart« erschienen, herausgegeben von Lars-Broder Keil, 2005. Der heute bekannteste Autor der Breslauer Zeitung ist Alfred Kerr mit seinen »Briefen aus Berlin« der Jahre 1895 bis 1900, ebenfalls im Aufbau-Verlag erschienen. 1945 flüchtete Schimmel-Falkenau. Vorher schon hatte er mehrere Bücher über preußische Persönlichkeiten geschrieben, auf die er im vorliegenden Buch bezug nimmt. »Elisabeth Christine, die Kronprinzessin« 1924; »Elisabeth Christine die Königin«, 1925. Diese beiden Bücher wurden 1935 verboten. Im Jahr 1938 veröffentlichte er einen Roman über die Befreiungskriege gegen Napoleon, »Die Reiter, ein Schill-Roman«. Schill wagte gegen den ausdrücklichen Befehl des Königs Friedrich Wilhelm III. den Aufstand gegen Napoleon. Dieses Buch erscheint demnächst im Berlin Story Verlag. 1940 erschien »Melodie in Moll« über die Liebe zwischen Anna Fröhlich und Franz Schubert. Daneben schrieb Schimmel-Falkenau Stücke fürs Theater, nämlich Lustspiele wie die »Liebesprobe« und »Strich durch die Rechnung« ebenso wie ernstere Themen, »Thomaslegende«, »Der Verlierer« und »Groll«. All dieses historische Wissen, die intensive Beschäftigung mit deutscher Geschichte und Kultur über mehrere Jahrzehnte sowie die Fähigkeit zur anschaulichen Darstellung, bildhaft wie ein Bühnenstück, fließen in diese Biographie einer Straße ein. Walter Schimmel-Falkenau starb am 30. Juli 1971 in Berlin. In seinem Vorwort vom April 1963 schreibt er: »In dichterischer Wahrheit werden die einzelnen Szenen belebt und die beteiligten Personen dadurch menschlich nahegebracht, die andernfalls Gefahr liefen, in der Historie zu erstarren. Unter dichterischer Wahrheit verstehe ich die wahrhafte Darstellung eines historischen Geschehens, wobei sich die agierenden Personen aber nach dem Willen des Erzählers bewegen.« Dieses Buch, zwei Jahre nach dem Bau der Mauer geschrieben, endet mit der Zuversicht, »daß in nicht allzuferner Zeit in einem Berlin ohne Mauer und ohne Bitternis diese Straße ihren Ehrenplatz wieder einnehmen wird.«
Wieland Giebel, Mai 2006
Nach dem Dreißigjährigen Kriege sahen die kurfürstlich brandenburgischen Residenzstädte Berlin und Cölln geradezu erbarmungswürdig aus. Die wenigen Häuser vor den Wallmauern waren zerstört, zerschossen und eingeäschert, ihre Bewohner getötet oder vertrieben, soweit sie sich nicht hinter die Mauern retten konnten.
Von den Häusern innerhalb der an zahlreichen Stellen zerbrochenen Wallmauer ständen nur noch an achthundert, die Hälfte davon wies auch schwere Brandschäden auf, ein Drittel war dadurch unbewohnbar geworden.
Die Einwohnerzahl beider Städte betrug zusammen noch nicht einmal sechstausend Seelen.
Die Häuser, die durchweg bäuerliches Aussehen hatten, waren strohgedeckt, Schweineställe waren angebaut, und unter den Fenstern dampften die Misthaufen. Die Wege – Straßen gab es nicht – wurden während längerer Regenperioden unbegehbar, die Räder sanken bis zu den Naben und die Stiefel bis über die Knöchel im Schlamm ein. Kehricht und Unrat wurden einfach vor die Tore geschüttet. Niemand kümmerte sich um das Abräumen. In weiten Abständen voneinander versorgten Ziehbrunnen die Bevölkerung mit Wasser.
Kurfürst Friedrich Wilhelm ging gleich nach Friedensschluß an die Behebung der vielen Kriegsschäden und ließ bei dieser Gelegenheit die Hauptverbindungswege innerhalb seiner Residenzstädte mit grobem Kopfsteinpflaster belegen und somit wetterfest machen. Allen denen, die ihre eingeäscherten Häuser wieder aufbauen wollten, stellte er die staatliche Unterstützung in Aussicht. Diese bestand vornehmlich in unentgeltlichen Holzlieferungen. Das Holz lieferte der an die Wallmauer angrenzende Tiergartenforst oder »Grune Wald«. Durch diesen Holzeinschlag entstand dem Schloß gegenüber ein großer Platz, auf dem die Äste und die Stubben der gefällten Kiefern wild herumlagen.
»… Diesen verwahrlosten Platz ließ der Kurfürst abräumen und im Zuge der Landstraße nach Spandau, eines ehemaligen Heerweges, durch seine Gärtner mit eintausend Linden- und Nußbäumen sechsreihig bepflanzen.
›Diese erste Lindenallee‹, steht auf dem Plan des kurfürstlichen Festungsbaumeisters Memhard zu lesen, ›gehet bis in den Thiergarten und ist 250 rheinländische Rutten lang …‹ »
Da auch nach Friedensschluß immer noch versprengte Haufen verwilderter Landsknechte raubend und plündernd im Vorlande der Doppelstadt Berlin-Cölln auftauchten, ließ der Kurfürst im Jahre 1658 Pläne ausarbeiten, nach denen die Residenzstädte in eine starkgesicherte, befestigte Stadt umgewandelt werden sollten.
Diesem Festungsvorhaben fiel die erste Lindenallee zum Opfer. Die jungen Bäume wurden herausgenommen und irgendwo anders wieder eingepflanzt. Niemand kümmerte sich, wie und wo sie weiterwuchsen, niemand legte diesen Bäumchen die geringste Bedeutung bei. Und doch waren sie die ersten Vorboten der nachmals weltbekannten und weltberühmten Fest- und Prachtstraße Unter den Linden, der großen Via Triumphalis, deren Stern- und Sturmstunden nun nacherzählt werden sollen.
