Nr. 549
Im Reich der Giganten
Aufruhr in der Nickelfestung
von Kurt Mahr
Seit Dezember des Jahres 3586, als die SOL unter dem Kommando der Solgeborenen auf große Fahrt ging und mit unbekanntem Ziel in den Tiefen des Sternenmeeres verschwand, sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, und niemand hat in der Zwischenzeit etwas vom Verbleib des Generationenschiffs gehört.
Schließlich ist es jedoch soweit – und ein Mann kommt wieder in Kontakt mit dem verschollenen Schiff. Dieser Mann ist Atlan. Die Kosmokraten entlassen ihn, damit er sich um die SOL kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt.
Jetzt schreibt man an Bord des Schiffes den Anfang des Jahres 3792, und der Arkonide hat trotz seines relativ kurzen Wirkens auf der SOL bereits den Anstoß zu entscheidenden positiven Veränderungen im Leben der Solaner gegeben – ganz davon abgesehen, dass er gleich nach seinem Erscheinen die SOL vor der Vernichtung rettete.
Atlan, der sich gegenwärtig mit der abgekoppelten SZ-2 in Flatterfeld aufhält, ist bestrebt, der unbekannten Macht, die die Ysteronen zu ihren verheerenden Nickelraubzügen verleitet, Einhalt zu gebieten.
Zusammen mit Chart Deccon tritt Atlan gegen diese Macht an, die er »Hidden-X« nennt. Sein Wissen verhilft dem Arkoniden dazu, sich durchzusetzen und zu überleben IM REICH DER GIGANTEN ...
Atlan, Breckcrown Hayes und Bjo Breiskoll – Drei Guerillas im Ysterioon.
Chart Deccon, Lyta Kunduran und Hage Nockemann – Drei Solaner auf dem Weg zur Tabuzone.
Sanny und Argan U – Zwei Gefangene befreien sich.
Girgeltjoff, Tolgetnur und Barlod-Traug-Tul – Ysteronische Freunde der Solaner.
Hage Nockemann hatte es sich in seinem Versteck bequem gemacht, so gut es eben ging. Er saß in einer Schlinge, die innen an Barlod-Traug-Tuls wallendem Gewand befestigt war. Er hing etwa in halber Höhe des zwanzig Meter hohen Ysteronen-Körpers – dort, wo die vier stämmigen Säulenbeine aus dem Leib wuchsen. In die Falten des Gewands hatte er eine Öffnung geschnitten, so dass er die Umgebung im Auge behalten konnte. Der Translator hing ihm um den Hals, und den Lautsprecher hatte er griffbereit neben sich liegen. Wenn er zur Seite blickte, sah er im Halbdunkel auf der anderen Seite des mächtigen Körpers Lyta Kundurans schlanke Beine in der Luft baumeln. Der Anblick setzte seine Phantasie in Bewegung und machte es ihm leichter, die Minuten der Untätigkeit zu ertragen. Lytas Körper war hinter einem der vier Beine verborgen. Sie saß in einer ähnlichen Schlinge wie Hage.
Von der Seite her dröhnte Girgeltjoffs Stimme.
»Wir sind die Bringer uralter Sagen, die Erzähler wundersamer Märchen. Wir haben gehört, dass in dieser Zelle schon seit langem keine Märchen mehr erzählt werden und sind gekommen, um euch mit unseren Geschichten zu erfreuen. Wollt ihr sie hören?«
Hage Nockemann spähte durch den Schlitz hinauf. Sie befanden sich auf einem weiten, freien Platz auf der vierten Ebene der Zelle. »Khadsch« nannten die Ysteronen solche Plätze. Die Menge, die sich eingefunden hatte, um den beiden Märchenerzählern zu lauschen, zählte nach vielen Dutzenden: zwanzig Meter hohe Riesen, die einen Kreis um Girgeltjoff und Barlod-Traug-Tul bildeten und mit zustimmendem Brummen zu verstehen gaben, dass sie in der Tat ihre Geschichten zu hören wünschten.
