Nr. 133
– Im Auftrag der Menschheit Band 118 –
Der Götterberg
Sie wohnen über den Wolken – und verbreiten Angst und Schrecken
von H. G. Ewers
Auf den Stützpunkten der USO, den Planeten des Solaren Imperiums und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Mitte Februar des Jahres 2843. Der Aufbau des Solaren Imperiums geht kontinuierlich voran. In der Galaxis herrscht relative Ruhe, abgesehen natürlich von den üblichen Geplänkeln und Reibereien an den Grenzen des Imperiums.
Dennoch sind die obersten Führungskräfte des Imperiums mit zunehmender Sorge erfüllt. Schuld daran ist ein Ereignis, das sich, obwohl es sich fern von der Erde und in ferner Vergangenheit abspielte, auch auf die Menschheit selbst auszuwirken beginnt.
Alles begann in dem Augenblick, da das Sternenvolk der Bernaler die Grenze der Dimensionen überschritt, sich aus den Fesseln der Körperlichkeit löste und zu Zeitnomaden wurde.
Die programmierten Urgene der Bernaler sind jedoch in diesem unserem Universum zurückgeblieben und finden Kontakt zu einzelnen Menschen, denen sie unheimliche Fähigkeiten verleihen – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht.
Bilfnei Gloddus, ein Kartograph des Raumschiffs SMARGENT, ist ein solcher »Negativ-Kontakt«. Nach dem Erwerb seiner neuen und überraschenden Fähigkeiten tritt er aus seiner bisherigen Unbedeutsamkeit heraus und sagt dem Solaren Imperium den Kampf an.
Gloddus wagt es sogar, den Heimatplaneten der Bernaler zu betreten – und den GÖTTERBERG ...
Atlan – Der Lordadmiral gibt sich als »großer Zauberer« aus.
Lelle Salgouz – Der Mann mit dem »Positiv-Kontakt«.
Captain Bata Cysher – Kommandant der Space-Jet TOLKIEN.
Gaongh und Tuusik – Eingeborene von Toulminth.
Bilfnei Gloddus – Der Mann mit dem »Negativ-Kontakt«.
Lordadmiral Atlan saß auf dem etwas erhöhten Platz in der Kommandozentrale des Superschlachtschiffes SENECA und verfolgte interessiert die Durchsagen der Ortungszentrale und die kurzen, informativen Wortwechsel zwischen dem Schiffskommandanten und dem Navigator.
Die SENECA war das Flaggschiff eines gemischten USO-Verbandes, der aus insgesamt vierhundert Einheiten aller Klassen bestand. Ziel des Fluges war der Planet Toulminth, von dem aus der Bernaler Flangkort vor unvorstellbar langer Zeit Millionen von Urgenen auf die Reise geschickt hatte.
Das Ausstreuen der Urgene war von Flangkort als Hilferuf gedacht gewesen, aber bisher waren die Kontakte zwischen Urgenen und intelligenten Lebewesen weder für die zu Zeitnomaden gewordenen Bernaler noch für die Kontaktpersonen erfreulich gewesen.
Mit einer Ausnahme – vielleicht!, dachte Atlan.
Er blickte verstohlen zu dem großen aufgeschwemmten Mann hinüber, der, in Nachdenken versunken, in einem Kontursessel saß. Das aufgedunsene, rotgeäderte Gesicht war eine Kraterlandschaft von Schründen und Falten und mit wulstigen Lippen. Die auf den Seitenlehnen des Sessels liegenden Hände waren groß und fleischig.
Der Mann hieß Lelle Salgouz und war ein Kolonialterraner vom Planeten Ammavol. Er hatte dort abseits der menschlichen Gesellschaft in einer Felsenhöhle zusammen mit zwei Frauen und seiner Wolfshundzucht gelebt – bis mit ihm eines Tages eine innere Wandlung vorgegangen war. Ursache war der Kontakt mit einem der von Flangkort ausgesandten Urgene gewesen.
Seitdem war Salgouz' Intelligenzquotient weit emporgeschnellt. Lelle Salgouz begriff Zusammenhänge, die andere Menschen zeit ihres Lebens niemals erfassen würden. Außerdem erwarb er die Fähigkeit, in das so genannte Zeitflimmern einzutreten, einen unendlichen Zeitstrom, in dem er ab und zu Kontakt mit den Bewusstseinsinhalten von Bernalern gehabt hatte, die körperlos im Zeitstrom dahintrieben.
