Nr. 40
Das Lebenskollektiv
Die Symbiose-Gemeinschaft von Campopas – im Kampf gegen Parasiten aus dem All
von Ernst Vlcek
Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Anfang November des Jahres 2408 Standardzeit.
Die Auseinandersetzung zwischen der USO, der von Lordadmiral Atlan geleiteten galaktischen Ordnungsmacht, und der Condos Vasac, dem galaktischen Verbrechersyndikat, nähert sich ihrem Höhepunkt, und das Dunkel, das die mysteriösen Beherrscher der CV-Lenkzentrale umgab, beginnt sich immer mehr zu lichten.
Seit der Gefangennahme eines Grossarts und der Entdeckung von Baraloth, dem Hospitalplaneten, ist der eigentliche Gegner nicht mehr anonym. Und Atlan und seine USO-Spezialisten tun alles, um weitere Schlupfwinkel der Grossarts aufzuspüren.
Drei Spezialisten – nämlich Ronald Tekener, Sinclair M. Kennon, der Robotmensch, dessen Körper einem Siganesen als Versteck dient, und Hall-Kat-To, der Gifthaucher – steuern das »Raumschiff der Toten« einem noch unbekannten Planeten entgegen, der vom Gegner beherrscht wird – und vom LEBENSKOLLEKTIV ...
Ronald Tekener und Sinclair M. Kennon – Die USO-Spezialisten spielen ihre neuen Rollen zu perfekt.
Hall-Kat-To – Ein »Gifthaucher« im Dienst der USO.
Big Ben Special – Der Mutant von Siga findet neue Freunde.
Khokran – Ein versklavter Akone.
Die Muyscha – Endprodukt einer zehn Millionen Jahre währenden Entwicklung.
Big Ben Special befand sich auf der Flucht vor dem Gourmand.
Er verfluchte sich, weil er diesmal seinen flugfähigen Druckanzug nicht angelegt hatte. Das hatte er nun von seinem Leichtsinn! Er musste um sein Leben laufen und sah seine einzige Chance darin, rechtzeitig die Kommandozentrale zu erreichen und bei Sinclair M. Kennon Unterschlupf zu suchen.
Dabei hatte alles recht vielversprechend angefangen.
Big Ben konnte sich an Bord der MANISA CATO vollkommen sicher fühlen. Wenn einige Grossarts auch regelmäßig während der ausgedehnten Normalflugphasen aus den vier Druckkammern kamen, um der Enge dieser viel zu kleinen Unterkünfte zu entfliehen, war es nicht nötig, dass sich Big Ben in Kennons »Bauchhöhle« versteckte. Es genügte, dass er sich in die tieferen Regionen des Schiffes zurückzog, um vor einer Entdeckung sicher zu sein.
Diese Gelegenheiten benützte er dazu, die MANISA CATO zu durchforschen, in der stillen Hoffnung, irgendwo eine Flasche zu finden, in der sich wenigstens noch ein Rest Schnaps befand. Er war nicht gerade ein Säufer, obwohl man das auf seiner Heimatwelt Siga von ihm behauptete, war aber andererseits einem guten Schluck nie abgeneigt. Das Schicksal war ihm nicht gnädig. Er fand keine Flasche.
Dafür lief ihm ein Rieseninsekt über den Weg.
Es war zehn Zentimeter lang, besaß einen dreigeteilten Körper mit einem Chitinpanzer und ein Dutzend vielgelenkiger Beine, auf denen es sich verhältnismäßig schnell fortbewegen konnte. Auf der Oberseite des Kopfes saßen zwei riesige Facettenaugen, unter denen vier lange, dünne und unruhig pendelnde Fühler herauswuchsen. An Stelle eines Mundes besaß das Insekt drei Dutzend Saugrüssel, die wie ein Kranz um einen nach unten gerichteten Giftzahn angeordnet waren. Darüber lagen messerscharfe Beißwerkzeuge.
