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Nr. 321

 

Das Geheimnis der Eiszitadelle

 

Gloophy, das Eiswesen, erwacht zu neuem Leben

 

von Kurt Mahr

 

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Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist. Doch die Gefahr ist durch die energetische Schutzschirmglocke nur eingedämmt worden, denn der Invasor hat sich auf der Erde etabliert – als ein plötzlich wieder aufgetauchtes Stück des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis.

Atlan und Razamon, der verbannte Berserker, sind die einzigen, die den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Herren von Pthor ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen.

Atlan und Razamon gelangen auf eine Welt der Wunder und der Schrecken. Das Ziel der beiden Männer, zu denen sich inzwischen der Fenriswolf gesellt hat, ist, die Herren der FESTUNG, die Beherrscher von Pthor, aufzuspüren und schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.

Nach vielen gefahrvollen Abenteuern, die am Berg der Magier ihren Anfang nahmen, haben Atlan und Razamon durch die Zerstörung des Kartaperators der irdischen Menschheit bereits einen wichtigen Dienst geleistet.

Nach ihrer Flucht aus Moondrag schlagen die Kampfgefährten den Weg zur Eisküste ein. Sie erreichen das Zentrum der unheimlichen Region und enträtseln DAS GEHEIMNIS DER EISZITADELLE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Kolphyr oder Gloophy – Ein Forscher aus einem Antimaterie-Universum.

Atlan, Razamon und Fenrir – Zwei Männer und ein Wolf in der Eiszitadelle.

Einbein – Kolphyrs Robotbegleiter.

Koy der Trommler – Der Menschenjäger am Ziel seiner Suche.

Phynx – Der letzte der Zyklopen.

1.

 

Die Finsternis war allgegenwärtig, aber sie schreckte die beiden Männer nicht. In der vergangenen Nacht hatten sie zu begreifen gelernt, dass Finsternis Sicherheit bedeutete und Helligkeit den Tod. Sie waren nicht sicher, ob diese Lehre auch innerhalb des Tunnels ihre Berechtigung hatte, durch den sie sich jetzt bewegten. Sie waren hier eingedrungen in der Überzeugung, dass sie sich überall da, wo es dunkel war, in Sicherheit befanden. Bisher war ihnen keine einzige Schwerkraftfalle in die Quere gekommen, und sie schlossen daraus, dass die Erkenntnis der letzten Nacht allgemeine Gültigkeit hatte.

Das Tier hatte ursprünglich die kleine Gruppe angeführt: Fenrir, der Wolf. Wölfe waren wie ihre Vettern, die Hunde, von Natur aus kurzsichtig. Daher störte Fenrir die Finsternis nicht. Er hatte andere Sinne, auf die er sich verlassen konnte. Vor kurzem aber war das mächtige Tier stehen geblieben und hatte winselnde Laute ausgestoßen. Atlan war an ihm vorbeigeschritten und hatte die Führung übernommen, dichtauf gefolgt von Razamon. Der Wolf hatte sich schließlich auch wieder in Bewegung gesetzt, wenn auch zögernd. Er bildete jetzt die Nachhut. Von Zeit zu Zeit winselte er. Es war klar, dass er sich im Innern der Eiszitadelle nicht wohl fühlte.

Den beiden Männern ging es im Grunde nicht anders. Sie waren in den Tunnel eingedrungen, weil ihnen angesichts des Tages keine andere Wahl blieb. Nur in der Nacht konnten sie an dem hellen Leuchten, das von ihnen ausging, die mörderischen Schwerkraftfallen erkennen, die sich als letztes Opfer den Magier Marxos geholt hatten. Überdies schien der Tunnel ein Weg ins Innere der geheimnisvollen Eiszitadelle zu sein, in der Gloophy wohnte, der Gott, den die Wargoons der Eisküste verehrten.

