Nr. 126
– ATLAN exklusiv Band 12 –
Der Bio-Parasit
Die biologische Zeitbombe explodiert – und ein Ungeheuer wird geboren
von Dirk Hess
Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man das Jahr 10.497 v.A. – eine Zeit, die dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht, eine Zeit also, da die Erdbewohner in Barbarei und Primitivität verharren und nichts mehr von den Sternen oder dem großen Erbe des untergegangenen Lemuria wissen.
Arkon hingegen – obzwar im Krieg gegen die Maahks befindlich – steht in voller Blüte. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III., ein brutaler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Herrschaft übernehmen zu können.
Auch wenn Orbanaschol seine Herrschaft gefestigt hat – einen Mann hat der Imperator von Arkon zu fürchten: Atlan, den rechtmäßigen Thronerben, der kurz nach Gonozals Ende zusammen mit Fartuloon, dessen Leibarzt, spurlos verschwand und bei der Allgemeinheit längst als verschollen oder tot gilt.
Doch der junge Kristallprinz ist lebendiger und aktiver denn je! Nachdem man ihn über seine wahre Herkunft informiert und sein Extrahirn aktiviert hat, strebt er den Sturz des Usurpators an.
Doch von diesem Ziel ist Atlan noch weit entfernt. Gegenwärtig ist er halb Gefangener, halb Gast bei den Piraten von Richmonds Schloss. Atlan rechnet damit, seinen väterlichen Freund Fartuloon zu treffen und sofort wieder den Kampf gegen den Usurpator fortzusetzen.
Mit einem rechnet er jedoch nicht! Dieses eine ist DER BIO-PARASIT ...
Atlan – Der Kristallprinz kämpft um das Leben seiner geliebten Farnathia.
Farnathia – Ein Mädchen wird zu einem Ungeheuer.
Lord Correson – Farnathias Bewacher.
Hanwigurt Sheeron – Herr von Richmonds Schloss.
Morgus – Ein Veränderlicher.
Manifold und Tarugga – Anführer zweier Piratengruppen.
Vor längerer Zeit. Ganberaan, die Folterwelt des Blinden Sofgart. Umgeben vom Chaos psychischer und physischer Leiden. Grauen und Entsetzen in einer Aura aus Hass und unbefriedigter Gier. Viele Wesen aus allen Teilen des Großen Imperiums starben hier. Für viele wurde der Tod vorprogrammiert. Sie sollten sich in Sicherheit wiegen, wieder Zuversicht und Lebensfreude gewinnen. Dann aber würde sie der Tod ereilen. Ein Tod, den Sofgart aus seinem Folterarsenal ausgewählt hatte.
*
Es war wie ein Kind. Es kannte sich und seine chaotische Umgebung nur aus psionischen Tastversuchen. Es befand sich in einer schützenden Kapsel, die es mit dem Nötigsten versorgte. Doch auch diese Kapsel konnte die Hassaura der Folterwelt nicht völlig abschirmen. Aber das sollte sie auch nicht. Es ging nur darum, die organische Substanz lebens- und einsatzfähig zu halten. Denn das Ding war die biologische Zeitbombe des Blinden Sofgart.
Sein Zündmechanismus war die Gier nach artfremdem Eiweiß. Einmal aus der schützenden Kapsel befreit, würde es triebhaft und unersättlich nach organischen Verbindungen suchen. Doch dieser Trieb konnte von Sofgart beherrscht werden. Eine spezielle Programmierung würde es auf ein ganz bestimmtes Opfer fixieren. Dann konnte ein Prozess beginnen, der von keiner Macht des Universums aufgehalten werden konnte.
Es pulsierte heftiger. Ahnte es, dass der Blinde Sofgart an seine Verwendung gedacht hatte? Es konnte kaum noch erwarten, den langersehnten Nahrungsschub in sich aufzunehmen. Vorerst musste es sich mit den gering dosierten Eiweißtropfen zufrieden geben, die in den Sicherheitsbehälter geleitet wurden. Sein triebhafter Organismus verlangte mehr Nahrung. Es zitterte. Winzige, wurmartige Pseudoglieder zuckten aus seinem Körper. Es hatte Hunger.
Es wollte seine Fressfäden in einen fremden Körper bohren. Es wollte endlich wieder artfremdes Eiweiß in sich aufnehmen und das entsetzliche Hungergefühl vergessen. Es wollte sein Gefängnis verlassen.
