Nr. 665
Borallus Augen
Solaner und Vulnurer gegen die Unheimlichen
von Horst Hoffmann
Es geschah im April 3808. Die entscheidende Auseinandersetzung zwischen Atlan und seinen Helfern auf der einen und Anti-ES mit seinen zwangsrekrutierten Streitkräften auf der anderen Seite ging überraschend aus. Die von den Kosmokraten veranlasste Verbannung von Anti-ES wurde gegenstandslos, denn aus Wöbbeking und Anti-ES entstand ein neues Superwesen, das hinfort auf der Seite des Positiven agiert.
Die neue Sachlage ist äußerst tröstlich, zumal die Chance besteht, dass auch in der künstlichen Doppelgalaxis Bars-2-Bars nun endgültig der Friede einkehrt. Für Atlan jedoch ist die Situation alles andere als rosig. Der Besitz der Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst, ohne die er nicht den Auftrag der Kosmokraten erfüllen kann, wird ihm nun ausgerechnet durch Chybrain vorenthalten. Ob er es will oder nicht, der Arkonide wird verpflichtet, die Namenlose Zone aufzusuchen.
Dann, mit knapper Mühe dem »Kerker der Ewigkeit« entronnen, kehrt Atlan mit seinen Kreuzern im Juli 3808 wieder in das Normaluniversum zurück, bevor der Junk-Nabel endgültig vergeht.
Die Rückkehrer kommen gerade zurecht, um die Solaner vor dem Untergang zu retten, denn sie sind auf dem Planeten Zerberus gefangen – im Bann von BORALLUS AUGEN ...
Borallu – Der Alternativ-Tote kommt auf die SOL.
Breckcrown Hayes – Seine Solaner sollen einander umbringen.
Bjo Breiskoll, Sternfeuer und Federspiel – Die Telepathen belauschen den Gegner.
Atlan – Der Arkonide fühlt sich hilflos.
Blödel – Ein Roboter wird zur Rakete.
Das Zeltlager auf der Hochebene am Hang des Tales, in dem die mächtige Hantel der SOL energielos lag, war menschenleer. Die von der anderen Seite des Berges zurückgekehrten Telepathen und ihre zehn Begleiter hatten es verlassen vorgefunden, ohne eine Spur von Hayes und seinen Leuten. Alles Leben schien sich in die Talmulde verlagert zu haben, wo die wenigen Lichter von einfachen Feuern brannten und der entsetzliche Kampf von Menschen gegen Menschen tobte – jeder gegen jeden, wie Borallu es wollte.
Um so überraschender erfolgte der Angriff.
Bjo Breiskoll war gerade auf seinem Minka aufgesessen, einem der pferdeähnlichen Tiere des Planeten Zerberus, und bis zum Rand der Ebene vorgeritten. Als er das Geräusch im Gras hinter sich hörte, schenkte er ihm keine Bedeutung. Er glaubte, dass die anderen zu ihm aufschlossen – Sternfeuer, Federspiel, Lyta Kunduran, Walter von Bruchstein und sein »Knappe« Kuno. Mit den beiden anderen Mutanten stand er in ständigem Kontakt. Immer noch bemühten sie sich, etwas von der Absicht Borallus und seiner Helfer auszuforschen. Und Bjo hatte kaum Augen für etwas anderes als das grausame Treiben dort unten im Tal, aus dem die letzten Schatten der Morgendämmerung wichen.
Er esperte die Angreifer erst, als es bereits zu spät war. Eine Gestalt kam hinter einem Busch hervor und sprang ihn an. Er fühlte, wie sein linker Arm gepackt wurde, und fast im gleichen Moment stieß ihn jemand von der anderen Seite vom Rücken des Minkas. Bjo landete hart auf dem moosbewachsenen Untergrund, rollte sich instinktiv auf den Rücken und sah im roten Schein der hochwandernden Sonne das Blitzen von Stahl.
Das Messer drückte an seine Kehle. Es war in der Hand einer Frau, deren Begleiter hinter ihr auftauchte.
»Ihr bleibt, wo ihr seid!«, schrie er von Bruchstein und Federspiel an, die Bjo zu Hilfe kommen wollten. »Noch einen Schritt näher, und ihr seid auch dran!«
Es war keine leere Drohung. Hinter den wenigen hier vereinzelt stehenden Bäumen schoben sich Solaner hervor und zielten mit Steinschleudern auf die Gefährten. Von Bruchstein musste von Federspiel festgehalten werden. Für Augenblicke sah es so aus, als müsste er die Nerven verlieren. Erst als Sternfeuer neben ihm war und ihm eine Hand auf den Arm legte, blieb er fluchend stehen.
