Nr. 319

 

Zitadelle im Eis

 

Der Weg zur Burg des schlafenden Gottes

 

von Clark Darlton

 

 

Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist. Doch die Gefahr ist durch die energetische Schutzschirmglocke nur eingedämmt worden, denn der Invasor hat sich auf der Erde etabliert – als ein plötzlich wieder aufgetauchtes Stück des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis. Atlan und Razamon, der verbannte Berserker, sind die einzigen, die den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Herren von Pthor ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen.

Atlan und Razamon gelangen auf eine Welt der Wunder und der Schrecken. Das Ziel der beiden Männer, zu denen sich inzwischen der Fenriswolf gesellt hat, ist es, die Herren der FESTUNG, die Beherrscher von Pthor, aufzuspüren und schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.

Nach vielen gefahrvollen Abenteuern, die am Berg der Magier ihren Anfang nahmen, haben Atlan und Razamon durch die Zerstörung des Kartaperators der irdischen Menschheit bereits einen wichtigen Dienst geleistet. Jetzt – bei ihrer Flucht aus dem zerstörten Moondrag – halten sich die Kampfgefährten in östliche Richtung.

Sie gelangen dabei zur ZITADELLE IM EIS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan und Razamon – Die beiden Wanderer sollen dem Eisgott geopfert werden.

Fenrir – Atlans und Razamons treuer Begleiter.

Marxos – Ein Magier auf dem Weg zur Eiszitadelle.

Forel Wargoon – Oberhaupt der Wargoons von Cafoort.

Karel Wargoon – Ein gewissenloser Bandit und Mörder.

1.

 

Je weiter sie nach Osten vordrangen, desto kälter wurde es.

Atlan schätzte, dass sie in den vergangenen Tagen etwa siebzig Kilometer zurückgelegt hatten. Die völlig zerstörte Stadt Moondrag lag nun weit hinter ihnen. Alle Hoffnung, die ehemalige Schaltstation in Betrieb nehmen zu können, hatte sich zerschlagen.

Neben Atlan marschierte Razamon mit verkniffenem Gesicht. Er hatte seit der überhasteten Flucht aus Moondrag nicht viel gesprochen, eigentlich nur auf Fragen geantwortet und dabei noch so getan, als sei das von seiner Seite aus ein gewaltiges Entgegenkommen.

Der dritte im Bund war Fenrir, der Wolf. Er trottete hinter den beiden Männern her, ohne in seiner ständigen Wachsamkeit nachzulassen. Immerzu sah er sich nach allen Seiten um und streckte die Nase in den Wind, der ihm die Witterung einer Gefahr unvermeidbar zugetragen hätte.

Seit gestern gab es keine Vegetation mehr, nur noch Eis.

Streckenweise hatte das Eis bereits zehn Kilometer östlich von Moondrag angefangen, aber immer wieder hatte es freie Flächen und flache Täler gegeben. Gras wuchs hier, auch vereinzelte Büsche und manchmal sogar ein paar verkrüppelte Bäume.

Dann wurde es kälter und die eisfreien Zonen weniger, bis es schließlich keine mehr gab.

Dem Wolf schien der plötzliche Temperatursturz nichts auszumachen, aber die beiden Männer besaßen nichts als ihre bunte und ziemlich leichte Kleidung, die kaum wärmte. Der Mangel an jeglicher Ausrüstung hatte nur den einen Vorteil, dass sie nichts mitschleppen mussten.

Nachts hatten sie zu schlafen versucht, aber die Kälte hatte sie immer wieder hochgejagt und weitergehen lassen. Sie wären sonst erfroren.

Heute schien wieder die Sonne, aber die Temperaturen lagen weit unter dem Gefrierpunkt. Manchmal war im Norden das Meer zu sehen, eine dunkle und scheinbar unbewegliche Fläche, die sich bis zum Horizont dehnte. Dazwischen schimmerte über dem Wasser die transparente Mauer des Energieschirms, der Pthor von dem Reich der Menschen trennte.

Und dreißig bis fünfzig Kilometer südlich lag die sonnendurchglühte Wüste Fylln, in der augenblicklichen Situation ein unerfüllbarer Traum von Wärme und Geborgenheit.

