Nr. 157
– Im Auftrag der Menschheit Band 130 –
Skanmanyons Berg
Die einen dienen dem Mächtigen – die anderen suchen die Chance zur Rückkehr
von H. G. Ewers
Auf den Stützpunkten der USO, den Planeten des Solaren Imperiums und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Mitte Juli des Jahres 2843.
Die Krise, die von Komouir, dem auf der galaktischen Eastside gelegenen Fundort wertvoller Schwingkristalle, ausging, veranlasste Lordadmiral Atlan, gemeinsam mit Froom Wirtz, dem Instinkt-Spezialisten, und Terrania Skeller, einem parapsychisch begabten Kind, der Welt der Schatzsucher einen Besuch abzustatten.
Dieser Besuch erwies sich, wie schon berichtet, als äußerst folgenschwer, denn Kräfte griffen ein, die, da sie sich weder steuern noch beeinflussen ließen, Menschen zu hilflosen Spielbällen machten.
Alles begann in dem Moment, als Atlan und seine Begleiter das »schweigende Raumschiff« entdeckten, dessen Funktion es war, eine »Straße im Kosmos« zu bahnen.
Jetzt sind Atlan und seine Begleiter im Bann des Eisplaneten, im Bann einer Welt, die plötzlich vom Kältetod überfallen wurde.
Hier auf »Schneeball« wie sie diese Welt treffend nennen, sollen sie dem Mächtigen dienen – denn hier befindet sich SKANMANYONS BERG ...
Atlan – Der Lordadmiral kämpft um die Rückkehr in die Galaxis.
Terrania Skeller – Eine Dienerin Skanmanyons.
Froom Wirtz – Der Instinkt-Spezialist benimmt sich seltsam.
Skabbah Tas – Eine Rakganterin.
Skam Ma'h und Carrit Barkan – Skabbah Tas' Gefährten.
Caepholk – Ein Mann von den Sonneninseln.
Atlan schritt so schnell aus, dass Froom Wirtz ihm kaum folgen konnte. Sie eilten durch einen vereisten Wald aus Nadelbäumen. Die dicht beieinanderstehenden Stämme nahmen ihnen die Sicht auf das unheimliche Gebilde, das ihr Ziel war. Sie hatten es noch beobachten können, bevor sie in das Gehölz eingedrungen waren.
»Ich schätze, dass der Eisberg wenigstens zweitausend Meter hoch ist«, sagte Atlan und wandte sich zu seinem Begleiter um. Er stellte den Verschluss seiner Jacke nach. Ein steifer Wind blies ihm ins Gesicht. Er durchdrang selbst die dicken Pelze, die Kilter Shann ihnen zum Schutz gegen die eisige Kälte gegeben hatte, die plötzlich über diese Welt hereingebrochen war. »An der Grundfläche durchmisst er sicherlich tausend Meter.«
»Glauben Sie wirklich, dass Terrania dorthin verschwunden ist?«, fragte Wirtz.
Atlan nickte nur.
Er wartete, bis Wirtz an seiner Seite war. Dann ging er weiter.
»Ich glaube nicht, dass das Ding in der Luft schwebt«, sagte der Instinkt-Spezialist.
»Es sah so aus.«
»Das halte ich für eine optische Täuschung. Ein Eisberg, der in der Luft hängt!« Froom Wirtz schnaufte und gab Atlan damit zu verstehen, dass er von dieser Vorstellung herzlich wenig hielt.
Der Arkonide antwortete nicht. Wer ihn gut genug kannte, hätte gewusst, dass das genug Kommentar für ihn war. Atlan hatte zunächst auch an eine optische Täuschung geglaubt.
Als sie den Wald verließen, begann es zu schneien. Wie durch einen Schleier konnten sie den weißlich-glasigen Berg sehen. Er war unregelmäßig geformt, voller Zacken, Schründe, Vorsprünge, Spitzen und Auswüchse. Und er schien tatsächlich in der Luft zu schweben. Auch jetzt konnten sie es noch nicht genau erkennen, da der untere Teil des Kolosses im Schneegestöber völlig verschwand.
Froom Wirtz kniff die Augen zusammen.
»Man sieht es nicht so richtig«, sagte er unzufrieden, »aber ich schätze ...«
Er sprach nicht weiter, denn für einige Sekunden hörte es auf zu schneien. In diesen wenigen Augenblicken konnten die beiden Männer klar sehen, dass der Eisberg tatsächlich in der Luft schwebte.
