Nr. 323
Wächter des Goldenen Vlieses
In der Dunklen Region lauert der Tod
von Horst Hoffmann
Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist. Doch die Gefahr ist durch die energetische Schutzschirmglocke nur eingedämmt worden, denn der Invasor hat sich auf der Erde etabliert – als ein plötzlich wieder aufgetauchtes Stück des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis.
Atlan und Razamon, der verbannte Berserker, haben als einzige den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Herren von Pthor ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen. Die Männer sind auf einer Welt der Wunder und der Schrecken gelandet. Das Ziel der beiden ist, die Herren der FESTUNG, die Beherrscher von Pthor, aufzuspüren und schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.
Nach vielen gefahrvollen Abenteuern, die am Berg der Magier ihren Anfang nahmen, haben Atlan und Razamon, zu denen sich inzwischen der Fenriswolf gesellt hat, durch die Zerstörung des Kartaperators der irdischen Menschheit bereits einen wichtigen Dienst geleistet.
Jetzt, nach der Zerstörung der Eiszitadelle und dem daraufhin eintretenden Wärmeeffekt, sind die Kampfgefährten bereits zu fünft. Zusammen mit Koy, dem Trommler, und Gloophy, dem Antimateriewesen, flüchten sie vor den Fluten des Schmelzwassers. Dabei erfahren sie vom Traum der Valjaren und begegnen dem WÄCHTER DES GOLDENEN VLIESES ...
Atlan und Razamon – Der Arkonide und der Atlanter in der Dunklen Region.
Koy, Gloophy und Fenrir – Atlans und Razamons Gefährten.
Blodgahn – Wächter des Goldenen Vlieses.
Taros – Blodgahns androidischer Diener.
Poiko und Tassio – Zwei »Zöllner«.
Die aufgehende Sonne hing wie ein blutroter Ball über der schwarzen Wand, die sich nur noch wenige Kilometer von der Gruppe entfernt im Osten auftürmte.
Atlan stand schweigend am Rand der kleinen Mulde, die den Gefährten die Nacht über Schutz vor unliebsamen Überraschungen geboten hatte, und versuchte zum wiederholten Mal, Einzelheiten in dem dunklen Streifen auszumachen. Nach einigen Minuten gab er es auf.
Der Arkonide kämpfte gegen die aufsteigende Unruhe an, die ihn immer dann befiel, wenn er daran dachte, was sie auf ihrem Weitermarsch erwarten würde.
Es gab kein Zurück mehr. Atlan spürte, dass sie dem Ziel immer näher kamen. Vielleicht wartete dort vorne, wo die gewohnte Welt in einem Nebel aus Schwärze zu verschwinden schien, der Schlüssel, mit dem sich die Macht der FESTUNG brechen ließ.
Irgendwo in diesem unheimlichen Landstreifen, der sich zwischen dem Fluss Xamyhr und der Nordostküste von Pthor ausbreitete, befand sich das Goldene Vlies – was immer sich hinter dem Begriff verbergen mochte. Alles, was Atlan und seine Begleiter über das Vlies wussten, hatten sie aus den oft wirren Träumen der Valjaren erfahren, die in der Flussebene des Xamyhr heimisch waren – und das war nicht allzu viel. Der Arkonide war sich dessen bewusst, dass er sich zum großen Teil von Gefühlen und Ahnungen treiben ließ. Er hatte diese Einsicht akzeptiert, denn auf Pthor herrschte nicht die Logik – zumindest nicht in dem Maß, wie es außerhalb des Dimensionsfahrstuhls der Fall war.
Atlans Weg durch das urplötzlich im Atlantik aufgetauchte Gebilde, das von seinen Bewohnern Pthor, von den Menschen das Neue Atlantis genannt wurde (zumindest zu der Zeit, als Atlan sich noch draußen, in der »normalen« Welt befand), war bisher von unzähligen Gefahren und Abenteuern umsäumt gewesen; uralte Legenden aus der Vergangenheit der Menschheit waren lebendig geworden, und der Arkonide hatte lernen müssen, sich einer Umgebung anzupassen, die von Zauber und Magie ebenso wie von einer hochentwickelten Technologie beherrscht wurde. Pthor war ein gigantischer Schmelztiegel der verschiedenartigsten Lebensformen und Rassen, die einen Zweckverband bildeten, um im Auftrag jener mysteriösen Macht, die den Dimensionsfahrstuhl lenkte, blühende Kulturen ins Chaos und Verderben zu stürzen, wo immer Pthor materialisierte.
