Nr. 334
Tempel des Bösen
Der Zeitreisende kämpft gegen Menschen und Außerirdische
von H. G. Ewers
Sicherheitsvorkehrungen haben verhindert, dass die Erde des Jahres 2648 einem Überfall aus fremder Dimension zum Opfer gefallen ist – in der Form eines plötzlich wieder aufgetauchten Stückes des vor Jahrtausenden versunkenen Kontinents Atlantis.
Atlan und Razamon, der ehemalige Berserker, haben als einzige den »Wölbmantel« unbeschadet durchdringen können, mit dem sich die geheimnisvollen Herren der FESTUNG ihrerseits vor ungebetenen Gästen schützen. Die beiden Männer landeten auf einer Welt der Wunder und der Schrecken – mit dem Ziel, die Beherrscher von Pthor schachmatt zu setzen, auf dass der Menschheit durch die Invasion kein Schaden erwachse.
Nach vielen gefahrvollen Abenteuern, die am Berg der Magier ihren Anfang nahmen, haben Atlan und Razamon zusammen mit ihren neuen Kampfgefährten dieses Ziel inzwischen erreicht. Der Angriff auf die FESTUNG, gemeinsam mit den Kindern Odins vorgetragen, war von Erfolg begleitet.
Der »Dimensionsfahrstuhl« Pthor gefährdet nun die Erde nicht mehr. Er befindet sich nach den vorangegangenen apokalyptischen Ereignissen von Ragnarök, der Stunde der Götterdämmerung, mit Atlan unterwegs auf dem Flug durch fremde Dimensionen.
Was aber geschieht nach dem Verschwinden des »Neuen Atlantis« auf der Erde? Hier, rund ein halbes Jahr nach der Entmaterialisierung des mysteriösen Kontinents, erscheint Algonkin-Yatta, der interstellare Kundschafter, der, Atlans Spuren folgend, Raum und Zeit überwand, jedoch den Arkoniden selbst um Haaresbreite verfehlte.
Jetzt ist der Zeitreisende auf Terra gefangen – im TEMPEL DES BÖSEN ...
Anlytha alias Cyamoideah Tayac alias Dr. Scarlatti – Algonkins Gefährtin auf dem Kriegspfad.
Algonkin-Yatta – Ein Gefangener im Tempel des Bösen.
Loggy – Ein Kristall sammelt Erfahrungen.
Orwell Hynes – Anlythas Mastreiter.
Perry Rhodan – Der Großadministrator auf der Spur einer Außerirdischen.
Expedition nach Terra
»So!«, sagte Anlytha und schob den letzten Gegenstand ihrer Ausrüstung in die Zeitkapsel. »Ich denke, ich habe alles, was ich auf diesem komischen Planeten gebrauchen kann. Wie heißt er doch gleich, Loggy?«
»Erde«, antwortete der Kristall, indem er Anlytha dieses Wort denken ließ.
»Ja, richtig: Erde«, meinte Anlytha und zwängte sich durch den engen Korridor, der ihr in der Kapsel verblieben war, nachdem sie das »Nötigste« für ihre Expedition zu der Welt, auf der Algonkin-Yatta gefangen gehalten wurde, aus dem Kundschafterschiff, geholt und in der Kapsel verstaut hatte. »So, jetzt können wir starten!«
»Starten können wir«, erwiderte Loggy. »Aber ich empfehle, dass wir nicht ausgerechnet wieder dort herauskommen, wo wir zuletzt mit Algonkin herauskamen.«
»Wir?«, fragte Anlytha mit kreischendem Unterton. Der weiße Federkamm auf ihrem Kopf sträubte sich. »Wer war denn noch dabei außer dir und Algonkin?«
»Die Zeitkapsel«, antwortete Loggy ungerührt.