Zuerst war der Eintritt ins Zeitflimmern gegen seinen Willen erfolgt, später hatte Salgouz gelernt, diesen Vorgang zu beherrschen und nur noch willkürlich hervorzurufen. Doch seit der Bernaler Faskern durch seinen ungewollten Einfluss aus dem Zeitflimmern gerissen und im dreidimensionalen Raum körperlich existent geworden war, scheute Lelle Salgouz vor einem neuerlichen Eintritt ins Zeitflimmern zurück.
Das alles ging Atlan durch den Kopf, während die SENECA durch das Sternengewimmel der nördlichen Seite des galaktischen Zentrums raste.
Als der Computermeister, ein blauhaariger Kybernetiker dracynischer Abstammung, die neuesten Rechenergebnisse des positronischen Astrogationssektors durchgab, ließen Atlans Gedanken von Lelle Salgouz ab.
»Eintauchkoordinaten sind einwandfrei erreicht worden«, teilte der Kybernetiker dem Kommandanten und dem Astrogator des Schiffes mit. »Damit kann der Weiterflug nach dem Abschluss des Orientierungsmanövers planmäßig erfolgen.«
»Danke!«, erwiderte der Kommandant, der – als Kommandant des Flaggschiffs – gleichzeitig Kommandeur des Flottenverbandes war.
Er aktivierte die Hyperkom-Sammelschaltung, die es den Kommandanten der übrigen dreihundertneunundneunzig Schiffe erlaubte, ihren Vorgesetzten gleichzeitig zu sehen und zu hören, und gab Anweisung, bei Standardzeit 23.02.00 mit Beschleunigungswerten von vierhundert Kilometern pro Sekundenquadrat Fahrt aufzunehmen und nach Erreichen von achtzig Prozent LG in den Linearraum überzutreten.
Lordadmiral Atlan lehnte sich zufrieden zurück. Bisher war der Flug planmäßig verlaufen, und es sah so aus, als würde das Ovendeno-System, zu dem der Planet Toulminth gehörte, ebenfalls nach Plan erreicht werden.
Die Koordinaten dieses Sonnensystems hatten Atlan und Salgouz von dem sterbenden Bernaler Faskern erfahren. Atlan hatte sofort beschlossen, die Heimatwelt der Bernaler anzufliegen und mehr über ihre Zivilisation und das Zeitflimmern zu erfahren.
Als Lelle Salgouz sich langsam erhob und auf das Hauptschott der Zentrale zuging, rief Atlan ihn an.
Salgouz drehte sich um.
»Ja, Sir?«, fragte er mit rauer Stimme.
»Wohin wollen Sie?«, erkundigte sich der Arkonide.
Salgouz verzog die wulstigen Lippen zu einem verlegenen Lächeln und entblößte dabei seine schadhaften Zähne.
»Ich brauche eine Stärkung, Sir«, antwortete er.
Atlan wusste, was Salgouz unter »Stärkung« verstand. Er wollte sich mit Schnaps vollaufen lassen.
»Halten Sie es wirklich für angebracht, kurz vor dem Ziel Alkohol zu trinken, Salgouz?«, fragte er ohne Vorwurf.
Salgouz' Augen erwiderten den Blick des Lordadmirals.
»Gerade weil wir kurz vor dem Ziel sind, brauche ich etwas, Sir«, erwiderte er. »Außerdem werden wir noch mindestens zehn Stunden unterwegs sein. Bis dahin bin ich wieder nüchtern.«
Atlan lächelte.
»Das will ich hoffen«, sagte er.
Lelle Salgouz deutete eine Verbeugung an, dann wandte er sich um und verließ die Kommandozentrale.
»Bei allen Kometenschweifen!«, sagte der diensthabende Astrogator, Major Adaiga Oldenic, als sich das schwere Panzerschott hinter Salgouz verschlossen hatte. »Der Mann ist ja vollkommen vom Alkohol abhängig.«
»Aber er ist ein guter Mensch«, entgegnete Atlan. »Ich bin froh, dass an seiner Stelle nicht ein zweiter Gloddus von einem bernalischen Urgen getroffen wurde. Bei Salgouz brauchen wir wenigstens nicht zu befürchten, dass er seine neuen Fähigkeiten missbraucht.«
Major Adaiga Oldenic reckte sich, so dass ihre weiblichen Rundungen trotz der Bordkombination hervortraten.