Froom Wirtz lachte verzweifelt auf. Atlan blickte ihn überrascht an. Er sah das eigenartige Leuchten in den Augen des Instinkt-Spezialisten, die unnatürlich groß in einem Gesicht von wächserner Bleiche wirkten.
»Der Berg schwebt mindestens fünfzig Meter über dem Boden«, stellte Wirtz fest. In seiner Stimme wurde die Angst vor der Einsamkeit und Verlorenheit auf dieser Welt hörbar. »Das schaffen wir nicht. Wenn Terrania tatsächlich in diesem Eiskoloss verschwunden ist, dann können wir ihr nie folgen. Wie wollen wir diese Höhe überwinden? Wir haben nichts bei uns, was uns helfen könnte. Keine Antigravs ... nichts ... Sir ...«
»Wirtz, schweigen Sie!«, befahl Atlan mit eisiger Stimme. Er blickte den USO-Spezialisten scharf an. Wirtz war durch ihn aktiviert worden. Alle seine Fähigkeiten waren ihm bewusst gemacht worden. Dennoch wusste Froom Wirtz immer noch nicht, dass er Angehöriger der USO war.
»Verdammt, Atlan, glauben Sie, ich möchte hier zwischen zwei Galaxien versauern? Auf dieser Welt gibt es nichts, was uns ...«
»Ich sagte Ihnen, dass Sie still sein sollen, Wirtz«, erklärte der Arkonide. »Ich hoffe, ich muss mich nicht wiederholen.«
Froom schob die Kapuze zurück und ließ sich den Schnee ins Gesicht wehen. Der Kopf wirkte noch eckiger als sonst. Die Strapazen der vergangenen Tage hatten deutliche Spuren in dem zuvor so glatten Gesicht des Mannes hinterlassen. Die dunklen Augen lagen tief in den Höhlen. Der Oberlippenbart sah struppig und ungepflegt aus.
Froom Wirtz war vor Jahren Professor für Alte Musik gewesen. Er hatte die Hochschule jedoch verlassen und sich von seinem Abenteuerdrang in die Galaxis hinaustreiben lassen. Mit der für ihn bezeichnenden Leidenschaft hatte er sich auf die Suche nach versunkenen Schätzen gestürzt. Bis weit zurück in die terranische Geschichte hatte er Überlieferungen und Unterlagen durchgearbeitet, ohne je bemerkenswerte Erfolge zu erzielen.
Von dem alten Feuer seiner Begeisterung war jedoch nicht viel geblieben. Froom Wirtz sah erschöpft aus. Er schien am Ende seiner psychischen Kräfte zu sein. Atlan fragte sich, ob er ihm noch lange folgen würde. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, ihm gegenüber nach der Aktivierung nicht sogleich mit absolut offenen Karten zu spielen.
»Sie sollten sich zusammennehmen, Froom«, sagte er. »Ich glaube an unsere Chance, wie ich es immer getan habe. Tun Sie es auch.«
Wirtz lächelte verzerrt. Er schüttelte den Kopf.
»Man muss einsehen, dass irgendwann einmal Schluss ist.«
»Für mich ist der Berg ein Grund, wieder zu hoffen.«
»Erklären Sie mir, wie wir den Höhenunterschied von fünfzig Metern bewältigen sollen.« Er fasste sich an den Kopf. »Es ist einfach nicht zu glauben. Von unserer Galaxis trennen uns viele Lichtjahre. Aber das macht mich nicht nervös. Was mich verrückt macht, sind ganze fünfzig Meter. Können Sie das verstehen, Sir?«
Atlan nickte ihm zu, wandte sich um und ging auf den schwebenden Berg zu. Zögernd folgte ihm Wirtz.
Der Instinkt-Spezialist beobachtete den Arkoniden, den er schrankenlos bewunderte. Er wusste nicht, woher Atlan den Mut nahm, immer wieder an sich und seine Zukunft zu glauben. Gab dieser Mann denn nie auf? Gab es für ihn jenen Punkt nicht, an dem er einsah, dass er verloren hatte? Oder kam in Atlan nie der Gedanke auf, dass er überhaupt jemals verlieren könnte?
Wirtz beschleunigte seine Schritte, um Atlan näher zu kommen. Instinktiv suchte er bei dem Arkoniden Schutz. Eine Aura der Hoffnung und der Sicherheit umgab den Lordadmiral wie ein unsichtbarer Schutzschirm, der stark genug war, auch ihn mit einzubeziehen.