»Die Zeitkapsel«, wiederholte Anlytha und nickte. Dann stutzte sie und sagte verärgert: »Aber das ist doch keine Person, sondern eine Sache!«
»Für mich ist es eine Person – oder ich bin selbst eine Sache«, gab Loggy zurück. »Schließlich habe ich mich aus einem Orientierungselement des Zeitauges entwickelt, das vom Luna-Clan geschaffen wurde. Dieses Orientierungselement erfuhr zum ersten Mal eine Modifizierung, als das Zeitauge zwischen den Dimensionen mit einem Psi-Roboter zusammentraf – und zum zweiten Mal wurde es modifiziert, als Algonkin und ich mit der Zeitkapsel zwischen den Zeiten einem rätselhaften und bedrohlichen Gebilde begegneten. Jedes Mal floss etwas von dem, dem ich begegnete, in mich über. Dadurch bin ich zwar kein Orientierungselement mehr – auch wenn ich dessen Fähigkeiten nicht verloren habe –, aber doch längst keine Person.«
Anlytha winkte ab.
»Du weißt, dass ich nichts von langen theoretischen Vorträgen halte, also langweile mich nicht damit. Von mir aus soll die Kapsel eine Person sein. Dann muss sie aber auch einen Namen haben.«
»Selenone«, ließ Loggy denken.
Anlythas fliederfarbenes »Porzellangesicht« nahm einen fragenden Ausdruck an.
»Selenone? Warum Selenone? Was bedeutet das?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe nur eine vage Erinnerung an diesen Namen oder Begriff. Er muss etwas mit dem Zeitauge zu tun haben oder mit dem Ort, an dem das Zeitauge entstand.«
»Kompliziert«, meinte Anlytha. »Aber von mir aus! Was, schlägst du vor, wo wir herauskommen sollten, Loggy?«
»Nicht nur wo, sondern auch wann!«, korrigierte Loggy. »Ich denke, es wird am besten sein, wenn wir zu einer Zeit auf der Erde auftauchen, in der ihre Bewohner noch nichts von der Existenz anderer intelligenter Wesen auf den Planeten anderer Sonnen ahnten.«
»Woher willst du wissen, seit wann die Erdbewohner von ihrem egozentrischen Weltbild abgekommen sind?«, fragte Anlytha.
»So etwas lässt sich ausrechnen, wenn man die Gedanken und Erinnerungen von Menschen durchforscht hat«, gab Loggy zurück. »Aber vorsichtshalber gehe ich etwas weiter zurück, da ich nicht die Geschwindigkeit kenne, mit der sich die menschliche Zivilisation weiterentwickelt hat.«
»Mir soll es recht sein«, meinte Anlytha. »Hauptsache, es geht endlich los, damit ich Algonkin befreien kann. Wer weiß, wie diese Menschen dem Ärmsten zusetzen.«
»Ja, wer weiß!«, gab Loggy zurück. »Schließe am besten die Augen, damit es dir nicht schwindlig wird, wenn wir durch Räume und Zeiten wirbeln!«
»Mich kann nichts erschüttern«, behauptete Anlytha.
Sie schloss die Augen, als sie auf den Bildschirmen sah, dass sich ein undurchdringlicher, substanzlos erscheinender Schleier um die Kapsel legte. Und als Anlytha das Gefühl hatte, als drehte die Zeitkapsel sich gleichzeitig in alle denkbaren Richtungen, stieß sie einen schrillen Schrei aus und schlug die Hände vors Gesicht.
*
Anlytha glaubte, die Zeitkapsel fiele durch einen tiefen Schacht und käme abrupt zum Stillstand.
Als sie zaghaft die Hände vom Gesicht nahm, sah sie auf den Bildschirmen, wie die Schleier sich lichteten. Doch sie verschwanden nicht ganz. Dicht unterhalb der Zeitkapsel verdichteten sie sich sogar – und aus ihnen ragten seltsam bizarre Dinge hervor.
»Was ist das? Wo sind wir?«, fragte Anlytha.
»Wir befinden uns auf der Erde«, antwortete Loggy. »Das heißt, die Zeitkapsel schwebt in einigen Metern Höhe über dem Boden, der von einer echten Nebeldecke verhüllt wird. Die Dinge, die aus dem Nebel ragen, sind Baumwipfel.«
Einigermaßen beruhigt, blickte Anlytha wieder auf die Bildschirme. Neugierig musterte sie die dünnen Baumwipfel und die ständig in Bewegung befindlichen Blätter. Danach schaute sie zum Himmel – und während sie die düsteren, rasch dahinjagenden Wolken betrachtete, lösten sie sich auf. Mit grellem Glanz schickte eine gelbweiße Sonne ihre Strahlen herab.
