Nr. 599
Stunde der Entscheidung
Ein Superwesen im Endkampf
von Peter Griese
In den mehr als 200 Jahren ihres Fluges durch das All haben die Besatzungsmitglieder des Generationenschiffs SOL schon viele gefährliche Abenteuer bestanden. Doch im Vergleich zu den schicksalhaften Auseinandersetzungen, die sich seit dem Tag ereignen, da Atlan, der Arkonide, an Bord gelangte, verblassen die vorangegangenen Geschehnisse zur Bedeutungslosigkeit.
Denn jetzt – inzwischen schreibt man nach einem zweiten Sturz in die Zukunft das Jahr 3807 Bordzeit – geht es bei den Solanern um Dinge, die die Existenz aller ernstlich in Frage stellen.
Immer noch ist Hidden-X, das versteckte Unbekannte, aktiv, obwohl dieser Gegner der SOL durch Atlan und seine Getreuen schon mehr als eine Schlappe erlitten hat.
Gegenwärtig hat man jedoch mit der Dimensionsspindel die Möglichkeit, zum Gegner, der sich mit seinem Flekto-Yn ins Sternenuniversum zurückgezogen hat, zu gelangen und ihm den entscheidenden Schlag zu versetzen.
Als dieser Schlag misslingt und die Zerstörung der Dimensionsspindel erfolgt, scheint dies das endgültige Aus für Atlan und seine Gefährten zu bedeuten. Doch durch das Eingreifen der Dormiganer kommt es zur glücklichen Wende – und zur STUNDE DER ENTSCHEIDUNG ...
Atlan – Der entführte Arkonide findet Unterstützung.
Sanny und Chybrain – Atlans Begleiter.
Hidden-X – Ein Superwesen wird in die Enge getrieben.
Bjo Breiskoll – Der Katzer startet eine Rettungsaktion.
Umpf, Fay und Perus – Drei Bakwer.
Die Stunde der Entscheidung ist nah. Ich spüre, dass ich alle Trümpfe in meinen Händen halte. Die Herausforderung, die mir gestellt wurde, ist die Belohnung für mein geduldiges Warten. Das Universum ohne nennenswertes Leben ist bedeutungslos geworden. Ich habe es hinter mir gelassen. Der heimische Raum hat mich wieder. Er liegt offen vor mir mit seiner unendlichen Weite und den zahllosen Völkern, denen ich den Segen des starken und einmaligen Herrschers bringen werde.
Dieser Herrscher bin ich. Und nicht der, aus dem ich hervorgegangen bin. In all den Äonen meines Wirkens und Schaffens habe ich nichts mehr gespürt von dir, Seth-Apophis. Ich war selbständig, und ich bin es noch. Meine Kraft ist ungebrochen. Ich werde meinen Willen durchsetzen. Niemand kann mich daran hindern.
Von dir habe ich gelernt, dass Mitleid falsch ist. Deswegen habe ich auch kein Mitleid mit dir oder mit denen, die sich gegen mich stellen.
Leih mir dein geistiges Auge, Seth-Apophis. Du würdest erleben, dass deine Spiegelung stärker ist als alles Dagewesene. Du wagst es nicht, denn wenn du dich mir offenbaren würdest, wäre das auch dein Untergang.
Pers-Mohandot liegt vor mir. Hier werde ich ein neues Reich errichten, in dem die neuen Pers-Oggaren meine Diener sein werden. Dann werde ich den Sieger von Xiinx-Markant holen und in die Weiten schicken, nach All-Mohandot, nach Myrsantrop und all den Plätzen, wo ich meinen Willen schon unter Beweis gestellt habe. Eine Mächtigkeitsballung von ungeahntem Ausmaß wird den Kosmos erfüllen. Bars-2-Bars wird mein Stützpunkt für den Vorstoß an die Grenzen dieses Raumes sein. Ich werde die Grenzen überwinden und die Quellen der Jenseitsmaterie finden. Mit ihr werde ich die Mächtigen aus der Dimension jenseits des Jenseits in meinen Bann schlagen.
Und eines Tages werde ich auch dich verschlingen oder zertreten, denn ich dulde niemand neben mir.
