Nr. 585
Anschlag auf die Zukunft
Die Gen-Attacke an Bord der SOL
von Peter Terrid
In den mehr als 200 Jahren ihres ziellosen Fluges durch die Tiefen des Alls haben die Besatzungsmitglieder des Generationenschiffs SOL schon viele gefährliche Abenteuer bestanden. Doch im Vergleich zu den schicksalhaften Auseinandersetzungen, die sich seit dem Tag ereignen, da Atlan, der Arkonide, auf geheimnisvolle Weise an Bord gelangte, verblassen die vorangegangenen Geschehnisse zur Bedeutungslosigkeit. Denn jetzt, im Jahre 3804 Solzeit, geht es bei den Solanern um Dinge von wahrhaft kosmischer Bedeutung.
Da geht es um den Aufbau von Friedenszellen im All und um eine neue Bestimmung, die die Kosmokraten, die Herrscher jenseits der Materiequellen, für die Solaner parat haben. Und es geht um den Kampf gegen Hidden-X, einen mächtigen Widersacher, der es auf die SOL abgesehen hat und dessen Standort man inzwischen genau bestimmt hat.
Dieser Standort ist das Flekto-Yn – und ihm gelten auch die Aktivitäten der Fünften Kolonne der Molaaten, die es schafft, Hidden-X Zehntausende von Sklaven abzujagen und somit einen wichtigen Sieg zu erringen.
Doch der Gegenzug des Hidden-X ist schon längst eingeleitet. Es ist der ANSCHLAG AUF DIE ZUKUNFT ...
Breckcrown Hayes und Atlan – Die Verantwortlichen der SOL haben Grund zu großer Sorge.
Hallam Blake – Ein Mann mit Vorahnungen.
Hage Nockemann – Der Wissenschaftler auf der Spur eines Verbrechens von Hidden-X.
Bora St. Felix – Sprecherin der Buhrlos.
Tristan Bessborg – Ein Toter, der äußerst lebendig zu sein scheint.
Hreila Morszek – Sie handelt im Auftrag von Hidden-X.
Die Atemzüge waren ruhig und klar, das Gesicht zeigte ein Lächeln. Hallam Blake hatte die kleine Nachttischlampe eingeschaltet und betrachtete die Frau neben ihm. Alyn hatte beide Arme um das Kopfkissen geschlungen und hielt es fest umklammert. Ihre gelockerten Haare glänzten im Licht der Lampe.
Hallam Blake stieß einen leisen Seufzer aus. Er fand keinen Schlaf in dieser Nacht.
»Verrückt«, murmelte Hallam. »Sie erwartet ein Kind, und ich kann nicht schlafen.«
In wenigen Wochen war es soweit, und Hallam Blake fieberte diesem Ereignis entgegen, während Alyn die ganze Prozedur mit heiterer Gelassenheit hinnahm.
Hallam stand leise auf und tappte auf bloßen Füßen in die kleine Küche hinüber. Im Kühlschrank stand noch eine angebrochene Flasche mit Fruchtsaft.
Hallam trank in hastigen, tiefen Zügen. Er spürte, dass er aufgeregt war. Sein Herz schlug schnell und heftig, sein Atem ging stoßweise, seine Handflächen waren feucht. Seit sechs Wochen ging das nun schon in dieser Weise; er fand nachts kaum Schlaf und wurde immer gereizter und mürrischer. Hätte Alyns unerschütterliche Freundlichkeit diese Anwandlungen nicht stets ausgeglichen, wäre es schon längst zu einem handfesten Krach gekommen – dem ersten in einer fünfjährigen Beziehung.
Er wusste, dass er nicht würde schlafen können, und er fragte sich, was er mit dieser missglückten Nacht nun noch anfangen konnte. Arbeiten vielleicht?
Hallam Blake gab einen privaten Nachrichtendienst heraus, eine Art Bordzeitung der SOL. Er recherchierte, sammelte Informationen und veröffentlichte sie.
Hallams besondere Fähigkeit bestand zum einen darin, auch sehr komplizierte Sachverhalte in klaren anschaulichen Sätzen darstellen zu können, zum anderen hatte er einen besonderen Riecher, der ihm half, Wesentliches von Überflüssigem zu trennen.