»Gut, so sei es denn«, dröhnte Girgeltjoff. »Ihr wisst aber auch, dass jeder Dienst seines Lohnes wert ist. Es ist nicht viel, was wir verlangen. Wir sind arme, zellenlose Wanderer. Gebt uns, was von euren Mahlzeiten übriggeblieben ist, und schon sind wir zufrieden.«
Abermals erhob sich zustimmendes Gebrumm.
»Ihr werdet Geschichten zu hören und Gesichter zu sehen bekommen, die euer ganzes Leben lang bei euch bleiben«, verkündete Girgeltjoff. »Hört denn meine erste Sage. Sie spielt in einer fernen Welt unter Wesen, die nicht wie wir sind, sondern kleiner, und sich auf zwei Beinen bewegen. In dieser Welt herrschte einst ein mächtiger König, Artufan genannt. Er hatte einen weisen Ratgeber namens Lancelo-Tur-Begh, und das Land, das er regierte, hieß Camelot ...«
Hage studierte die Reaktion der Zuhörer. Die Ysteronen besaßen ein ausgeprägtes Mienenspiel, das er in den vergangenen Tagen, während der unaufhörlichen Hetzjagd durch die Tiefen des Ysterioons, zu deuten gelernt hatte. Er sah, dass Girgeltjoffs Erzählung Anklang fand. Die uralte Artur-Sage musste sich freilich manche Vergewaltigung gefallen lassen. Girgeltjoff hatte die Geschichte erst während der letzten Dunkelperiode gehört, und sein Gedächtnis war nicht das beste – ganz abgesehen davon, dass die Erzählung seiner Vorstellungswelt so fremd war wie der Katze das Wasser. Als er endete, belohnten ihn die Ysteronen mit gehörigem Applaus. Sie warfen die im Vergleich zu ihrer Körpergröße kümmerlichen Arme in die Höhe und gaben trillernde Laute von sich. Aber auch in anderer Hinsicht wurde Girgeltjoff Lohn. Viele der Zuhörer entfernten sich und kehrten kurz darauf mit Händen voll Proviant zurück, den der Erzähler der Camelot-Sage in den weiten Taschen seines Gewands verstaute.
»Euch allen sei Dank«, sagte er. »Hört jetzt eine Geschichte, die euch mein Freund und Begleiter erzählen wird. Sie ist noch wundersamer als die meine; denn mein Freund ist ein großer Zauberer, der es versteht, zu sprechen, ohne den Mund dabei zu bewegen. Es wird euch vorkommen, als vernähmt ihr das Märchen aus seinem Leib.«
Inzwischen hatte Hage Nockemann den Translator angeschaltet und den Lautsprecher aufgenommen. Diesen letzteren hielt er so, dass sich das Mikrophon unmittelbar vor der Ausgangsöffnung des Translators befand. Er begann langsam und bedächtig und sah durch den Schlitz in Barlod-Traug-Tuls Gewand, wie seinen Zuhörern vor Staunen die Münder offen standen, als sie die seltsame Geschichte hörten, deren Worte unmittelbar aus dem Bauch des Erzählers zu kommen schienen.
Hage erwärmte sich für seine Story.
»Und Gretl-Too-Hurth sprach zu Hansl-Giq-Traul: ›Damit wir den Weg nach Hause wiederfinden, sollten wir eine Spur hinterlassen.‹ Hansl-Giq-Traul hielt das für eine gute Idee, und während sie weiter in den Wald eindrangen, ließen sie Brocken von Albumino-3-Gamma-Stearotin auf den Boden fallen, damit es ihnen leichter fiele, zu sehen, woher sie gekommen waren. Als aber das Tagewerk vollendet war und sie nach Hause zurückkehren wollten, da hatten die Vögel und die Tiere des Waldes die Brocken aufgefressen. Und nicht nur das: die Tiere waren durch die Aufnahme von Albumino-3-Gamma-Stearotin groß und kräftig geworden und wollten Gretl-Too-Hurth und Hansl-Giq-Traul den Weg verlegen.«
Er machte eine Pause und spähte durch den Schlitz hinaus in die Menge. Den Translator hatte er gewohnheitsgemäß abgeschaltet.
»Wo bleibt Deccon mit seiner Projektion?«, knurrte er ungeduldig.