Auf die erste Lindenallee folgte eine zweite. Und diese zweite Lindenallee vor den Toren der befestigten Residenzstädte Berlin und Cölln ist die Ahnfrau der »Linden«. Dazu die kleine Vorgeschichte:
»… Der Kurfürst hatte seiner Gemahlin Dorothea im Jahre 1670 ein vor dem Spandauer Tore zwischen Spree und Tiergarten gelegenes Vorwerk geschenkt, das völlig versandet war…
Die tatkräftige Kurfürstin war sehr froh über dieses anscheinend sehr wenig wertvolle Geschenk. Sie ließ auf dem geräumigen Gelände alsbald eine Vorstadt in Parzellen abstecken, die sie dann zu für beide Teile recht günstigen Bedingungen verkaufte.
Diese ›Neue Auslage‹ oder auch ›Dorotheenstadt‹ benannte Siedlung, die sich außerhalb der Stadtmauern erhob, wurde im Jahre 1673 gegen die Spandauer Landstraße und beiderseits 800 Schritt an ihr entlang durch eine sechsreihige Lindenallee abgegrenzt, welche an dem einen Ende von dem schmalen Spreearm und an ihrem anderen Ende durch einen Wall mit Graben und Zugbrücke nach dem Tiergartenforst hin abgeschlossen war…«
Ein aus dem Jahre 1652 stammender Kupferstich von Merian-Zeiller gibt ein sehr anschauliches Bild von der Lage der »ersten Lindenallee« unmittelbar unter den Toren und Mauern der Stadt, wie sie als Schattenspenderin durch das freigeschlagene Gebiet des Tiergartenforstes von der zum Schloß führenden Zugbrücke (der heutigen Schloßbrücke) bis zum urwaldähnlichen Tiergartenforst hindurchführte.
Vierzig Jahre später zeichnete Johann Stridbeck die neue, die »zweite Lindenallee«, die aus vier Baumreihen bestand, deren mittlere Reihen von einem hüfthohen Zaun eingefriedet und somit für die Spaziergänger freigehalten waren. Wo heute das Palais Wilhelms I. sich erhebt, stand damals das Berliner Haus des Markgrafen von Schwedt, und anstelle der heutigen Staatsbibliothek stand damals auf der gegenüberliegenden Seite das Gebäude des kurfürstlichen Marstalls.
Niemand hatte sich sonst an die Bebauung der Lindenallee herangewagt. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, daß diese Allee der Erholung und dem Vergnügen der Berliner vorbehalten bleiben sollte und deshalb nicht weiter bebaut werden durfte.
Sogar seine kurfürstliche Gnaden Friedrich III., der Prachtliebende, hielt sich trotz allen Drängens seiner Baumeister an dieses ungeschriebene Gesetz. Er wich mit seinen von ihm über alles geliebten Bauplänen nach Süden aus. Tagelang saß er mit den Baudirektoren Grünberg und Behr heißen Kopfes über den Zeichnungen.
»Was könnten wir hier«, und er klopfte dabei mit dem Mittelfinger der rechten Hand auf das Gelände südlich der Lindenallee, »für eine schöne Stadt planen. Aber man müßte sie eben auch zu bauen verstehen.« Er stand auf und ging umher, wobei er weitersprach: »Wo sind solche Pläne? Wer entwirft sie mir? Ich sehe die ganze Stadt schon ganz genau vor mir. Mitten hindurch müßte eine Straße führen, so lang, so breit und allseitig gut bebaut, wie es eine solche bisher in Berlin noch nicht gibt.« Er blieb stehen, sah auf die beiden Baudirektoren hinunter und sprach zu Ende: »Und dieser Straße soll man meinen Namen geben. Friedrichstraße soll sie heißen.«
»Und die Stadt, kurfürstliche Gnaden«, schlug Baudirektor Behr lächelnd vor, »sollte man dann als Zeichen des Dankes und der Bewunderung Friedrichstadt nennen.«
»Gut, mein Lieber«, freute sich Kurfürst Friedrich über diese Anregung, »sehr gut, und zum Lohne dafür soll dann eine dieser Straßen auch Euren Namen tragen!«
Der Kurfürst hielt Wort. Die Behrenstraße ist nach dem Baudirektor Behr benannt.
Mit Eifer und viel Begeisterung ging man an das große Werk und kühne Vorhaben, aus dem Ödland südlich der Lindenallee einen großen neuen Stadtteil herauszuzaubern, der alle beachtlichen Erfolge der nördlich) der Lindenallee entstehenden Dorotheenstadt noch bei weitem übertreffen sollte. Daß man sehr fleißig das kühne Unterfangen vorantrieb, beweist wohl am besten die Tatsache, daß bereits im Jahre 1695 über dreihundert Häuser der neuen Friedrichstadt errichtet worden waren. Und die weitaus meisten waren auch schon bewohnt.
Da die Arbeiten am Aufbau der Friedrichstadt sehr gut vorankamen, beschäftigte sich der Kurfürst auch mit dem Verschönern der Stadt. Hierüber hatte er viele Aussprachen mit seinem Hofbaudirektor Andreas Schlüter.
»Und dann, mein lieber Hofbaudirektor«, regte der Kurfürst an, »möchte ich das Vorhaben meines hochseligen Herrn Vaters, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, aufgreifen und nach seinen Plänen und Gedanken das Schloß ausbauen. Niemand kennt ja die bisherigen Pläne so gut wie Ihr. Legt darum einige schöne Blitze Eures Geistes hinzu, und unser Stadtschloß wird Berlin und dem ganzen Kurfürstentum alle Ehre machen. Und wenn«, fügte er sinnend hinzu, »meine Bemühungen doch Erfolg haben und das Kurfürstentum Brandenburg…«, jäh hörte er auf zu sprechen, lächelte Schlüter nur vieldeutig an und wandte sich dann einem anderen Thema zu, das ihn ebenfalls schon lange beschäftigte.
