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Nr. 339

 

Stern der Vernichtung

 

Landung auf dem Planeten der Brangeln

 

von Marianne Sydow

 

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Die Erde ist wieder einmal davongekommen. Pthor, das Stück von Atlantis, dessen zum Angriff bereitstehende Horden Terra überfallen sollten, hat sich dank Atlans und Razamons Eingreifen wieder in die unbekannten Dimensionen zurückgezogen, aus denen der Kontinent des Schreckens urplötzlich materialisiert war.

Atlan und Razamon, die die Bedrohung von Terra nahmen, gelang es allerdings nicht, Pthor vor dem neuen Start zu verlassen. Zusammen mit dem Kontinent und seinen seltsamen Bewohnern befinden sie sich auf einer ungesteuerten Reise ins Ungewisse.

An eine Kursbestimmung von Pthor ist noch nicht zu denken, und so werden Algonkin-Yatta und seine exotische Gefährtin, die beiden Reisenden durch Zeit und Raum, die seit langem nach Atlan suchen und die den Arkoniden, als er noch auf der Erde weilte, nur knapp verfehlten, es schwer haben, sich weiter an seine Fersen zu heften.

Der Arkonide ist jedoch kein Mann, der in Tatenlosigkeit verharrt. Während Odins Söhne nach dem Tod der Herren der FESTUNG ihre Herrschaftsansprüche auf Pthor geltend machen, beginnt Atlan, nach dem verborgenen Steuermechanismus des »Dimensionsfahrstuhls« zu suchen.

Doch die »Kollision im Nichts« verhindert wirksame Maßnahmen. Pthor wird zur Rückkehr ins normale Raum-Zeit-Kontinuum gezwungen und wird zum STERN DER VERNICHTUNG ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Juscu – Diener des Tyrannen Sperco.

Burtimor, Tarsyr und Otlusg – Jäger der Brangeln.

Sigurd, Balduur und Heimdall – Odins Söhne sind hilflos.

Atlan, Razamon, Thalia und Kolphyr – Der Arkonide und seine Gefährten machen sich zu neuen Abenteuern auf.

1.

 

»He, Alter, wach auf!«

Der bedächtige Hirte Juscu schrak hoch.

»Es ist ein Wunder, dass du überhaupt spercotisiert wurdest!«, kreischte die Stimme weiter. »Man sollte meinen, dass du sogar einen Besuch von Sperco persönlich verschlafen würdest!«

»Niemand redet so von Sperco, dem großen Tyrannen«, murmelte Juscu missmutig. »Wo steckst du?«

Direkt vor Juscus Nase wurde ein winziges Wesen mit wirbelnden Flügeln sichtbar.

»Es hat schon wieder einen von deinen Schützlingen erwischt«, verkündete der Vrill. »Willst du nicht endlich etwas gegen diesen Amokläufer unternehmen?«

Juscu sah den Vrill nachdenklich an. Das Wesen hatte ihn zu dieser Welt begleitet, ohne das er es gemerkt hatte. Er fragte sich, warum der Vrill nicht ebenfalls spercotisiert worden war. Es geschah mit jedem, der Kontakt zum Tyrannen Sperco bekam. Aber ein Vrill hatte seltsame Fähigkeiten.

Der bedächtige Hirte stellte sich hoch und watschelte schwerfällig den Hügel hinauf. Er verzichtete darauf, dem Vrill zu erklären, dass er nicht geschlafen, sondern lediglich gründlich nachgedacht hatte.

»Ich möchte wissen, woran es liegt«, sagte Juscu, als er die Bank des Wächters erreichte. »Warum muss ausgerechnet mir so etwas passieren?«

»Sei froh, dass du mich hast!«, schrie der Vrill. »Ohne mich wärest du auf dieser Welt verloren. Du hättest schon so viele Fehler gemacht, dass Sperco dich den Energetischen von Prath ausgeliefert hätte.«

»Wer sind die Energetischen von Prath?«, fragte Juscu automatisch. Er erhielt keine Antwort.