»Mach dir keine Sorge«, drang Lytas Stimme hinter dem Bein des Ysteronen hervor. »Du hast ihn durch deine eigenwillige Interpretation wahrscheinlich durcheinandergebracht.«
Im selben Augenblick erschienen über den Köpfen der Menge, mitten in der Luft, zwei menschliche Gestalten: ein junger Mann und eine junge Frau. In Wirklichkeit waren es Aufnahmen von Sternfeuer und Federspiel, die hier als die Hauptfiguren des Märchens herhalten mussten. Chart Deccons Holograph war keine Wundermaschine; sie konnte nur Bilder produzieren, die in ihr gespeichert waren. Aber die Zuhörer waren begeistert. Ähnliches hatten sie noch nie erlebt. Sternfeuer und Federspiel schritten nebeneinander her durch die Luft und verkörperten Hansl-Giq-Traul und Gretl-Too-Hurth. Schrilles Getriller erfüllte die Luft.
Die holographische Projektion erlosch. Hage Nockemann schaltete den Translator wieder ein und schickte sich an, seine Erzählung fortzusetzen.
Da sah er den Roboter.
*
Es war einer von der Sorte, die wie ein Ei aussah – glatt, rund und ein wenig langgestreckt. Er schwebte aus einer der Straßenmündungen zur linken Hand, hoch über den Köpfen der Menge.
Hage wusste nicht, was den Robot der Roxharen angelockt hatte; aber es war ihm klar, dass Barlod-Traug-Tul seine Rolle als Bauchredner nicht weiterspielen konnte. Das Ei würde die Streuimpulse des Translators und des Verstärkers orten und sich einen Reim darauf machen.
Hage trat dem Ysteronen mit Wucht gegen das Bein. Barlod-Traug-Tul hatte den Robot inzwischen ebenfalls bemerkt. Er verstand, was der Tritt zu bedeuten hatte, und setzte mit seiner normalen Stimme die Erzählung fort. Die Menge deutete den Vorgang so, dass der Erzähler des Bauchredens müde sei, und belohnte ihn mit hektischem Applaus.
Während der Ysterone sich mühte, seine Erinnerung an die nur einmal gehörte Geschichte auf Trab zu bringen und eine Version des alten Märchens von Hänsel und Gretel zum Besten gab, ließ Hage Nockemann den Roboter nicht aus dem Auge. Das Maschinenwesen schien Verdacht geschöpft zu haben. Es kreiste über den Häuptern der beiden Märchenerzähler, und immer mehr Zuhörer sahen besorgten Blickes in die Höhe. Vor kurzem erst war es zum ersten Mal geschehen, dass Roxharen und ihre Roboter sich außerhalb der Tabuzone hatten sehen lassen. Die Ysteronen wussten nicht, was sie von den seltsamen Erscheinungen zu halten hatten; aber es schien ein unheimliches Fluidum von ihnen auszugehen, dem Ahnungen drohender Gefahr anhafteten.
Als Barlod-Traug-Tul seine abenteuerliche Erzählung beendete, erklang nur dünner Beifall. Zu sehr hatte der schweigsame Robot die Menge verängstigt. Da ergriff Girgeltjoff unerwarteterweise die Initiative. Er legte den Kopf in den Nacken und brüllte zu der Maschine hinauf:
»Was schwirrst du da herum und machst mir die Zuhörer kopfscheu? Weißt du nicht, dass Not herrscht und das Volk Geschichten aus ferner Zeit zu hören verlangt, damit es nicht immerfort an die düsteren Gefahren des Alltags zu denken braucht? Scher dich fort und hör auf, uns Angst einzujagen!«
Das Unglaubliche geschah. Der eiförmige Robot schwenkte ab und glitt über die Köpfe der Menge hinweg auf dieselbe Straßenmündung zu, aus der er gekommen war. Jetzt erst begannen die Zuhörer, voller Begeisterung zu applaudieren. Die beiden Märchenerzähler wurden mit Geschenken überhäuft.