Anlytha blinzelte und schaute schnell weg. Sie bemerkte, dass die Sonnenstrahlen die Nebeldecke zerstreuten. Immer mehr von den Konturen der Planetenoberfläche wurden sichtbar. Links und rechts und hinter der Zeitkapsel gab es Felsen, kriechende Gewächse und hohe dürre Bäume, deren Kronen sich im Wind wiegten.
Und vor der Zeitkapsel schälte sich plötzlich aus den verwehenden Nebeln die elliptische, unbewegte Wasserfläche eines beinahe schwarzen Sees, in der sich die wilden, skurrilen Formen eines fast geschlossenen Kreises aus unterschiedlich großen Felsen spiegelte. Außerdem spiegelte sich in dem fast unheimlich stillen Wasser ein zerfurchter steiler Bergkegel sowie ein exakt zylindrisches Gebilde aus undefinierbarem schwarzen Material.
Und der Zylinder ruhte auf einem monolithischen Quader – oder einem echten Monolithen –, dessen von der Kapsel aus sichtbare Seitenfläche zirka neun Meter breit und vier Meter hoch war.
»Ein künstliches Gebilde!«, entfuhr es Anlytha staunend. »Und es sieht aus, als wäre zu seinem Bau eine hochentwickelte Technik nötig gewesen.«
Als Loggy nichts dazu sagte, schaltete Anlytha den Hyperempfänger ein, den sie vom Kundschafterschiff herübergebracht hatte. Geduldig suchte sie alle Frequenzen ab. Einmal fing sie einen fremdkodierten Spruch auf, aber der Sender war mehrere Lichtjahre entfernt.
»Auf der Erde steht kein einziger Hypersender«, stellte sie fest. »Jedenfalls sendet keiner. Und es ist unheimlich still. Ich kann keine Menschen sehen. Vielleicht gibt es überhaupt keine Menschen auf diesem Planeten, Loggy.«
»Es muss Menschen geben, denn die Erde wurde nicht von außerhalb besiedelt. Aber dieses Bauwerk trägt die unsichtbaren Züge von Konstrukteuren, deren geistiger Horizont erheblich weiter sein muss als der der Menschen, die es in dieser Zeit gibt.«
»Heimliche Eroberer?«, fragte Anlytha interessiert. »Denkst du, dass die Menschheit dieser Epoche von Außerirdischen beherrscht wird, ohne es zu ahnen?«
»Alles ist möglich, Anlytha.«
Anlytha erhob sich und sagte resolut:
»Selbst die härtesten Herrscher sind nicht gegen den Reiz von Neuigkeiten gefeit. Ich werde als Händlerin zu ihnen gehen und in ihre Seelen blicken, während ich mit ihnen feilsche.«
»Oder während sie dich berauben und verspotten«, erwiderte Loggy. »Aber woher hast du die Weisheit mit dem Reiz der Neugier, Anlytha? Sind deine Erinnerungen zurückgekehrt?«
»Leider nicht«, sagte Anlytha, während sie bereits in ihren ›Schätzen‹ wühlte. »Ich habe sie aus den von der Psiotronik gespeicherten ›Kontakthilfen für Kundschafter‹.«
Sie verstaute mehrere bunte Kristalle, einige Stoffstreifen und verschiedene Musikinstrumente in dem kastenförmigen Transportbehälter eines kleinen Handkarrens, den sie in einer Handelsmission der Springer »gefunden« hatte. Die Springer mussten ihn von einer unterentwickelten Zivilisation mitgebracht haben, denn Holz und rostiges Eisen sowie Naturgummi waren die einzigen Materialien, aus denen der Karren bestand.
Als sie mit dem Karren zur Schleuse gegangen war, blieb sie stehen und schaute enttäuscht zurück:
»Warum hast du nicht gesagt, ich solle zurückbleiben, Loggy?«, fragte sie.
»Hättest du denn auf mich gehört?«, fragte Loggy zurück.
»Ich hätte nicht auf dich hören dürfen«, gab Anlytha zurück. »Die Pflicht zwingt mich zu meinem schweren Gang. Aber es hätte mir bewiesen, dass du dir Gedanken um mein Schicksal machst.«
»Es ist keineswegs die Pflicht, die dich dazu zwingt, beim Turm herumzuschnüffeln«, widersprach Loggy.