»Man sagte mir, dass es nur sehr selten vorkommt, dass ein Krieger in eine Amokphase gerät«, murmelte er. »Warum muss einer aus meiner Herde dabei sein?«

Der Vrill schien bereits wieder draußen herumzuschwirren, denn er gab immer noch keinen Kommentar ab. Juscu aktivierte die Bank und drückte seine kleinen Hände auf die Kontakte. In seinem Gehirn entstand ein Bild. Er sah die zweihundertfünfzigtausend Krieger, die dicht gedrängt auf der Fläche Jell-Cahrmere standen. Auf den ersten Blick war alles in Ordnung. Keiner der Krieger bewegte sich. Aber dann entdeckte er den einen, der auf dem Boden lag und seine Waffen scheinbar grundlos ausgefahren hatte.

Es war das siebzehnte Opfer des Amokläufers.

Besorgt und wütend zugleich änderte Juscu die Justierung der Geräte. Er verfolgte die Bilder zurück, ohne eine Spur des Täters zu finden.

Juscu wusste, dass sein Gegner sich in der Herde aufhielt. Der Amokläufer war selbst ein Krieger. Nur hatte er es vorübergehend vergessen. Eine Amokphase zwang ihn dazu, sich selbst zu aktivieren und andere Krieger auszuschalten. Juscu hatte keine Ahnung, weicher von seinen zweihundertfünfzigtausend Schützlingen dieser abartigen Neigung verfallen war.

Er überprüfte alle Geräte. Nirgends wurde eine Störung angezeigt.

Seufzend verließ Juscu die Kuppel.

Unter ihm dehnte sich die riesige Fläche Jell-Cahrmere aus. Die Gestalten der einzelnen Krieger verschmolzen auf diese Entfernung miteinander. Die Herde glich einem glänzenden, silbergrauen See. Der bedächtige Hirte wartete lange Zeit, aber nichts bewegte sich dort unten.

»So schaffst du es nie!«, schrillte der Vrill. »Warum gehst du nicht hinunter? Du musst das Ding zur Strecke bringen!«

Der Vrill hatte Recht. Früher oder später musste Juscu es wagen. Als Spercotisierter hatte er nicht nur die Pflicht, dem Tyrannen zu dienen, sondern er durfte auch keine Furcht empfinden. Das Dumme war nur, dass – vielleicht durch den Vrill – etwas von den alten Gefühlen in Juscu erhalten geblieben war. Der bedächtige Hirte hatte Angst.

Auf seinem Hügel durfte er sich sicher fühlen. Aber wenn er sich nach unten auf die Fläche wagte, würde der Amokläufer nicht zögern, ihn anzugreifen. Juscu wusste sehr genau, dass er gegen einen solchen Gegner keine Chance hatte.

Manchmal dachte er darüber nach, warum er überhaupt hier war. Er wusste nicht, wie viel Zeit seit seiner Spercotisierung verstrichen war, und er hatte keine Ahnung mehr davon, wie sein Leben vorher ausgesehen hatte. Nur der Vrill war noch da und bewies, dass Juscu mit dieser Welt nicht in Einklang stand.

Er kannte seine Aufgabe. Er musste über die Krieger wachen und sie aktivieren, wenn Sperco sie brauchte. Der Tyrann herrschte über ein mächtiges Sternenreich, und Juscu zweifelte keine Sekunde lang, dass Sperco eines Tages die ganze Galaxis Wolcion unter seine Kontrolle bringen würde.

Im Grunde genommen war Juscu sehr einsam. Die Brangeln, wie sich die Eingeborenen dieser Welt nannten, hielten sich von ihm fern. Sie hatten auf seinen Befehl hin die sinnlosen Wanderungen von einer Fläche zur anderen eingestellt. Juscu hatte nur ein Wesen, mit dem er ab und zu reden konnte: Das war der Vrill.

»Ich werde ihm eine Falle stellen«, sagte Juscu.

»Er wird nicht hineingehen«, unkte der Vrill.

»Halte den Schnabel!«, befahl der bedächtige Hirte und wandte sich einer anderen Kuppel zu. »Warum unternimmst du nicht einen Ausflug zu den Hügeln? Dann bist du mir wenigstens nicht im Wege!«

»Ohne meine Hilfe kommst du doch nie zurecht!«

»Im Gegenteil«, versicherte Juscu. »Du lenkst mich nur ab.«

Das entsprach der Wahrheit, aber beide wussten, dass sie einander brauchten. Der Vrill schwirrte neben dem bedächtigen Hirten her. Juscu empfand den leichten Luftzug als angenehm. Auf diesem Planeten namens Loors war es unangenehm warm – jedenfalls für Juscu.