»Wir sprachen schon öfter darüber, lieber Schlüter, ich meine das Denkmal für meinen hochseligen Herrn Vater. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir bald die endgültigen Entwürfe zeigtet.«
»Die Entwürfe sind fertig, Ihro kurfürstliche Gnaden«, antwortete Andreas Schlüter, er setzte hinzu: »Ich habe mir sogar über den Standort schon Gedanken gemacht. Sehr gut wäre die Lindenallee dafür geeignet, hier am Eingang in die Allee, meine ich.«
»In der Lindenallee?«, der Kurfürst fragte lachend und ungläubig zugleich. »Aber, lieber Schlüter«, sprach er weiter, »was meint Ihr, was das für einen Wirbel gäbe!?« Und noch einmal: »In die Lindenallee?! Ich könnte mich vor Protesten ja wochenlang nicht mehr auf die Straße wagen.«
Natürlich übertrieb hier Kurfürst Friedrich III. ungemein. Aber er hütete sich, seine Berliner irgendwie herauszufordern. Er hatte wegen der hohen Kosten seines prächtigen Auftretens ein etwas schlechtes Gewissen, und die erhoffte Krönung zum König…
Er dachte den Gedanken lieber nicht zu Ende, denn abergläubisch war er auch.
» … Um seinen Hof scharten sich einheimische und fremde Gelehrte und Künstler. Damit aber Künste und Wissenschaften wirksamer für das Allgemeine würden, stiftete der Kurfürst 1699 die Maler- und Bildhauerakademie und ein Jahr später nach Leibniz’ Entwurf die Akademie der Wissenschaften …«
Als ginge sie das Tun und Treiben, das Fahren und Bauen in der Dorotheenstadt und in der Friedrichstadt überhaupt nichts an, so friedlich und vom fließenden Leben fast unberührt führte die Lindenallee vom schmalen Spreearm zum Tiergartenforst hinüber. Sie mutete wie ein schöner Streifen vergessenen Landes an. Immer breiter, immer mächtiger wurden die Bäume, immer wuchtiger ihre Wipfel, immer voller und saftiger das Gras. Sogar die doch wirklich recht skrupellosen Kaufleute leiteten ihre Wagenzüge mit Rücksicht auf die von den Berlinern so geliebte Lindenallee lieber durch das Oranienburger oder das Leipziger Tor, sofern sie nach Westen fuhren.
Niemand wollte in diesem heiklen Punkte mit den Berlinern Ärger haben. Nicht einmal die Kurfürstin Sophie Charlotte, eine ebenso kluge wie gutaussehende Dame, wagte sich mit ihren Bauplänen – und sie baute auch für ihr Leben gern – an diese Lindenallee heran.
»Diese Lindenallee«, sagte sie nicht ohne eine gewisse Verärgerung, »ist tatsächlich, so etwas wie eine spezifisch berlinische Krankheit. Wenn man daran rührt, bekommt die ganze Stadt sofort die wunderlichsten Zustände.«
Die Kurfürstin besaß – ein Geschenk ihres Gatten – inmitten eines einerseits versandeten und andererseits sumpfigen Waldgeländes ein Vorwerk, eigentlich mehr einen alten, von seinen Bewohnern längst aufgegebenen und verlassenen Hof, der im Laufe der Jahrzehnte im Sande der Mark untergegangen war.
»Dieses alte Vorwerk müßte man zum Ausgangspunkte einer Neusiedlung machen«, meinte die Kurfürstin, »dann hätten wir endlich eine Zwischenstation auf dem weiten Wege bis nach Spandau.« »Bitte, versucht’s«, lachte der Kurfürst.
Und sie versuchte, ihre Idee in die Tat umzusetzen, mit aller Energie, die in ihr nach Betätigung drängte. Als sie merkte, daß sie mit ihrem kühnen Vorhaben gut vorankam, meinte sie prophetisch:
»Eines Tages wird aus der Lindenallee allen berlinischen Vorurteilen zum Trotz doch eine schöne Fahrstraße werden. Und diese üble Spandauer Landstraße wird wie eine Verlängerung der Lindenallee aussehen. Im Hinblick auf die dann ausgebaute Zwischenstation wird es eine wahre Lust sein, nach Spandau zu reisen.«
Nur wenige Wochen später lud sie den Kurfürsten ein, den neuen, aus Sand und Sumpf erstehenden Ort zu besichtigen. Der Kurfürst war wirklich sehr neugierig auf das Werk. Mit großem Gefolge und unter dem Schutze zahlreicher Bewaffneter – die Spandauer Landstraße quer durch den Tiergartenforst steckte voller Gefahren – fuhr das kurfürstliche Paar in diese unwirtliche Waldgegend hinaus.
Was der Kurfürst schließlich sah, ließ ihn erstaunt aufblicken Ein kleiner Ort wuchs heran. Haus um Haus entstand. Der Kurfürst beglückwünschte seine Gemahlin ehrlich begeistert:
»Wunderbar, Madame, mein Kompliment. Geben wir dieser neuen Ortschaft mit den besten Wünschen für ihr Wirken und Gedeihen doch hier sogleich einen Namen. Nennen wir den Ort nach seiner Erbauerin.«
Er verbeugte sich chevaleresk vor seiner Gattin, zog tief den federgeschmückten Hut und fragte: »Wie wär’s, Madame, mit dem Namen Charlottenburg?«
Die Kurfürstin Sophie Charlotte bedankte sich geziemend und wischte sich dabei zwei Tränen aus den Augenwinkeln.
Inzwischen hatte der Kurfürst unter erheblichen Kosten seine Verhandlungen mit dem Kaiser erfolgreich beendet. Dem Kaiser ging es dabei um viel Geld, und dem Kurfürsten ging es um die Königskrone. Unter aufsehenerregender Prachtentfaltung setzte er sich in Königsberg die Krone höchst eigenhändig auf das Haupt und nannte sich von diesem Augenblick an Friedrich I., König in Preußen.
Auch die Berliner schienen unter dem prickelnden Glanze einer Königskrone andere geworden zu sein. Kaum ein Widerspruch erhob sich nämlich, als der König die schon vor Jahr und Tag gebilligten, aber der Berliner wegen immer wieder zurückgestellten Pläne für den Bau eines Zeughauses an der Lindenallee verwirklichte.
Die Berliner sahen den Bauarbeiten interessiert und schweigend zu. Mit fortschreitendem Bau fanden sie schließlich, daß man gegen derart stolze und imposante Gebäude eigentlich nichts Handfestes einwenden könne.
»Offengestanden, eigentlich ist dieses Zeughaus doch viel mehr eine Zierde als eine Schande für unsere Lindenallee…«
»… Der glänzende Hof des Königs erzeugte auch unter den Bürgern Luxus und Vergnügungssucht.