Ihr Ziel lag nicht im Süden, sondern weit im Osten.

Gestern hatte Razamon gesagt:

»Wir müssen die Quelle des Flusses Xamyhr erreichen und zuvor das Gebiet der Eisküste durchqueren. Etwa zweihundertfünfzig Kilometer. Dann beginnt die Dunkle Region, an die ich keine Erinnerung mehr habe. Wenn wir dem Fluss folgen, erreichen wir nach weiteren zweihundert Kilometern dessen Mündungsdelta, nördlich der FESTUNG, unserem eigentlichen Ziel. Dort wenden wir uns nach Süden.«

Razamons Erinnerung war nur bruchstückhaft. Man hatte ihm vor Tausenden von Jahren sein Gedächtnis genommen, als man ihn auf der Erde zurückließ. Mit Atlan war er nach Atlantis/Pthor zurückgekehrt, als es wieder auftauchte, um Rache an den Herren der FESTUNG zu nehmen. Atlan hingegen wollte nichts anderes, als dass dieser teuflische Kontinent wieder dorthin verschwand, woher er gekommen war: in eine andere Dimension, in eine andere Zeit, vielleicht auch in einen anderen Raum.

Gegen Mittag stieg die Temperatur ein wenig an, blieb aber noch immer unter dem Gefrierpunkt. Atlan steuerte auf eine nach Süden gelegene Mulde zu und blieb stehen.

»Wir sollten die Gelegenheit nutzen, um ein paar Stunden zu ruhen. In der Sonne ist es warm, und der Nordhang schützt uns vor dem kalten Wind.«

Razamon nickte zustimmend und ging in die Hocke. Dann aber streckte er sich einfach lang auf dem Eis aus.

»Wir dürfen nicht zu lange schlafen, das wäre gefährlich«, sagte er und brach sein Schweigen. »Fenrir sollte uns rechtzeitig wecken.«

Sie lagen dicht nebeneinander, um sich zu wärmen. Unter sich spürten sie die Kälte des Eises, und von oben her schien die Sonne herab. Fenrir rollte sich einige Meter abseits zusammen und steckte die Schnauze in das dichte Bauchfell.

»Wir werden von selbst wach«, meine Atlan zuversichtlich. »Dafür sorgt schon die Kälte. Glaubst du, dass es weiter östlich schlimmer wird?«

»Ich weiß es nicht mehr, aber ich glaube schon. Ich kann mich nur erinnern, dass es im Gebiet der Dunklen Region nicht mehr so kalt ist. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.«

»Wir werden ihn schon schaffen«, brummte Atlan und schloss die Augen.

Er war sofort eingeschlafen.

 

*

 

Es war Nachmittag, als sie erwachten. Die Sonne war weitergewandert und tiefer gesunken. Die Kälte setzte wieder ein.

Fenrir war nicht da.

Atlan erhob sich und stieg auf den Hügel. Die Bewegung brachte sein Blut wieder in Wallung. Razamon kam langsam nach.

»Er wird auf der Jagd sein, er muss noch mehr Hunger haben als wir.«

Atlan lutschte auf einem Stück Eis herum.

»Wenigstens haben wir keinen Durst zu leiden.« Er deutete nach Süden. »Da kommt er, der Ausreißer ...«

Fenrir kam herbeigetrottet und leckte sich das Maul. Er musste ein kleineres Tier getötet und gefressen haben. Vielleicht gab es hier so etwas wie Schneehasen.

»Vielleicht wäre es besser«, sagte Atlan nach einem Rundblick, »wir würden uns überhaupt etwas südlicher halten, mehr der Wüste Fylln zu. Da ist es wärmer. Es wäre kein großer Umweg.«

»Jeder Kilometer zählt doppelt«, widersprach Razamon. »Außerdem ist die Eisregion sicherer. Niemand verirrt sich hierher, und ich glaube auch nicht, dass jemand hier wohnt. Wir haben keine Waffen, nicht einmal ein Messer. Ich schlage vor, wir marschieren weiter nach Osten. In zwei oder drei Tagen haben wir das Eis hinter uns.«

Atlan zuckte die Schultern.