Die Tür zur Kuppel war für Wesen gebaut, die wesentlich größer waren als der bedächtige Hirte. Juscu ärgerte sich jedes Mal darüber, dass er nur mit Mühe an die Kontakte herankam. Juscu war etwas über einen Meter groß. Er hatte sehr kurze Arme und Beine. Im Gegensatz zu den Händen waren die Füße sehr groß und nach außen gestellt. Als er noch bei seinem Volk lebte, war Juscu stolz auf seine dunkelblaue Haut, seinen fast perfekt runden Kopf und die großen, dunklen Augen gewesen. Juscu gehörte einem Volk hochintelligenter Wasserbewohner an. Sein Körper war dazu geschaffen, blitzschnell durch die Fluten zu schießen, nicht aber, um auf dem Land zu gehen und sich nach Türkontakten auszurenken.

Die Spercotisierung verhinderte es, dass Juscu sich dieser Tatsache bewusst wurde.

»Wie willst du ihn stellen?«, fragte der Vrill, als sie drinnen vor den Kontrollen standen.

»Ich werde ein System von Fallen aktivieren«, erklärte Juscu.

Der Vrill schwieg.

Juscu drückte mit einen zierlichen Händen klobige Schalter herunter und drehte an Knöpfen, die er kaum mit den Fingern umspannen konnte.

Diese Geräte waren für jemanden bestimmt, der größer und stärker als Juscu war. Aber in seiner Wohnkuppel war alles perfekt auf die Bedürfnisse des bedächtigen Hirten abgestimmt.

Auf einem Schirm konnte er verfolgen, wie sich die Sperren aufbauten. Sie waren unsichtbar, aber es mochte dem Amokläufer gelingen, sie zu orten. Dennoch war Juscu davon überzeugt, dass es diesmal klappen musste. Sobald der Amokläufer versuchte, einer Falle auszuweichen, stand er schon in der nächsten drin.

Obwohl der durchgedrehte Krieger ihm viel Arbeit und Ärger bereitete, hasste Juscu ihn nicht. Er war der Hirte, und wenn einer seiner Schützlinge sich danebenbenahm, dann musste er ihn auf den richtigen Weg zurückführen. Er würde es auch mit dem Amokläufer versuchen.

»Wir können nur warten, Vrill«, sagte er.

»Das denkst du!«, piepste das kleine Wesen respektlos. »Ich fliege jetzt los. Vielleicht sehe ich mehr als diese dummen Apparate.«

»Fliege nur«, murmelte der bedächtige Hirte gutmütig. »Und pass auf dich auf!«

 

*

 

Juscu wartete vier Stunden lang. Die rote Sonne berührte den Horizont, und die Krieger in der Fläche Jell-Cahrmere glichen einer Versammlung von Wesen mit blutroten Roben, die in stiller Anbetung den Sonnenuntergang beobachteten.

Auf den Schirmen stand noch immer das Netz. Nichts hatte sich verändert.

Juscu stemmte sich schwerfällig hoch und watschelte nach draußen. Die Automatik würde ihn benachrichtigen, sobald das Wild in der Falle saß. Juscu war hungrig, und seine Haut fühlte sich unangenehm trocken an.

Er streckte sich behaglich unter der Dusche im Eingang der Wohnkuppel. Drinnen war die Luftfeuchtigkeit künstlich heraufgesetzt worden.

Als das Essen auf dem Tisch stand, fand der Vrill sich wieder ein.

»Hast du ihn gefunden?«, fragte Juscu und füllte eine Schale für seinen kleinen Gefährten.

»Nein«, piepste der Vrill missmutig. »Das Ding muss verhext sein.«

»Es hat nur eine kleine Störung«, berichtigte Juscu.

»Unsinn«, widersprach der Vrill. »Er ist total verrückt.«

»So darfst du nicht reden, Vrill! Ein Krieger des Tyrannen Sperco ist in jedem Fall vollkommen.«

»Man merkt es«, versetzte der Vrill bissig. Im nächsten Augenblick schwirrte er entsetzt davon und verschwand. Eine Sirene heulte los.

Juscu vergaß seinen Hunger und eilte zur Kontrollkuppel. Schwer atmend trat er vor den Schirm – und sah den hellen, pulsierenden Punkt im Netz.

