Nr. 259
– ATLAN exklusiv Band 120 –
Die strahlenden Kristalle
Atlan, Fartuloon und der Mondträger auf der Flucht – sie sind die Gejagten von Travnor
von Peter Terrid
Das Große Imperium der Arkoniden kämpft um seine nackte Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen.
Gegen diese inneren Feinde ist der junge Atlan, der rechtmäßige Thronerbe und Kristallprinz von Arkon, bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Selbst empfindliche Rückschläge entmutigen ihn nicht und hindern ihn und seine Helfer nicht daran, den Kampf gegen Orbanaschol III., den Usurpator, mit aller Energie fortzusetzen.
Gegenwärtig ist Atlan allerdings nicht imstande, an diesem Kampf mitzuwirken. Nach der akonischen Gefangenschaft, der er und seine Gefährten endlich entrinnen konnten, befindet sich der Kristallprinz erneut in einer wenig beneidenswerten Lage.
Nach der Duplizierung ihrer Körper und Geistesinhalte gelang es den beiden Originalen, also dem echten Atlan und Fartuloon, zwar von der Raumstation zu fliehen, doch das Beiboot, in das sie dank Karyklias Hilfe gelangten, wurde abgeschossen.
Seitdem sind die beiden Arkoniden auf der Flucht durch den Dschungel des Planeten Travnor. Sie entdecken dabei DIE STRAHLENDEN KRISTALLE ...
Atlan und Fartuloon – Der Kristallprinz und sein Lehrmeister gehen auf eine Höllenfahrt.
Mexon und Zyrrhoa – Der Mondträger und seine Begleiterin schlagen sich durch den Dschungel.
Yakarron – Ein Edelmann von Arkon.
Amyrtha – Chefin einer Gruppe von Banditen.
Woorhn Ter'Bsorr – Kommandant des 2. Wechtons.
Ein geheimnisvolles Halbdunkel hielt uns umfangen. Nahezu alles schimmerte grün, das lag an dem Licht der Sonne, das vom Blätterdach über unseren Köpfen gefiltert wurde.
Merkwürdigerweise war es sehr still. Es schien, als hätte sich tierisches Leben nicht entfalten können. Wir hörten nur den gedämpften Klang unserer Schritte auf dem weichen Boden. Stumm und drohend standen die Megalithen in unserer Nähe. Der alte Mietbruder, der uns aus den Sümpfen von Kalamdayon geholt hatte, war doch nicht ganz so verrückt gewesen, wie wir angenommen hatten. Seine Geschichte vom Schatz des untergegangenen Volkes hatte unglaublich geklungen, aber die Hinweise, die wir nun fanden, waren unmissverständlich. Travnor hatte schon andere Bewohner als die Arkoniden gekannt. Dieses Volk hatte auf dieser Insel gelebt und aus ungeheuer großen Steinklötzen Bauwerke errichtet. Längst waren die Megalithbauten zerfallen. Stürme hatten die Steine umkippen lassen, Wind und Wasser ihre Oberflächen glattgeschliffen, so dass von den Reliefs, mit denen sie früher bedeckt gewesen sein mussten, nur noch schwer erkennbare Spuren zu finden waren. Vor allem aber waren die Pflanzen an dem Zerstörungswerk beteiligt gewesen.
Eine umgestürzte Platte musste vor langer Zeit einen Keim unter sich begraben haben, aber sie hatte die Pflanze nicht vernichten können. Und nun wuchs aus der Platte ein schenkeldicker Baum.
»Was meinst du?«, fragte Fartuloon. »Ein Tempel?«
Ich zuckte mit den Schultern.
Wir konnten von dem Trümmerfeld nur einen eng begrenzten Ausschnitt sehen. So ließ sich kein genaues Bild von der Anlage entwickeln. Dazu hätten wir das Gelände aus der Luft betrachten müssen.
Vor uns ragte eine Wand in die Höhe. Massiver grauer Fels versperrte uns den Weg. Die Quadern waren groß; wenn sie ebenso tief wie lang und breit waren, wog jeder einzelne Stein Tonnen. Sorgfältig waren die Steine aufeinandergesetzt worden. Ich sah weder Klammern noch Mörtel, aber die Fugen zwischen den Steinen waren so schmal, dass man nicht einmal eine Messerklinge hineinstecken konnte.