Zur Zeit lag etwas in der Luft. Hallam konnte es fast körperlich spüren – und es hatte nichts mit den augenblicklichen Aktionen zu tun. Hallam war immer bestens informiert über das, was in der SOL geschah. Die Molaaten kehrten zu ihrer Heimat zurück, gleichzeitig sollte die Zone-X erkundet werden. Zur Zeit war Atlan mit einigen Begleitern in Oggars HORT unterwegs. Er wollte mit dem Chailiden Akitar einen Versuch machen, den Mentaldruck des Gegners näher zu erkunden und ein Gegenmittel zu finden.
Das wäre Grund genug gewesen für Hallam, sich aufzuregen, aber er hatte das sichere Gefühl, dass seine innere Anspannung mit diesen Vorgängen nichts oder nur sehr wenig zu tun hatte: Alyns Schwangerschaft allein konnte ihn ebenfalls nicht so anspannen. Alyn war kerngesund, die Routineuntersuchung hatte positive Ergebnisse gebracht, die medizinischen Einrichtungen an Bord der SOL waren vorzüglich – wozu also sich sorgen.
»Elende Eingebung«, murmelte Hallam.
Der Reihe nach ging er alle Bereiche durch, die ihm hätten Sorgen bereiten können.
Beruflich ging es eindeutig aufwärts. Hallams Informationsdienst, eine gelungene Mischung aus Reportagen und amüsanten Klatschgeschichten, verkaufte sich hervorragend. Immer mehr Solaner sahen sich seine Berichte auf den Interkomschirmen an oder ließen sie sich von den Druckern ausdrucken. Jedem Benutzer wurde dafür eine Kleinigkeit vom Konto abgebucht und auf Hallams Konto gutgeschrieben; an den Beträgen konnte er zuverlässig ablesen, wie sein Informationsdienst ankam.
Ab und zu kamen Solaner zu Hallam Blake und baten ihn, eine bestimmte Angelegenheit zu recherchieren. Trafen solche Berichte zu, wurden sie in der Regel von der Schiffsführung unter Breckcrown Hayes zur Kenntnis genommen. Einige Pannen und Versorgungsengpässe hatten auf diese Weise ein Ende gefunden.
Es bestand kein Grund zur Besorgnis, dass Hallam diesen Beruf würde aufgeben müssen. Als unabhängiger Mittler zwischen Schiffsführung und Besatzung genoss er einen guten Ruf, er war gleichsam als Ein-Mann-Untersuchungs- und Beschwerdeausschuss tätig. Und gab es einmal nur wenig dieser Art zu berichten, pflegte Hallam die abenteuerlichsten Geschichten zu erfinden. Der blühende Unsinn, mit dem er in den letzten Wochen das Tun und Treiben eines erfundenen Bordgespenstes ausgeschmückt hatte, war bei den Solanern gut angekommen. Sie hatten sich prächtig über die schaurigen Geschichten amüsiert; die Auflage war prompt gestiegen.
Hallam trommelte mit den Fingerspitzen einen leisen Wirbel auf die Tischplatte. Das Nichtstun und Grübeln brachte ihn nicht weiter.
Hallam stand auf und zog sich an. Alyn hatte sich an solche Anwandlungen bereits gewöhnt und würde sich nicht wundern, wenn sie in ein paar Stunden allein erwachte. Vielleicht kehrte Hallam auch früh genug von seinem Ausflug zurück, um ihr das Frühstück ans Bett zu bringen – er hatte eine leise Schwäche für altmodische Bräuche.
Wie er nicht anders erwartet hatte, war es an Bord der SOL außerordentlich ruhig. Reinigungsrobots verrichteten sehr leise ihre Arbeit, ein paar Leuchtkörper wurden von Wartungsrobots ausgetauscht.
Hallam suchte den nächsten öffentlichen Interkomanschluss auf und stellte eine Verbindung zu SENECA her.
»Atlan bereits zurück?«, fragte er an.