Die Stunde der Entscheidung ist da, denn mein ärgster Feind befindet sich in meiner Gewalt. Atlan, der Arkonide, das Lebewesen mit der Aura des Kosmokraten, ist auf dem Weg zu mir. Es wird sein letzter Weg sein ...
1.
Die bodenlose Leere, in die ich stürzte, wechselte periodisch mit gewaltigen Kräften, die an mir zerrten und meinen Körper zu zerreißen drohten. Phasen der fast geradlinigen Bewegung gingen in solche von schwersten Turbulenzen über. Ich wusste nicht mehr, wo oben oder unten war, geschweige denn, ob es hier überhaupt ein Oben oder Unten gab. Einmal fühlte ich mich auf einen Punkt konzentriert, dann endlos in die Länge gezogen. Ich glaubte, ich sei noch auf der SOL, gleichzeitig jedoch im freien Raum oder im Flekto-Yn des Hidden-X.
Wilde Farbmuster tanzten vor meinen Augen, und wenn ich diese für Sekunden schloss, sah ich noch immer die farbigen Kaskaden, die wie ein nicht enden wollender Wasserfall zu allen Seiten tobten.
Hidden-X hatte mich aus der SOL entführt. Wie es das gemacht hatte, war eigentlich unwichtig. Dass es dies gemacht hatte, bewies seine Macht.
Ich raste durch eine bunte Röhre, die jeweils nur an der Stelle, an der ich mich gerade befand, groß genug schien, um mich aufzunehmen. Die verwirrenden Eindrücke drohten meinen Verstand zu sprengen. Ich wollte nach irgend etwas greifen, aber da war nichts außer den vorbeigleitenden Farbbändern, der totalen Stille und dem wechselnden Sog.
Doch! Ein kleiner Schatten wirbelte in meiner Nähe, überschlug sich, raste auf mich zu und dann wieder weg. Es musste eine Sinnestäuschung sein, sagte ich mir.
Du bist nicht allein, wisperte die Stimme meines Extrasinns und wies mich so auf meinen Irrtum hin. Ich erinnerte mich plötzlich wieder daran, dass in dem Augenblick, in dem sich der unwirkliche Schlauch aus Energie über mich gestülpt und mich fortgerissen hatte, noch jemand in diese Öffnung gesprungen war. Dennoch konnte ich mich unter den chaotischen Eindrücken, die pausenlos auf mich herabprasselten, nicht daran erinnern, wer dies gewesen sein könnte.
Sanny, die Molaatin, informierte mich der Logiksektor. Dein Verstand arbeitet bruchstückhaft. Sieh dich vor!
»Wovor?«, brüllte ich aus Leibeskräften, aber ich konnte meine eigene Stimme nicht hören.
Ein diffuses Licht drang von »draußen« in die Röhre. Die Energiewände transformierten die Strahlung in das Spektrum des Regenbogens, so dass mir die Quelle dieses Lichts verborgen bleiben musste.
Das Licht der Sonne Deignar, meldete sich wieder mein stiller Begleiter. Bleib wachsam! Hüte dich vor falschen Eindrücken! Du wirst entführt!
Ich bin bereits entführt, folgerte ich. Plötzlich konnte ich wieder sinnvolle Gedanken aneinanderreihen. Entführt von Hidden-X, entführt in das Flekto-Yn, die gewaltige Heimstatt dieses mächtigen und bösen Wesens.
Wieder taumelte der kleine Schatten an mir vorbei. Winzige Hände reckten sich mir entgegen. Sanny, meine treue Helferin. Ich versuchte, nach ihr zu fassen, aber sie verschwand zwischen den bunten Schlieren.
Jenseits der Energiewände tauchte ein anderer Schatten auf. Er wurde rasch größer und füllte innerhalb von Sekunden mein ganzes Blickfeld aus. Bizarre und dunkle Partien wechselten mit hellen und strahlenden. Immer stärker wurden die Lichter, immer näher kam die drohende Masse.
Das Flekto-Yn!
