cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 320

 

Die vier Seelenlosen

 

Die Herren der FESTUNG senden ihre Häscher aus

 

von H. G. Ewers

 

img2.jpg

 

Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist. Doch die Gefahr ist durch die energetische Schutzschirmglocke nur eingedämmt worden, denn der Invasor hat sich auf der Erde etabliert – als ein plötzlich wieder aufgetauchtes Stück des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis.

Atlan und Razamon, der verbannte Berserker, sind die einzigen, die den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Herren von Pthor ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen.

Atlan und Razamon gelangen auf eine Welt der Wunder und der Schrecken. Das Ziel der beiden Männer, zu denen sich inzwischen der Fenriswolf gesellt hat, ist es, die Herren der FESTUNG, die Beherrscher von Pthor, aufzuspüren und schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.

Nach vielen gefahrvollen Abenteuern, die am Berg der Magier ihren Anfang nahmen, haben Atlan und Razamon durch die Zerstörung des Kartaperators der irdischen Menschheit bereits einen wichtigen Dienst geleistet.

Jetzt, bei ihrer Flucht aus Moondrag, schlagen die Kampfgefährten den Weg zur Eiszitadelle ein.

Ihrer Spur folgt Koy, der Trommler – mit den Häschern auf den Fersen. Es sind DIE VIER SEELENLOSEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Koy der Trommler – Ein Jäger wird gejagt.

Jastall Gornd – Hüter des Wachen Auges.

Xaart, Spolko, Drove und Pjut – Vier Häscher im Auftrag der Herren der FESTUNG.

Dagrissa – Koys Mutter als Geisel der Häscher.

Uphtor – Anführer einer Bande von Flusspiraten.

1.

 

Koy der Trommler saß auf einem der Sitze in der Steuerkabine des Truvmers und lenkte das Fahrzeug durch den aufgeweichten Lehm am südlichen Ufer des Regenflusses. Die breiten Gleisketten rissen große Lehmbrocken aus dem Grund und schleuderten sie nach hinten. In den tiefen Spuren sammelte sich Grundwasser.

Unmittelbar vor der Uferböschung hielt Koy den Truvmer an. Das heißt, er wollte es, aber die glattgeschliffenen Ketten rutschten auf dem nassen Lehm. Das Vorderteil des schweren Fahrzeugs kippte plötzlich nach vorn, schlug klatschend in den gurgelnd dahinströmenden Fluss und sank zur Hälfte ein.

Vor der Steuerkabine, die einem kugelförmigen Helm mit sichelförmigen Visier glich, schwappte Wasser hoch. Das Fahrzeug knickte in den Gelenken der Aufhängungsrohre ein. Der aus zahlreichen ringförmigen Elementen zusammengesetzte Rumpf, der zum Heck in eine Art Skorpionschwanz mit dem schwenkbaren Scheinwerfer auslief, drohte sich infolge der Massenträgheit zur Seite zu drehen. Dadurch entstand die Gefahr, dass der Truvmer seitlich in tieferes Wasser kippte und absoff.

Koy versuchte verzweifelt, dieser Gefahr zu begegnen, indem er die Lenkbremsen so betätigte, dass der Truvmer nach der anderen Seite schwenkte. Glücklicherweise hatte sich der Bug in einem zähen, niedergewalzten Gestrüpp verfangen, so dass der Wagen nicht tiefer in den Fluss rutschte.

Als der Truvmer endlich stand, wischte sich Koy den Schweiß von der Stirn. Er wollte das Fahrzeug zwar sowieso aufgeben, aber erst nach Überquerung des Regenflusses, denn in dem Wasser gab es räuberische Fische, die für jeden Schwimmer eine tödliche Gefahr darstellten.

Das war allerdings nicht die einzige Gefahr, die an den Ufern des Regenflusses drohte. Deshalb blickte sich der Jäger aufmerksam um, während er überlegte, ob der Truvmer es schaffen würde, den Fluss an dieser Stelle zu durchqueren. Eine Furt gab es nicht, das hätte Koy an typischen Veränderungen der Wasseroberfläche bemerkt. Also würde das Fahrzeug unter Wasser zum anderen Ufer fahren müssen. Ob der Truvmer das schaffte, hätte vielleicht Heimdall verraten können. Das Gleiskettenfahrzeug gehört dem Göttersohn, und er kannte es besser als der Jäger, dem er es beim Abschied überlassen hatte.