Zu diesem Zeitpunkt existierten eigentlich noch zwei Exemplare dieser Spezies. Doch dann trafen die beiden aufeinander – offensichtlich handelte es sich um ein Männchen und ein Weibchen –, feierten kurz Hochzeit, dann tötete das Weibchen das Männchen mit den Beißwerkzeugen und saugte es anschließend aus. Big Ben nannte das Insekt daraufhin »Gourmand«.
Er hatte die ganze Zeit, über auf die Ultraschallaute gehört, die die beiden von sich gaben, und fand, dass er sie leicht imitieren konnte. Big Ben war nämlich nicht nur der frechste, trinkfesteste, rauflustigste und taktloseste Siganese, sondern zudem noch ein Mutant.
Schon rein äußerlich unterschied er sich von seinen Artgenossen. Er war der kleinste lebende Siganese überhaupt, genau 8,2531 Zentimeter groß; seine Haut war nicht lind-, sondern olivgrün, sein Haar nicht schwarz, sondern rot. Dazu kam noch, dass er einen Buckel hatte, eine vorgewölbte Brust und lange, spindeldürre Beine. Außer diesen sichtbaren Merkmalen besaß er noch ein anderes Zeichen seiner Mutation.
Er war ein Insektensprecher. Es war ihm möglich, seine Stimmbänder so zu straffen, dass er Laute im Ultraschallbereich von sich geben konnte. Selbstverständlich war es ihm auch möglich, Ultraschalltöne zu hören.
Von dieser Fähigkeit machte er Gebrauch, nachdem der weibliche Gourmand seinen Hochzeitspartner ausgesaugt hatte. Und wie es Big Ben nicht anders erwartet hatte, reagierte das Insekt gleich von Anfang an positiv auf seine Ultraschallrufe. Das überzeugte ihn davon, dass er es mit einiger Geduld zähmen und als Reittier verwenden konnte. Es sollte ihm gewissermaßen als Ersatz für den Faltcec dienen, den er in Quinto-Center hatte zurücklassen müssen.
Big Ben verbrachte nun die Zeit während der Normalflugetappen, in denen die Grossarts ihre Druckkammern verließen und das Schiff unsicher machten, mit der Dressur des Gourmands.
Schon nach der ersten Linearetappe schaffte er es, dass das gefräßige Insekt friedlich an seiner Seite einhertrottete. Nach der zweiten Etappe ritt er es bereits. Nach der dritten und letzten Etappe nahm er sich vor, dem Gourmand einige Kunststücke beizubringen.
Doch dabei passierte ihm ein Missgeschick. Big Ben vergriff sich im Ton – und plötzlich war der Gourmand wie ausgewechselt. Er geriet in Ekstase und fiel über den winzigen Siganesen her.
Big Ben blieb nichts anderes übrig, als die Beine unter die Arme zu nehmen und um sein Leben zu laufen.
»Verdammter Mist!«, fluchte Big Ben innerlich. »Wenn ich schon einen falschen Ton erwischte – warum musste es ausgerechnet der Lockruf des Insektenmännchens sein!«
Völlig ausgepumpt erreichte Big Ben die Kommandozentrale. Er sah Kennon vor dem Hauptschaltpult sitzen und steuerte auf ihn zu. Gerade als das Insektenweibchen mit den Beißwerkzeugen nach ihm schnappen wollte, sprang Big Ben zu Kennon hoch und fand an dessen Hüftgürtel Halt.
»Das war knapp«, meinte der Siganese schnaufend.
Von unten drang das flehende Ultraschall-Gezirpe des enttäuschten Insektenweibchens zu ihm herauf.
»Beinahe wäre unsere siganesische Geheimwaffe zum Nachtisch verspeist worden«, spottete Sinclair M. Kennon alias Marlk Ropht, öffnete den Oberteil der akonischen Raumkombination und klappte in Bauchhöhe ein Stück der Biofolie auf, um Big Ben Special den Weg in das Versteck in seinem Robotkörper freizugeben.