Selbst in den Kleidertrachten huldigte man der am Hofe herrschenden französischen Mode.
Kaffeehäuser wurden angelegt, und Schauspiele von den Truppen Sebastian Scios und des Magisters Feldheim im Rathaus aufgeführt und vom Volke stark besucht…
Die bisher von getrennten Magistraten verwalteten Stadtteile wurden zu einem Ganzen vereinigt und gingen in dem gemeinsamen Namen Berlin unter…«
An diesem Tage erfolgte der Einzug der jungen preußischen Kronprinzessin Elisabeth Christine in Berlin. Und da dieser Einzug zum ersten Male in der Geschichte der preußischen Hauptstadt seinen Weg über die vollerblühte Lindenallee nahm, deshalb steht er hier auch am Anfang dieses historischen Szenariums und eröffnet die jahrhundertelange Reihe aus Berliner Stern- und Sturmstunden, die sich in ihrer Gesamtheit – wie der Erzähler hofft – wie eine Biographie der Straße Unter den Linden lesen soll.
Glutheiß war dieser 27. Juni 1733.
Gnadenlos brannte vom wolkenlosen Himmel die Sonne herunter.
Sie standen, nachdem sie die vierstündige Parade hinter sich gebracht hatten, am Rande der Poststraße. Hier wartete die gerade siebzehnjährige Kronprinzessin Elisabeth Christine neben dem König Friedrich Wilhelm I. und ihrem soeben angetrauten Gatten, dem Kronprinzen Friedrich, wartete mit der von der langen Parade sehr erschöpften Königin Sophie Dorothea, mit Herzögen und Hoheiten und vielen verdienten Generalen. Der König strahlte, das war ein Tag, wie er ihn liebte!
Da endlich näherte sich von Charlottenburg her der festlichste aller Wagenzüge, nämlich eine Folge von sechzig sechsspännig gefahrenen vergoldeten Staatskarossen. Unter der glühenden Sonne kam dieser Wagenzug wie ein die Augen blendender Glanz aus purem Golde auf die Wartenden zu. Der König deutete auf dieses märchenschöne Bild und sprach zu seiner jungen Schwiegertochter:
»Alles deinetwegen, Christinlein.«
Kronprinz Friedrich lächelte dünn zu seiner jungen Frau hinüber. Unterwegs begegneten seine Blicke den fragenden Augen seiner Lieblingsschwester Wilhelmine, der Markgräfin von Bayreuth. Daraufhin vertiefte sich des Kronprinzen Lächeln, und dasjenige der Markgräfin wurde noch um eine Nuance spöttischer. Die Geschwister verstanden sich ausgezeichnet.
Alles Volk, das die Straßen säumte, jubelte laut auf, als die Königin und ihre, von ihr alles andere als geliebte Schwiegertochter den ersten Wagen bestiegen.
»… Nachdem auch die Herzoginnen von Braunschweig und alle Prinzessinnen des königlichen Hauses, ferner die Markgräfinnen und die anderen Hoheiten und Fürstlichkeiten in den übrigen Wagen Platz genommen hatten, setzte sich dieser festliche Zug auf Berlin zu in Bewegung.
Der König, der Kronprinz, seine Brüder, die Prinzen und Fürsten begleiteten die sechzig Staatskarossen zu Pferde.
Die Anfahrt erfolgte durch das Rondell und durch das Leipziger Tor, hierauf die Lange Straße hinauf und dann auf der Lindenallee entlang bis hinan zum Schloß.« *)
*) von Hahnke: Elisabeth Christine. Berlin 1843.
Aus vollem Herzen nahm ganz Berlin Anteil.
Auf der Lindenallee drängten sich die Berliner so dicht an die im Schritt dahinfahrenden Karossen heran, daß die Damen die ihnen zugereichten Blumen mühelos selbst entgegennehmen konnten. In wenigen Minuten hatte sich die erste Staatskarosse, in welcher die Königin mit der Kronprinzessin fuhr, in einen wahren Blumenhain verwandelt.
Elisabeth Christine durchlebte noch einmal, aber um das Hundertfache gesteigert, den Jubel, mit dem sie auf der Fahrt von Wolfenbüttel nach Berlin in Magdeburg empfangen worden war. Hatte der Jubel von Magdeburg ihr Herz laut schlagen lassen, so drohte dieser Jubel hier ihre Fassung zu zerbrechen. Sie fuhr durch ein Märchen. Die Lindenallee von Berlin mit ihren jubelnden Tausenden von Berlinern verwandelte sich für die junge Kronprinzessin in eine Sternstunde ihres Lebens. Sie wußte nicht, ob die Glückstränen schon über die Wangen tropften oder immer noch darauf warteten. Am liebsten hätte sie sich zu jeder und zu jedem weit hinausgebeugt, einzeln gedankt und versprochen, was sie während der langen Herfahrt ihrer Mutter geantwortet hatte: »Ich will Gott Tag und Nacht bitten, daß er mich eine gute Königin werden läßt.«
Ergriffen erkannte sie in vielen Augen und nicht nur in denen der Frauen die Freudentränen. Immer wieder neigte sich ihr vor Erregung blasses, zartes Gesicht dankend und grüßend nach rechts und nach links. Immer wieder nahmen ihre Hände die zugereichten Blumen entgegen.
Langsam fuhren die goldglänzenden Staatskarossen durch die grüne Lindenallee. Mächtig wölbten sich die Wipfel der alten Bäume, sie bildeten ein grünes Laubdach über dem festlichen Zuge. Der König ritt zur Linken, der Kronprinz ritt rechts neben der ersten Karosse, die sich nun langsam der Brücke über den schmalen Spreearm näherte, während die letzte Karosse noch nicht einmal aus der Langen Straße (der späteren Wilhelmstraße) in die Lindenallee eingebogen war.
Elisabeth Christine zuckte erschreckt zusammen, als die Karosse plötzlich anhielt und die Königin sie voll kühler Höflichkeit zum Aussteigen aufforderte. Sie war ja noch immer dabei, mit diesem Jubel innerlich fertig zu werden und diese leuchtenden Freudengesichter eines um das andere in sich aufzunehmen. Das Königtum kam ihr hier so leuchtend und mächtig entgegen, daß sie damit überhaupt nicht fertig werden konnte. Sie war noch so voll unbewältigter Eindrücke, daß sie ein wenig taumelte, als sie ausgestiegen war.