Dann war es soweit! Die Kapsel wurde von den Nahrungsröhrchen getrennt. Nachdem der ersehnte Augenblick in greifbare Nähe gerückt war, begann es vor Gier zu zittern. Seine Körperoberfläche begann grünlich zu schillern. Sekrete schwappten über den Kapselrand.
Glänzende Stahlklammern zwangen es zur Ruhe. Ein Betäubungsmittel verdammte es zur Bewegungslosigkeit. Doch sein Instinkt blieb wach und aufnahmebereit. Genauso, wie es der Blinde Sofgart wünschte. Elektrochemische Ströme überschwemmten seinen Körper und erzeugten Bilder von greller Wirklichkeit. Neue Eindrücke kamen und gingen. Ein organisches Wesen nahm langsam Gestalt für seinen Instinkt an.
Es wurde programmiert!
Es kannte auf einmal seinen Auftrag. Und es kannte sein Opfer. Es war ihm bis zur kleinsten Zellinformation vertraut. Es spürte auf einmal seine warme Nähe, die kreatürliche Angst und Abwehr. Das fremde Blut vermittelte ihm ein Gefühl der Geborgenheit. Es fühlte sich sicher und doch unendlich hungrig.
Der Hunger wurde übermächtig. Es wollte seine Nahrungstentakel in das fremde Fleisch bohren. Doch plötzlich wurde es von einem hypnotischen Peitschenschlag durchzuckt. Es zog sich zusammen. Angst durchpulste seinen kleinen Körper. Es durfte noch nicht zerstören. Sofgart hatte den Zeitpunkt seines Einsatzes bestimmt. Bis dahin musste es von seinen körpereigenen Nahrungsreserven zehren. Es war dazu verdammt worden, sein Opfer in Sicherheit zu wiegen. Eine Vorstellung, die trotz seiner Angst grenzenlose Wut in ihm erzeugte. Wenn es einmal soweit sein würde, dann würde es mit aller Gier, die ihm zur Verfügung stand, über sein Opfer herfallen. Dann würde es nichts mehr geben, was sein einmal begonnenes Zerstörungswerk aufhalten konnte.
Die biologische Zeitbombe des Blinden Sofgart tickte.
Irgendwo in der kosmischen Staubzusammenballung, die man Sogmanton-Barriere nannte. Umgeben von den geisterhaften Energieerscheinungen des Hyperraums. Gefangener der Magnetstürme. Geborgen in der Luftblase von Richmonds Schloss. Fern von den Sternen der Galaxis. Allein mit meinen Gedanken.
Ich wusste plötzlich, dass irgend etwas anders war.
Deine Nerven sind überreizt!, meinte mein Extrasinn.
Kein Wunder nach den Aufregungen der letzten Zeit. Ich wurde von den Piraten freundlich und zuvorkommend behandelt. Sie ließen es mir an nichts fehlen. Die kleine Nahrungspositronik lieferte mir jede arkonidische Kostbarkeit, die ich mir nur vorstellen konnte. Natürlich musste ich ihr Programm kennen. Das hatte anfangs Schwierigkeiten gemacht. Doch jetzt fühlte ich mich hier schon wie zu Hause.
Willst du bei den Piraten bleiben?
Mein Extrasinn brachte mich immer wieder auf den Kern des Problems zurück. Der Aufenthalt in Richmonds Schloss, wie die Piraten ihren Asteroiden nannten, musste von begrenzter Dauer sein. Ich hoffte es jedenfalls. Wenn Hanwigurt Sheeron kein falsches Spiel mit mir trieb, würde das alles bald vergessen sein.
Neben mir lagen die neuesten Kassetten mit arkonidischen Filmen. Ich brauchte sie nur in den Eingabeschlitz meines Videogeräts zu schieben. Doch ich verzichtete darauf.
Hast du Unterhaltung nicht nötig?
Ich musste unwillkürlich grinsen. Mein Extrasinn war zu einem kritischen Begleiter geworden, der mich immer wieder auf unlogische oder unbewusste Reaktionen hinwies. Seine bohrenden Impulse waren mir längst vertraut und unentbehrlich geworden.