Der Marsch dauerte nun schon Stunden. Der Tunnel verlief gradlinig. War es die Anstrengung des Marsches, war es die Erschöpfung – Atlan wurde es unter der dicken Pelzkleidung plötzlich sehr heiß. Er blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. So vollkommen war die Finsternis, dass Razamon, der in seiner Nachdenklichkeit auf das Geräusch der Schritte nicht geachtet hatte, gegen ihn prallte.

»Was ist?«, fragte er überrascht. »Warum bleibst du stehen?«

»Weil mir heiß ist«, antwortete der Arkonide nicht übermäßig freundlich.

Razamon ging der Bissigkeit des Gefährten aus dem Wege, indem er gestand:

»Mir geht es nicht besser. Mir dringt der Schweiß aus allen Poren.«

Sie ruhten sich eine Zeitlang aus. Es war still in der Finsternis. Fenrir hechelte halblaut.

»Dem scheint es auch warm zu sein«, bemerkte Atlan.

»Ich frage mich, woher das kommt. Sind wir zu schnell vorgedrungen, oder wird es hier wirklich wärmer?«

»Ich will ...«, begann Atlan zu antworten, unterbrach sich aber sofort. »Was war das?«

»Klang wie ein Stein, der auf den Boden fiel«, meinte Razamon.

Sie gingen ein paar Schritte weiter. Die Füße tasteten scharrend den Boden ab.

»Hier ist es«, sagte Atlan und bückte sich. »Ein Stück Eis. Es muss von der Wand herabgestürzt sein.«

»Horch!«, forderte Razamon ihn auf.

Von neuem standen sie still. Aus der Finsternis vor ihnen kam ein leises, regelmäßiges Geräusch. Es rührte ganz unverkennbar von fallenden Wassertropfen her.

»Das Eis schmilzt!«, stieß Atlan überrascht hervor.

»Merkwürdige Vorstellung«, reagierte Razamon, und an seinem Tonfall erkannte der Arkonide, dass er bei diesen Worten grinste. »Der Gott der Wargoons umgibt sich mit Eis, aber in seiner Zitadelle liebt er es warm.«

»Wir sind nicht sicher, dass es hier wirklich einen so genannten ›Gott‹ gibt«, erinnerte ihn Atlan.

»Was auch immer«, wischte Razamon den Einwand beiseite. »Wenn es inmitten dieser Eiswüste plötzlich warm wird, dann muss es irgendwo in der Nähe Energiequellen geben – wahrscheinlich künstliche. Wir müssen wissen, was hier vorgeht. Lass uns keine Zeit verlieren!«

Die kleine Gruppe setzte sich wieder in Bewegung. Ein paar Schritte weiter glitt Atlan in einer flachen Pfütze aus und wäre gestürzt, hätte ihn Razamon nicht im letzten Augenblick noch aufgefangen. Fenrir schien es unter dem Eindruck der allmählich ansteigenden Temperaturen noch unbehaglicher zu sein als zuvor: Er winselte jetzt in einem fort.

Atlan schritt aus. Er spürte, dass es nicht mehr weit bis ans Ziel war – was immer das Ziel auch sein mochte. Ein entscheidendes Ereignis stand unmittelbar bevor. Seine Schritte wurden weiter. Die Ungeduld hatte auch ihn in ihren Bann geschlagen. Und plötzlich sah er weit vorab – so ungewiss, dass er ein paar Mal blinzeln musste, um seiner Sache sicher zu sein – schwachen Lichtschein, einen winzigen Funken Helligkeit.

Razamon, weniger scharfäugig als der Arkonide, machte eine gänzlich andere Entdeckung.

»Was ist das für ein Geruch?«, rief er.

Atlan verlangsamte seine Schritte. Er zog die kühle, feuchte Luft ein und stellte fest, dass sich ihr in der Tat ein völlig neuartiger Duft beigemengt hatte. Verwundert blieb er stehen.

»Das kenne ich«, murmelte er, mehr zu sich selbst gewandt. »Das ist – ein terranisches Gewürz. Vanille, Anis – nein, Zimt! Zimt ist es!«

Er atmete noch einmal tief ein und vergewisserte sich, dass seine Analyse richtig war. Der vertraute Duft übte eine merkwürdige Wirkung auf ihn aus. Er beseitigte alle Zweifel, dass dies womöglich der falsche Weg sein könne, und festigte sein Selbstvertrauen.