Kronprinz Friedrich trat schnell zu ihr und stützte sie. Er sagte dabei: »Bitte, Madame, nehmen Sie meinen Arm.«
Von dieser Stunde an nannte er sie immer Madame.
Der König nickte seinem Sohne anerkennend zu.
Die Königin legte ihre Lippen so fest aufeinander, daß ihr Mund wie ein schmaler Strich aussah. Sie wußte, sie würde dieser Schwiegertochter nie verzeihen, daß sie ihre englischen Heiratspläne zunichte gemacht hatte. Sie war die Schwester des Königs von England, und dessen Tochter und ihr Sohn, das war ihr großer Heiratsplan. Und da befiehlt Friedrich Wilhelm I., weil ihn England überfordern wollte, daß der Kronprinz dieses Wolfenbütteler Landmädchen heiratet.
Ohne auf die anderen zu warten, ging die Königin Sophie Dorothea über die Vorfahrt ins Schloß hinein, woraufhin sich der Kronprinz und die Markgräfin wieder kurz anblickten. Er führte indessen seine junge Frau ins Schloß hinüber. Wagen um Wagen fuhr vor. Alle Aussteigenden nahmen sofort die Arme ihrer wartenden Kavaliere und wurden von diesen ins Schloß geführt.
Von der grünen Lindenallee her klang der laute Jubel der Berliner Bevölkerung herüber.
»Die Allee ist dafür hervorragend geeignet«, meinte der nachmals sehr berühmte Arzt Holzendorf, »man sollte sie viel öfter zu solchen Empfängen benutzen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, antwortete Bankier Fronmüller, der Inhaber der Wechselstube Fronmüller im Aschebornschen Hause in der Breitestraße.
Der Herrgott hatte an diesem Tage gut zugehört.
Die Berliner flüsterten sich’s von Mund zu Mund zu, wenn sie in den Herbsttagen des Jahres 1742 über ihre »Linden« gingen oder fuhren und dabei immer einige Minuten vor dem neuen Opernhause stehenblieben oder anhalten ließen, das in diesen Tagen – äußerlich jedenfalls – mit Riesenschritten seiner Vollendung entgegenging:
»Was haben wir von dem gewonnenen Kriege, wenn er alles, was uns dieses Schlesien einbringt, mit seinem Opernhause wieder verpulvert.«
Und sie wußten: »Sechzigtausend Thaler soll er ja allein für die Kostüme ausgegeben haben, bedenkt, Gevatterin, sechzigtausend Thaler!«
»Und ich hab mir erzählen lassen, daß die Beleuchtung in dem Opernhause an den festlichen Abenden ein Vermögen kosten soll…«
»Und das Künstlervolk, natürlich müssen es Italiener und vor allen Dingen seine geliebten Franzosen sein …«
»Und die Bezahlung? Habt Ihr da schon etwas gehört?«
Da hob der Gefragte die Hände und antwortete: »Mir beginnt es im Kopfe zu schwirren, wenn ich nur daran denke …«
»So hoch?«
»Exorbitant hoch, mit einem Wort: schwindelerregend.«
Die Sänger und Sängerinnen, die der erste Kapellmeister des neuen Hauses Carl Heinrich Graun auf Befehl des Königs engagiert hatte, waren Italiener. Das Ballett bestand aus Franzosen. Das Orchester war ausnahmslos mit deutschen Musikern besetzt. Nachdem Graun – viele Opern hatten seinen Namen bekannt gemacht – aus Italien wieder nach Berlin zurückgekehrt war, sah man ihn nur noch selten in der Öffentlichkeit. Seine Frau erklärte diese Flucht in die Einsamkeit mit einem Seufzer und den Worten:
»Tag und Nacht sitzt er über seiner Oper ›Cleopatra und Caesar‹, mit der doch das Opernhaus eröffnet werden soll.«
Den Librettisten, einen Italiener, hatte er sich aus Italien mitgebracht. Er hieß Signor Giulio Botarelli.
Im späten Vormittag des 21. November kam Friedrich II. und unterzog dieses von ihm über alles geliebte Bauvorhaben einer genauen Besichtigung. Der Erbauer des Opernhauses, Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff – er gehörte zum Rheinsberger Freundeskreise und verdankte es nur dem Machtspruch seines Königs, daß er gegen den Willen seiner Familie Baumeister werden durfte –, dieser Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff war geradezu entsetzt, als der König über die vielen Unvollkommenheiten der inneren Ausstattung des Hauses einfach hinwegsah, nur hinauf zu den prachtvollen Kronleuchtern blickte und lächelnd sagte:
»Am siebenten Dezember wird eingeweiht…«, dann wandte er sich direkt an den bestürzten Freund und erklärte: »Ich halte ein noch längeres Warten einfach nicht mehr aus.« Und mit einem dünnen Lachen: »Das wußte ich schon, als ich den Wagen bestieg.«
Von dieser Stunde an beherrschte eine fieberhafte Tätigkeit alles, was mit der Oper zu tun hatte. Die Handwerker machten Überstunden. Die Künstler probten aus noch feuchten Notenblättern. Das Orchester fand kaum noch Schlaf. Carl Heinrich Graun, ein hochgewachsener, kräftiger Mann, wurde zusehends schlanker, und die durcharbeiteten Nächte waren mühelos von seinem Gesicht abzulesen.
Die Hauptstadt wurde mit Plakaten überschwemmt. Binnen weniger Stunden wußte jedermann in Berlin, daß am 7. Dezember das Opernhaus Unter den Linden eingeweiht werden sollte. Die »Berlinische priveligierte Zeitung« veröffentlichte groß aufgemacht bereits Einzelheiten über das Programm des Hauses, demzufolge jeden Sonnabend während der Wintermonate Assembléen und Maskenbälle stattfinden sollten, Opern würden an jedem Montag und Freitag gespielt werden, während mittwochs eine französische Komödie zu sehen sein würde.