Irgendeiner der Abermillionen Schaltkreise der Riesenpositronik gab im Bruchteil einer Sekunde die Antwort. Auf dem Schirm erschien die Kodebezeichnung für jenen Hangar, in dem auf Atlans Rückkehr gewartet wurde. Außerdem wurde die vorhergeschätzte Ankunftszeit angegeben. Ein Blick auf die Uhr zeigte Hallam Blake, dass Oggars HORT in wenigen Augenblicken bei der SOL eintreffen musste. Bis Blake den fraglichen Sektor erreicht haben konnte, war die Besatzung längst von Bord gegangen.
Er entschloss sich dazu, Atlan in seiner Unterkunft aufzusuchen. Er hatte noch nie mit dem Arkoniden gesprochen, kannte ihn nur von Bildschirmauftritten, aber er war zuversichtlich, dass er den Arkoniden zu einem Gespräch würde überreden können.
Laufbänder und Antigravschächte brachten Hallam binnen einer halben Stunde in jenen Bereich der SOL, der SOL-City genannt wurde. Hier wohnten und arbeiteten Atlan und sein Team in der Nähe der Zentrale, wo Breckcrown Hayes und seine Stabsspezialisten ihren Beitrag zum Leben an Bord der SOL leisteten.
Hallam kam gerade rechtzeitig, um Atlan in seiner Kabine verschwinden zu sehen. Ohne lange zu zögern, trat Hallam hinzu und betätigte den Summer. Die Tür wurde geöffnet.
»Bitte?«
Blitzschnell sammelte Hallam Blake die ersten Eindrücke. Die Augen des Arkoniden blickten schwermütig, die Schultern hingen herab. Er sah nach einer Niederlage aus.
»Ich bin Hallam Blake«, stellte sich der Reporter vor.
Für einen kurzen Augenblick schloss Atlan die rötlichen Augen. Vermutlich nahm er jetzt sein fotografisches Gedächtnis zu Hilfe, um herauszufinden, wer sich da bei ihm meldete, noch dazu zur Schlafenszeit. Als Atlans Augen sich wieder öffneten, war zu erkennen, dass er sich erinnert hatte. Der Blick bekam etwas Forschendes.
Hallam Blake ließ dem erprobten Menschenkenner Zeit, sein Gegenüber zu mustern. Blake war einen halben Kopf kleiner als der Arkonide, breitschultrig und muskulös. Charakteristisch für Blake war ein Haarschopf, der aussah, als sei ein Wirbelwind hindurchgefahren, zwei verträumt wirkende braune Augen und ein Mund, der fast weiblich zart wirkte und offenkundig gern lachte.
»Der Mann, der das SOL-Gespenst in Umlauf gebracht hat«, sagte Atlan.
»Richtig. Meine Nase sagte mir, dass es etwas gibt, das ich wissen sollte.«
Noch standen die beiden auf der Schwelle.
»Ich habe erfahren, dass du mit Oggar und Akitar unterwegs gewesen bist.«
Atlan presste kurz die Lippen aufeinander.
»Du bist gut informiert.«
Blake lächelte.
»Das gehört zu meinem Beruf.« Er machte eine kleine Pause. »Ich habe Freunde, die gut informiert sind und wissen, dass ich auch den Mund halten kann.«
Der Blickkontakt hielt. Nun begann auch der Arkonide zu lächeln.
»Einverstanden. Setz dich. Etwas zu trinken?«
»Irgend etwas Kühles ohne Alkohol«, sagte er und nahm in einem Sessel Platz. Atlan bestellte über den Servierautomaten zwei Fruchtsaftgetränke und setzte sich ebenfalls.
»Frage«, forderte er Blake auf.
»Was ist bei dem Unternehmen herausgekommen?«
Atlan zuckte mit den Schultern.
»Ein Fehlschlag«, sagte er unumwunden. Blake hatte den Eindruck eines Mannes, der Fehlschläge in keinem Fall auf die leichte Schulter nahm, sich aber auch durch noch so große Pleiten nicht von seinem Ziel abbringen ließ, hatte er es erst einmal klar ins Auge gefasst.
»Ich bin mit Oggar und Insider und Akitar losgeflogen«, berichtete der Arkonide. »Der Mentaldruck von Hidden-X war auszuhalten, jedenfalls für Insider, Oggar und mich. Nur Akitar zeigte sich seltsamerweise stark getroffen. Er schien darunter sehr zu leiden, und es gab einige unschöne Szenen.«
»Enttäuscht?«, fragte Blake, der wusste, dass Atlan sich von diesem Vorhaben einiges versprochen hatte.