»Na also«, brummte der bedächtige Hirte zufrieden. »Jetzt habe ich dich!«

Da es inzwischen dunkel geworden war, musste er neue Schaltungen vornehmen, um seine Beute betrachten zu können. Gebannt sah er auf den Schirm. Nur allmählich schälten sich die Umrisse des Kriegers aus dem Dunkel.

Dann erkannte er, was er in Wirklichkeit gefangen hatte, und er stieß ein entsetztes Grunzen aus.

»Nummer achtzehn!«, verkündete der Vrill spöttisch.

Juscu fuhr herum. Zum ersten Mal war er wirklich wütend auf dieses respektlose Wesen. Der Vrill schien das zu spüren, denn er verschwand. Der bedächtige Hirte hörte ein schrilles Kichern, das sich schnell entfernte.

In der Falle lag ein Krieger mit ausgefahrenen, zum Teil verrenkten Waffenarmen.

»Das reicht«, sagte Juscu zu sich selbst.

Er schaltete den nutzlosen Schirm aus und ging nach draußen. Er war fest entschlossen, auf der Stelle von seinem Hügel zu steigen, um den mordenden Krieger zur Strecke zu bringen. Als er dann jedoch von seinem Hügel auf die finstere Fläche hinabblickte, sank sein Mut. Im Dunkeln war er den Angriffen des Amokläufers hilflos ausgesetzt.

Warum gelang es den Geräten nicht, den defekten Krieger aufzuspüren? Juscu verstand das nicht. Der Amokläufer musste sich bewegen, um seine Opfer zu erreichen, und jede Bewegung wurde von der Automatik gespeichert. Nur den Amokläufer schienen die Geräte nicht wahrzunehmen.

»Was ist?«, fragte der Vrill dicht neben Juscus Kopf. »Worauf wartest du?«

Der bedächtige Hirte gab keine Antwort.

Schwerfällig watschelte er zu einem kleinen, würfelförmigen Gebäude. Drinnen lagen Waffen in engen Regalen. Juscu suchte einen kleinen Strahler samt Gurt heraus und schnallte ihn sich um. Dann griff er nach einem grauen Kästchen. Der Strahler war nur für den äußersten Notfall bestimmt. Der kleine Kasten dagegen war etwas Ähnliches wie ein Funkgerät. Mit seiner Hilfe konnte Juscu den Amokläufer lähmen und so für eine Untersuchung vorbereiten.

Der bedächtige Hirte hoffte sehr, dass er den Strahler nicht brauchen würde.

Als er nach draußen kam, stieß der Vrill einen spitzen Schrei aus.

»Nicht schießen! Ich bin viel zu mager und außerdem zäh!«

Juscu sah den Kleinen vorwurfsvoll an.

»Schon gut«, piepste der Vrill. »Ich weiß, dass du auf die Jagd nach diesem Blechkasten gehen willst. Meinst du nicht, dass deine Krieger für ein solches Unternehmen viel besser ausgerüstet sind?«

»Wie meinst du das?«

»Aktiviere sie«, schrie der Vrill und drehte sich wie ein Kreisel in der Luft. »Hetze sie auf den Amokläufer! Wenn der Kerl noch einmal zuschlägt, haben sie ihn sofort beim Wickel!«

Der Gedanke war verlockend. Der Amokläufer hatte nur deshalb solchen Erfolg, weil die anderen Krieger sich nicht zur Wehr setzen konnten.

»Ich darf es nicht«, murmelte Juscu zögernd. »Die Spercoiden ...«

»Die werden anderes zu tun haben, als pausenlos die Fläche Jell-Cahrmere zu beobachten. Niemand wird etwas merken.«

»Aber es ist verboten.«

»Verboten!«, rief der Vrill verächtlich. »Es sollte verboten sein, Leute wie dich auf einen so lausigen Planeten zu schicken und sie dazu zu verurteilen, für den Rest ihres Lebens auf eine Horde von Blechkriegern aufzupassen. Wem nützt es, wenn du dich von diesem Burschen umbringen lässt.«

»Er wird mich nicht zu fassen bekommen.«

»Ich glaube eher an das Gegenteil.«

»Du wirst unverschämt«, sagte Juscu streng. »Außerdem vergisst du, dass es hier nicht um mich geht. Wenn Sperco die Krieger braucht ...«