Das neue Opernhaus war zum Stadtgespräch geworden, und je näher der Einweihungstermin herankam, desto mehr wurde der Aufwand ein Gegenstand heftiger Kritik.
Anfang Dezember begann es in Berlin zu schneien.
Der 7. Dezember war wolkenverhangen. Den ganzen Tag über herrschte dünnes Schneetreiben, obwohl es recht kalt war. Als sich die Dämmerung auf die Stadt niedersenkte, verdichtete sich der Schneefall. Und als dann die ersten Wagen und Kaleschen vor der Oper vorfuhren, war der Flockenregen so dicht geworden, daß man auch mit Hilfe der mitgeführten Windlichter und Laternen kaum weiter als fünf Schritte im Umkreise sehen konnte. Die breite Straße Unter den Linden lag in tiefer Dunkelheit. Sie wurde unter einer immer tiefer herabsinkenden Schneewolke begraben. Nichts war mehr von den Lichtern über den Haustoren zu sehen, nichts mehr von den erhellten Fenstern und vor allem auch nichts mehr von dem gewaltigen Opernhaus, das – unheimlich anzusehen – in eine Schneewand hineinwuchs.
Tausende von Kerzen erleuchteten den Zuschauerraum.
Da die meisten der eingeladenen Gäste einen oder auch mehrere Bedienstete mitgenommen hatten, übergaben sie diesen im großen Vorflur die schneenassen Tücher, Mäntel und Umhänge. Die Besucher ordneten noch, einmal die Frisuren, rückten an den hier und da ein wenig verrutschten Perücken, überprüften ihre Lorgnons und betupften immer wieder die weiten Busenausschnitte und die Spitzenjabots mit kostbaren Duftwässern.
Man kannte einander. Hatte sich doch hier die erste Gesellschaft Berlins zusammengefunden. Man grüßte lächelnd und halb vertraut und wurde ebenso wieder gegrüßt. Die Krinolinen rauschten. Die Seiden leuchteten. Leise klirrten die Zierdegen. Die farbenfrohen Galaröcke und die weißseidenen Kniehosen der Kavaliere standen den kostbaren Roben der Damen in nichts nach.
Eine leichte Puderwolke schwebte über den Köpfen. Man sah sie kaum, aber jeder spürte ihren süßen Duft.
Die Uniformen der hohen Offiziere wirkten, obwohl sie sehr stattlich anzusehen waren, beinahe matt im Vergleich zu den leuchtenden Farbenwundern der Galaröcke und Krinolinen. Immer neue Farben schwebten herein und mit ihnen immer neue klangvolle Namen. Das Orchester stimmte die Instrumente.
Carl Heinrich Graun war nur noch ein Nervenbündel und fiel wieder, wie immer, wenn er sehr durcheinander geriet, in seinen sächsischen Heimatdialekt. Als der König an der Spitze seines Gefolges erschien, erhoben sich alle Anwesenden von ihren Plätzen und bereiteten ihm eine schweigende Ovation. Als die Königin mit ihren Damen ihre Loge betrat, erhob sich mit allen Anwesenden auch der König und begrüßte sie mit einer angedeuteten Verbeugung.
Das sogenannte kleine Parkett im Zuschauerraum war dem König und den Prinzen vorbehalten. Das Parterre war dem Bürgerstand zur Verfügung gestellt. Die königliche Familie benutzte bei einem Opernbesuch die ersten Ranglogen. In dieses Vorrecht teilte sie sich mit den Angehörigen des höchsten Adels. Die Parkett- und Parterrelogen sowie die Logen des zweiten und dritten Ranges waren den Staatsministern sowie dem Hofadel und den fremden Gesandten zugeteilt worden.
Das Erstaunlichste aber: Man bezahlte kein Eintrittsgeld, weil die Oper nach dem Willen des Königs der musikalischen Aus- und Weiterbildung sowohl des Hofes als auch des Bürgerstandes dienen sollte. Diese Anordnung versöhnte viele unter denen, die die Ausgaben für dieses Haus auf das heftigste kritisiert hatten.
Lächelnd sahen Damen und Herren über die hier und da noch sichtbaren Unvollkommenheiten in der inneren Einrichtung hinweg. Sie hielten sich an der imponierenden Größe des Zuschauerraumes und an den herrlichen Kronleuchtern schadlos, die derart zahlreich mit Kerzen bestückt waren, daß sich nicht einmal Parisreisende erinnern konnten, jemals an der Seine ähnlich strahlende Leuchter gesehen zu haben. Es herrschte bald infolge der Tausende von brennenden Kerzen eine Gluthitze. Noch lange vor Aufgang des Vorhangs hatten die Damen bereits ihre bunten Seidenfächer hervorgeholt, mit denen sie sich etwas Kühlung zufächelten und in derem Schutz sie die peinlichen Schweißspuren schnell wieder von den wunderbar geschminkten Gesichtern vorsichtig wegtupften.
Der König saß dicht hinter Carl Heinrich Graun, blickte ihm interessiert über die Schultern und las in der Partitur.
Die Uraufführung wurde ein Triumph für Signorina Emilia Molteni als Cleopatra und zusammen mit ihr für den Caesar des Signors Porporini. Mit ihnen wurde auch der Dirigent und Komponist Carl Heinrich Graun immer wieder gerufen.
Graun trug, als er auf die Bühne hinaustrat, einen leuchtend roten Mantel.
»Warum?« fragte Carl Wilhelm Ramler die Gattin des Komponisten. Graun interessierte sich sehr für Ramlers jüngstes Werk »Das Leben Jesu«, er wollte es vertonen. Daher die gute Bekanntschaft.
»Weil ihn das alles doch sehr mitgenommen hat«, antwortete Madame Graun, »und rot verdeckt das ein wenig, meint er.«
Dann klatschte sie wieder mit den anderen und wurde vor Glück und Freude im Gesicht glühend rot, als sie sah, wie der König sich zu Graun vorbeugte, ihm auf die Schulter klopfte und sicherlich sehr anerkennende Worte sagte.
Der Beifall nahm daraufhin Dimensionen an, die sich in Worten kaum schildern lassen.