Selbstverständlich ließen sich solche Effekte mit modernen Maschinen mühelos erzielen, aber niemand, dem Desintegratoren zur Verfügung standen, würde auf die Idee verfallen, einen so riesenhaften Bau aus Natursteinen aufzutürmen. Es gab bessere Materialien, die Naturstein an Härte und Festigkeit nichts nachgaben und zu dem resistent gegen viele Chemikalien waren.
»Von Hand«, murmelte Fartuloon. »All dies wurde in mühsamer Handarbeit hergestellt.«
Ich hatte keine Lust, längere Zeit an der Wand entlangzulaufen. Einige Meter von mir entfernt pendelten Lianen von der Spitze der Mauer herab. Ich griff danach.
»Fartuloon!«, rief ich aus.
Rasch war der Bauchaufschneider neben mir. Ich deutete auf den Spalt im Fels, der von der Pflanze verdeckt worden war. Ich blinzelte Fartuloon zu.
»Natürlich, Sohn«, kicherte er. »Wir werden das Ding untersuchen!«
Ich kroch als erster durch die schmale Öffnung. Fartuloon reichte mir den Scheinwerfer nach, dann folgte er selbst. Er hatte einige Mühe, seinen massigen Körper durch den Spalt zu schieben.
Langsam ließ ich den Strahl des Scheinwerfers durch den Raum wandern. Konturen schälten sich aus dem Dunkel, Gesichter starrten mich an.
»Riesen!«, keuchte Fartuloon neben mir.
Die Gestalten waren ungeheuer groß. Aufrecht maßen sie mehr als zehn Meter. Im ersten Augenblick hatte ich tatsächlich geglaubt, dass die Gestalten lebten, dann aber wurde mir klar, dass es sich um Skulpturen handelte. Ich sah Fartuloon an.
Wahrscheinlich beschäftigten wir uns beide mit der gleichen Frage: waren diese Figuren Kolossalstatuen oder nur lebensgroß?
Fartuloon zuckte mit den Schultern. Im Strahl meines Scheinwerfers ging er vorsichtig auf eine der Statuen zu. Ich folgte langsam.
Die Erosion hatte auch die Statuen nicht verschont. Es war fast ein Wunder zu nennen, dass es sie überhaupt noch gab, denn sie bestanden, wie der Scheinwerfer zeigte, aus Holz.
Langsam ließ ich den Scheinwerferstrahl über eine der Figuren wandern. Ich konnte nicht erkennen, wie die Gestalt früher einmal ausgesehen hatte. Zu stark waren die Statuen verwittert, man konnte nur noch die ungefähre Körperform erahnen. Sie waren auf zwei Beinen gelaufen und hatten einen Kopf besessen, ein rundes Gebilde am oberen Ende der Statue. Gesichtszüge gab es nicht mehr, auch von Armen fehlte jede Spur.
Fartuloon streckte eine Hand nach der Gestalt aus.
Er zog sie hastig wieder zurück, aber die Bewegung kam zu spät. In rasender Eile zerfiel die Statue zu Staub, der undurchdringlich vor uns aufwallte. Einen winzigen Augenblick lang bevor ich die Augen schloss, glaubte ich, etwas sehen zu können; einen riesigen, aber wohlgestalteten Körper, der unseren Körpern verblüffend ähnlich sah. Mein photographisches Gedächtnis lieferte mir sofort das Bild und hielt es fest. Ich konnte das Phantombild in Ruhe betrachten.
Es war ein Mann gewesen, schlank und muskulös. Die Füße waren nackt, darunter lag eine dünne Platte aus Leder, die mit langen Riemen am Bein gehalten wurden. Als nächstes sah ich einen knielangen Rock, reich mit Stickereien verziert. Hier wurde das Bild undeutlich, ich konnte die Muster nicht klar sehen. Gehalten wurde der Rock von einem breiten Ledergürtel mit einer auffallend großen Gürtelschnalle aus Gold. Bewaffnet war der Mann mit einem langen Schwert, einem Dolch, der im Gürtel steckte, und einem Bogen über der Schulter. An einem Gurt hing auf der rechten Schulter ein pfeilgefüllter Köcher.