»Was heißt hier verspeist!«, rief der Siganese über seine Verstärkeranlage, während er sein Versteck in Kennons Körper mit der Würde eines siegreichen Matadors betrat. »Das Biest hat viel Schlimmeres mit mir vorgehabt. Viel Schlimmeres!«
Er blieb noch einmal stehen und schleuderte dem Insektenweibchen einige für menschliche Ohren unhörbare Laute entgegen, die es zur Raserei brachten.
Ronald Tekener alias Netemo Ahusth, der neben Kennon am Hauptschaltpult saß, sagte drängend: »Hinein in die gute Stube. Big Ben. Wir haben die dritte Linearetappe hinter uns, und es scheint, dass wir am Ziel angelangt sind. Wenn wir uns nicht schleunigst mit den Grossarts in Verbindung setzen, könnten sie Verdacht schöpfen. Sie sind ohnehin misstrauisch genug.«
Big Ben Special zog sich in sein Versteck zurück. Kennon klappte die Biofolie darüber und ordnete seine Kombination.
Die Umstände hatten es erfordert, dass er bei diesem Unternehmen eine neue Maske tragen musste. Er weinte Professor Dr. Lorb Weytchen, dessen Rolle er für eine Weile gespielt hatte, keine Träne nach. Zwar war Marlk Ropht auch nicht gerade der Typ, in dessen Haut sich Kennon wohl fühlte – aber immerhin wurde er durch diese Verkleidung nicht an seinen eigenen verkrüppelten Körper erinnert.
Marlk Ropht war 1,89 Meter groß, rothaarig und hatte ein breites Kinn, das seinem Gesicht einen brutalen Ausdruck verlieh.
Marlk Ropht war einer der drei Männer gewesen, die die siebzehn USO-Spezialisten an Bord der MANISA CATO beseitigt hatten. Er hatte Selbstmord begangen, als ein Kampfschiff der USO dieses angebliche akonische Handelsraumschiff kaperte.
»Wir dürfen das Misstrauen der Grossarts nicht überbewerten«, mahnte Kennon. »Dieses Übermaß an Vorsicht entspricht ihrer Mentalität. Andererseits waren sie darüber informiert, dass die MANISA CATO Häute von Baraloth abholen sollte.«
»Das ist klar«, entgegnete Ralph Tekener. »Es kann aber sein, dass uns die Grossarts durch eine Überprüfung unserer Individualmuster entlarven. Deshalb müssen wir auf der Hut sein.«
Ronald Tekener trat als Netemo Ahusth auf, sein Aussehen entsprach exakt jenem des akonischen Offiziers. Er hatte braunes, bis in den Nacken fallendes Haar, sein Kinn zierte ein gestutzter Bart. Seine Maskierung war, wie die Kennons, schlechthin vollkommen. Lediglich sein Individualmuster entsprach nicht dem von Netemo Ahusth.
Es war ein verwegener Plan, den Atlan nach der Kaperung der MANISA CATO gefasst hatte – und bisher lief alles nach Wunsch.
Bekanntlich hatte die MANISA CATO ehemals unter dem Kommando Terfer Honoks gestanden, einem Akonen, der offiziell für das Energiekommando arbeitete, insgeheim aber für die USO tätig war. Sechzehn seiner Männer standen auf seiner Seite, nur drei waren nicht eingeweiht. Als diese drei – nämlich Netemo Ahusth, Marlk Ropht und ein Nichtmenschlicher – hinter die Wahrheit kamen, handelten sie blitzschnell und töteten die siebzehn USO-Agenten. Die drei Mörder verübten nach Kaperung der MANISA CATO Selbstmord, um der Gefangennahme durch USO-Spezialisten zu entgehen.