Ungefähr in der Mitte der Straße Unter den Linden führte ein breiter und vielbenutzter Fahrweg durch sie hindurch. Er verband die Friedrichstadt mit der Dorotheenstadt. Um ihn auch an Regentagen befahren zu können, war er auf einer Halbseite bereits gepflastert. Für den Stadtausbau zuständige Beamte hatten diesen Fahrweg unter dem Namen Friedrichstraße in die Karten eingezeichnet.
Vier Häuser von dieser Kreuzung entfernt stand das Wohnhaus des Kaufmanns Liszewska. Seit dem Tode ihres Gatten wohnte seine Schwester bei ihm, die Malerin Anna Dorothea Terbusch. Mit Ausnahme einiger liebgewonnener Möbel und natürlich ihrer Teppiche und Bilder sowie etlicher Kunstgegenstände hatte sie ihr Haus in der Heilige-Geist-Straße mit der gesamten Einrichtung verkauft.
Sie war eine sehr begabte Portraitistin und hatte sich in der Berliner Gesellschaft bereits einen guten Namen erarbeitet. Wenn Antoine Pesne, ein Pariser, aber seit Jahrzehnten schon Hofmaler in Berlin, wegen Auftragsüberlastung auch den schönsten Damen Absagen erteilen mußte, dann wandten sich diese fast immer an Anna Dorothea Terbusch, deren Bilder immer mehr durch ihre wunderbaren Farbenzusammenstellungen Aufsehen erregten.
Der Name der Malerin war schließlich so bekannt geworden, daß sich sogar des Königs Lieblingsschwester, die Markgräfin von Bayreuth, während eines längeren Berlin-Besuches von ihr malen ließ. Alles, was zum Hofe gehörte oder zu ihm gehören wollte, nahm am Fortgang gerade dieses Bildnisses besonderen Anteil. Sogar Friedrich II. erkundigte sich bei seiner Schwester, wie sie mit der Arbeit zufrieden sei.
»Sie hat eine erstaunlich leichte Hand, Frederic«, lobte seine Schwester Wilhelmine die Künstlerin, »und dazu ein herrliches Farbengefühl. Ich wäre doch nie auf ausgerechnet Meergrün gekommen. Sie riet es mir an, und siehe da, es kleidet mich ausgezeichnet. Ich trage von jetzt an bevorzugt Meergrün.« Die Sitzungen fanden des gutes Lichtes wegen immer vormittags, und zwar in einem der sogenannten polnischen Zimmer statt. Sie verliefen völlig zwanglos und jenseits aller Etikette. Die Markgräfin fragte nach tausenderlei Kleinigkeiten im großen Berliner Alltag. Und die Malerin beantwortete geduldig alle Fragen, während sie die letzten Striche auf die Leinwand legte. Sie war zufrieden. Sie trat einige Schritte zurück, betrachtete kritisch ihr Werk, atmete dann einmal tief durch und sagte ruhig: »Wenn Ihro königliche Hoheit geruhen wollen …« Sie nannte die Markgräfin stets so, war sie doch die Tochter eines regierenden Königs.
Wilhelmine sprang auf, eilte mit hochgerafftem Kleid zu der Künstlerin, sah auf das Bild, versenkte sich schweigend in diesen Anblick, dann wandte sie sich jäh zu Anna Dorothea um, legte ihre Hände an deren Wangen und küßte sie herzlich und dankbar auf den Mund.
»Könnte ich wohl besser sagen, wie gut es mir gefällt!«
Das Bild war ein Gedicht in Meergrün, das Kleid der Markgräfin war tiefmeergrün. Diese Farbe war ein Hauch, der über das ganze Gemälde hinwehte. Anna Dorothea Terbusch war doch etwas aufgeregt, als Friedrich II. vor das Bild trat und es schweigend ansah. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht. Dann wandte er sich an seine Schwester, die lächelnd neben ihm stand: »Du hattest doch recht, Wilhelmine.« Nach diesen Worten drehte er sich zur Malerin um.
»Sie hat mich zum Umlernen gezwungen. Sie kann malen. Ich werde Sie meiner Schwester Ulrike in Stockholm empfehlen. Die Königin von Schweden trägt sich mit einer solchen Absicht.« Er machte die kaum sichtbare Andeutung einer Verbeugung und ging wieder hinaus.
»Voyez, ma Chère«, freute sich die Markgräfin, »jetzt steht Sie mit in der ersten Reihe, jetzt muß sich sogar ein Antoine Pesne in acht nehmen, von Ihr nicht überflügelt zu werden.«
Sie war von dieser Stunde an die Terbusch.
Die Damen der ersten Gesellschaft rissen sich darum, von ihr gemalt zu werden. Man zahlte gern, was sie forderte, und man erlitt lächelnd, was sie während der Sitzungen verlangte.
An einem der ersten Märztage im Jahre 1746 erhielt sie ein Billett, in welchem ihr die Oberhofmeisterin der Königin, Frau von Katsch, den Besuch Elisabeth Christines ankündigte, und zwar für den 7. März gegen elf Uhr vormittags.
Anna Dorothea Terbusch sah diesem Besuch mit einigem Bangen entgegen, und niemand war dann mehr überrascht als sie selbst, als dieser Königinbesuch so ganz anders verlief, als sie ihn sich vorgestellt hatte: voller Etikette, voller Steifheit, nichts weiter als eine für andere bestimmte Geste.
Das Atelier, ein zur Sonne gelegenes Zimmer, war sorgfältig hergerichtet. Eine Auswahl guter Arbeiten stand wie zufällig auf Staffeleien. An den Wänden hingen Portraits, die sich die Malerin für diesen Tag von ihren Besitzerinnen zurückerbeten hatte. Der Tag war sonnig und vorfrühlingslau.
Die Königin kam fast auf die Minute genau. Die dreißigjährige Elisabeth Christine, die wie eine Zwanzigjährige aussah, hielt von Jahr zu Jahr immer mehr darauf, mit Berliner Künstlern in einer dauernden und für beide Partner glücklichen Verbindung zu bleiben, sowohl mit dem Werk als auch mit seinem Schöpfer, wobei sie zwischen Dichtung und Musik, zwischen bildender Kunst, Malerei und Gesang keinen Unterschied machte. Sie kam nur in Begleitung ihrer Schwester Luise Amalie, der Gemahlin des Prinzen August Wilhelm von Preußen, eines Bruders des Königs. Die sechs Husarenoffiziere, die den Wagen, in welchem die Königin vorgefahren war, begleitet hatten, hielten nun aufgesessen vor dem Hause, vor dem sich immer mehr Volks zusammenfand, hatte sich der Besuch der Königin doch mit Windeseile herumgesprochen.