»Der Geruch von Zimt und ein Licht in der Ferne«, sagte er gut gelaunt: »Weit kann es bis zu Gloophys Hexenhäuschen nicht mehr sein!«

2.

 

Kolphyr kannte das Phänomen Zeit nicht. Deshalb hätte er nicht sagen können, wie viel Jahrhunderte oder Jahrtausende vor der Jetztzeit die Ereignisse stattfanden, die letztlich dafür verantwortlich waren, dass er in der Eiszitadelle aufgebahrt und von den Wargoons als Gottheit verehrt wurde.

Kolphyr dachte in kosmischen Zuständen. Und soviel war er bereit zuzugestehen: Es war ein gänzlich anderer kosmischer Zustand, der damals geherrscht hatte, als er von Grulpfer zu seiner Forschungsreise aufbrach, als der, dem er jetzt unterworfen war.

 

*

 

Es war eine mehr oder weniger alltägliche Sache, als Kolphyr zu seiner Forschungsreise aufbrach. Die Beras waren Forscher von Natur aus. Kolphyrs Nachbar kam herbei, als er sah, dass das Raumei startbereit gemacht wurde. Er fragte:

»Gehst du wieder?«

»Ja«, antwortete Kolphyr freundlich. »Die Sache lässt mir keine Ruhe.«

»Die Materieentstehung?«

»Diese, ja«, sagte Kolphyr. »Ich habe eine Hypothese entwickelt.«

»Aha«, machte der Nachbar, begehrte jedoch nicht zu wissen, worin die Hypothese bestand. »Ich hoffe, du reist in angenehmer Gesellschaft.«

»Ich denke schon«, antwortete Kolphyr. »Einbein begleitet mich.«

Der Nachbar machte eine Geste der Anerkennung, indem er die Muskelwülste über seinen hervortretenden Augen in die Höhe zog.

»Einbein ist ein hervorragender Begleiter«, versicherte er.

Kolphyr machte das Zeichen der Zustimmung. Niemand brauchte ihm zu sagen, welch ein guter Begleiter Einbein war. Einbein war nach seiner eigenen Spezifikation hergestellt worden. Der Roboter vereinte alles in sich, was ein Forscher auf seiner einsamen Reise brauchte: Wahrnehmungsvermögen, Einfallsreichtum, Mitgefühl. Einbein war im östlichen Herstellungszentrum gegossen worden. Man hatte die Moduln, die seine Gesamtheit ausmachten, auf engstem Raum untergebracht und sie dann mit einer beweglichen Haut umgossen. Der Zufall hatte es gewollt, dass aus dem Guss eine Gestalt entstand, die einem einbeinigen Bera ähnelte. Daher hatte der Robot seinen Namen. Einbein fand sich bereits an Bord des Raumeis. Als der Nachbar weitere Fragen stellte, rief er:

»Lass dich von ihm nicht aufhalten! Du weißt, dass unsere Sache keinen Aufschub duldet!«

Kolphyr lächelte und sagte zum Nachbarn:

»Siehst du – er ist ein so vorzüglicher Begleiter, dass er schon glaubt, er könne über mich bestimmen.«

Der Nachbar war voller Verständnis.

»Er hat Recht, weißt du?«, bemerkte er. »Du bist hinter einer äußerst wichtigen Sache her. Je mehr Klarheit du über den Prozess der Materieentstehung gewinnen kannst, desto besser für den Stand der Forschung. Du solltest wirklich so bald wie möglich aufbrechen.«

Das tat Kolphyr dann auch. Er stieg in das Raumei und machte es sich auf dem Liegesitz bequem. Das Raumei bestand in der Hauptsache aus Energie. Die Hülle des Fahrzeugs war transparent und dennoch undurchlässig für verschiedene Arten von Strahlung, die entweder Kolphyr oder seine wissenschaftlichen Geräte hätten gefährden können. Auch die Decken und Trennwände, die innerhalb des Fahrzeugs eingezogen worden waren, bestanden aus Energie. Lediglich die Einrichtungsgegenstände waren aus Materie gefertigt, darunter natürlich auch Einbein, den Kolphyr entweder als Begleiter oder als Einrichtungsgegenstand betrachtete – je nach dem, wie er gelaunt war.