Atlan machte kehrt und stieg in die Mulde hinab, wo die anderen dabei waren, ein großes, von Fenrir geschlagenes Wild auseinanderzunehmen. Noch einmal blieb der Arkonide stehen und sah hinüber zu der dunklen Wand am Horizont. Die Strahlen der Sonne sahen jetzt wie rote Lichtspeere aus, die sich in das Dunkel bohrten und darin verschwanden, als ob sie einfach geschluckt würden.
Die Dunkle Region!
Atlan ahnte, dass das, was nun vor ihnen lag, alles bisher Erlebte in den Schatten stellen würde. Welche Schrecken warteten dort auf sie? Welchen neuen Teufeleien der Herren der FESTUNG würden sie begegnen?
Grimmige Entschlossenheit trat auf das Gesicht des Arkoniden. Ohne es zu bemerken, ballte er beide Fäuste und stieg weiter in die Mulde hinab.
Er wechselte einen Blick mit Razamon, ehe er sich zu den Freunden setzte. Der Atlanter empfand zweifellos ähnlich wie er.
Fenrir lief unruhig hin und her und winselte leise. Koy, der Trommler, und Gloophy, das fünf Zentner schwere Antimateriewesen, hockten schweigend auf einem großen Stein und sahen den beiden Männern zu, die sich einige Stücke aus dem Fleisch des erlegten Tieres schnitten. Gloophy nahm, wie immer, nichts zu sich.
»Seinem Appetit nach müsste er eher die Statur eines Aras haben, der gerade eine Schlankheitskur hinter sich hat«, murmelte Razamon leise. Gloophy sprach bisher zwar nur einige Brocken Pthora, aber er hatte bei verschiedenen Gelegenheiten bewiesen, dass er schnell lernte und vieles von dem verstand, was die anderen redeten.
»Manchmal denke ich«, sagte Koy, »dass er sich von etwas ernährt, das wir nicht einmal wahrnehmen können – vielleicht von einer hyperenergetischen Strahlung.«
Atlan nickte.
»Das wäre eine Möglichkeit. Aber das macht mir nicht die größten Sorgen.«
Razamon grinste und fragte laut:
»Du meinst, Gloophy ist wirklich schwanger?«
Razamon hatte kaum ausgesprochen, als der Kopf des Beras hochfuhr und Gloophy dem Atlanter einen undefinierbaren Blick zuwarf.
»Schon gut, schon gut!«, beeilte dieser sich zu sagen. Auf Englisch flüsterte er Atlan zu: »Der versteht jedes Wort, Atlan, und er stellt sich an wie ein zwölfjähriges Mädchen, dem man die erste Liebeserklärung gemacht hat.«
Atlans Miene verriet, dass er das, was offensichtlich mit Gloophy vor sich ging, überhaupt nicht witzig fand.
»Ich glaube, er hat Schmerzen«, sagte er, ebenfalls auf Englisch. »Dieser verdammte Vogel hat ihm etwas unter die Haut gelegt, als Gloophy mit ihm schmuste. Die Stelzer müssen Parasiten sein. Kannst du dir vorstellen, was geschieht, wenn das Ding wächst und den Velst-Schleier sprengt?«
»Ich kann es, aber ich will es nicht«, gab der Atlanter zu.
»Wenn unser schweigsamer Freund«, Atlan deutete auf Koy, »wenigstens den Mund aufmachen würde. Er weiß ganz genau, was mit Gloophy los ist, aber das Tabu ist zu stark in ihm verwurzelt.«
»Ich bin sicher, dass er reden würde, wenn wirklich Gefahr bestünde.«
Atlan nickte grimmig.