*
Als sie sich vom Khadsch zwei Straßenzüge weit entfernt hatten, stießen sie auf eine Rampe, die zur nächsttieferen Ebene der großen Kugelzelle hinabführte. Die beiden »Märchenerzähler« schritten dicht nebeneinander her, und die Solaner – Chart Deccon unter Girgeltjoffs, Lyta Kunduran und Hage Nockemann unter Barlod-Traug-Tuls Kutte versteckt – verständigten sich miteinander durch die Schlitze, die sie in die Gewänder ihrer Träger geschnitten hatten.
Das Ysterioon bestand aus riesigen Kugeln, insgesamt siebenundzwanzig, die zu einem Würfel angeordnet waren. Sie bildeten ein dreidimensionales Gitter und waren durch so genannte Kanäle miteinander verbunden. Die Kugeln, aus reinem Nickel bestehend, hatten einen Durchmesser von 150 Kilometern und waren in zahlreiche Decks unterteilt. Eine Ausnahme bildete die Zentralkugel, in der sich der Sitz des Hidden-X befand. Ihr Durchmesser betrug 200 Kilometer, und über ihre innere Gliederung war bisher nur wenig bekannt.
Der letzte Vortrag der beiden Märchenerzähler hatte in einer Kugel stattgefunden, die eine der acht Ecken des Würfels bildete. Chart Deccons Ziel war die Zentralkugel. Er rechnete damit, dass es Atlan inzwischen gelungen war, in das Ysterioon zurückzukehren. Der Arkonide würde danach trachten, die beiden Gefangenen zu befreien, die sich irgendwo in der Nähe der gewaltigen Nickelstatue in der mittleren Kugel befanden. Dort, rechnete Deccon sich aus, hatte er die größte Chance, auf Atlan zu stoßen.
Der Weg war weit. Wenn sie diese Kugelzelle hinter sich gelassen hatten, mussten sie weitere zwei Kugeln durchqueren, bevor sie an einen Kanal gelangten, der direkt zur Zentralkugel führte. Die Kanäle waren vom Austritt aus einer Kugelzelle bis zur Mündung in die Nachbarkugel einhundert Kilometer lang. Zu Fuß hätten sie für diese Strecke fast einen Monat gebraucht; denn wenn auch die beiden Ysteronen kräftig ausschritten, so mussten sie doch mehrmals am Tag anhalten, um sich durch Märchenerzählen neuen Proviant zu beschaffen. Chart Deccons erstes Anliegen war daher, auf dem schnellsten Weg zur nächsten Hauptverkehrsader zu gelangen und sich dort eine Mitfahrmöglichkeit zu beschaffen.
Sie hatten Glück. Je weiter Barlod-Traug-Tul und Girgeltjoff die Rampe hinabschritten, desto lauter und deutlicher wurde das tosende Rauschen dichten Verkehrs. Sie gelangten schließlich auf einen schmalen Gehsteig, der am Rand einer breiten Straße einherführte. Gleiterfahrzeuge aller Arten bewegten sich über mehrere funkgesteuerte Fahrbahnen. Hunderte von Gleitern bewegten sich in beiden Richtungen, auf das Zentrum und die Peripherie der Kugelzelle zu. Der Verkehr war völlig automatisiert. Die große Mehrheit der Fahrzeuge waren Transporter mit ausgedehnten Ladeplattformen, auf denen sich quaderförmig Behälter stapelten, manche so groß wie ein terranisches Wohnhaus. Nur hin und wieder sah man einen Gleiter, der für den Transport von Personen gedacht war.
Fußgängerverkehr gab es auf der Straßenebene nicht. Aber das automatische Sicherheitssystem rechnete trotzdem mit dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich ein Ysterone auf die Transportstraße verirrte, und diese Vorsicht wussten die Solaner für ihre eigenen Zwecke zu nutzen.
»Ich habe eine Kette von halb beladenen Transportern in Sicht«, drang es unter Girgeltjoffs bunter Kutte hervor. »Fertigmachen zum Aufsteigen.«
Girgeltjoff schwenkte plötzlich zur Seite und trat auf die äußerste Fahrbahn. Triebwerke heulten auf, als das automatische Funksystem Bremsvorgänge einleitete. Der Verkehr auf den auswärts führenden Fahrbahnen kam binnen weniger Sekunden zum Stillstand. Girgeltjoff stand unmittelbar vor dem vordersten der halb beladenen Transporter. Ohne Umstände schwang er sich auf die große Ladepritsche und lehnte sich gegen einen der Transportbehälter.