Einbein setzte das Fahrzeug in Bewegung. Das Ei hob vom Boden ab und stieg immer schneller in den grünlich leuchtenden Himmel über die Welt Grulpfer hinauf. Kolphyr genoss den Anblick, der sich ihm auf der großen Rundumbildfläche bot. Er war schon Hunderte von Malen in den Raum aufgestiegen, doch jedes Mal faszinierte ihn das Bild seiner Welt, wie sie kleiner wurde und schließlich in der silbernen Weite des Universums verschwand.

»Wie weit hinaus gehen wir diesmal?«, fragte Einbein.

»Wir fliegen, bis wir einen Zustand erreicht haben, in dem wir zweihunderttausend Einheiten von Grulpfer entfernt sind.«

Einbein äußerte anerkennend: »Das ist weiter, als jemals ein Forscher vorgestoßen ist!«

»Ja«, sagte Kolphyr. »Wir haben das auch nötig. Unser Experiment ist nicht eben ungefährlich.«

 

*

 

Wie bei allen anderen Intelligenzen hatte auch bei den Beras die Zivilisation damit begonnen, dass man sich Gedanken darüber machte, wie die Umwelt, in der man sich befand, erklärt werden könne.

Die Beras, die diesen Planeten Grulpfer als ihre Heimatwelt betrachteten, starteten zu diesem Vorhaben allerdings von einer anderen Ausgangsposition als andere Völker. Grulpfer war eine Welt, die einsam durch die endlosen Weiten eines silbrig schimmernden Universums trieb. Grulpfer war im eigentlichen Sinne kein Planet; denn es gab keine Sonne, um die er kreiste. Grulpfer empfing Licht und Wärme unmittelbar aus dem Kontinuum, in dem er schwebte.

Obwohl die Beras den Begriff »Universum« kannten, war ihr Universum anders als das, in dem zum Beispiel die Arkoniden, die Terraner oder die Tefroder lebten. Ein terranischer Wissenschaftler, hätte er von Grulpfer gewusst, wäre zu dem Schluss gekommen, dass die Welt der Beras sich zwischen den Universen befinde – entweder in jenem Zwischenkontinuum, durch das der Weg terranischer Raumschiffe führte, oder ganz und gar im Hyperraum.

Es war daher kein Wunder, dass die Art, wie die Beras ihre Umwelt sahen, sich wesentlich von der anderer Zivilisationen unterschied. Die Beras kannten keinen Zeitbegriff. Für sie gab es lediglich verschiedene Zustände des Kosmos. Der Kosmos veränderte sich, selbsttätig, in winzigen Schritten. Für jeden solchen Schritt wurde ein Quantum Zustandsenergie verbraucht, die der Kosmos von irgendwoher bezog. Intelligente Wesen konnten die Umwelt dazu veranlassen, sich abrupter als gewöhnlich zu ändern, indem sie größere Mengen Zustandsenergie freisetzten. Auf diese Weise waren sämtliche nennenswerten Erfindungen der Beras entstanden: Jemand hatte sich einen großen Betrag Zustandsenergie beschafft und setzte diesen nach bestimmten Regeln und Vorschriften frei – und schon gab es ein neues Gerät, eine neue Maschine, ein neues Etwas, das das Leben bequemer machte oder neue Wege eröffnete, die man bisher nicht hatte beschreiten können.