»Aber wir können auch nicht hoffen, dass er sie zum größtmöglichen Nutzen der Menschheit anwendet, Sir«, meinte sie.
Atlan zuckte die Schultern.
»Salgouz hat eben keinerlei Ehrgeiz, Major. Immerhin will er uns helfen, Gloddus auszuschalten. Das ist schon viel wert.«
Nachdem Major Oldenic sich wieder ihrer Arbeit zugewandt hatte, konzentrierten sich Atlans Gedanken auf den ehemaligen Astrokartographen Bilfnei Gloddus, der sowohl die USO als auch die Solare Abwehr in Aufruhr versetzt hatte.
Im Gegensatz zu Salgouz hatte Gloddus Ehrgeiz. Dazu war er rücksichtslos und machtbesessen. Er verwendete die neuen Fähigkeiten, die der Kontakt mit einem Urgen ihm gebracht hatte, in negativer Weise, indem er das Solare Imperium zu erpressen versuchte.
Sein erster Erpressungsversuch war nur dank Salgouz' Eingreifen fehlgeschlagen. Aber Bilfnei Gloddus hatte entkommen können, und Atlan war sich klar darüber, dass der krankhaft ehrgeizige Mann seinen nächsten Erpressungsversuch sorgfältiger vorbereiten und sich besser absichern würde.
Vorübergehend schweiften seine Gedanken ab, als die SENECA mit dröhnenden Aggregaten beschleunigte. Die Sterne draußen veränderten sich trotz der hohen Fahrt nicht, aber als eine Geschwindigkeit von achtzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreicht war und die Linearkonverter eingeschaltet wurden, verschwanden die Sterne schlagartig. Auf den Bildschirmen waren nur noch die rätselhaften Leuchteffekte und konfusen Farbmuster des so genannten Zwischenraums zu sehen. Innerhalb dieses Interkontinuums war die Lichtgeschwindigkeit gleich unendlich, so dass ein Raumschiff darin Geschwindigkeiten bis zum Vielmillionenfachen der Lichtgeschwindigkeit des Einstein-Kontinuums erreichen konnte, ohne jemals die Lichtgeschwindigkeit wirklich zu erreichen.
Eine halbe Stunde nach dem Eintritt in den Linearraum wurde die Zentralbesatzung abgelöst. Atlan wartete noch einige Minuten, dann verließ er ebenfalls die Zentrale und kehrte in seine Kabine zurück, um ein paar Stunden zu ruhen.
Doch er fand keinen Schlaf. Die Gedanken an Gloddus und dessen unbekannte Pläne beschäftigten ihn ebenso stark wie die Gedanken an das, was er auf Toulminth vorfinden würde. Er musste eine Entspannungsübung anwenden, um doch noch von ihnen loszukommen.
*
Die von der Bordpositronik gesteuerten Leuchtchronographen der Kommandozentrale zeigten den 16. Februar des Jahres 2843 – Erdzeit – an, als die vierhundert Raumschiffe vor dem Ovendeno-System in den Normalraum zurückkehrten.
Sofort liefen die zahllosen Ortungsautomaten an. Vierhundert Bordpositroniken nahmen die eingehenden Ortungsdaten auf, speicherten und analysierten sie und gaben laufend Zwischenresultate an die Kommandozentralen.
In der Kommandozentrale der SENECA liefen die Daten zusammen und wurden in ihrer Gesamtheit nochmals vom besonders leistungsfähigen Bordgehirn des Führungsschiffes analysiert.