»Er soll gefälligst selbst auf diese Dinger aufpassen!«

»Sei still! Er wird sie brauchen, um Wolcion zu erobern, und ich muss dafür sorgen, dass sie jederzeit einsatzbereit sind.«

»Ja, ich weiß. Wenn ich mir vorstelle, dass dieser Kerl eine ganze Galaxis spercotisiert, wird mir schlecht. Wie sieht Sperco eigentlich aus?«

Juscu merkte, dass der Vrill ihn nur ablenken wollte. Es war immer dasselbe mit diesem Wesen. Solange der bedächtige Hirte nichts unternahm, stichelte der Vrill. Wollte Juscu jedoch Ernst machen, bekam es der Irrwisch mit der Angst zu tun.

»Willst du mich begleiten?«, fragte Juscu und rückte den Gurt mit dem Strahler zurecht.

»Das nicht«, zirpte der Vrill resignierend. »Aber ich werde in deiner Nähe bleiben.«

Juscu stieg vorsichtig von dem Hügel herab und näherte sich seiner Herde.

Die Krieger standen regungslos im Sand. Ob sie ihn überhaupt wahrnahmen? Wussten sie, dass der bedächtige Hirte über sie wachte? Machten sie ihn dafür verantwortlich, dass sie die meiste Zeit hindurch in dieser Starre verharren mussten?

Juscu verdrängte die nutzlosen Gedanken. Die Krieger waren – genau wie er selbst – Diener des Tyrannen Sperco und somit ihrem Herrn zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Sperco hatte sicher dafür gesorgt, dass die Krieger ihre Hirten respektierten.

Diese Überlegung gab Juscu neuen Mut. Er watschelte energisch durch den Sand und wandte sich den ersten beiden Kriegern zu, um sie zu überprüfen.

2.

 

Niemand konnte behaupten, dass Pthor jemals ein freundliches Land gewesen war. Aber seit dem Zusammenstoß am Schnittpunkt der Dimensionen hatte es sich in eine Hölle verwandelt. In eine sehr nasse Hölle sogar!

Die Bewohner der verschiedenen Städte und Landschaften hatten keine Ahnung, was da über sie hereingebrochen war. Es hatte eine fürchterliche Erschütterung gegeben, und plötzlich kam das Wasser. Es kam als Flutwelle, die binnen weniger Sekunden ganz Pthor überschwemmte. Fast hätte man meinen können, das Land wäre in einen Ozean gestürzt. Und nachdem das Wasser da war, begann es abzufließen – wobei es möglicherweise noch mehr Schaden anrichtete als bei seinem unvermuteten Auftauchen.

Am schlimmsten traf es die Technos von Zbahn und Zbohr, die Stämme im Blutdschungel und die Bewohner der Uferstreifen des Flusses Xamyhr. In diesen Gegenden senkte sich das Land nämlich zum Rand von Pthor hin ab, und das Wasser folgte diesen bequemen Wegen.

Im Delta des Xamyhr wurden dreißig Piraten samt Schiff von den Fluten erfasst und über den Rand davongespült. In Zbahn und Zbohr gingen insgesamt an die einhundert Technos über Bord. Hinzu kam ein Ungetüm aus der Ebene Kalmlech, das in den letzten Tagen ratlos umhergeirrt war. Die Opfer im Blutdschungel zählte niemand. Die Senke der verlorenen Seelen stand restlos unter Wasser. Die meisten der dort arbeitenden Technos hielten sich zum Glück in ihren gläsernen Palästen auf und kamen so mit dem Leben davon. Andere wurden davongeschwemmt, bis sie irgendwo hängenblieben – einen zogen die Sothkorer aus dem Dämmersee. Bevor der arme Kerl sich über seine wunderbare Rettung freuen konnte, hatten die Zwerge ihn bereits in den Kochtopf gesteckt.

In der Wüste Fylln, wo Wasser sonst kostbarer als der schönste Quork war, verwandelten sich zundertrockene Dünentäler in reißende Ströme. Zwischen den Pyramiden der FESTUNG gurgelten Wildbäche – die kleineren Bauwerke standen fast völlig unter Wasser.

Die einzigen Pthorer, die von der Katastrophe nicht betroffen waren, lebten in der Großen Barriere von Oth: Sie saßen unter ihrem magischen Knoten wohlgeschützt auf dem Trockenen.