Koy wusste nicht, ob der Truvmer überall wasserdicht war. Zwar ließ die Kabine kein Wasser eindringen, aber wie es mit den übrigen Sektoren aussah, konnte erst die Erfahrung zeigen.

Der Jäger grinste matt, als er daran dachte, dass er unter Umständen zum letzten Mal die Sonne der Erde sah, die als grellstrahlender Glutball im Osten über den Schroffen und Zinnen des Taambergs hing. Wenn der Truvmer auf dem Grund des Regenflusses vollief, würde er sich entscheiden müssen, ob er lieber darin erstickte oder im Wasser von den Raubfischen skelettiert wurde. Gegen Hunderte von Fischen vermochte er mit seinen Broins so gut wie nichts auszurichten.

»Aber lieber werde ich meinen letzten Kampf kämpfen, als in der engen Kabine tatenlos zu ersticken oder zu ertrinken!«, sagte er halblaut und doch mit wilder Entschlossenheit.

Er packte die Fahrthebel und zog sie langsam ein Stück zu sich heran. Das Brummen der Maschinen wurde lauter. Langsam, mit kleinen Rucken, zogen die Gleisketten an, zerfetzten das Gestrüpp, an dem sie vorübergehend Halt gefunden hatten. Schaukelnd setzte das Fahrzeug sich in Bewegung.

Koy beobachtete, wie das Wasser vor dem Kabinenvisier anstieg. Gespannt wartete er darauf, dass es zwischen den Berührungsflächen von Visier und Kabinenkugel einsickerte. Aber nichts dergleichen geschah. So leicht sich das Visier auch bewegen mochte, wenn es sollte, es lag so fest an, als wäre es mit den Kabinenwänden verschweißt.

Das Maschinengeräusch wurde dumpfer, als das Wasser über der Kabinenkugel zusammenschlug. Die Ketten wirbelten Schlamm vom Grund des Regenflusses auf, das das Wasser rings um das Fahrzeug trübte und die Sicht fast auf Null drückte.

Koy konnte nicht sehen, wann der »Skorpionschwanz« des Hecks in den Fluss tauchte, aber er schätzte diesen Augenblick ab und schaltete dann die Lichter ein. Als er zurückschaute, erkannte er leicht überhöht schräg hinter sich zwei in Fahrtrichtung blakende Lichtflecken und darüber das von der Wasseroberfläche nach unten reflektierte Licht des dritten Scheinwerfers.

Er presste die Lippen zusammen, als mehrere kleine silbrig schimmernde Fischleiber vor die Lichtflecke huschten. Ihre Schuppen blitzten auf und riefen die Illusion eines lautlosen Feuerwerks hervor. Unwillkürlich blickte der Jäger auf seine Feuerlanze, die neben ihm auf dem freien Sitz lag. Er schüttelte kaum merklich den Kopf. Auch sie würde ihn nicht vor den messerscharfen Zähnen der Räuber retten können, wenn er gezwungen wurde, mitten im Fluss auszusteigen.

Er zerbiss eine Verwünschung, als es einen Ruck gab, der ihn mit dem Schädel gegen die Innenwand der Kabine prallen ließ. Mit beiden Händen umklammerte er die Fahrthebel, schob sie in die Nullstellung und darüber hinaus in die Stellung für Rückwärtsfahrt.

Koy wusste, dass er nicht die Richtung verlieren durfte, in der das rettende nördliche Ufer des Regenflusses lag. Genau das aber konnte bereits geschehen sein. Er nahm an, dass der Ruck von dem Aufprall gegen einen Felsbrocken gekommen war, der auf dem Grund des Flusses lag. Wenn der Aufprall den Truvmer aus der Richtung gebracht hatte, mochte er stundenlang umherirren, bevor er eines der Ufer fand – und in dieser Zeit würde der Sauerstoff in der Kabine verbraucht werden.