Wirtz fühlte, wie er sich beruhigte. Sein Pulsschlag verlangsamte sich und neue Kraft durchströmte ihn. Er schämte sich ein wenig für seine Schwäche und war versucht, Atlan mit einigen Worten zu verstehen zu geben, dass alles wieder in Ordnung war. Aber das war gar nicht nötig. Der Arkonide blickte ihn kurz an. Und in seinen rötlichen Augen lag alles, was Wirtz suchte.
Deshalb reagierte er zunächst auch gelassen, als die schwache Stimme Terranias hinter ihnen hörbar wurde. Er drehte sich zu dem Mädchen um, das vor einiger Zeit im Nichts verschwunden war. Terrania sah auf schreckliche Weise verändert aus, ohne dass Wirtz auf Anhieb hätte sagen können, was eigentlich anders an ihr war als früher.
Sie streckte ihre abgemagerten Hände aus und berührte Atlan und Wirtz. Im gleichen Augenblick wurde es Nacht um sie. Beide Männer hatten das Gefühl, in einen Abgrund zu stürzen.
Bevor sie irgend etwas tun konnten, wurde es wieder hell um sie herum. Terranias übergroße Augen blickten sie an, ohne wirklich zu sehen. Dann verschwammen ihre Umrisse. Sie wurde durchsichtig und verschwand.
»Was soll ...?«, fragte Wirtz. Er drehte sich um sich selbst und verstummte. Die Szene hatte gewechselt. Sie befanden sich an einem anderen Ort.
»Warum hat sie das getan?«, fragte Wirtz betroffen. »Wollte sie nicht, dass wir näher an den Berg herankommen?«
Sie standen am Ufer einer Meerenge, die etwa zwanzig Kilometer breit war. Der Eiskoloss war über den Hügeln auf der anderen Seite des Sunds zu erkennen. Ein heftiger Wind wühlte die Wasserfläche auf, die seltsamerweise nicht zugefroren war.
Terrania hatte sich mit ihnen vom Berg hierher teleportiert. Das Motiv erschien klar. Entweder hatte ihr jemand den Befehl dazu gegeben, oder sie hatte sich gegen die fremde Macht, die sie beherrschte, aufgelehnt, um sie zu retten. Beides bedeutete, dass es gefährlich war, sich dem Berg zu nähern.
Atlan drehte sich um. Etwa fünfhundert Meter von ihnen entfernt befand sich eine Metallkuppel, die mehrere Löcher aufwies. Sie war alt und höchstwahrscheinlich verlassen. Dahinter erhob sich ein Wald aus riesigen Schilfpflanzen. Mächtige, schwertartige Blätter hingen bis fast zum Boden herab.
»Wir gehen erst einmal zu dem Bau hinüber«, sagte Atlan. »Dann werden wir weitersehen.«
Wirtz folgte ihm durch das hüfthohe Gras, das sich mit Raureif überzogen hatte. Hier war nur wenig Schnee gefallen.
Als sie etwa zweihundert Meter weit gegangen waren, blitzte es bei der Kuppel auf. Ein Energiestrahl fuhr auf sie zu, erreichte sie jedoch nicht. Ein Hitzeschwall fauchte über sie hinweg und schuf eine Gasse. Sie blieben stehen. Atlan blickte sich um. Er wusste nicht, was er tun sollte. Sie mussten irgendeine Möglichkeit finden, das Wasser zu überwinden. Schwimmen konnten sie nicht. Dafür war das Wasser viel zu kalt. Zudem vermutete Atlan, dass es eine starke Strömung in der Meerenge gab. Sie mussten etwas finden, was sie als Fahrzeug benutzen konnten.
»Wir gehen weiter«, sagte er.
»Das ist doch sinnlos. Die knallen uns ab.«
Atlan beachtete die Worte seines Begleiters nicht. Er hob die Arme, um dem unbekannten Schützen damit zu zeigen, dass er nicht die Absicht hatte, mit ihm zu kämpfen.
Als er bis auf einhundert Meter an die Kuppel herangekommen war, konnte er sehen, dass diese tatsächlich nicht mehr als eine Ruine war. Die Ränder der Öffnungen waren gezackt und nach außen gebogen. Sie konnten nur durch Explosionen entstanden sein.
Der Wind hatte ein hohes Schneefeld vor die Kuppel getrieben, so dass von dem Gras kaum noch etwas zu sehen war.
»Da kommen wir nicht so ohne weiteres durch«, sagte Wirtz, der dem Arkoniden gefolgt war. »Wir müssen einen Bogen schlagen. Da drüben liegt der Schnee nicht so hoch.«
Vor der Kuppel erschien eine hochgewachsene Gestalt, die in dicke Pelze gehüllt war, so dass die humanoide Form kaum auszumachen war.