Atlan entschloss sich damals sofort, die drei CV-Männer durch seine Leute zu ersetzen, denn er fand in der Bordpositronik der MANISA CATO Unterlagen darüber, dass dieses Schiff die Grossart-Welt Baraloth anfliegen sollte. Tekener und Kennon wurden von den Maskenbildern auf Quinto-Center hergerichtet, bis sie äußerlich Netemo Ahusth und Marlk Ropht aufs Haar glichen. An die Stelle des dritten und nichtmenschlichen – CV-Agenten trat der Gifthaucher Hall-Kat-To, bei dem eine Maskierung nicht möglich war. Der Siganese Big Ben Special, der als vierte Person in diesen Einsatz ging, wurde bei den Vorbereitungen ebenfalls nicht berücksichtigt, da er im geheimen operieren sollte.
Die MANISA CATO flog Baraloth an, und es gelang Tekener und Kennon, die Grossarts eines wracken Walzenraumschiffes zu täuschen. Die Leichen der siebzehn ermordeten USO-Spezialisten, die in einem Tiefkühlraum aufbewahrt wurden, dienten ihnen dabei als Beweis für die Richtigkeit ihrer Angaben. Die elf Grossarts glaubten ihnen, dass sie die siebzehn Besatzungsmitglieder als USO-Spezialisten entlarvt und getötet hatten und begaben sich an Bord der MANISA CATO. Tekener und Kennon waren nicht überrascht, als ihnen aufgetragen wurde, 3.500 der grünschuppigen Grossarthäute von dem flugunfähigen Walzenschiff in die MANISA CATO zu übernehmen.
Nachdem dies geschehen war, gaben die Grossarts ein Ziel an, das mehr als 5.000 Lichtjahre von Baraloth entfernt in Richtung des galaktischen Zentrums lag. Es gelang Kennon noch, diese Kursangabe in einem gerafften Hyperfunkspruch an Atlan weiterzuleiten. Doch es stellte sich später heraus, dass die Koordinaten nicht dem endgültigen Ziel entsprachen. Es sollten dieser Linearetappe noch zwei weitere folgen, die die MANISA CATO 13.618 Lichtjahre von Baraloth entfernten und an den Nordwestrand des galaktischen Zentrums führten.
Dort mussten Tekener und Kennon erkennen, dass es Atlan nicht gelungen war, ihnen mit dem unzulänglich arbeitenden Prototyp des Halbraumspürers zu folgen.
Vor ihnen lag ein System, das aus einer gelben Sonne vom G-Typ und vier Planeten bestand.
Tekener strich sich über das schulterlange Haar und seufzte: »Dann wollen wir mal.«
Er stellte die Bildsprech-Verbindung zu den vier Druckbehältern der Grossarts her.
Die vier Druckkammern waren ein fester Bestandteil der MANISA CATO und extra für den Transport von Grossarts eingebaut worden. In ihnen fanden die Maahk-Mutanten jene Bedingungen vor, die sie zum Leben brauchten.
Spezielle Anlagen sorgten dafür, dass die Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Atmosphäre das richtige Gemisch hatte, dass ständig eine Temperatur von plus 110 Grad Celsius und ein hoher Druck herrschte. Die Druckbehälter hatten nur einen Nachteil – sie waren jeweils nur für einen Grossart gedacht. Da außerdem nur vier Stück existierten, aber elf Maahk-Mutanten an Bord gekommen waren, mussten sie sich zu zweit und zu dritt die vorhandenen Räume teilen. Das war auch der Hauptgrund dafür, warum die Grossarts die Normalflugphasen dazu benutzten, ihre Druckpanzer anzulegen und die Kammern zu verlassen.
Als die Bildsprech-Verbindung hergestellt war, bekam Tekener nur ein Gewirr von grünen Gliedern und Körpern und halbmondförmigen Köpfen zu sehen. Die dichte, nebelartige Atmosphäre verwischte zudem noch die Konturen, so dass die Grossarts überhaupt nicht auseinanderzuhalten waren.