Als er annahm, weit genug zurückgefahren zu sein, kuppelte Koy die linke Gleiskette aus und beschleunigte mit der rechten wieder vorwärts. Danach kuppelte er auch die linke Kette wieder ein, fuhr etwa zehn Meter und wiederholte den Vorgang mit der rechten Kette. Als er auch diese Kette wieder einkuppelte, konnte er nur hoffen, dass er die Linkskurve mit der Rechtskurve kompensiert hatte, so dass er nunmehr in der ursprünglichen Fahrtrichtung weiterfuhr.

Vor der Kabinenkugel tauchten immer mehr der Raubfische auf. Sie wurden vom Licht aus dem Innern wie magisch angezogen und zappelten an der Wandung entlang. Hin und wieder konnte der Jäger scharfe Zahnreihen sehen. Sie versuchten, sich in das Material der Kabine zu verbeißen, glitten aber hoffnungslos ab. Dennoch gaben sie nicht auf.

Koy fuhr langsam. Er musste sich dazu zwingen, denn in ihm schrie alles danach, den Fluss so schnell wie möglich wieder zu verlassen. Aber wenn er mit hoher Geschwindigkeit gegen ein weiteres Hindernis stieß, mochte der Truvmer undicht werden – oder er wurde um einen unkontrollierbaren Winkel aus dem Kurs geworfen.

Einmal krachte und knirschte es unter den Gleisketten, aber sonst geschah nichts. Koy nahm an, dass er Wrackreste eines Bootes oder Schiffes überrollt hatte, die aus dem Grundschlamm ragten. Seine Phantasie malte sich aus, was aus der Besatzung geworden war, und er erschauerte.

Endlich spürte er deutlich, dass der Truvmer eine Steigung emporklomm. Er zog die Fahrthebel weiter zu sich heran. Das Fahrzeug schüttelte sich. Die Maschinen brüllten auf, dann stieß die Kabinenkugel durch die Wasseroberfläche. Zappelnde Fische glitten von ihr herab, schnellten sich hoch und landeten entweder im Schlamm der Uferböschung oder im Fluss. Einige fielen auf die Gleisketten und versuchten, ihre Zähne in sie zu schlagen, bevor sie zermalmt wurden.

Der Truvmer jagte die nördliche Uferböschung hinauf, eine riesige Wolke von Wasser, Lehm und Fischleibern zurückschleudernd, dann kippte das Vorderteil über den Rand der Böschung.

Koy ließ das Fahrzeug noch einige Meter weit rollen, dann bremste er. Langsam öffnete er das durchsichtige Visier. Die Luft, die ihm entgegenschlug, war die faulige Luft des Galeriewaldes, aber er atmete sie, als wäre es reiner Sauerstoff ...

 

*

 

Für wenige Augenblicke nur war Koys Geist abgeschweift und hatte sich mit Kramolan beschäftigt und mit den Erinnerungen, die mit ihm verknüpft waren.

Kramolan hatte seine Gabe, die Schicksalslinien sehen zu können, auch auf ihn angewandt und ihm vorhergesagt, dass er während seiner Suche nach den Fremden, die von der Erde nach Pthor gekommen waren, den absolut tiefsten Punkt im Lauf seiner Existenz erreichen würde.

Koy zweifelte keinen Augenblick daran, dass Kramolan tatsächlich in seine Zukunft geschaut hatte. Aber obwohl er nun wusste, dass die Suche nach den Fremden ihm tödliche Gefahren, schlimme Erniedrigungen und sowohl körperliche als auch seelische Schmerzen einbringen würde, hatte er seinen Entschluss nicht geändert.

Die Schicksale seines Vaters und seiner Mutter und die Erlebnisse mit den Nachkommen der Berserker hatten eine Kehrtwendung in seinen Anschauungen bewirkt. Koy war entschlossen, sich nie mehr von den Herren der FESTUNG als Werkzeug missbrauchen zu lassen.

Er würde ihren letzten Auftrag nicht ausführen. Seine Suche nach den Fremden hatte einen anderen Zweck. Sie konnten nur Feinde der Herren der FESTUNG sein – und da er sich gegen die Beherrscher von Pthor gestellt hatte, waren sie seine potentiellen Verbündeten.