»Keine Besonderheiten«, meldete die unmodulierte Stimme des Positronengehirns zum wiederholten Male. »Kleine gelbe Sonne und sieben Planeten bilden ein normales System. Nirgends sind Hinweise auf eine technisch hochstehende Zivilisation zu entdecken. Allerdings ist die Entfernung für absolute Rückschlüsse noch zu groß.«
»Anfrage!«, sagte Atlan, der in die Zentrale zurückgekehrt war. »Gibt es im Ovendeno-System oder im weiteren Ortungsbereich Anzeichen für Raumschiffaktivität?«
»Keine Anzeichen für Raumschiffaktivität«, antwortete die Bordpositronik. »Weder verdächtige Energie- noch Massenortung.«
»Das hat an und für sich wenig zu besagen«, meinte Atlan zum Kommandanten der SENECA, der ebenfalls wieder auf seinen Platz zurückgekehrt war. »Wenn wir bedenken, dass es auf Toulminth eine Zivilisation gegeben hat, die in mancher Hinsicht der des Solaren Imperiums weit voraus war, dürfen wir nicht ausschließen, dass auf diesem Planeten Mittel existieren, mit denen man unsere Ortungsinstrumente irreführen kann.«
»Aber die Zivilisation der Bernaler hörte auf zu existieren, als die Bevölkerung in eine neue Dimension eintrat«, gab der Kommandant zu bedenken.
»Ihr Erbe kann von Vertretern einer anderen Zivilisation gefunden und ausgeschlachtet worden sein«, erklärte der Arkonide ernst. »So etwas hat es schließlich immer wieder gegeben. Auf alle Fälle werden wir uns vorsehen. Weisen Sie die Kommandanten aller anderen Schiffe an, rings um das Ovendeno-System Bereitschaftspositionen zu beziehen. Wir stoßen mit der SENECA ins System vor und sehen uns Toulminth aus der Nähe an.«
»Ja, Sir«, erwiderte der Kommandant.
Nachdem er den Befehl weitergeleitet und die Bestätigungen der anderen Schiffskommandanten empfangen hatte, nahm die SENECA erneut Fahrt auf und drang ins Ovendeno-System ein.
Da der Flug mit Unterlichtgeschwindigkeit erfolgte, würde es mehrere Stunden dauern, bis die SENECA die Bahn des äußeren Planeten und damit die Grenze des Ovendeno-Systems überflog. Deshalb verließ Atlan die Kommandozentrale.
Er ließ sich vom Transportband des Chefdecks zur Kabine Salgouz' tragen und drückte die Meldetaste. Es dauerte fast eine halbe Minute, bis die Tür sich öffnete. Der Vorraum dahinter war sauber, aber das ließ keine Rückschlüsse auf die Ordnungsliebe von Lelle Salgouz zu, denn alle Kabinen wurden von robotischen Wartungseinheiten sauber gehalten.
In dem anschließenden Wohnraum sah es schon anders aus. Der hier zuständige Wartungsroboter stand desaktiviert in seiner Nische, die Möbel waren zu einem wüsten Haufen zusammengeschoben und an den Wänden waren Skizzen und Formeln mit einem CO2-Laserschreiber hingekritzelt worden.
Lelle Salgouz selbst lag entspannt in einem Sessel, eine halbvolle Schnapsflasche vor sich auf dem Teppichboden und ein zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht.
»Hallo, Lordadmiral!«, sagte Salgouz leutselig, als er Atlan erblickte. »Nett, dass Sie mich mal in meiner Höhle besuchen.«
Atlan nickte nur.
»Sind wir schon im Zielgebiet?«, fragte Salgouz. »Völlig unwichtig. Alles ist völlig unwichtig, was nicht wichtig ist, Lordadmiral.«
»Ich weiß«, sagte der Arkonide vorsichtig und setzte sich auf einen Lederhocker, den er sich mit dem Fuß heranschob. »Für den Wissenden gibt es eine andere Einstufung auf der universellen Wertskala als für den Unwissenden.«
Lelle Salgouz setzte sich aufrecht, scharrte dabei mit den Füßen und stieß die Schnapsflasche um. Hastig beugte er sich vor, griff nach der Flasche und stellte sie auf die Unterseite der Platte eines umgekippten runden Tischchens.
Nach einem Schluckauf meinte er:
»Es ist nicht gut für die Seelenruhe, zuviel zu wissen. Deshalb trinke ich auch.«
»Das ist eine Ausrede«, entgegnete Atlan. »Sie haben schon getrunken, bevor das bernalische Urgen Ihren Horizont erweiterte. Warum hören Sie nicht endlich auf damit? Sie ruinieren sich. Wenn ich bedenke, was Sie bei klarem Kopf alles mit Ihren Fähigkeiten anfangen könnten ...«
Salgouz winkte ab.