»Verschwinden Sie«, rief sie mit schriller Stimme in einem kaum verständlichen Interkosmo. »Hauen Sie ab, oder wir schießen.«
Atlan ging weiter.
»Seien Sie vernünftig«, antwortete er. »Wir müssen mit Ihnen reden.«
»Bleiben Sie stehen.«
Der Arkonide tat, als habe er die Worte nicht gehört. Froom Wirtz legte ihm die Hand auf die Schulter, um ihn zurückzuhalten, doch er schüttelte sie ab. Wieder blitzte es in einer der Öffnungen auf. Der Energiestrahl zuckte hoch über sie hinweg.
»Beim nächsten Mal zielen wir nicht vorbei.«
Atlan blieb stehen.
»Das halte ich auch für besser«, sagte jemand hinter ihnen. Sie fuhren herum. Vor ihnen stand ein Rakganter. Die Haut des Gesichtes schimmerte wie Silberbronze. Grasgrüne Augen musterten Atlan.
Der Mann, der von einer Randwelt des Orionarms stammte, zielte mit einem Thermostrahler auf sie. Er war etwa 1,80 m groß. Der Arkonide schätzte, dass er annähernd 140 kg wog.
»Was treibt ein Rakganter auf Schneeball?«, fragte er.
»Das gleiche könnte ich Sie auch fragen«, erwiderte der Fremde. »Ich hätte nicht erwartet, hier einem Arkoniden zu begegnen.«
»Sie scheinen immerhin erkannt zu haben, dass ich nicht von dieser Welt stamme«, sagte Atlan. »Das sollte Sie dazu veranlassen, endlich Ihre Waffe wegzustecken. Ich habe nicht vor, Sie anzugreifen. Das wäre ja auch sinnlos.«
Zögernd schob der Mann mit der hellen Haut seinen Thermostrahler in eine Hüfttasche.
»Das klingt nicht ganz unvernünftig, Arkonide.« Er hatte einen Akzent, der sein Interkosmo nur schwer verständlich machte. Er ließ das »r« und das »t« fast immer aus und betonte die Silben völlig anders, als sonst in der Galaxis üblich. Atlan musste sich scharf konzentrieren.
Rakganter galten als verschlossen und zurückhaltend. Sie waren kontaktscheu und lehnten eine enge Zusammenarbeit mit dem Solaren Imperium ab, obwohl sie von terranischen Kolonisten abstammten. Sie leugneten ihre solare Herkunft und distanzierten sich von den ursprünglichen Siedlern von Rakgant. Diese – so meinten sie – hätten nichts mehr mit ihnen gemein. Tatsächlich waren im Laufe der Jahrhunderte Mutationen eingetreten, die erhebliche Veränderungen bewirkt hatten.
»Na, also«, sagte Atlan. »Können wir jetzt miteinander reden?«
»Was wollen Sie hier?«
»Haben Sie gesehen, wie wir hierhergekommen sind?«
»Allerdings. Sie sind teleportiert.«
»Worden«, ergänzte Atlan.
»Worden?«
»So ist es. Eine Teleporterin hat uns gepackt und hergebracht. Ganz gegen unseren Willen. Wir hatten nämlich die Absicht, jenen Berg dort drüben zu besteigen.«
»Den schwebenden Eisberg?«
»So ist es.«
»Warum?«
»Wäre es nicht möglich, dass der Berg so etwas wie ein Raumschiff ist?«
»Hm – könnte sein.«
»Dann ist der Berg die einzige Möglichkeit für uns, in die Heimatgalaxis zurückzukommen.«
In den grünen Augen des Rakganters leuchtete ein geheimnisvolles Licht auf. Atlan blickte über die Schulter zurück. Zwei weitere Rakganter hatten sich ihnen lautlos von hinten genähert. Der eine war etwas größer als ihr Gesprächspartner. Der andere war nur etwa 1,60 m groß, wog aber sicherlich 100 kg. Beide waren mit Thermostrahlern bewaffnet, und beide machten den Eindruck, als würden sie ihre Waffen auch einsetzen, falls sich das als notwendig erweisen sollte.
»Es gibt keine Möglichkeit, über die Meerenge zu kommen«, erklärte der größere der beiden neu hinzugekommenen Rakganter. Er nickte Atlan mürrisch zu. »Mein Name ist Skabbah Tas. Ich bin weiblich. Deshalb lege ich Wert darauf, dass Sie meinen ganzen Namen benutzen, wenn Sie mich ansprechen. Haben Sie verstanden?«
»Ich habe verstanden, Skabbah Tas. Mein Name ist Atlan.«
Die Frau fuhr sich mit dem Ärmel über das Gesicht. Sie schnaufte hörbar.