»Hoffentlich hast du Recht. Ich glaube, auch Gloophy hat eine Ahnung davon, was sich da auf seinem linken Oberarm bildet. Das weiße Gespinst ist gewachsen. Vorhin konnte ich einen Blick darauf werfen, als Gloophy einen Moment lang seine Hand fortnahm.«
»Er fühlte sich vielleicht schon als Mutter – oder als Vater ...«
Plötzlich schrak Koy heftig zusammen und sah sich ängstlich um. »Fenrir kommt zurück«, stellte Atlan fest. »Es ist Zeit. Wir sollten aufbrechen.«
Razamons und Koys Blicke sagten mehr als alle Worte. Atlan fühlte wieder das unbändige Verlangen, umzukehren und einen anderen Weg zur FESTUNG zu suchen. Ebenso wie Razamon wäre er niemals einem Gegner ausgewichen, den man sehen, fassen und fühlen konnte. Aber das hier war etwas völlig anderes.
Das Grauen schlug wie ein kalter Hauch von der schwarzen Wand der Dunklen Region zu ihnen herüber.
»Los!«, sagte Atlan nur. Die Gruppe setzte sich in Bewegung, ohne noch länger zu zögern.
Das überschwemmte Flussgebiet lag weit hinter ihnen. Sie waren seit der Rauferei mit den Flüchtlingen aus Skarlotto, in deren Verlauf Bördo entführt wurde, keinen Valjaren mehr begegnet. Es schien, als ob alle Lebewesen die Nähe der Dunklen Region mieden.
Sie gingen weiter. Langsam wuchs die dunkle Wand vor ihnen in die Höhe.
Irgendwo in dem scheinbar endlosen Schwarz vor ihnen befand sich das Goldene Vlies. Atlan wurde sich dessen bewusst, dass es nicht genügen würde, das Vlies zu finden.
Wenn es für die Wesen von Pthor von solch großer Bedeutung war, wie es den Anschein hatte, würden sie früher oder später auf seinen Wächter stoßen.
Atlan dachte mit Grauen an die alten Sagen ...
*
Die Kilometer bis zum Rand der Dunklen Region waren eine harte Belastungsprobe für Nerven und Willenskraft. Nur Gloophy schien nicht von dem Bann befallen zu werden, der von der schwarzen Wand ausging.
Das undurchdringbar wirkende Dunkel schien Angstimpulse nach allem auszusenden, das sich ihm näherte, und sie wurden stärker, je näher die Gruppe herankam. Selbst als sie nur noch wenige hundert Meter entfernt waren, konnten sie nicht sehen, womit sie es zu tun hatten. Manchmal wirkte das schwarze Etwas wie ein flimmernder Zerrspiegel. Sobald Atlan, Razamon oder Koy eine Kontur auszumachen glaubten, verschwand sie wieder und machte einem dunklen Wallen Platz, das bis in den Himmel zu reichen schien.
Die Freunde brauchten mehr als zwei Stunden, um die relativ kurze Strecke von ihrem Lagerplatz zum Rand der Dunklen Region zurückzulegen.
Und dann waren sie heran. Graue Nebelschwaden schwebten auf sie zu und hüllten sie teilweise ein. Gleichzeitig milderte sich der Druck in ihren Köpfen.
»So etwas habe ich vermutet«, verkündete Razamon, als sie stehen blieben, um sich zu orientieren. »Was immer sich in diesem düsteren Landstrich verbirgt, hat sich offenbar mit einem Abwehrgürtel umgeben, der unerwünschte Eindringlinge abschrecken soll.«
Atlan warf ihm einen skeptischen Blick zu. Er dachte bereits an das, was hier auf sie wartete. Noch befanden sie sich nicht in der eigentlichen Dunklen Region. Der Arkonide vermutete, dass sie in einer Art Vorhang steckten, der sie nach Westen hin abschirmte.
»Weiter!«
»Es ist wie dunkler Rauch«, sagte Razamon, während sie in das Ungewisse vordrangen. Mit jedem Schritt verminderte sich die Angst, aber das Unbehagen blieb. »Kein normaler Nebel, er wirkt fast künstlich.«
»Und er wird dichter«, fügte Atlan hinzu. »Ich bin sicher, dass wir uns der Quelle nähern.«
Fenrir jaulte plötzlich laut auf und rannte in das Dunkel hinein. Nach zehn Metern war er aus dem Sichtbereich der anderen verschwunden.