»Ich könnte völlig neue Methoden der Überwindung von Raum und Zeit entwickeln«, sagte er. »Ich könnte der Menschheit die Reise in andere Universen ermöglichen. Aber da meine Fähigkeiten die eines normalen menschlichen Genies in kaum vorstellbarem Maß überschreiten, wäre eine solche Anwendung sehr gefährlich.«
Er beugte sich etwas vor und musterte den Arkoniden aus seinen kleinen grauen Augen.
»Die Natur in ihrer unendlichen Weisheit hat dafür gesorgt, dass auch Genies ihrer Rasse nur relativ geringfügig voraus sind. Sie werden als Katalysator der Entwicklung gebraucht, deshalb dürfen sie sich nur in beschränktem Maße vom geistigen Stand des Durchschnitts entfernen. Entfernen sie sich zu weit davon und wirken sie weiterhin als Katalysatoren der Entwicklung, führen sie ihre Rasse unweigerlich in Situationen, die sie geistig nicht verkraften kann und die sie letzten Endes zugrunde richten müssen.«
»Ich verstehe«, sagte Atlan mit belegter Stimme.
»Gar nichts verstehen Sie«, erwiderte Salgouz grob. »Ohne das Wissen, das mir unverdientermaßen zuteil geworden ist, können Sie überhaupt nichts verstehen. Ihre Gedanken bewegen sich auf einer ganz anderen Ebene als meine.«
»Aber das trifft offenbar nicht auf die Gefühle zu?«, erkundigte sich der Arkonide.
Salgouz lächelte gequält, griff nach der Flasche, zog aber seine Hand leer wieder zurück und sagte leise:
»Nein, auf die Gefühle trifft das nicht zu. Mein Gefühlsleben hat sich nicht verändert, wenn man davon absieht, welche spezifischen Empfindungen durch die Erkenntnis meiner neuen Fähigkeiten und meines neuen Wissens hervorgerufen wurden. Doch das sind Empfindungen einer Gefühlsskala, die schon vorher vorhanden war.«
»Wenigstens sind es positive Gefühle«, meinte Atlan.
»Das ist Anschauungssache, Lordadmiral«, erwiderte Salgouz bedächtig. »Wie übrigens alles – oder doch fast alles. Sind Sie schon einmal auf den Gedanken gekommen, dass wir gar nicht das sind, was wir zu sein scheinen, sondern dass wir dieses Leben nur träumen – und uns ebenfalls?«
Atlan leckte sich über die Lippen. Seine Augen wurden feucht wie stets, wenn er erregt wurde.
»Träumen wir denn das alles tatsächlich nur?«, erkundigte er sich unsicher.
Salgouz lachte kehlig.
»Wenn ich es wüsste, ich würde es niemandem verraten, Sir. Aber schon die Vorstellung, nur eine Traumgestalt zu sein, ist deprimierend genug, nicht wahr?«
Atlan erhob sich. Er hatte sich wieder vollkommen in der Gewalt. Lächelnd sagte er:
»Im ersten Augenblick vielleicht, Salgouz. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass eine solche Erkenntnis dazu führen würde, dass der Betreffende sich auf sein wirkliches Wesen besinnt – und das wäre doch sicher positiv zu werten.«
Lelle Salgouz blickte den Arkoniden nachdenklich an, dann meinte er:
»Sie haben Format – trotz Ihres relativ geringen Wissens, Sir. Ich glaube tatsächlich, dass Sie alles verkraften können, was auf Sie zukommt. Vielleicht werden Sie diese geistige und seelische Qualität eines Tages bitter benötigen.«
Er erhob sich ächzend.
»Aber Sie sind sicher nicht nur gekommen, um philosophische Gespräche mit mir zu führen. Darf ich Sie zur Zentrale begleiten, Sir?«
Atlan lächelte.
»Ich bitte darum, Salgouz – und vielen Dank für Ihr Verständnis.«
*
Als die beiden Männer die Kommandozentrale betraten, stand auf der Bildschirmwand der Bordpositronik das Abbild eines Planeten mit blauen Ozeanen, grün, braun und rot gefärbten Kontinenten und weißen Wolkenfeldern.