»Sind Sie ...?«
»Ich bin.«
»Das ändert die Situation ein wenig. Skam Ma'h, Carrit Barkan, verschwindet. Macht ein Feuer in der Kuppel an. Los doch. Beeilt euch.«
»Ja, Skabbah Tas«, sagte Skam Ma'h, der kleinere der beiden Männer, unterwürfig. Zusammen mit Barkan eilte er durch den Schnee davon, der an einigen Stellen so hoch lag, dass er bis an die Schulter darin versank.
Die Frau blickte den Lordadmiral ratlos an.
»Wir haben mit Fiktivtransmittern experimentiert«, erklärte sie und hob die Arme, als sei mit diesen Worten schon alles gesagt.
»Die Experimente sind nicht ganz so verlaufen, wie Sie geplant haben, Skabbah Tas?«
»Das sagte ich doch schon«, erwiderte sie schnaufend und strich sich erneut mit dem Ärmel ihres Pelzmantels über das Gesicht. »Wir sollten auf einer Welt 287 Lichtjahre von Rakgant entfernt materialisieren. Aber wir sind hier herausgekommen. Weitab von der Galaxis. Es ist zum Verrücktwerden.«
Sie sagt nicht die Wahrheit, stellte Atlans Logiksektor fest. Die Entfernungen sind zu groß.
So sehr kann man sich nicht irren?, fragte der Arkonide lautlos zurück.
So sehr nicht.
»Wenn Sie in die Milchstraße zurückkehren wollen, dann müssen Sie sich an den Berg halten«, sagte er. »Oder haben Sie ein anderes Raumschiff entdeckt?«
Sie blickte ihn zornig an.
»Ich habe Sie gebeten, die Höflichkeitsformen zu wahren.«
»Entschuldigen Sie, bitte, Skabbah Tas. Es war keine böse Absicht.«
Sie wandte sich brummend ab und stapfte durch den Schnee davon. Atlan und Wirtz folgten ihr.
Das wird sie dir nicht vergessen.
Ich habe mich entschuldigt.
Rakganter sind stolz. Du hast sie verletzt.
Atlan antwortete nicht auf die Feststellungen seines Extrasinns. Was hätte er auch sagen sollen? Skabbah Tas hatte ihm alle nötigen Hinweise gegeben. Dennoch hatte er ihren Namen missachtet. Er hoffte, dass sich alles von selbst wieder einrenken werde.
Als sie die Kuppel erreichten, brannte drinnen bereits ein Feuer. Atlan sah jetzt, dass die verlassene Station praktisch nur noch aus der Hülle aus Thermoplast und einigen Stützwänden bestand, die mit Isoplast überzogen worden waren. Das ganze Bauwerk war etwa sieben Meter hoch und durchmaß an der Grundfläche zehn Meter, war also im Verhältnis zu seiner Grundlinie recht hoch. Alles, was jemals darin gewesen war, war von Unbekannten herausgerissen worden. Atlan vermutete, dass die Eingeborenen des Planeten für die Plünderung verantwortlich waren.
Der kleine Rakganter reichte dem Arkoniden und seinem Begleiter ein heißes Getränk in einfachen, nicht sehr sauberen Bechern.
»Der Dreck ging nicht herunter«, sagte Skam Ma'h. »Ich habe alles versucht.«
»Du brauchst dich bei ihm nicht zu entschuldigen«, fuhr ihm Skabbah Tas über den Mund. »Er hat keinen Sinn für Höflichkeit und gute Umgangsformen.«
Atlan ging lächelnd über diese Bemerkung hinweg. Er trank. Das Gebräu schmeckte bitter, weckte aber auf angenehme Weise die Lebensgeister.
»Es muss eine Möglichkeit geben, die Meerenge zu überwinden, Skabbah Tas«, sagte er und umschloss den Becher mit beiden Händen, um sich daran zu wärmen.
»Es gibt keine.«
»Warum sind Sie so sicher, Skabbah Tas?«, fragte er.
Ihr Bronzegesicht zuckte. Die bleichen Lippen wurden weich. Sie schlug die Augen nieder.
»Skarlt Op'han hat es versucht«, erklärte sie tonlos. »Er hat sich eines von den Schilfblättern geholt und sich draufgestellt. Ein zweites Blatt hat er als Segel in den Arm genommen. Er wollte sich vom Wind zur anderen Seite blasen lassen. Es hat nicht geklappt.«