»Wie du meinst, Razamon.«

Diesmal trottete Fenrir vor ihnen her und sicherte, obwohl es allem Anschein nach nichts zu sichern gab. Das Gelände war ziemlich eben und daher übersichtlich. Lediglich im Osten begrenzten einige weißschimmernde Hügel und sogar Berge die Sicht, aber die Täler dazwischen schienen breit und flach zu sein.

Sie kamen nicht sehr schnell voran, weil sie immer wieder auf dem Eis ausrutschten und ständig aufpassen mussten, wollten sie nicht hinfallen. Wenn sie einen Hügel überquerten, waren sie oft genug gezwungen, auf allen vieren weiterzukriechen. Fenrir sah ihnen interessiert zu, als halte er das für ein neues Spiel.

Zwei Stunden später blieb Razamon stehen.

»Das sind Eisberge«, sagte er und sah nach Osten, wo die Gipfel der weißen Erhebungen im Schein der untergehenden Sonne rötlich schimmerten. »Oder natürliche Berge, die mit Eis und Schnee bedeckt sind. Vielleicht sollten wir doch nach Süden ausweichen.«

Atlan stand neben ihm. Aufmerksam betrachtete er die Berge, von denen ihm einer durch seine regelmäßige Form besonders auffiel. Er erinnerte an eine auf ihrer Schnittfläche ruhende Kugel und war vielleicht dreißig Meter hoch, wenn die Entfernung nicht täuschte. Jedenfalls war er niedriger als die anderen Berge seiner Umgebung.

»Ich denke, wir gehen ein Stück weiter, Razamon. Siehst du den wie eine Kuppel geformten Hügel, ganz links von den übrigen? Glaubst du, dass er durch Zufall entstanden sein könnte?«

Razamon kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Aufmerksam studierte er das Objekt, dann schüttelte er den Kopf.

»Sieht in der Tat aus wie eine Kuppel. Vielleicht haust da ein Einsiedler – und vielleicht hat der was zum Essen für uns. Wenn Gefahr droht, wird Fenrir uns schon rechtzeitig warnen.«

»Es wird bald dunkel, wir müssen uns beeilen.«

Sie legten die restlichen zwei oder drei Kilometer im Eiltempo zurück und näherten sich dann vorsichtig und möglichst in Deckung einiger flacher Erhebungen bleibend der gläsernen Kuppel, hinter deren halbtransparenten Wänden es dunkel schimmerte. Fenrir lief voraus, zeigte aber keine Gefahr an.

Bald zweifelte Atlan nicht mehr daran, es mit einem künstlichen Bauwerk zu tun zu haben. Quadratische Eisblöcke waren aufeinandergeschichtet und mit darauf geschüttetem Wasser verschmolzen worden. So war die Kuppel entstanden.

Sie umrundeten sie, konnten aber nicht sofort den Eingang finden. Aber sie sahen undeutlich, dass innerhalb der Kuppel Kisten und andere Behälter aufgestapelt waren.

»Ein Depot, ein Vorratslager«, stellte Atlan verblüfft fest. »Für wen?«

»Vielleicht steht es schon Jahrhunderte hier«, hoffte Razamon und suchte vergeblich nach frischen Spuren. Er fand keine. »Das Fehlen von Spuren besagt nicht viel, zugegeben. Ein einziger Schneesturm verwischt sie. Aber wir sollten nicht so pessimistisch sein. Also, was ist? Wie kommen wir hinein?«

»Wir müssen durch die Eiswand, denn es gibt keine Tür.«

»Die ist einen halben Meter dick, und wir haben kein Werkzeug.«

»Hier ist sie dünner«, rief Atlan plötzlich, nachdem er einige Schritte weitergegangen war. »Höchstens zwanzig Zentimeter. Vielleicht doch eine Art Tür.«

Razamon betrachtete das an dieser Stelle tatsächlich durchsichtigere Eis und stellte fest, dass der fragliche Bezirk fast rechteckige Formen besaß. Rechts davon waren roh geschnittene Eiswürfel aufgestapelt, daneben lag ein ganzer Haufen zertrümmerter Eisbrocken.