Ich freute mich auf Farnathia. Wie lange hatten wir uns nicht gesehen? Die Rettungsaktion in den Staubstürmen der Sogmanton-Barriere hatte uns keine Zelt für lange Erklärungen gelassen. Es war soviel ungesagt geblieben, was uns beiden wichtig und lieb war. Ich hatte um Farnathias Leben gebangt. Ich hatte mich nach ihrer warmen Nähe gesehnt. Doch Farnathia war unerreichbar fern gewesen. Es kam mir nachträglich wie ein Wunder vor, dass sie aus den Krallen des Blinden Sofgart befreit worden war.
Farnathia war in der Nähe. Nur wenige Kabinen von meiner entfernt. Sie wollte schlafen. Die Strapazen der Gefangenschaft auf Ganberaan waren zu groß gewesen. Die schrecklichen Erlebnisse auf der Folterwelt waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Ich hatte das Gefühl, Farnathia war reifer geworden. Sie hatte mit ansehen müssen, wie Sofgart seine Gefangenen folterte. Das alles hatte nachhaltige Spuren in ihrer Psyche hinterlassen. Sie hatte gelitten, wie nur ein Wesen leiden konnte. Doch ihre Liebe zu mir hatte sie aufrecht gehalten. Ein Blick von ihr hatte genügt, in ihren Augen hatte soviel Traurigkeit gelegen, dass ich kaum zu einer Entgegnung fähig gewesen war. Ich kannte ihre Angst vor einer erneuten Trennung. Doch sie war zu schwach gewesen, um darüber zu sprechen. Ein Schlafmittel hatte ihre Sorgen fürs erste beendet.
Vor meiner Kabinentür liefen die Energiekontrolleure des Wohntraktes vorbei. Ihre Magnetschuhe erzeugten einen metallischen Klang. Der Trupp bestand aus etwa zehn Spezialisten, die regelmäßig alle Lebenserhaltungssysteme in Sheerons Etagen kontrollierten. Sie waren unter anderem dafür verantwortlich, dass die Frischluftzufuhr konstant blieb. Sie warnten uns auch vor hyperenergetischen Beben, die alle positronischen Geräte beeinflussten. Der Asteroid, den die Piraten Richmonds Schloss nannten, besaß gute Sicherheitsanlagen.
Aber gegen die Einflüsse aus dem Hyperraum war sogar die arkonidische Technik hilflos.
Hanwigurt Sheerons Piraten lebten mit dem Risiko. Jeder Beutezug mit ihren Staubeiern war ein Spiel auf Leben und Tod. Es spielte keine Rolle, ob sie gegen fremdrassige Intelligenzen kämpfen mussten, oder ob sie mit geheimnisvollen Naturerscheinungen der Sogmanton-Barriere konfrontiert wurden. Alles innerhalb der kosmischen Staubballung war gefährlich.
Hier jagte der Hyperraum seine energetischen Überladungen in den Normalraum und ließ organisches Leben zu unfassbaren Entartungen mutieren.
Was wussten wir denn schon vom Hyperraum?
Ich drehte mich um. Die Ruheperiode war bald zu Ende. Dann würde ich sofort zu Farnathia gehen. Sie würde ausgeruht sein, und wir konnten über alles sprechen.
Plötzlich erstarrte ich. Kein Gedanke mehr an Farnathia. Jetzt wusste ich auch, was mich seit einigen Augenblicken gestört hatte. In meiner Kommandokabine stand etwas, was vorhin noch nicht dagewesen war. Dabei war ich mir ganz sicher, die elektronische Verriegelung der Tür aktiviert zu haben.
Du bist misstrauisch geworden!, meldete sich mein Extrasinn.
Ich richtete mich vorsichtig auf. Das matte Glühen der Wärmepolster erlosch, und die Rückenlehne der pneumatischen Liege kippte in ihre Normallage zurück. Aus der elektrostatischen Luftreinigungsanlage wehte mir ein erfrischender Luftstrom entgegen.
»Die Schrankablage aus Gussplastik!«
Dass ich nicht von selbst darauf gekommen war, wunderte mich.
Meine Hand wischte automatisch über den Berührungssensor der Beleuchtungseinrichtung. Zwei Leuchtstoffröhren flammten auf.
Der hüfthohe Schrank glänzte mattschwarz. Die Modefarbe des arkonidischen Hofdesigners Interschonalbal, dachte ich bei mir. Eigentlich war nichts Außergewöhnliches an dem zierlichen Möbelstück. Mit der einzigen Ausnahme, dass es vor wenigen Augenblicken noch nicht im Raum gestanden hatte. Ich trat nachdenklich an das Ding heran. Es war leer. Nicht einmal eine Videokassette lag auf seiner matten Ablage.