»So ist es besser«, sagte der Wortführer gedehnt. Er bemühte sich, ruhig und entschlossen zu wirken. Was Bjo von ihm esperte, bewies das Gegenteil. Er hatte Angst. Sie hatten alle Angst davor, die nächsten Stunden nicht zu überleben. Die Hand der Frau mit dem Messer zitterte. Bjo erkannte sie jetzt. Sie und der Mann hatten sich unangenehm hervorgetan, als ein Teil der Solaner den Aufstand gegen Atlan probten. Sie hieß Karen Wall, er Pyker Mayland. Beide hatten in einem der hydroponischen Gärten gearbeitet.
Macht keinen Fehler!, sendete Breiskoll an die Telepathen. Sie meinen es verdammt ernst! Aber anscheinend wollen sie uns nicht umbringen! Hört euch an, was sie vorhaben!
Sternfeuer nickte.
»Schön, Pyker, ihr habt uns in die Falle laufen lassen. Und weiter?«
Der Mann drehte sich kurz zu Bjo und Karen um. Sein Gesicht war eingefallen. Die verschmutzte Bordkombination hing ihm viel zu weit vom Körper. Aus den Augenwinkeln heraus sah Bjo, wie die anderen langsam näherrückten. Sie waren alle von den zwölf Tagen ohne ausreichende Nahrung gezeichnet, von zwölf Tagen in der Zerberus-Wildnis, in der das Leben ohne funktionierende Technik zu einem Albtraum geworden war.
Borallus Erscheinen war dann der Funke gewesen, der die leise tickende Zeitbombe gezündet hatte.
»Es hängt von euch ab«, sagte Mayland. »Ihr könnt leben oder sterben. Leben werdet ihr, wenn ihr euch mit uns zusammentut – und auf der Stelle sterben, wenn ihr versucht, mit Hayes und seiner Clique gemeinsame Sache gegen uns zu machen.«
Sternfeuer kniff die Augen zusammen.
»Ihr glaubt, Hayes ist gegen euch?«
Mayland lachte rau.
»Wir wissen es. Er und sein Anhang versuchen, die eigene Haut zu retten. Sie haben die Kämpfe im Tal inszeniert, um angeblich Borallu zu täuschen. Aber uns macht er nichts vor. Um Mitternacht dürfen nur noch hundert Solaner leben. Wer außer ihnen dann noch übrig ist, wird von den Robotern eliminiert, sie haben die Waffen dazu.«
Und nicht nur das. Die so überraschend aufgetauchten Fremden sahen zwar aus wie Roboter, doch sie sandten starke und fremdartige Mentalimpulse aus. Also lebte etwas in ihnen. Der Anführer, der sich Borallu nannte und als »Herr der sechs Augen« bezeichnete, hatte sich vor Bjo und Hayes in eine Riesenzecke von zwei Metern Länge verwandelt und damit vorübergehend das Aussehen eines Zyrtoniers angenommen.
Er und seine sechs Begleiter waren die einzigen Wesen, die im Neutralisierungsfeld über starke Energien verfügten. Das Feld umgab mindestens den ganzen Planeten Zerberus. Wie weit seine Ausdehnung wirklich reichte, wusste noch keiner der gestrandeten Solaner. Klar war hingegen, dass es von sechs gigantischen, kugelförmigen Stationen im weiten Orbit um Zerberus erzeugt wurde, und dass diese sechs Stationen identisch mit den »Augen« sein mussten.
Wie die Fremden, die zweifellos aus den Augen gekommen waren, im Neutralisationsfeld ihre Energien produzieren konnten, blieb ein Rätsel. Doch das musste weit hinter dem zurücktreten, was der Unheimliche den Solanern verkündet hatte.
Borallu wollte, dass nach einem einzigen Tag von den zehntausenden Solanern nur noch ganze hundert lebten. Mayland hatte seine Drohung für den Fall, dass die Menschen sich nicht durch den Kampf jeder gegen jeden bis auf diese Zahl dezimierten, eben wiedergegeben. Aus den vage empfangenen Gedankenbildern des Fremden hatte Bjo allerdings erfahren, dass die Drohung nicht wirklich gemeint war. Zweifellos wollte Borallu, dass die Solaner aufeinander losgingen. Nur der Grund dafür war noch verborgen. Deswegen hatte Bjo ja gehofft, mit Sternfeuer und Federspiel in einem Psi-Block tiefer in Borallus Gedanken eindringen zu können.