Der Arkonide war kein Mann der Ausflüchte oder Beschönigungen.
»Ziemlich«, gab er zu. »Ich hatte große Hoffnungen auf den Chailiden gesetzt. Was genau mit Akitar los war, war aus ihm nicht herauszubekommen. Er konnte schließlich kaum noch normal reagieren.«
Hallam Blake machte sich keine Notizen. Er vertraute seinem hervorragenden Gedächtnis, das zudem die wundersame Eigenschaft besaß, alles wirklich Unwichtige prompt zu vergessen. Scheinbare Nebensächlichkeiten, die andere sich niemals gemerkt hätten, blieben hingegen gespeichert. Das gab Hallam Blake die Fähigkeit, sich stets auf ein ganz bestimmtes Ziel konzentrieren zu können – auch wenn dies äußerlich nicht sichtbar war und er es selbst mitunter gar nicht bemerkte.
Schon jetzt spürte Hallam Blake ganz deutlich, dass dies nicht zu der Ahnung gehörte, die ihn wach gehalten und umhergetrieben hatte.
»Wo ist Akitar jetzt?«
Wieder presste Atlan die Lippen aufeinander.
»Verschwunden«, stieß er hervor. Er nahm einen Schluck Fruchtsaft, als wolle er damit etwas hinunterspülen. »Beim Anflug auf Krymoran gab es einen neuen heftigen Mentalschwall, und plötzlich war der Chailide verschwunden. Wir konnten nicht feststellen, was der Auslöser gewesen ist. Wir haben dann noch ein wenig gewartet und sind nun zurückgekehrt, mit leeren Händen.«
Atlan fasste Blake schärfer ins Auge.
»Unzufrieden?«
Blake zuckte mit den Schultern.
»Ich bin zufrieden«, sagte er. »Meine Nase nicht. Ich bin einer Sache auf der Spur, aber ich weiß nicht, wie die Sache aussieht und wie ich die Spur erkennen kann. Akitars Verschwinden ist es jedenfalls nicht.«
»Mir genügt es«, sagte Atlan. »Ich hatte große Hoffnungen darauf gesetzt, dass die Chailiden uns helfen können gegen Hidden-X. Nun ist es wohl damit vorbei.«
»Die Arbeit am Hypervakuum-Verzerrer geht weiter?«
»Du bist wirklich bemerkenswert gut informiert«, stellte Atlan fest. Er setzte das leere Glas ab.
»Wie bereits gesagt, ich kann schweigen, nicht nur zuhören«, gab Blake zurück.
»Die Arbeit geht weiter, mit den üblichen Schwierigkeiten.«
Hallam Blake nickte.
»Und nach wie vor steht die Gefahr Hidden-X im Raum«, murmelte er.
»Seine Drohung gilt noch«, murmelte auch Atlan. »Er habe seine Rache bereits erfüllt.«
Es gab keinen Zweifel. Das war der Auslöser. Hallam Blake spürte ein Ziehen in der Magengegend. Es war ein deutlicher Anflug von Angst.
»Das also ist die Spur«, sagte er und schnappte nach Luft. Der Schmerz verschwand. Er sah Atlans fragenden Blick auf sich gerichtet.
»Ein plötzlicher Anfall von Panik«, versuchte Hallam zu erklären. »Für mich ein absolut sicheres Zeichen, dass ich auf der richtigen Fährte bin. Der Racheplan von Hidden-X läuft bereits.«
»Das wüsste ich aber«, bemerkte Atlan mit schiefem Grinsen. Blake lächelte ebenfalls.
»Ich glaube nicht, dass es Sinn hätte, SENECA zu fragen«, sagte Hallam. »Ich verlasse mich da lieber auf meinen Instinkt, und der sagt mir, dass ich jemanden vom Schlaf abhalte, der ihn sich redlich verdient und bitter nötig hat.«
»Gut beobachtet«, versetzte der Arkonide. Er gab Hallam Blake die Hand.