Auf diese Weise war es den Beras relativ leicht gefallen, Fahrzeuge zu entwickeln, mit deren Hilfe sie ihre Welt verlassen und in das silberne Nichts vorstoßen konnten, das sie von allen Seiten umgab. Denn die beraische Forschung hatte erkannt, dass das All die Heimat der Zustandsenergie sei, und wer sich eine unerschöpfliche Quelle dieser Energie erschließen wollte, der musste dorthinaus vorstoßen.

Man hatte festgestellt, dass das All – abgesehen von dem silbernen Leuchten, in dem man die Urform aller Zustandsenergie vermutete – nicht so leer war, wie es auf den ersten Blick den Anschein gehabt hatte. Außer dem Planeten Grulpfer gab es noch andere Materie in der endlosen Weite. Zwar kein einziges Materiestück, das groß genug gewesen wäre, um selbst wieder ein Himmelskörper genannt zu werden, aber doch riesige Mengen diffuser Gase, aus denen beizeiten wahrscheinlich neue Planeten entstehen würden – auf dieselbe Art und Weise, wie auch Grulpfer einst aus einer sich allmählich verdichtenden Gaswolke entstanden war.

Die Materie des Alls war ein begehrtes Studienobjekt für Hunderte von beraischen Forschern gewesen. Man hatte festgestellt, dass der Materiegehalt des Weltalls allmählich zunahm. Die Materie musste irgendwoher kommen. Aber das beraische Weltbild hatte noch kein Denkmodell entwickelt, mit dessen Hilfe sich der stete Zufluss von Materie hätte erklären lassen. Die Zustandsgleichungen des Kosmos waren hin und her variiert worden; aber keine der Variationen gab Aufschluss über dieses größte aller Geheimnisse.

Da hatte sich Kolphyr ans Werk gemacht. Wie alle Mitglieder seines Volkes empfand er die Erforschung des Weltalls als Berufung und Lebenserfüllung zugleich. Er besaß ungewöhnlich umfangreiche Geistesgaben. Er beteiligte sich zunächst nicht an den Flügen anderer Forscher ins Weltall. Statt dessen saß er daheim und analysierte die Daten, die andere aus der silbernen Unendlichkeit zurückgebracht hatten. Allmählich entwickelte er seine Hypothese. Jedes Mal, wenn ein Forscher von einem Flug ins All zurückkehrte, brachte er neue Messergebnisse mit, die Kolphyr benützte, um seine Theorie zu testen. Schließlich war Kolphyr seiner Sache sicher. Er unternahm in rascher Folge mehrere kurze Ausflüge ins All und beschaffte sich die Daten, die er brauchte, um seine Hypothese vollends zu untermauern. Diese Arbeiten waren jetzt abgeschlossen. Der jetzige Flug diente dem Zweck, auf der Basis der Hypothese ein Experiment durchzuführen, von dem Kolphyr hoffte, dass es aus seiner Theorie ein anerkanntes Naturgesetz machen werde.

Kolphyr war nämlich überzeugt, dass Zustandsenergie und Materie ein und dasselbe seien, sozusagen zwei Erscheinungsformen desselben Phänomens – so wie Wasser und Eis zwei Erscheinungsformen derselben Substanz sind. Kolphyrs Experiment lief darauf hinaus, einen eng begrenzten Sektor des Alls seiner Zustandsenergie vollständig zu berauben. Er wollte ein energetisches Vakuum schaffen. Nach seiner Hypothese würde das All bemüht sein, das Vakuum so rasch wie möglich wieder zu füllen. Infolge der Schnelligkeit des Vorgangs musste jedoch eine Störung eintreten. Die evakuierte Zustandsenergie würde nicht nur als Energie in die Leere zurückfließen, sondern zu einem geringen, aber deutlich messbaren Teil als neuentstandene Materie.

Kolphyrs Raumei hatte Detektoren an Bord, die den Einfluss neuer Materie einwandfrei nachweisen und aufzeichnen würden. Kolphyr fieberte dem Experiment entgegen. Wenn es gelang, würde es ihm den Ruf des größten aller Forscher im Rahmen des derzeitigen und aller angrenzenden kosmischen Zustände einbringen.