Es hatte eben noch so ausgesehen, als sollte das teuflische Ziel bereits erreicht sein. Was nun aber von Mayland anklang, konnte neue Hoffnung bringen. Hayes hatte, bevor Breiskoll mit Federspiel aufbrach, um Sternfeuer zu suchen, verkündet, dass er eine Truppe aus verlässlichen Leuten zusammenstellen wollte. Mit ihnen wollte er den Mord und Totschlag im Tal zu verhindern versuchen. Angesichts der Schwierigkeiten, fast hunderttausend verzweifelte Menschen ohne technische Kommunikationssysteme zu erreichen, war der Erfolg mehr als zweifelhaft erschienen. Aber bedeuteten Maylands Worte nicht, dass Hayes das Unmögliche geschafft hatte?
Bedeuteten sie nicht darüber hinaus, dass er die Solaner dazu hatte bringen können, den Fremden quasi einen Schaukampf zu liefern?
Bjo wollte aufspringen und den Mann ausfragen. Karen drückte das Messer fester an seine Kehle. Die scharfe Klinge ritzte Bjos Haut. Er ließ sich zurückfallen.
Halte aus!, sendete Sternfeuer ihm. Warte auf den richtigen Moment!
Sie nickte bedächtig.
»Du meinst also, Pyker, dass unser High Sideryt die Solaner in Sicherheit wiegen will, um dann mit seinen Anhängern über sie herzufallen?«
»Genau das. Aber wir werden ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Wir haben auf euch Telepathen gewartet. Mit euch zusammen sind wir stärker als er. Wir wissen immer im Voraus, was er plant, weil ihr seine Gedanken kennt. Entscheidet euch für uns, und wir werden zu denen gehören, die leben dürfen.«
Das reicht!, dachte Sternfeuer an Bjo. Bist du bereit?
Der rotbraun-gefleckte Katzer befreite sich mit der Geschmeidigkeit, die er den mutierten Genen seiner Eltern verdankte. Bevor Karen überhaupt begriff, was geschah, hatte er seinen Hals unter dem Messer weggezogen und ihre Hand gepackt. So schnell, dass die Bewegung kaum wahrnehmbar war, wechselte die Klinge den Besitzer. Gleichzeitig warfen sich die Gefährten auf Sternfeuers Kommando zu Boden. Die von den primitiven Schleudern abgefeuerten Steine schwirrten über sie hinweg, und bevor die Besessenen neue Geschosse einlegen konnten, waren sie überwältigt.
Walter von Bruchstein hielt Mayland von hinten umschlungen und verzichtete in einem seltenen Anflug von Großmut darauf, ihm einige schlagkräftige Belehrungen darüber zukommen zu lassen, wie man im glorreichen Mittelalter mit Verrätern umgegangen war. Er presste ihm fast die Luft aus den Lungen. Maylands und Karens Mitstreiter warfen sich zu Boden und warteten offenbar darauf, dass ihnen der Garaus gemacht wurde. Karen stand zitternd vor Bjo und starrte auf das Messer.
Bjo steckte die Waffe in den Gürtel aus Plastikseil, an dem eine Feldflasche und verschiedene kleine Gegenstände hingen. Er nahm Karens Hand und führte sie zu ihren Freunden.
»Wir tun uns mit euch zusammen«, sagte er heftig, »aber nach unseren Regeln. Steht endlich auf. Wir sind keine Mörder, und Hayes ist es auch nicht. Wir lassen uns auch nicht von einem Borallu dazu machen. Wir haben nur einen Feind, und der sitzt jetzt in der SOL und wartet darauf, dass Narren wie ihr seine lächerliche Aufforderung befolgen.«
»Ihr ... ihr bringt uns nicht um?«, stammelte Mayland.