Ich sah einen schmalen Kopf, der von dunklen Haarlocken umrahmt wurde. Unter der freien Stirn saßen zwei Augen, dunkel und annähernd dreieckig. Diese Augen schienen mich anzusehen, und zusammen mit dem schmallippigen Mund machte das Gesicht den Eindruck, als würde es mich verächtlich ansehen.
Ich öffnete wieder die Augen.
Genau vor mir sah ich die Juwelen; sie lagen dort auf dem Boden, wo vor kurzer Zeit noch zwei der hölzernen Riesen gewesen waren. Sie waren dunkel, von blauschwarzer Farbe und dreieckig wie die Augen, die ich gesehen hatte.
Ich wusste nicht, ob ich einen Frevel beging, aber ich suchte noch weitere Statuen auf. Sie zerfielen, sobald sie berührt wurden und legten dabei jeweils einen der dunklen Kristalle frei.
»Sartuponths Schatz«, murmelte ich.
Waren es diese merkwürdigen Juwelen gewesen, die der alte Mietbruder so hartnäckig gesucht hatte? Ich konnte es ihm nicht verdenken, von den Steinen ging eine seltsame Anziehungskraft aus, vor allem dann, wenn das Licht des Scheinwerfers auf sie fiel.
Die Halle war riesig, der Scheinwerferstrahl bewies es mir. Überall lagen oder standen die Figuren in seltsamem Durcheinander.
Ich wusste nicht, woher der Wunsch stammte, der immer stärker von mir Besitz ergriff. Ich fühlte nur, dass ich nicht fortgehen durfte, ohne das Geheimnis gelöst zu haben, das diese Figuren umgab. Langsam ging ich tiefer in die Halle hinein. Fartuloon folgte mir zögernd, auch er schien der Faszination zu erliegen.
Unsere Schritte hallten wieder, und dieses Geräusch allein reichte aus, um einige der Statuen zerfallen zu lassen. Ich nutzte die Gelegenheit und nahm einen der Kristalle auf. Er lag überraschend schwer in der Hand und fühlte sich warm an, gleichzeitig überkam mich ein Gefühl, als würde ich langsam ausgesaugt.
Erschreckt ließ ich den Kristall fallen. Er polterte auf den Boden, überschlug sich einige Male und blieb dann liegen. Es musste Zufall sein, dass er diese Lage einnahm, aber es wirkte erschreckend, dass er sich so neben einen anderen Kristall legte, dass daraus ein Augenpaar wurde, dass mich durchbohrend anstarrte.
Zögernd ging ich weiter. Ich traute der Anziehungskraft nicht, die die Halle auf mich ausübte. Ich wurde gelockt und abgestoßen zugleich.
Mir fiel auf, dass sich die Halle neigte. Offenbar führte sie tief in den Fels der Insel.
Fels?, warnte der Logiksektor. Wenn dieser See seine Existenz einem lange zurückliegenden Meteoreinschlag verdankt, darf es in der Mitte des Sees keinen Fels geben, es sei denn, der Meteor wäre ringförmig gewesen. Wahrscheinlichkeit dafür nahe Null!
Ich ignorierte den Hinweis und ging weiter.
Vorsicht!
Der Impuls des Logiksektors kam überdeutlich, aber um einen Bruchteil zu spät.
Vor uns leuchtete es auf. Durch eine kleine Öffnung in der Decke der Halle fiel Sonnenlicht in das Dunkel. Es musste wieder Zufall sein, dass wir genau zu dem Zeitpunkt die Stelle erreicht hatten, an der sich diese Ereignisse abspielten.
Vom Sonnenlicht allein konnte die Helligkeit nicht stammen, die uns entgegenschlug. Taghell wurde die Halle erleuchtet, und ich sah, wie die Kristalle aufflammten. Schillerndes, blauschwarzes Licht strahlten die Kristalle aus, ein Leuchten, das fluoreszierte. Ich spürte die Verlockung, die von diesem Licht ausging, und ich wehrte mich nicht dagegen. Bilder erschienen vor meinem geistigen Auge, unscharfe, verschwommene Darstellungen. Ich konnte keine Gestalten erkennen, auch keine unmittelbare Aussage, aber ich spürte, dass diese Bilder alles zu erfüllen versprachen, was ich mir wünschte.