Folglich musste er sie finden, Kontakt mit ihnen aufnehmen und sich mit ihnen gegen die Herren der FESTUNG verbünden. Koy war überzeugt davon, dass er beim Kampf gegen die Herren der FESTUNG den Tod finden würde, aber das machte ihn in seinem Entschluss nicht wankend. Er hatte sich entschieden – ein für allemal.

Nur für wenige Augenblicke hatte sein Geist sich mit diesen Gedanken beschäftigt – und doch viel zu lange, wie es ihm schien, als er etwas auf sich zufliegen sah und im nächsten Moment den süßlichen und betäubenden Duft der Hanneh-Blüte einatmete, die ihm gegen die Brust geprallt war und die Kabine mit ihrem Blütenstaub füllte.

Koy reagierte mit dem Instinkt des kampferprobten Jägers. Er hielt die Luft an und warf sich nach vorn, kippte mit dem Oberkörper durch die Visieröffnung, ließ sich fallen und landete auf dem feuchten Waldboden.

Dort wollte er sich aufrichten und seine Broins gegen die Feinde einsetzen, die die Hanneh-Blüte in die Kabine des Truvmers geworfen hatten. Aber er konnte sich nur halb aufrichten, dann knickten ihm die Beine unter dem Körper weg. Koy stürzte abermals. Er fiel auf die Seite, rollte sich mit letzter Kraft auf den Rücken und konnte doch nichts tun, als in seinem Blickfeld mehrere Männer auftauchten, die ihre Skerzaals schussbereit in den schwieligen Händen hielten.

Piraten!, dachte Koy, dann schwanden ihm endgültig die Sinne.

 

*

 

Als er erwachte, schwamm er in einem Meer von Schmerzen.

Koy wünschte sich, er wäre getötet worden, denn die Schmerzen waren unerträglich. Er hatte das Gefühl, am ganzen Leib in Flammen zu stehen, und wäre am liebsten davongerannt. Doch er konnte sich nicht bewegen.

»Feiglinge!«, heulte er. »Kämpft ehrlich, anstatt einen Wehrlosen zu foltern!«

Als niemand darauf reagierte, wurde Koys blinde Wut so stark, dass sie die Schmerzen teilweise überlagerte. Dadurch war er wieder fähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

Es ist der Hanneh-Blütenstaub!, dachte er. Er verursacht das unerträglich scheinende Brennen auf der Haut.

Koy merkte außerdem, dass er gefesselt war. Er wälzte sich herum, bis er gegen eine Wand stieß, dann wälzte er sich nach der anderen Seite. Auf diese Weise ließ sich der Schmerz des in den Poren sitzenden Blütenstaubs der Hanneh-Pflanze lindern. Das Wissen, dass Hanneh-Blütenstaub außer dem Schmerz und einer vorübergehenden Betäubung keinen Schaden anrichtete, tat ein übriges.

Es gelang dem Jäger, sich so zu drehen und zu winden, bis er mit dem Rücken an einer Wand saß. Seine Haut brannte noch immer höllisch, aber er vermochte einen Teil der Schmerzempfindung zu ignorieren, was sich wohltuend auf seine psychische Verfassung auswirkte.

Allmählich konnte er klare Eindrücke von seiner Umgebung gewinnen. Er befand sich in einem Bretterverschlag, und das leichte Schaukeln des Bodens verriet, dass der Bretterverschlag zu einem Schiff gehörte – zu einem Schiff der Flusspiraten.

Der Jäger schämte sich seiner Unaufmerksamkeit, die es den Flusspiraten erst ermöglicht hatte, sich nahe genug an den Truvmer anzuschleichen, dass einer von ihnen eine Hanneh-Blüte in die Kabine werfen konnte.

Er schämte sich noch mehr, als er daran dachte, dass er Heimdall versprochen hatte, den Truvmer irgendwo in der Nähe des Taambergs stehen zu lassen, damit der Göttersohn ihn sich wiederholen konnte. Wie sollte er dieses Versprechen erfüllen, wenn der Truvmer durch seinen Leichtsinn in die Gewalt der Piraten gefallen war? Heimdall würde vergeblich nach dem Fahrzeug suchen, dessen Besitz ihm viel bedeutete. Noch schlimmer, er konnte bei seiner Suche abermals in einen Hinterhalt der Piraten fallen – und vielleicht nicht wieder als Sieger aus dem Kampf hervorgehen.