»Die Haustür«, sagte Razamon, sich seiner Sache absolut sicher. »Du hast Recht, Atlan. Sie schlagen die Tür ein, wenn sie kommen, um Vorräte abzuholen und setzen sie später einfach wieder zusammen. Das können wir auch.«

»Womit?«

»Das wirst du gleich sehen, warte hier!«

Razamon winkelte die Arme an und setzte sich in Trab. Er lief um die Kuppel herum, von Fenrir begleitet. Wenig später tauchte er von der anderen Seite kommend wieder auf, in beiden Händen einen schweren Stein haltend. Keuchend blieb er stehen, als er bei der »Tür« anlangte. Er ließ den Stein fallen.

»Ich sah ihn schon früher, achtete aber nicht darauf. Jetzt fiel er mir wieder ein.«

Atlan bückte sich und hob den Stein auf.

»Der wird genügen«, sagte er und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Eiswand. Es entstanden mehrere Risse und ein Loch in der Mitte. »Jetzt du!«

Razamon traf ein wenig höher. Ein zweites Loch entstand, mit dem ersten durch weitere Risse verbunden. Atlan schlug heftig mit der geballten Faust gegen die brüchige Stelle, ehe sein Freund erneut werfen konnte. Ein großes Stück brach ab und fiel in das Innere der Kuppel.

Der Rest war einfach. Razamon klopfte sogar sehr vorsichtig, um die Öffnung nicht zu groß werden zu lassen, und als Atlan ihn nach dem Grund fragte, meinte der Atlanter:

»Die Sonne geht unter, und es wird kalt. Vielleicht ist es da drinnen auch nachts nicht so eisig wie hier draußen. Ein paar Stunden Schlaf würden uns verdammt gut tun.«

Wenn Razamon »verdammt« sagte, meinte er es ernst und duldete keinen Widerspruch. Atlan wusste das und grinste.

»Daran habe ich auch schon gedacht. Also – hinein! Zuerst Fenrir, damit er uns warnen kann, wenn jemand dort auf uns wartet.«

Der Wolf begriff schnell, was von ihm erwartet wurde. Willig ließ er sich durch die Öffnung schieben und half nach besten Kräften nach. Den Rest schaffte er allein. Mit einem Satz war er in der Kuppel verschwunden, in der es dämmerig geworden war.

Razamon folgte Fenrir, dann erschien sein Kopf wieder in der Öffnung.

»Du kannst nachkommen und dich wundern, mein Freund. Wir haben ein unverschämtes Glück gehabt. Diese Nacht, da gehe ich jede Wette ein, werden wir herrlich und warm schlafen.«

»Ist die Kuppel, oder was es auch sein soll, vielleicht geheizt?«

»Das nicht gerade, aber wir haben genug zum Zudecken.«

Atlan kroch durch das Loch und wurde von Razamon aufgefangen.

Dann stand er vor einem Depot an lebenswichtigen Vorräten, die den Rest des Marsches durch die Eiswüste zu einem Spaziergang werden zu lassen versprachen.

Haufenweise lagen dicke Pelzjacken mit Kapuzen herum, innen gefüttert und ebenfalls mit schwarzem Pelz besetzt. Daneben stapelten sich dunkelbraune Lederhosen und schwere Pelzstiefel, die jeder noch so tiefen Temperatur standhielten. Warme Handschuhe vervollständigten das Bekleidungslager.

In den Kisten befanden sich Trockenfleisch und Trockengemüse. Daneben lagerten praktische Tragebeutel mit Lederriemen zum Umhängen, außerdem ähnlich gefertigte Wasserbeutel, ebenfalls aus dichtem Leder.

»Wir haben das Paradies gefunden«, meinte Razamon und stöberte in den Schätzen herum. »Und warm ist es hier! Ich fange an zu schwitzen. Oder ist das nur die Aufregung?«

»Nein, es ist warm!«, bekräftigte Atlan. »Das wird die schönste Nacht meines Lebens.«

»Übertreibe nicht«, dämpfte Razamon seine Begeisterung. »Du lebst viel zu lange, als dass man dir das glauben könnte. Aber ich muss mich korrigieren: Die Kuppel scheint in der Tat geheizt zu sein. Von selbst ist es nicht so warm hier.«

Sie wanderten durch die von den aufgestapelten Kisten gebildeten Gänge und gelangten so in die Mitte der Kuppel. Zu ihrem Erstaunen gab es hier einen runden, freien Platz, der fast an eine kleine Arena erinnerte. Im Zentrum des Platzes fiel ihnen eine muldenartige Vertiefung auf, in der Wasser stand.