»Lass ihn«, sagte Atlan, als Razamon nach dem riesigen Wolf rufen wollte. »Er wird auf uns warten, wenn er etwas gefunden hat.«
Der Arkonide nutzte die Gelegenheit und blieb stehen, bis der hinter ihm gehende Koy heran war. Der Trommler hatte immer noch Furcht vor Fenrir und litt stark unter der Ablehnung des Tieres, die in offene Aggressivität umschlug, sobald er sich ihm bis auf wenige Meter näherte.
»Bist du sicher, dass du alles gesagt hast, was du weißt?«, fragte der Arkonide.
Koy nickte. Seine kleinen Augen wanderten unruhig hin und her, als ob er jeden Augenblick mit einem Angriff irgendwelcher Spukgestalten rechnete.
»Ganz sicher, Atlan. Niemand auf Pthor, von den Herren der FESTUNG abgesehen, weiß, was sich in der Dunklen Region verbirgt. Ich kann nur wiederholen, dass sie bis hinunter zum Mündungsdelta des Xamyhr reicht und etwa fünfzig Kilometer breit sein soll. Wir befinden uns demnach jetzt ungefähr an der Mitte des Landstrichs, wenn man die Längsausdehnung zugrunde legt.«
»Es hat wohl wenig Zweck, dich zu fragen, ob dir etwas eingefallen ist?«, erkundigte Atlan sich bei Razamon.
»Du sagst es«, antwortete der Pthorer missmutig. »Obwohl es mir manchmal so vorkommt, als ob ...«
»Als ob was?«
Razamon winkte ärgerlich ab.
»Ich melde mich schon, wenn ich mich an etwas erinnere, obwohl ich bezweifle, dass ich oder Angehörige meiner Familie früher jemals in dieser Gegend waren.«
Sie marschierten schweigend weiter. Das Dunkel hatte sie nun völlig eingeschlossen. Die Sicht reichte etwa zwanzig Meter weit. Die eigentliche »Landschaft« bestand aus hügeligem Gelände, das von farblosem Gras bewachsen war. Bäume schien es weit und breit nicht zu geben.
Sie mochten etwa fünf Minuten gegangen sein, als Razamon stehen blieb.
»Was ist?«, flüsterte Atlan.
»Ein Geräusch vor uns.«
Auch Koy und Gloophy hielten an. Die Gruppe stand dicht zusammengedrängt und lauschte.
»Da ist es wieder«, zischte Razamon plötzlich. »Es ist Fenrir!«
Atlan hörte es nun auch. Ein leises Knurren, nicht weit vor ihnen.
Der Arkonide gab den anderen einen Wink. Langsam schlichen sie weiter. Fenrirs Knurren wurde lauter. Und dann riss der Nebel plötzlich auf.
Der Wolf kauerte in drohender Haltung am Rand einer riesigen Schlucht, deren gegenüberliegendes Ende nur zu sehen war, wenn die aus der Tiefe aufsteigenden schwarzen Dampfschwaden sich hin und wieder teilten. Trotzdem genügte ein einziger Blick, um festzustellen, dass die Schlucht gut und gerne einhundert Meter breit sein musste.
Der Nebel war nicht mehr so dicht wie auf dem bisherigen Weg in dieses geheimnisvolle Land.
Atlan hörte, wie Razamon laut stöhnte. Als er sich umdrehte, hatte der Atlanter die Augen weit aufgerissen und starrte gebannt auf die schwarzen Dampfschwaden, die aus der Erde stiegen.
»Die Teufelsfurche«, murmelte er wie zu sich selbst. »Es ist die Teufelsfurche ...«
*
Das Eindringen der kleinen Gruppe in das Randgebiet der Dunklen Region war nicht unbeobachtet geblieben. Hoch über den Gefährten kreiste ein schwarzes Monstrum, das am ehesten mit einer Riesenfledermaus zu vergleichen war, in den obersten Schichten der Dunkelheit und beobachtete mit seinen mutierten Sinnen jede ihrer Bewegungen, bis sie die Teufelsfurche erreicht hatten.