Die Damen trugen Kopftücher über den hochgebauten Frisuren und sandgraue Übermäntel über den Krinolinen. Sie legten Kopftücher und Mäntel nicht ab, obwohl das Arbeitszimmer gut geheizt war, sie wollten offensichtlich nicht allzulange verweilen.
Die Königin war sichtlich wohltuend überrascht, daß sie nicht mit tiefem Hofknicks und all der anderen üblichen unpersönlichen Ergebenheit empfangen wurde. Anna Dorothea kam nämlich, als ihr Bruder die Königin vor dem Hause begrüßt und dann heraufgeleitet hatte, ihrem hohen Besuch nur einige Schritte zwanglos entgegen, verneigte sich voller Zurückhaltung und machte dann mit der linken Hand eine einladende Gebärde, die aufgestellten Arbeiten zu besichtigen. Darauf trat sie ein wenig hinter ihre Besucherinnen und erklärte während des Umganges, wen die aufgestellten Bildnisse darstellten. Die Seiden rauschten beim langsamen Hingehen. Immer häufiger und immer interessierter wurden die Fragen, die Königin und Prinzessin an die Malerin richteten. Durch die geschlossenen Fenster klang das Raunen der Volksmenge hindurch, die sich vor dem Hause angesammelt hatte.
»Und was hat Sie für die nächste Zeit vor?« Die Königin fragte. Sie hatte eine helle, weiche Stimme. Ihr Gesicht war zart, war freundlich und liebenswert.
»In vier Wochen fahre ich nach Paris, wo ich hoffentlich noch viel hinzulernen werde«, antwortete die Künstlerin, »denn hier«, dabei verneigte sie sich leicht, »verzeihen Ihro Majestät, aber Dubuisson und Falbe sind gewiß sehr gut, doch von ihnen vermag ich nichts mehr zu lernen.«
Da fragte Prinzessin Luise Amalie: »Könnte Sie uns wohl schon verraten, wessen Bildnis das nächste sein wird?« Und sie nahm schon während der Frage das Kopftuch vorsichtig ab und legte den sandgrauen Übermantel über einen Stuhl. Lächelnd folgte die Königin dem Beispiel ihrer Schwester. Ein halblauter Zuruf hielt die Malerin auf, als diese Tücher und Mäntel hinaustragen wollte.
»Lasse Sie es bitte liegen«, sagte die Königin und wiederholte die Frage ihrer Schwester mit den Worten: »Oder darf Sie es uns nicht verraten?«
»Ich weiß es selbst noch nicht«, antwortete Anna Dorothea Terbusch und fügte leiser hinzu: »Ich warte nämlich noch.«
Die beiden Besucherinnen hielten gleichzeitig im Hingehen inne, und beide blickten fragend auf die Malerin. Sie standen alle drei in der Sonne, deren Strahlen die lichtblaue und die rosenrote Seide ebenso wie die mattgraue über der Krinoline der Künstlerin aufleuchten ließen.
»Fehlt es Ihr an Aufträgen?« Und der Wille sofort zu helfen stand deutlich hinter der Frage der Königin.
»Oh nein«, wehrte Anna Dorothea Terbusch lächelnd ab, »davon habe ich seit den lobenden Worten Seiner Majestät des Königs mehr als genug.«
»Aber auf was wartet Sie denn dann noch?« Luise Amalie fragte erstaunt.
Nach kurzem Zögern antwortete die Malerin: »Auf mich, Ihro königliche Hoheit.«
»Bitte«, wollte die Königin wissen, »erkläre Sie es deutlicher.«
»Ich meine, Ihro Majestät«, sprach Anna Dorothea Terbusch, »ich warte auf die innere Bereitschaft.«
Einige Sekunden herrschte nach diesen Worten Schweigen. Elisabeth Christine atmete während dieses Schweigens einmal tief auf. Ihr Gesicht leuchtete. Sie wandte sich ihrer Schwester zu und sagte: »Wie schön, Luise Amalie, da ist endlich die Antwort auf meine Frage, auf was der Mensch wohl am eifrigsten warten solle. Ja, das ist die rechte Antwort: Auf die innere Bereitschaft.« Sie wandte sich wieder der Malerin zu und fuhr fort: »Sie muß hierzu wissen, meine Liebe, daß ob der Frage, auf was ein Mensch wohl am meisten warten solle, fast ein Streit unter den Wissenschaftlern ausgebrochen wäre, sogar Monsieur Dietrich, der Archidiakon der Marienkirche, vermochte ebensowenig wie Sulzer und wie Büsching eine gute Antwort auf diese Frage zu finden.«
»Und hier, weit ab von allen Magistern und Professoren, begegnest du ihr«, freute sich die Prinzessin.
»Wieso weitab«, meinte die Königin, »Kunst ist auch Wissenschaft, vielleicht sogar Wissenschaft in ihrer schönsten und reinsten Aussage.« Impulsiv reichte sie der Malerin die Hand: »Sei Sie von Herzen bedankt, meine liebe Dorothea Terbusch. Für die Bilder, für diese Einkehr in Ihre Welt und insbesondere für das schöne Wort von dem Warten auf die innere Bereitschaft, Sie hat mir damit ein wertvolles Geschenk gemacht.«
Die Erschließung des der Lindenallee zunächst gelegenen Teiles des Tiergartenforstes durch Baumeister von Knobelsdorff war ein voller Erfolg. Sogar jetzt mitten im schneereichen Winter von 1748 nahmen die Berliner an sonnigen Tagen gern die Gelegenheit wahr, durch hin und wieder kniehohen Schnee bis in die »Puppen« hinauszustampfen. Mit dem Namen »Puppen« bezeichneten die immer schon recht vorlauten Berliner die geschmackvollen Figuren, die Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff bei der Umwandlung des urwaldähnlichen Tiergartens in eine gepflegte Parklandschaft am »Großen Stern« und an einigen anderen Plätzen aufstellen ließ.