Erstmals hatte ich es auf einer Darstellung im Zentralkegel der Landschaft im Nichts gesehen, dann später tatsächlich in der Zone-X, einem künstlichen Teilkontinuum, in das sich Hidden-X nach der Niederlage im Ysterioon zurückgezogen hatte. Und danach war ich in diesem Körper gewesen, der etwa die Größe des Planeten Jupiter besaß.
Die Anzahl der Planeten, die Hidden-X hatte zerstören lassen, um die gewaltigen Nickelmengen für seine Heimstatt zu bekommen, ging bestimmt in die Hunderte, vielleicht gar in die Tausende. Das unregelmäßig geformte Flekto-Yn bestand nach meinen bisherigen Erfahrungen zu annähernd 99 Prozent aus reinem Nickel. Es war aber keine Kugel, sondern ein scheinbar willkürlich zusammengesetzter, vielfältiger Körper. Die Einzelflächen waren unterschiedlich groß und besaßen ebenfalls keine regelmäßigen Formen.
Die Wände des Schlauches, durch den ich gerissen wurde, wurden dünner. Für wenige Sekunden erkannte ich den großen Spiegel des Flekto-Yns, die einzige Figur auf der Außenhülle, die geometrisch exakt geformt war. Einmal war es bereits gelungen, diesen Spiegel zu zerstören, doch das lag nun fast drei Jahre zurück. In meiner Erinnerung waren es nur Monate, aber ich wusste, dass Hidden-X durch die Wirkung des Zeittals ein Vielfaches meiner Zeit gewonnen hatte. Die Zyaner hatten das Flekto-Yn wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt.
Vergiss nicht deine jüngsten Attacken, die der SOL und den Einfluss der Dormiganer! Unversehrt kann das Flekto-Yn nicht mehr sein.
Ich schwieg zu dieser Bemerkung, denn nach meinen Vorstellungen spielte es keine Rolle, ob in dem 150.000 Kilometer durchmessenden Nickelbrocken ein paar Löcher mehr oder weniger waren.
»Atlan!«
Diese Stimme gehörte der Molaatin. Plötzlich schwebte sie ganz dicht vor mir. Ich packte zu und hielt sie fest. Im gleichen Moment verschlang uns die Schwärze des Flekto-Yns. Wir fielen noch einmal, diesmal aber durch eine totale Finsternis.
Knisternde Geräusche drangen an mein Ohr. Ich konnte sie nicht identifizieren, und auch der Logiksektor schwieg. Noch immer fühlte ich mich beschleunigt.
Sanny drohte mehrmals meinem Griff zu entgleiten, aber ich schaffte es, sie zu halten. Die Klänge aus dem Flekto-Yn wurden lauter. Um uns herum vibrierte der Raum. Zumindest nahm ich an, dass in dieser Dunkelheit irgendwo Materie und Luft waren, denn die Geräusche klangen eindeutig in meinen Ohren.
»Sanny! Hörst du mich?«, schrie ich.
Sie antwortete zunächst nicht.
»Vorsicht!«, warnte die Molaatin mich plötzlich. »Wir müssen gleich den Mittelpunkt des Flekto-Yns erreicht haben. Dann muss etwas passieren.«
»Was soll passieren?«, fragte ich zurück.
Im gleichen Moment hatte ich das Gefühl, gegen eine stählerne Mauer zu prallen. Sanny entglitt meinen Händen. Mein Kopf schlug seitlich gegen etwas Hartes, dann stürzte ich mehrere Meter in die Tiefe.
Meine letzten Wahrnehmungen waren das heftige Pochen des Zellaktivators, die zerreißenden Geräusche des Flekto-Yns und Sannys spitzer Schrei.
*
Breckcrown Hayes, der High Sideryt der SOL, stand in der Hauptzentrale im Mittelteil des Generationenschiffs. Kein Wort kam über seine Lippen, denn noch waren die jüngsten Eindrücke zu frisch. Buchstäblich vor den Augen der Führungsmannschaft war Atlan aus diesem Kreis gerissen worden.
Auf dem Hauptbildschirm war das Flekto-Yn abgebildet, eingehüllt in einen wahrhaft unüberwindbaren Schirm von leuchtend roter und grüner Farbe.