»Die dritte Linearetappe ist beendet«, berichtete Tekener. »Wir haben 13.618 Lichtjahre zurückgelegt und befinden uns am Rande eines Sonnensystems mit vier Planeten. Ropht und ich hätten gerne gewusst, ob wir am Ziel angelangt sind, oder ob noch eine Linearetappe stattfinden soll.«
Der zwischengeschaltete Translator übertrug Tekeners Rede in die Sprache der Grossarts. Nachdem er geendet hatte, drängte einer der Maahk-Mutanten aus Kammer 3 seine beiden Artgenossen beiseite und stellte sich vor dem Interkom auf. Die vier Augen auf dem Grat seines sichelförmigen Schädels blickten alle Tekener an. Der zwanzig Zentimeter breite Mund, der zwischen Kopfwulst und Schulter eingebettet lag, bewegte sich. Praktisch ohne Verzögerung kamen die vom Translator übersetzten Worte aus dem Lautsprecher des Interkoms.
»Vor der MANISA CATO liegt das Sheneka-System«, sagte der Maahk-Mutant, »das unser Ziel ist. Nehmen Sie Kurs auf den zweiten Planeten, Ahusth. Erwarten Sie uns in der Kommandozentrale, dann erfahren Sie, wo auf Campopas Sie landen sollen.«
Der Grossart unterbrach die Verbindung, ohne auf Tekeners Bestätigung zu warten.
»Jetzt wissen wir, wie der Zielplanet heißt und wo er liegt, aber wir können nichts damit anfangen«, meinte Tekener. »Selbst wenn wir einen Rafferfunkspruch riskierten, könnten wir Atlan nicht erreichen. Zu dumm, dass der Halbraumspürer im entscheidenden Augenblick versagte.«
»So schlecht stehen wir gar nicht da«, entgegnete Kennon. »Immerhin ist es uns gelungen, eine Standortberechnung durchzuführen. Wir können jederzeit von hier nach Baraloth zurückfliegen.«
»Falls die Grossarts nichts dagegen haben«, fügte Tekener hinzu.
»Wir könnten sie um Erlaubnis fragen«, schlug Kennon vor.
Tekener, der den Autopiloten für den Anflug an Campopas aktiviert hatte, überging Kennons Bemerkung.
»Seien wir auf das Schlimmste gefasst«, sagte er. »Nach allem, was wir über die Grossarts wissen, können wir von ihnen keine Nächstenliebe erwarten. Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie uns nach geleisteten Diensten einfach abservieren werden.«
Hall-Kat-To hatte sich bisher im Hintergrund gehalten. Es war abgemacht worden, dass der Gifthaucher von Nuygis so wenig wie möglich in Erscheinung trat, um die Aufmerksamkeit der Grossarts nicht zu sehr auf sich zu lenken.
Er war etwa 1,60 Meter groß, besaß einen kleinen, runden Kopf, aus dem zwei große Augen blickten. Obwohl annähernd humanoid, mit zwei Armen und zwei kurzen, stämmigen Beinen, unterschied er sich allein durch seine schwarze, faltige Haut und seine vierzehigen Füße und vierfingrigen Hände vom Menschen. Mit den zwei organischen Giftdrüsen, die links und rechts des dünnen Halses saßen, war es ihm möglich, durch den runden Mund einen Sprühnebel auszuhauchen, der absolut tödlich war.
Davon hatten die Grossarts keine Ahnung. Trotzdem stand zu befürchten, dass sie ihn entlarvten, wenn sie Näheres über die nichtmenschlichen Besatzungsmitglieder der MANISA CATO in Erfahrung brachten und dann feststellten, dass kein Nuygiser darunter war. Deshalb war es besser für ihn, keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Jetzt sagte er: »Ich verstehe Ihre Befürchtungen nicht ganz, Tekener. Warum sollten die Grossarts etwas gegen uns unternehmen? Schließlich haben sie ihr Leben in unsere Hände gelegt und sich von uns an ihr Ziel bringen lassen. Wir haben alle ihre Befehle befolgt, so dass sie meinen müssen, wir seien ihnen treue Helfer. Das ist eher ein Grund, uns für weitere Einsätze zu verwenden als uns abzuservieren, wie Sie es ausdrücken.«
Tekener blickte vom Instrumentenpult auf.