Ich berührte den Schrank. Plötzlich durchfuhr mich ein Frösteln. Das Material kam in Bewegung, zuckte und vibrierte. Winzige Poren durchbrachen seine vorher makellose Oberfläche. Dann war es wieder vorbei. Der Schrank stand unverändert an seinem Platz.
Ich musste an den Piratenführer Sheeron denken. Die Undurchschaubarkeit dieses kleinen, fetten Arkoniden hatte mich von Anfang an verunsichert. Es war kein besonders angenehmes Gefühl gewesen, auf das Wohlwollen dieses Mannes angewiesen zu sein. Das hatte sich nicht besonders günstig auf meine psychische Verfassung ausgewirkt. Die Zweifel waren nicht geringer geworden, nachdem ich von seinen Telepathiefähigkeiten erfahren hatte.
Ob er mich an Sofgart ausliefern würde?
Vielleicht hatte er den Schrank in mein Zimmer geschmuggelt, als ich schlief. Ein Abhörmechanismus unbekannter Bauart. Ein Gerät, mit dem er meine Gefühlsregungen sondieren konnte.
Narr!, wisperte mein Extrasinn. Dazu braucht er keine Schränke! Es genügen Mikrodetektoren, die du im Nahrungsbrei verschluckst!
Also kein Psychospion. Was dann?
Ich zog mein Allzweckortungsgerät aus dem Gürtel. Auf Daumendruck erwachte es zu summendem Leben. Seine Magnetströme würden jeden metallischen Gegenstand bis hin zu mikroskopischen Größen orten und unschädlich machen.
Der erwartete Summton blieb aus. Die Situation war völlig unlogisch. Ich konnte die schmalen Stahlgriffe auf der Vorderseite des seltsamen Möbelstücks deutlich sehen. Oder spielte mir die Phantasie einen Streich?
Ich wollte schon die Bild-Sprech-Verbindung zu Sheerons Zentrale herstellen, als mich ein Rascheln zusammenzucken ließ.
Vor meinen Augen löste sich der schwarze Schrank auf. Seine Konturen verschwammen und machten einer klebrigen, zähflüssigen Masse Platz. Das Ding schillerte in allen Farben des Spektrums und verströmte dabei einen intensiv nach Schwefel riechenden Dampf. Wenige Augenblicke später war nur noch ein großer Klumpen organisch zuckender Materie übrig, deren Oberfläche sich in ständiger Bewegung befand.
Ich wusste jetzt auch, wer da zu mir hereingekommen war.
Morgus, Hanwigurt Sheerons Hofnarr.
Das veränderliche Wesen war mir gleich zu Beginn meines Aufenthalts in der Sogmanton-Barriere aufgefallen. Es konnte sich in alles und nichts verwandeln. Seine Körperzellen besaßen die erstaunliche Fähigkeit, sich durch Gedankenimpulse zu jeder beliebigen Gestalt aneinanderzureihen.
Morgus konnte auch meine Gestalt annehmen. Es konnte Sheeron oder sonst irgendeinen Piraten nachahmen. Es fiel erst dann auf, wenn man mit dem Wesen reden wollte. Es konnte akustische Signale aufnehmen, aber nicht weitergeben. Die rasch nachgebildeten Sprechwerkzeuge brachten nur gurgelnde Geräusche zustande.
Ich hatte gesehen, wie Sheeron mit dem Wesen telepathisch kommunizierte. Sie stellten Körperkontakt her und tauschen ihre gedanklichen Ströme aus.
Ein gallertartiger Pseudoarm zuckte auf mich zu. Ich trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Obwohl ich wusste, dass an diesem Wesen nichts Gefährliches war, empfand ich einen undefinierbaren Ekel.
Morgus musste das sofort bemerkt haben, denn es stabilisierte seine Körperoberfläche. Aus der gallertartig schimmernden Zellfläche wurde ein glänzender Kristall. Das Licht der Deckenbeleuchtung ließ das Ding aufblitzen.
Du bist misstrauisch und arrogant wie alle Arkoniden!
Meine Hand lag auf dem Kristallkörper, den Morgus jetzt darstellte. Die Gedanken kamen zuerst zögernd. Jetzt konnte ich ihn besser verstehen.