Jenseitsenergie hatte man diese Barriere genannt, die nur durch den Einsatz von immensen Nickelmengen vorübergehend so gestört werden konnte, dass ein Durchdringen möglich war. Was sich wirklich hinter dem Begriff Jenseitsenergie verbarg, war keinem der Solaner klar.
»Warum hat sie das getan?«, stammelte Gallatan Herts und deutete wie in Trance auf die Stelle, an der Atlan und Sanny verschwunden waren. Ein Geruch, der an Ozon erinnerte, lag noch in der Luft.
»Wer?« Auch Lyta Kunduran war noch völlig verdattert.
»Sanny«, erklärte der Kommandant der Zentrale. »Der komische Schlauch wollte nicht sie. Er wollte nur Atlan, das habe ich genau gesehen.«
»Du hast Recht.« Langsam kam wieder Bewegung in Breckcrown Hayes. »Was mich verdutzt hat, war ihr letzter Satz. Nimm uns mit! Allein hast du keine Chance.«
»Uns?« Lyta kicherte vor Verlegenheit. Sie wurde mit der Situation innerlich nicht fertig. »Es ist schlimm genug, dass Atlan von Hidden-X geholt wurde.«
»Ihr redet an den wichtigsten Tatsachen vorbei.« Bjo Breiskoll fuhr energisch mit der Hand durch die Luft und gebot den Anwesenden Schweigen. »Es geht schließlich um Atlans Leben. Und um Sannys. Wollt ihr tatenlos hier herumstehen und ein Palaver abhalten?«
»Bjo hat Recht«, griff der High Sideryt sofort ein. »Der Energieschlauch muss angemessen worden sein. Wir müssen jeder Spur nachgehen. SENECA soll sich äußern. Er muss einen Rat wissen.«
»Es tut mir aufrichtig leid«, meldete sich sofort die Biopositronik. »Ich stehe den Tatsachen machtlos und ratlos gegenüber. Ich vermag nicht einmal zu sagen, ob Atlan überhaupt noch lebt.«
»Aber ich.« Breiskolls Stimme klang rau. »Ich spüre ihn noch. Ich spüre ihn sogar durch diese Wand aus Jenseitsmaterie. Ihr findet mich in SOL-City. Wenn ich Ruhe habe, kann ich am besten verfolgen, was geschieht. Lasst mich wissen, wenn ihr einen Plan für einen Stoßtrupp habt, der eine reelle Chance beinhaltet, Atlan herauszuholen. Ich melde mich, wenn er nicht mehr lebt.«
»Du willst damit doch nicht etwa sagen«, begehrte Lyta Kunduran auf, »dass er ...«
»Doch.« Der Katzer wandte sich zum Ausgang. »Das will ich damit sagen, denn ich spüre die Mordlust von Hidden-X. Gebt euch keinen Illusionen hin, denn es will nicht nur Atlan. Es will die ganze SOL, und es will sie vernichten.«
»Wenn das stimmt«, bemerkte SENECA, »dann gibt es nur einen Entschluss. Die sofortige Flucht.«
Die Augen aller wandten sich Breckcrown Hayes zu, von dem man nun ein entscheidendes Wort erwartete. Nur Bjo Breiskoll verließ wortlos die Zentrale, ohne sich noch einmal umzusehen. Der Puschyde Argan U schloss sich ihm an, blieb aber dann doch stehen, um zu hören, was der High Sideryt sagte.
»Die Entscheidung fällt mir sehr leicht«, erklärte Hayes mit klarer Stimme. »Wir bleiben hier, und wir warten auf unsere Chance für Atlan und Sanny. Und damit erst keine falschen Gedanken aufkommen. Ich brauche jeden von euch. Nur wenn wir eisern zusammenhalten, können wir diesem kosmischen Biest erneut eins auswischen.«
»Nicht eins auswischen.« Argan Us Stimme überschlug sich fast. Er fuchtelte mit seinen beschuppten Armen herum. »Ganz auswischen, High Sideryt!«
Dann verschwand der Bärenähnliche mit trotzigen Schritten.