Phiancha wartete, bis die Eindringlinge sich wieder in Bewegung setzten. Als sie genug erfahren hatte, drehte sie ab und flatterte über den Cañon zurück in ihre eigentliche Welt. Nach wenigen Minuten war sie am Ziel.
Phiancha stieß einen schrillen, für menschliche Ohren nicht wahrnehmbaren Schrei aus und ließ sich wie ein Stein in ihren Horst fallen. Wenige Meter über dem Boden breitete sie die ledernen Flügel aus und fing den Sturz ab.
Das Monstrum machte eine Verwandlung durch. Es legte die Glieder an und senkte den Kopf auf die Brust. Dann schlossen sich die Flügel um den haarlosen Körper, bis Phiancha einer schwarzen Kugel von etwa zwanzig Zentimeter Durchmesser glich.
Phiancha wartete.
Als sie die Nähe ihres Herrn spürte, öffnete sie ihre Sinne und suchte den Kontakt. Unsichtbare Ströme flossen zu Phianchas Herrn hinüber, bis das Bewusstsein der Fledermaus geleert war.
Phiancha empfing freudige, dankbare Impulse. Das Monstrum wartete, bis sein Herr sich entfernt hatte, und faltete die Flügel wieder auseinander.
Phiancha hatte ihre Aufgabe erfüllt. Noch während sie aufstieg und sich auf die Jagd begab, wusste sie, dass ihr Herr dabei war, die Vorbereitungen zum Empfang der Eindringlinge zu treffen.
Sie würden auf die gleiche Art und Weise enden wie alle, die bisher versucht hatten, in ihrer Gier nach dem Goldenen Vlies das Schattenreich zu betreten.
Phiancha würde schon bald den Lohn für ihre Dienste erhalten. Vorerst musste sie sich noch mit den Geschöpfen des Schattenreichs begnügen ...
*
»Du erinnerst dich, Razamon! Was weißt du über diese Schlucht?«
Der Pthorer erwachte aus der Trance und warf Atlan einen fast hilflosen Blick zu.
»Ich weiß nichts! Nichts über die Schlucht und nichts über das Land, das dahinterliegt. Nichts über meine Heimat Pthor und die Verbrecher, die sie zu dem machten, was sie heute ist! Verdammt, kannst du nicht mit der Fragerei aufhören?«
Der Arkonide wechselte einen betroffenen Blick mit Koy. Fenrir lief um Razamon herum und winselte leise. Mehr als die anderen spürte er die Qualen des Pthorers.
»Entschuldige«, brachte Razamon hervor. »Aber es ist grausam. Irgendwo in mir schlummert die Erinnerung, aber es sind immer nur kleine Stücke, die ins Bewusstsein zurückkehren, wenn ein bestimmter Auslöser unverhofft auftaucht.«
»Die Schlucht war ein solcher Auslöser?«, fragte Atlan vorsichtig.
»Es ist die Teufelsfurche«, sagte Razamon. »Das ist alles, was ich dir sagen kann. Auf der anderen Seite beginnt die Dunkle Region. Aber ich habe keine Ahnung, was uns dort erwartet.«
Atlan fiel die Karte des alten Kruden ein, der das Goldene Vlies gesehen haben wollte. Er hatte sie sich nur kurz einprägen können, ehe Bördo sie verbrannte.
Auf dem Pergament war der Weg in die Dunkle Region eingezeichnet gewesen, aber es war mehr die Darstellung der allgemeinen Marschrichtung gewesen. Atlan hatte sie sich eingeprägt und die Gruppe nach den Markierungen auf der Karte geführt. Jetzt fielen ihm die Schraffierungen ein, die zweifellos Hindernisse auf dem Weg darstellten, mit denen er aber bisher nicht viel anzufangen gewusst hatte.
Atlans photographisches Gedächtnis reproduzierte die Karte. Zwar hatte der dichte Nebel die Orientierung erschwert, aber die langgezogene Schraffierung auf der Karte konnte nur die Schlucht markieren. Dann aber zog sich der Graben bis zur Deltamündung des Xamyhr hinunter und stellte ein unüberwindliches Hindernis dar.
Dennoch war Kruden in die Dunkle Region gelangt. Irgendwo musste sich ein Übergang befinden.