Inzwischen war auch Barlod-Traug-Tul auf die Fahrbahn hinausgeeilt. Er kletterte auf die Pritsche des zweiten Fahrzeugs.
Das Funkleitsystem registrierte, dass sich kein fremdes Objekt mehr auf der Fahrbahn befand, und setzte den Verkehr wieder in Gang. Hage Nockemann, der kräftig durcheinandergerüttelt worden war, als Barlod-Traug-Tul mit wenig Geschick auf die Ladeplattform des Transporters kletterte, machte es sich in seiner Hängeschlinge so bequem wie möglich und starrte durch den Schlitz hinaus. Das Fahrzeug bewegte sich mit beachtlicher Geschwindigkeit. Binnen einer halben Stunde erreichte es die Peripherie der Kugelzelle und drang in den Kanal ein, der zur Nachbarkugel führte.
Hage wusste, wie es weiterging. Sie hatten die Taktik oft genug abgesprochen. Im Innern des Kanals geriet der Verkehr des Öfteren ins Stocken; das wussten sie von den beiden Ysteronen. Bei einer dieser Stockungen würde Girgeltjoff von seinem Transporter klettern und Barlod-Traug-Tul das Signal geben, ihm zu folgen. Dann würden sie eines der Verstecke aufsuchen, deren es in den Zwischendecks des Kanals eine ganze Reihe gab, und sich ein paar Stunden Ruhe gönnen.
*
»Hansl-Giq-Traul und Gretl-Too-Hurth!« Chart Deccon schüttelte den Kopf und gab ein glucksendes Lachen von sich, während er einen Bissen ysteronischer Nahrung in den Mund schob.
Er war in den vergangenen Tagen und Wochen ein anderer geworden, nahm Hage Nockemann zur Kenntnis. Das massige, aufgedunsene Gesicht wirkte nicht mehr so bitter ernst. Die Verbissenheit war verschwunden. Er war nicht mehr der Tyrann, der aus eigener Machtvollkommenheit Befehle erteilte und als selbstverständlich erwartete, dass sie schleunigst ausgeführt wurden. Er war – Hage, suchte nach einem Wort – »menschlich« geworden.
»Man muss den Zuhörern die Geschichte mundgerecht machen«, knurrte Hage. »Mit solchen Namen können die Ysteronen etwas anfangen, und Atlan wird trotzdem wissen, wovon die Rede ist, wenn er von den beiden Märchenerzählern hört.«
Im Vergleich mit dem hünenhaften Deccon war Hage Nockemann ein Zwerg, knapp 1,70 Meter groß, mit langen, grauen Haaren. Hage war 95 Jahre alt, wirkte jedoch älter, da er auf sein Äußeres keinen Wert legte. Er trug einen ebenfalls grauen Schnauzbart und hatte die Angewohnheit, an seinem Bart zu zwirbeln, wenn er nachdenklich war. Hage Nockemann war Wissenschaftler, ein Fachmann der ersten Klasse auf mehreren Wissensgebieten. Er galt außerdem als Einzelgänger, eines jener Genies, deren Leben sich allein um die Wissenschaft dreht und die ansonsten von der Welt nichts wissen wollen.
»Falls Atlan jemals in die Lage kommt, mit einem Ysteronen zu sprechen, der unsere Geschichten gehört hat«, gab Lyta Kunduran zu bedenken.
Lyta, bei weitem das jüngste Mitglied der Gruppe, war von asketischer Schlankheit. Das blasse, klassisch geschnittene Gesicht wurde von zwei großen, grauen Augen beherrscht. Im Alter von 29 Jahren schon der Kaste der Magniden angehörend, galt Lyta als eine Frau, deren gesamte Aufmerksamkeit sich auf ihre Karriere konzentrierte. Sie war kühl im Umgang mit ihren Mitmenschen. Ein Gerücht wollte wissen, sie habe ein Faible für Chart Deccon.