Kein gefrorenes Wasser, sondern warmes und dampfendes Wasser! »Daher also die Wärme! Eine heiße Quelle?«, sagte Atlan verblüfft.

»Sicher, es soll sie hier geben«, entsann sich Razamon. »Jene, die das Depot anlegten, taten es über einer heißen Quelle. Wir müssen ihnen dankbar sein für ihre Rücksichtnahme ...«

»... die bestimmt nicht uns galt«, unterbrach ihn Atlan und sah zu, wie Fenrir um die Quelle kreiste und schnupperte. »Füllen wir Wasser in Beutel, damit es abkühlt. Fenrir hat Durst.«

»Und ich werde mich um unser Abendessen kümmern«, versprach Razamon und eilte davon.

 

*

 

Trotz ihrer Müdigkeit schliefen sie nicht sofort ein.

Fenrir lag ausgestreckt und mit vollem Bauch in unmittelbarer Nähe der Quelle und jaulte im Traum.

Atlan und Razamon ruhten auf einem pompösen Lager aus Pelzjacken und Lederhosen. Sie brauchten sich nicht zuzudecken, denn es war warm genug in der Kuppel.

Das Abendessen war großartig gewesen. Trockenfleisch und Trockengemüse waren mangels eines geeigneten Behälters einfach in die heiße Quelle geworfen worden. Nach einer Stunde hatte sich in der Kuppel ein köstlicher Duft verbreitet, und aus der ehemaligen Quelle war ein natürlicher Suppentopf geworden. Die beiden Männer hatten die Köstlichkeit mit den Händen ausschöpfen müssen, da auch die Löffel oder Gabeln fehlten.

Das Wasser erneuerte sich wieder, nachdem sie den Zufluss geöffnet hatten. Der Rest der sich immer mehr verdünnenden Mahlzeit floss durch eine Rinne ab und verschwand in einer Bodenspalte.

»Wir nehmen genügend Vorräte mit, damit wir auf keine Kontakte angewiesen sind«, schlug Razamon vor und gähnte. »Schade, dass wir keinen Zugor gefunden haben, so ein Ding würde uns einen schönen Marsch ersparen.«

»Wir schaffen jetzt den Rest des Weges leicht zu Fuß«, tröstete ihn Atlan. »Vor allen Dingen werden wir nicht mehr unter der Kälte zu leiden haben. Sagtest du nicht, weiter östlich gäbe es auch heiße Quellen?«

»Mehr als hier, soweit ich mich erinnere. Aber das kann sich alles geändert haben. Du weißt ja, wie viel Jahrtausende vergangen sind.«

»Etwa zehn.«

»Richtig. Aber die Quellen beschäftigen mich weniger, denn das Wasser in den Beuteln friert nicht so schnell, wenn wir es am Körper tragen. Darin lassen sich Fleisch und Gemüse leicht zubereiten. Was mich stört, ist die Tatsache, dass wir noch immer keine Waffe haben.«

»Ich habe das lange Seil«, erinnerte ihn Atlan. »Leider war nur eins vorhanden. Man kann nie wissen, wie man es gebrauchen kann.«

»Ein Seil ist keine Waffe«, widersprach Razamon.

»Und ob! Ich kann sehr gut ein Lasso werfen. Außerdem soll das Gelände weiter im Osten schwieriger werden – du hast es sogar selbst behauptet. Da kann ein Seil von großem Nutzen sein.«

»Ich habe ja auch nichts dagegen, dass du es mit dir herumschleppst. Aber ein gutes Messer wäre mir lieber gewesen; oder gar ein Waggu!«

»Solange wir niemandem begegnen, wären Waffen nur unnötiger Ballast. Die Gegend scheint ja wirklich menschenleer zu sein.«