Nur schwach nahm ich wahr, dass Fartuloon den gleichen Zauber erlebte und ihm erlag. Nebeneinander gingen wir voran, immer tiefer in den Fels hinein, begleitet vom Feuer der Juwelen.
*
»Halt!«, sagte Mexon plötzlich. Zyrrhoa gehorchte augenblicklich. Sie war froh, die schwere Last, die sie sich aufgebürdet hatte, für einige Zeit absetzen zu können. Es tat gut, das Gewicht nicht mehr zu spüren, obwohl sie erst eine kurze Strecke marschiert waren. Noch waren sie in Sichtweite des Turmes, der allerdings leicht zu erkennen war, da er auf einem Hügel stand.
Mexon setzte das Fernglas an die Augen und sah zum Turm hinüber.
Deutlich sah er den großen Gleiter, der neben dem Turm aufsetzte. In größerer Entfernung tauchte ein weiteres Fahrzeug auf, dann erschien ein drittes.
»Eine halbe Invasionsarmee«, spottete Mexon leise.
Er war sich sicher, dass man ihn nicht erkennen konnte. Zyrrhoa und er hielten sich bereits im Dschungel auf, und das kleine Thermometer an Mexons Handgelenk zeigte an, dass die Lufttemperatur ziemlich genau seiner normalen Körpertemperatur entsprach. Selbst mit Infrarotoptiken konnte man ihn nicht erfassen. Mexon gab das Glas an Zyrrhoa weiter.
»Roboter!«, murmelte das Mädchen. »Und jede Menge Soldaten!«
Sie wandte sich zu Mexon um und starrte ihn verblüfft an.
»Was hat das zu bedeuten?«
Achselzuckend antwortete der Dreifache Mondträger:
»Es ist genau das eingetreten, was wir befürchtet haben. Yakarron gehörte zur Gegenseite und hatte den Auftrag, dich auszuschalten. Immerhin warst du dumm genug, ihm von deinen merkwürdigen Beobachtungen zu erzählen. Nun, da er nicht rechtzeitig zurückgekommen ist, wird nach ihm gefahndet, und, wie du siehst, mit beträchtlichem Aufwand!«
Zyrrhoa setzte wieder das Glas an die Augen.
Mindestens fünfzig Körper bewegten sich in der Nähe des Turmes. Schwere, waffenstarrende Robots waren darunter, zahlreiche Uniformierte und einige Zivilisten, deren Gesichter Zyrrhoa zu ihrem Leidwesen nicht erkennen konnte. Hektisch rannten die Jäger auf dem Turmhügeln durcheinander. Offenbar hatte Yakarrons Leiche die Jäger alarmiert.
»Was werden sie tun?«, wollte Zyrrhoa wissen.
»Uns suchen«, sagte Mexon knapp und übernahm das Fernglas.
Er konnte sehen, wie sich die Robots und die Soldaten zu zwei Truppen formierten und Aufstellung nahmen. Eine Zivilperson, die Mexon leider den Rücken zukehrte, gab den Bewaffneten offenbar Befehle, denn wenig später schwärmten sie aus. Während die Soldaten das Gelände in der Nähe der meteorologischen Station durchkämmten, wurden die Robots tief in den Dschungel geschickt.
»Dummköpfe!«, schnaubte Mexon verächtlich.
Wenn der Führer des Kommandos genügend Intelligenz besessen hätte, hätte er ohne große Schwierigkeiten die Ereignisse der letzten Stunden aus den Spuren rekonstruieren können. Der Boden war noch weich vom Regen der letzten Nacht, und Mexon und Zyrrhoa hatten schwer an ihrem Gepäck zu schleppen gehabt. An seinen Schuhen konnte Mexon ablesen, wie tief die Spuren sein mussten, die sie hinterlassen hatten – mindestens einen Zentimeter, wahrscheinlich noch tiefer.
»Was machen wir, wenn sie uns finden«, seufzte Zyrrhoa. Ihr Gemüt schien von ähnlicher Beschaffenheit zu sein wie das Klima von Kalamdayon – heftigen Schwankungen unterworfen.