»Ich melde mich wieder, wenn ich etwas herausgefunden habe«, versprach Blake und ging.
Auf dem Gang blieb er nach dem Schließen der Tür stehen und grinste. Irgendwie hatte er sich den Kontakt mit einer Führungspersönlichkeit der SOL anders vorgestellt, beeindruckender. Atlan hatte nichts von jenem Heldengebaren an sich, das Blake im Stillen vermutet hatte – wahrscheinlich war er seinen Projektionen zum Opfer gefallen.
Blake sah auf die Uhr. Noch konnte er zu Alyn zurückkehren. Hallam lächelte. Genau das würde er tun.
Er beeilte sich, und er kam genau im rechten Moment. Als er mit dem Frühstückstablett im Schlafraum erschien, war Alyn gerade erwacht. Frühmorgens sah sie besonders hinreißend aus, mit verwuschelten Haaren und noch völlig verschlafenen Augen, ein weiches warmes Bündel Mensch, das kaum noch Ähnlichkeit hatte mit der selbstbewussten und energischen Frau des Tages – und Hallam Blake hätte nicht zu sagen vermocht, welchen Teil dieser weitgespannten Persönlichkeit er lieber hatte.
Lustlos knabberte Alyn an dem Frühstück. Ab und zu zuckte sie zusammen und griff sich an den Magen.
»Unser Kind hat schlechte Laune«, erklärte sie.
»Boxt es dich in den Magen?«
»Es tritt«, gab Alyn zurück. »Wie alle braven Ungeborenen liegt es mit dem Kopf nach unten. Vielleicht ist es fotoscheu.«
»Das muss es von der Mutter haben«, sagte Hallam grinsend. Obwohl bildschön, hatte Alyn eine seltsame Scheu, sich fotografieren zu lassen.
»Was steht heute auf dem Programm?«
»Letzte Ultraschalluntersuchung«, antwortete Alyn. »Kommst du mit?«
Wieder musste Hallam grinsen. Neben Kameras verabscheute Alyn auch Behördenbesuche jeglicher Art. Vor Bürokraten und Verwaltungsleuten aller Sparten empfand sie eine fast panische Angst. Das wunderte Hallam um so mehr, als Alyn sonst von beeindruckender Furchtlosigkeit war und jederzeit bereit zu beweisen, dass ihr wohlproportionierter Körper kraftvolle Muskeln besaß.
»Ich werde dich beschützen«, versprach Hallam. Er lächelte und legte seine flache Rechte auf den Bauch seiner Frau. Wie zur Begrüßung fühlte er das Ungeborene strampeln. Alyn und Hallam sahen sich an und lächelten.
In Augenblicken wie diesen fühlte Hallam noch immer eine seltsame Beklemmung. In den fünf Jahren ihres Zusammenlebens hatte er viel davon ablegen können, aber noch immer wurde Hallam in Augenblicken unsicher, in denen es nichts zu begreifen und zu verstehen gab, sondern nur zu empfinden.
Während Hallam das Frühstücksgeschirr spülen ließ, zog sich Alyn an. Hallam sah über die Schulter hinweg, wie sie missmutig ihren Bauch betrachtete. Wie viele Frauen hielt sie sich mit ihrem Schwangerschaftsbauch für außerordentlich plump und unförmig. Im Spiegel trafen sich ihre Blicke, und Alyns Miene hellte sich auf.
In der zuständigen Medosektion hielt man auf Pünktlichkeit. Die beiden kamen auf die Minute zur rechten Zeit.
Hallam sah zu, wie sich Alyn auf dem metallenen Untersuchungstisch ausstreckte und die Apparatur über ihren Leib geschoben wurde. Er empfand fast schmerzhaft das Missverhältnis zwischen einem so natürlichen Vorgang wie einer Schwangerschaft und der kalten Technologie der Medizin mit ihren unpersönlichen Apparaturen.
»Sieht prächtig aus«, sagte der untersuchende Arzt. »Und ihr wollt immer noch keine Geschlechtsbestimmung?«
»Wir wollen uns überraschen lassen«, gab Hallam zurück.
»Sieh es dir an«, schlug der Arzt vor. Hallam trat an den Bildschirm.