»Turm?«, fragte Anlytha. »Meinst du dieses Gebilde dort?«
»Richtig, denn es hat die Form eines Turmes. Ob es tatsächlich ein Turm ist, lässt sich von hier aus nicht feststellen. Pass gut auf dich auf, Anlytha, ja?«
»Aber, ja!«, erwiderte Anlytha. »Danke, Loggy!«
Mit strahlendem Gesicht durchquerte sie die Schleuse, schaltete ihr Flugaggregat ein und schwebte, den Handkarren auf den Armen, zu Boden. Danach schaltete sie das Flugaggregat wieder aus, blickte sich um und marschierte schließlich nach rechts, wo der Weg um den See bis zum Turm kürzer war als der Weg nach links.
*
Einige Stunden später ...
Anlytha blieb stehen, atmete schwer und schloss die Augen. Es war heiß geworden, und der Marsch – zuerst durch unwegsames steiniges Gelände und dann über den steil ansteigenden Serpentinenweg hinauf – hatte sie stark geschwächt. Mehrmals war sie versucht gewesen, die Strapazen mit Hilfe des Flugaggregats wenigstens hin und wieder abzumildern, aber sie hatte es mit Rücksicht auf eventuelle Ortungsgeräte unterlassen. Dieser Planet gab ihr Rätsel auf, und sie wollte sich keine Blöße geben, bevor sie nicht wusste, wer in dem Turmbau hauste.
Plötzlich zuckte sie heftig zusammen.
Was war das für ein Geräusch gewesen?
Im nächsten Augenblick wusste Anlytha die Antwort – beziehungsweise bestätigte ihr Verstand den Schluss, den ihr Gefühl sofort gezogen hatte.
Es war das typische pfeifend-summende Geräusch eines Fluggleiters gewesen, wie sie es schon oftmals gehört hatte, seit sie mit Algonkin-Yatta zusammenlebte – und vorher wahrscheinlich auch.
Fluggleiter aber waren so komplexe technische Produkte, dass ihr Besitz entweder die Beherrschung aller notwendigen Basis-Technologien oder aber einen Reichtum voraussetzte, wie ihn der Bewohner einer Barbarenwelt niemals zusammentragen konnte.
Da die Erde in dieser Zeitepoche aber eine Barbarenwelt war, was durch den fehlenden Hyperfunkverkehr bewiesen wurde, lebten auf ihr Vertreter einer wissenschaftlich-technisch weit überlegenen Zivilisation.
In dem schwarzen Turmbau!
Ein lüsternes Lächeln breitete sich über Anlythas Gesicht aus.
Was für kostbare Schätze mussten die Außerirdischen in ihrem Turm zusammengetragen haben! Schätze, die viel zu schade für sie waren ...
Anlytha konnte sich nicht mehr beherrschen. Sie stieß ein frohlockendes Gekreisch aus und hüpfte von einem Bein aufs andere, bis ihre durch den Marsch überanstrengten Knochen sich schmerzhaft bemerkbar machten.
Keuchend stand sie da, rang nach Atem und fieberte dennoch danach, so bald wie möglich wieder aufzubrechen. Als ihre Lungen sich einigermaßen erholt hatten, packte sie wieder den Zuggriff ihres Handkarrens. Mit festem Schritt stapfte sie die letzte Strecke bergauf, bis sie nach einer weiteren Wegbiegung die Brücke sah.
Sofort setzte Anlytha ihren psionisch begabten Gehirnsektor ein und strahlte eine psionische Wellenfront aus, die jedem Lebewesen in weitem Umkreis vorgaukelte, eine alte Terranerin würde sich in gebückter Haltung der Brücke nähern. Aus den Schilderungen Loggys wusste Anlytha im großen und ganzen, wie eine Terranerin aussah.
Als sie vor der Brücke stand, sah sie, dass es sich um eine aus sorgfältig bearbeitetem Holz gebaute Zugbrücke handelte, die von handgeschmiedeten und geschwärzten Eisenketten gehalten wurde.