»Nichts«, antwortete Mexon, ohne sie anzusehen. »Gegen die Robots haben wir keine Chancen. Sie haben schärfere Sinne als wir und sind zehnmal reaktionsschneller. Wenn sie uns finden, werden wir es gar nicht merken – so schnell werden sie uns getötet haben.«
»Deine Ruhe möchte ich haben«, murmelte Zyrrhoa und betrachtete angelegentlich ihre Schuhe. Mexon hatte mit seiner Schätzung Recht behalten, die Nähte waren nur geklebt und hielten den Umweltbedingungen nicht stand. Schließlich waren sie für Spaziergänge entworfen worden, nicht für Dschungelmärsche. Ein Glück, dachte sie, dass sie noch ein zweites Paar mitgenommen hatte. Sie ekelte sich bei dem Gedanken, mit bloßen Füßen durch den Morast laufen zu müssen, in dem womöglich glitschige Würmer lebten.
»Hast du gar keine Angst?«
»Doch«, gestand Mexon. Unverwandt betrachtete er das Suchkommando. Die ersten Soldaten waren zu ihrem Befehlshaber zurückgekehrt. Ihre Gesten waren eindeutig, sie hatten die Gesuchte nicht gefunden.
Mehrzahl, korrigierte sich Mexon in Gedanken.
Da er den Gleiter Yakarrons nicht hatte starten können, war ein großer Teil des Gepäcks zurückgeblieben, das Mexon in den Gleiter verladen hatte. Wenn der Kommandant nicht blind war, musste er irgendwann feststellen, dass in dem Gleiter zwei Hygienebeutel lagen, einer mit einem Lippenstift und ein zweiter mit einer Bartentfernungscreme.
Die ersten Robots kehrten zurück. Sie gestikulierten nicht, aber da Mexon noch nicht erschossen war, wusste er, was sie zu berichten hatten.
Mexon leckte sich aufgeregt die Lippen.
Die nächsten Minuten waren entscheidend.
Es gab zwei Möglichkeiten. Im ersten Fall fand der Kommandant die beiden Kulturbeutel, dann wusste er, dass Zyrrhoa nicht allein verschwunden war, sondern in Begleitung eines Mannes war. In diesem Fall würde der Kommandeur die Suchaktion wahrscheinlich fortsetzen.
Fand er den verräterischen Hinweis nicht – die mindestens ebenso beweiskräftigen Fußspuren hatten seine Leute bereits mit bemerkenswertem Geschick zertrampelt – musste er schlussfolgern, dass Zyrrhoa zu Fuß in den Dschungel geflüchtet war. Ihr Gleiter stand immer noch defekt neben dem Turm.
Ein Soldat kehrte aus dem Turm ins Freie zurück. Mexon sah ihn wild gestikulieren, er malte irgend etwas Kastenförmiges in die Luft.
Zyrrhoas Schminkkoffer, erinnerte sich Mexon.
Der Kommandant – er wandte Mexon noch immer den Rücken zu – stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich etwas vor. Mexon versuchte sich vorzustellen, welche Worte diese Geste begleiteten. Die Antwort lieferte der Soldat, er schlug sich mit den Händen auf die Oberschenkel und beugte sich ebenfalls vor. So reagierte kein Soldat, wenn er angebrüllt wurde – höchstens, wenn er in das Gelächter seines Vorgesetzten einfiel. Offenbar fanden die Männer die Menge an Kosmetika, die Zyrrhoa in den Turm geschleppt hatte, hochgradig erheiternd.
Sekundenlang hielt Mexon den Atem an.
Einer der Soldaten hatte in den Gleiter gegriffen und hielt zu Mexons Entsetzen beide Hygienebeutel in die Höhe. Jetzt musste der Offizier wissen, dass er zwei Personen zu jagen hatte.
»Euch möchte ich kommandieren!«, knurrte Mexon Sekunden später.
Die verräterischen Beutel hatten nur einen weiteren Lachanfall ausgelöst, dann hatte der Soldat sie zurückgelegt.
»Bitte?«
»Nichts besonderes«, wehrte Mexon ab. So viel Dummheit mit ansehen zu müssen, tat fast schon weh, selbst wenn es ihm zum Vorteil gereichte.
Es war nicht ganz einfach, aus den Gesten der Beteiligten abzulesen, was sie sagten, aber nach einiger Zeit war sich Mexon fast sicher, dass er den Plan des Kommandanten kannte.