»Warum bist du hergekommen?«, fragte ich den Veränderlichen. Mein Extrasinn sorgte gleichzeitig dafür, dass nichts von meinen wahren Gefühlen in die telepathische Verbindung zu Morgus einfloss.
Vielleicht bist du mir sympathisch!
Ich musste lachen. Die Vorstellung, zu diesem Wesen eine Beziehung aufzunehmen, erheiterte mich. Außerdem würde Sheeron seinen Clown nur unfreiwillig herausrücken. Er hatte auch nie verlauten lassen, woher er den seltsamen Veränderlichen bekommen hatte. Stammte er aus einem Beutezug, oder hatte Sheeron ihn bei einem Ausflug auf einen arkonidischen Kolonialplaneten erworben?
Nein!, kam der bestimmte Telepathieimpuls. Ich gehörte einst einem Mann, den du sehr gut kennst!
Morgus vermittelte mir ein Gefühlsbild, das mich auf eine ganz bestimmte Person brachte. Ich musste plötzlich an Corpkor denken. Das Zusammentreffen mit diesem galaktischen Kopfjäger lag schon einige Zeit zurück. Doch ich konnte mich deutlich an seine Tierarmee erinnern, mit der er uns das Leben schwergemacht hatte. Sollte Morgus diesem Corpkor gehört haben?
Der Veränderliche bestätigte meine Vermutung in keiner Weise. Im Gegenteil. Für wenige Augenblicke zog er seine telepathischen Fühler zurück und überließ mich meinem Zweifel. Wenn er tatsächlich einmal zu Corpkors Tierarmee gehört hatte, dann waren Sheeron und der Kopfjäger Freunde. Oder Feinde. Ich tappte im dunkeln und würde diese Verbindung wahrscheinlich niemals ganz erklären können.
Zurück in die Gegenwart.
Ich war bei Farnathia! Morgus wollte mir etwas Wichtiges mitteilen.
»Was hast du bei ihr gesucht?«
Nichts! Morgus ist neugierig, Atlan!
Natürlich konnte ich keine detaillierten Angaben von diesem halbintelligenten Mimikrywesen erwarten. Doch meine einmal geweckte Neugier ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Vielleicht konnte mir dieses Wesen mehr verraten, als Hanwigurt Sheeron jemals zulassen würde.
Ich spielte den Gelassenen.
»Also ... was willst du mir berichten, Morgus?«
Ich hatte es wie beiläufig gesagt, wusste ich doch, dass der Veränderliche keine akustischen Signale verstehen konnte. Meine Gedanken jedenfalls erfasste er in voller Stärke.
Seine Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
Farnathia hat sich verändert! Morgus überschwemmte mein Bewusstsein mit zum Teil gegensätzlichen Eindrücken. Es entstanden Bilder, die Farnathia so zeigten, wie ich sie in der Erinnerung hatte. Dann ihre Gestalt, kurz nachdem sie aus der Sogmanton-Barriere geholt worden war. Sie wirkte müde und abgekämpft. Doch ihre Augen verrieten die Wiedersehensfreude mit mir.
Das war vor der Ruheperiode gewesen.
Das Gedankenbild, das Morgus jetzt in mein Bewusstsein projizierte, ließ mich erschauern. Ich war entsetzt. Das konnte doch niemals meine geliebte Farnathia sein. Das war ein Wrack. Eine sterbenskranke Arkonidin, der selbst ein Ara kaum mehr als ein halbes Arkonjahr gegeben hätte.
Das Bild verblasste und verschwand aus meinem Bewusstsein. Morgus hatte die telepathische Verbindung unterbrochen. Er schien mein Entsetzen und die damit verbundenen Gefühlsregungen nicht auf sich einwirken lassen zu wollen. Doch das einmal Gesehene hatte sich mir tief ins Bewusstsein eingebrannt.
»Farnathia!«, stöhnte ich leise. Das musste ein Albtraum sein. Dieser verdammte Metabolische hatte mit meinem Entsetzen Scherz getrieben. Ich stieß die schillernde Kristallkugel beiseite. Morgus verwandelte sich abrupt in einen zähen Schleimbrei, der durch die Ritzen der Klimaanlage sickerte. Wenig später war von ihm nichts mehr zu sehen. Nur ein schwacher Schwefelgeruch erinnerte noch an seine Anwesenheit.