»Grundsätzlich sind Ihre Überlegungen richtig«, sagte er. »Aber sie weisen einige Schönheitsfehler auf. Erstens haben sich die Grossarts uns nur ausgeliefert, weil sie keine andere Wahl hatten. Zweitens sähen sie in uns auch unter anderen Umständen keine treuen Helfer, sondern Werkzeuge, deren sie sich nur solange bedienen, wie es nötig ist. Sie brauchen uns nur, um an ihr Ziel zu kommen. Was danach aus uns wird, ist ihnen völlig gleichgültig.«
Hall-Kat-To starrte auf Tekener. Seine großen Augen und der runde, offenstehende Mund gaben seinem Gesicht einen Ausdruck grenzenlosen Erstaunens.
»Dann werden wir um unser Leben kämpfen müssen?«, fragte er.
Kennon antwortete an Tekeners Stelle. »Wir werden kämpfen müssen, aber nicht mit Waffen, sondern mit psychologischen Mitteln. Unser Leben wird davon abhängen, ob wir uns für die Grossarts interessant machen können.«
Tekener blickte zu seinem Freund mit dem Robotkörper.
»Hast du schon eine Idee?«
Er schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht. Mein Individualtaster zeigt an, dass sieben Grossarts die Kommandozentrale fast erreicht haben.«
Hall-Kat-To zog sich schnell in die angrenzende Ortungszentrale zurück. Tekener und Kennon konzentrierten sich auf die Armaturen der Zweimannsteuerung.
Campopas war nur noch 100 Millionen Kilometer entfernt, und die MANISA CATO näherte sich dem Planeten mit jeder Sekunde um weitere 200.000 Kilometer.
Aus dem Antigravschacht, der direkt in die Kommandozentrale mündete, stiegen hintereinander sieben Maahk-Mutanten in ihren unförmigen Panzeranzügen.
Tekener erhob sich von seinem Platz, hängte sich den tragbaren Translator um die Schulter und kam ihnen entgegen.
»Kommt Marlk Ropht mit der Steuerung des Raumschiffes allein zurecht?«, fragte der Maahk-Mutant an der Spitze der siebenköpfigen Gruppe. Sein Körper, seine Gliedmaßen und der Kopf wurden zur Gänze von dem Druckpanzer verhüllt. Nur auf der spitz zulaufenden Oberseite des sichelförmigen Helmes waren vier Auswüchse aus Glas, hinter denen die Augen lagen.
»Ropht braucht mich noch nicht«, antwortete Tekener, »denn der Autopilot läuft erst in sieben Minuten an. Den Anflug schafft einer allein, aber das Landungsmanöver können wir nur gemeinsam durchführen.«
»Dann können Sie uns in den Tiefkühlraum begleiten«, sagte der Grossart, und der Translator übersetzte es ins Interkosmo. »Wir möchten vor der Landung noch einmal die Leichen der siebzehn USO-Spione untersuchen.«
Drei Grossarts fuhren mit Tekener im Antigravlift in eines der unteren Decks, wo die konservierten Leichen Terfer Honoks und seiner Leute untergebracht waren. Die anderen vier blieben in der Kommandozentrale zurück.
Zuerst gesellten sie sich zu Kennon an das Hauptschaltpult, beobachteten den Panoramabildschirm, in dessen Fadenkreuz der zweite Planet der Sonne Sheneka zu sehen war, und überprüften den Autopiloten. Dann berieten sie sich kurz und stapften auf die Funkzentrale zu. Zwei von ihnen verschwanden darin, während die anderen beiden vor dem Eingang Aufstellung nahmen.