»Geht auf eure Plätze«, bat Hayes. »Tut, was ihr könnt. Wertet jede Einzelheit aus. Stellt zusätzliche Beobachter an alle Ortungsgeräte. Haltet die Kreuzer und Korvetten in voller Alarmbereitschaft.«
Die Männer und Frauen strömten auseinander.
»Und du, SENECA«, fuhr der High Sideryt eine Nuance schärfer fort. »Du strengst jetzt mal dein Plasma und deine Positronen ein bisschen an. Es muss einen Weg geben.«
»Das wüsste ich aber, High Sideryt.« Diesmal klang dieser Satz gar nicht überheblich, sondern wirklich bedauernd. »Was meinst du, was ich pausenlos mache? Jede Überlegung und jede Berechnung führt zum gleichen Ergebnis. Es gibt keine Chance.«
»Vielleicht im Augenblick, SENECA. Hidden-X hat uns oft gezeigt, dass es Fehler macht. Es ist überheblich und selbstgefällig. Es wird einen Fehler machen, und den müssen wir schnell genug erkennen und entsprechend reagieren.«
Die SOL begann damit, das Flekto-Yn in langsamem Flug zu umrunden. Die Paratron- und Hochenergie-Überladungsschirme standen unter Volllast. Die Transformzwillingsgeschütze blieben unverwandt auf ihrem Ziel. In den Hangars standen die Beiboote startbereit.
Und in SOL-City verfolgte Bjo Breiskoll mit geschlossenen Augen den letzten Lebenshauch, der von Atlan noch zu ihm durch die Dimensionen wehte. Argan hockte ihm still gegenüber. Das Gesicht des Puschyden war verzerrt.
»Diese Bestie darf sie nicht töten«, murmelte Argan fast unaufhörlich. »Atlan und Sanny, wir brauchen euch doch noch.«
Eine lange Zeit des Wartens begann auf dem Generationenschiff, eine Zeit der Hoffnung und der Verzweiflung.
Ich erwachte mit stechenden Schmerzen. Mein rechtes Knie ließ sich nicht bewegen, und mein Kopf dröhnte. Meine rechte Wange war kühl und nass. Die Impulse des Zellaktivators schlugen mit meinem Herzen um die Wette.
Vorsichtig öffnete ich die Augen. Ganz dicht vor mir sah ich Sanny. Die Kleine brachte es sogar fertig, mich anzulächeln. Ihre Händchen hielten ein nasses Tuch, aber sofort fuhren meine Hände an den schmerzenden Kopf.
Dann blickte ich mich um. Neben mir hockte die Paramathematikerin aus Oserfans Volk auf dem Boden, und dieser Boden war aus blankem Nickel. Auch die vier nahen Wände, die uns umschlossen, waren aus diesem Metall. Die Decke war mindestens zehn Meter hoch. Dort oben gähnte ein dunkles Loch. Sanny hatte sich meine Handleuchte zwischen die Knie geklemmt. Diese war unsere ganze Lichtquelle.
Mein Extrasinn schwieg. Wahrscheinlich konnte er diese Eindrücke auch nicht besser verwerten als ich.
»Woher hast du das nasse Tuch, Sanny?«, quälte ich mir über die Lippen, nur weil ich irgend etwas sagen wollte.
»Ich habe es eben, und nur das zählt.« Die Kleine strahlte eine geradezu verblüffende Ruhe aus. »Du hast eine Menge abbekommen bei dem Sturz.« Sie deutete mit einem Daumen in die Höhe. »Wie lange wird dein Ei brauchen, um dich wieder zu reparieren? Paramathematisch kann ich das nicht berechnen.«
Ich verstand, dass sie von meinem Zellschwingungsaktivator sprach, der noch während meiner Besinnungslosigkeit mit dem Heilvorgang begonnen haben musste.
»Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Vielleicht eine halbe Stunde, vielleicht eine ganze. Du bist unversehrt?«
Sie nickte stumm.
»Bei dem Sturz?« Nun deutete ich mit dem Daumen nach oben.
»Kleine Leute fallen leichter«, behauptete sie und lächelte dabei. Dann nahm sie das Tuch von meiner Schläfe. »Es sieht schon sehr viel besser aus, nicht wahr?«