Anlytha bewegte die Lippen, als wollte sie sie zu einem Pfiff spitzen, aber sie schwieg. Dennoch musste sie sich weiterhin zusammenreißen, um den Blick von den Ketten zu nehmen, die ein halbes Vermögen wert sein mussten, wenn sie tatsächlich aus Eisen und handgeschmiedet waren. Denn wo gab es so etwas noch in Zivilisationen, wo die »Schmiede« nur noch aus Tradition diese Berufsbezeichnung trugen, obwohl kaum einer von ihnen in seinem ganzen Leben einmal ein Stück reinen Eisens in die Hände bekam. Sie programmierten die Computer, die ihrerseits die Produktion steuerten und überwachten.
Langsamer als zuvor überquerte Anlytha die Brücke. Vor dem dreiflügligen Tor blieb sie stehen und musterte die rechteckigen Eisenschindeln, mit denen es beschlagen war. Aus einem Erkerfenster fiel Licht.
Anlytha ließ ihren Handkarren los und musterte prüfend die Umgebung des Tores, doch zu ihrer Enttäuschung entdeckte sie weder ein Impulsschloss noch eine Ruftaste.
Bis ihr bewusst wurde, dass sie ja gar nicht nach solchen Produkten einer überlegenen Zivilisation suchen durfte!
Doch wie machte man sich auf einer Barbarenwelt bemerkbar?
Wahrscheinlich rief man, aber diese Methode taugte nicht für Anlytha, da sie keine Ahnung hatte, welche Sprache auf der Erde eines Barbarenzeitalters gesprochen wurde. Sie hatte sich deshalb bereits in der Kapsel dazu entschlossen, eine Taubstumme zu spielen. Schließlich musste man sich mit Gesten ebenso gut unterhalten können wie mit einer Sprache, da die Terraner einen ähnlichen Körperbau hatten wie sie selbst und wie Algonkin-Yatta.
Einer der Turmbewohner erlöste sie endlich aus ihrer Verlegenheit. Anlytha hörte, wie ein Fenster geöffnet wurde. Als sie aufschaute, sah sie im offenen Erkerfenster das Gesicht eines relativ jungen Mannes, der ein Terraner sein konnte, aber für einen Barbaren etwas zu kultiviert aussah.
Der Mann musterte Anlytha – beziehungsweise die alte Terranerin, die er zu sehen glaubte – eine ganze Weile, dann fragte er etwas in einer Sprache, die Anlytha nicht verstand, obwohl es ihr vorkam, als hätte sie, sie oder eine ähnliche Sprache schon einmal gehört.
Im nächsten Moment wisperte der Mikrolautsprecher in ihrem linken Ohr, der mit dem vor der Brust hängenden Translator verbunden war: »Wer seid Ihr, gute Frau?«
Anlytha kämpfte die Verblüffung nieder. Sie wusste nunmehr, dass die Sprache, derer der junge Mann sich bediente, in ihrem Translator gespeichert war. Andernfalls hätte das Gerät die Worte nicht übersetzen können, sondern eine gewisse Zeit gebraucht, bis es im Direktverfahren eine brauchbare Analyse erstellt hatte.
Anlytha öffnete den Mund, bewegte die Lippen und deutete danach durch verschiedene Gesten an, dass sie nicht sprechen könne. Ein ähnliches Manöver vollführte sie hinsichtlich des Gehörs. Bei beiden Dingen achtete sie darauf, dass die Bewegungen, die ihr Realkörper ausführte, auch von ihrem Scheinkörper ausgeführt wurden, denn sonst hätte der Fremde sie nicht wahrnehmen können. Anschließend deutete sie auf ihren Handkarren, dessen Transportkasten mit Ware gefüllt war – und dann auf den Fremden.
Der Fremde bewegte den Kopf auf und ab, dann verschwand er vom Fenster.
Anlytha hörte Schritte, wenig später die Stimme des jungen Mannes und darauf eine andere Stimme, die aus dem Lautsprecher eines Kommunikationsgeräts zu kommen schien.
Wie komme ich eigentlich darauf, dass der Fremde ein Mann ist?, fragte sie sich. Schließlich habe ich nur sein Gesicht gesehen. Dennoch bin ich hinsichtlich seines Geschlechts absolut sicher. Folglich ist es seine verblüffende Ähnlichkeit mit Arkoniden, die mich die Einstufung vornehmen ließ.