Koy hörte, wie außen an der Holztür ein Riegel zurückgezogen wurde. Offenbar kamen die Piraten, um ihn zu verhören. Schließlich mussten sie sich darüber gewundert haben, dass er im Besitz des Truvmers von Heimdall gewesen war. Sie würden wissen wollen, wie er zu dem Fahrzeug gekommen war – und sobald sie es wussten, würden sie ihn gefesselt in den Fluss werfen.

Die Tür öffnete sich quietschend. Im Schein der an der Decke hängenden Petroleumlampe sah Koy deutlich, wie ein Pirat gebückt durch die niedrige Öffnung trat und sich innerhalb des Verschlags aufrichtete. Der schwarzbärtige Mann trug nur eine rote Pluderhose und silberne Schnabelschuhe. Auf seiner behaarten Brust waren mehrere weiße Narben zu sehen, und auch in dem braunen Gesicht zog sich eine Narbe über die linke Seite.

Der Pirat musterte den Gefangenen hämisch und drohend zugleich. Dann zog er ein Messer mit gebogener Klinge aus seinem Gürtel, bückte sich und durchtrennte mit einem Schnitt die Fußfesseln Koys. Danach hielt er das Messer stoßbereit, machte eine Kopfbewegung zur Tür und sagte mit kratziger Stimme:

»Hinaus mit dir, Schlafmütze!« Er lachte über seine eigenen Worte.

Obwohl er seine Schmerzempfindungen noch nicht ganz verdrängt hatte, erhob sich der Jäger. Er schwankte leicht, dennoch überlegte er, ob es ihm gelingen könnte, den Piraten blitzschnell zu überwältigen.

»Du bist noch benommen vom Hanneh-Staub, Bursche!«, grollte der Pirat. »Und ich bin sehr schnell mit dem Messer. Also mache keine Dummheiten!«

Koy fügte sich. Er bückte sich, als er durch die Öffnung trat. Draußen stolperte er eine Holztreppe empor und sah sich kurz darauf auf dem Achterdeck einer Flussdschunke, die mit eingezogenen Mattensegeln in einem Seitenarm des Regenflusses vor Anker gegangen war. Ein Dutzend Piraten hockte um ein auf Ziegeln glimmendes Holzkohlenfeuer. Die Männer hielten an zugespitzten Stöcken große Stücke einer Wasserschlange über die Glut.

Trotz seiner misslichen Lage wurde dem Jäger der Mund wässrig. Er ärgerte sich darüber, denn die Piraten hatten sicher nicht vor, ihn zu füttern.

Die Männer um das Feuer blickten auf. Einige von ihnen lachten, andere musterten Koy gespannt.

»Da ist ja unser Träumer!«, rief einer.

Koy wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken über den Spott, der leider völlig berechtigt war.

Im nächsten Moment wurde ihm bewusst, dass keiner der Piraten ihn mit seinem Namen angesprochen hatte!

Wussten sie denn nicht, wer er war?

Wenn das zutraf, hatte er noch eine gute Chance, davonzukommen, denn dann konnten die Piraten auch nichts von seiner psionischen Detonatorfähigkeit ahnen und folglich auch nichts getan haben, um seine Broins zu lähmen. Und genau das hatte er als selbstverständlich vorausgesetzt.

Ein harter Stoß in den Rücken ließ ihn vorwärtstaumeln. Aber er machte sich nichts daraus, denn er richtete seine Gedanken bereits auf das Ziel, seine Feinde zu besiegen.

2.

 

Die handlichen Bratenstücke der Wasserschlange waren offensichtlich gar, denn die Piraten rückten vom Feuer ab und bildeten einen Halbkreis, in dessen Mitte Koy gestoßen wurde.

Der Jäger blickte blinzelnd auf die Zähne der Piraten, die sich in das saftige Fleisch gruben, Stücke herausrissen und kauten. Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit auf einen hünenhaften Mann, der ihn musterte und sein Bratenstück achtlos in der Hand hielt.