»Ihr hättet es verdient, aber nur wegen eurer Dummheit«, antwortete Sternfeuer wütend. »Hundert Überlebende! Das heißt, jeder dieser hundert Sieger hätte fast tausend Opfer auf dem Gewissen – seine Freunde, Brüder und Lebensgefährten.«
Mayland senkte den Kopf. Dann begann er wie ein Kind zu weinen. Erst jetzt ging ihm auf, was es bedeutete, einer von hundert Mördern zu sein, die vielleicht eine zweifelhafte Freiheit gewannen, sich aber ihres Lebens nie mehr würden erfreuen können.
Kuno Krawynkel, von seinem Herrn und Meister nur der »Klotz« genannt, und die anderen Solaner, die mit den Telepathen vom Berg zurückgekommen waren, scharten sich jetzt um die Verzweifelten – Henry Bolten, Yoster Obryn, Jeremy Wilde, natürlich Lyta Kunduran und als letzte Miami McDougall, die korpulente Sechsundsechzigjährige, mit der nicht gut Kirschen essen war. Die drei Solaner, die Bjo den Hang hinauf begleitet hatten, hielten sich noch im Hintergrund bei den verlassenen Zelten. Die übrigen Mitglieder der Expedition über den Kamm, Wildes Bruder Kym, die Fremdvölkerpsychologin Denise Tyllong und der Extra und Raketenbauer Ole waren bei den Insektoiden geblieben, die mit ihrem Raumschiff jenseits des Berges bruchgelandet waren.
Lyta ergriff das Wort, nachdem sie aus naheliegenden Gründen bisher den Telepathen das Reden überlassen hatte. Sie wandte sich an Mayland und blickte ihn scharf an.
»Und jetzt sagt ihr uns, was Hayes während unserer Abwesenheit inszeniert hat.«
*
Borallu hatte wieder die Gestalt eines Unterpagen angenommen, wie die Bezeichnung für seine zwölf Helfer lautete. Früher, vor rund vierzigtausend Jahren, waren sie die Mitglieder seines wissenschaftlichen Teams gewesen und hatten mit ihm zusammen die sechs Augen gebaut. Heute lebten nur noch die Gehirne in robotischen Körpern. Mit Borallu zusammen waren sie auf einem einsamen Planeten irgendwo in Bars zu neuer Existenz erwacht, als der Erweckungsimpuls der Zyrtonier die Tiefschlafanlagen erreichte. Ein Raumschiff hatte sie dann dorthin gebracht, wohin sich bereits vorher die sechs Gigantstationen in Bewegung gesetzt hatten. In jedem Auge hielt sich noch ein Unterpage auf. Die anderen sechs waren mit ihrem Meister zur SOL abgestrahlt worden. Eine Besonderheit der Methode des »indirekten Personen- und Materietransports« lag darin, dass die beförderten Wesen für eine gewisse Zeit noch mit Transportenergie aufgeladen blieben und sich während dieser Zeit allein kraft ihres Willens von einem Ort zum anderen versetzen konnten.
So erschrak Borallu nicht, als Fragyrt wie aus dem Nichts neben ihm entstand. In der SOL war auf diese Art der Bewegung kaum zu verzichten. Das Hantelschiff lag zu einem Fünftel seiner Höhe im Boden der Talmulde eingegraben. Hier hatte es gerade noch eine Notlandung bauen können, als es von den Kräften der Augen eingefangen und auf den Planeten zukatapultiert worden war. Als dann die Energieneutralisation einsetzte, waren nicht nur die Steuerungs-, Ortungs-, Antriebs- und Kommunikationssysteme zusammengebrochen, sondern alles, was zu seinem Funktionieren auf Energie angewiesen war. Im Schiff rührte sich nichts mehr. Inzwischen hatten sich alle seine Bewohner ins Freie geflüchtet. Es gab kein Licht, außer in den Hangars und sonstigen Räumen der Peripherie. Am schlimmsten wirkte sich daneben die fehlende künstliche Schwerkraft aus. Alles war um neunzig Grad »gekippt«. Die Wände waren zum Boden geworden, die Böden und Decken zu Wänden.
Unter diesen Umständen mussten die Unterpagen von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich selbst hier und dorthin zu strahlen. Kürzere Wege konnten schwebend zurückgelegt werden, deshalb stand Borallu nun auch in der Robotergestalt im offenen Hangar. Er, den man aufgrund seiner Gabe früher den Mann mit den drei Gesichtern genannt hatte, vermochte sich nicht nur von der Riesenzecke in das Metallmonstrum von gut zwei Metern Höhe zu verwandeln, mit zweifach eingekerbtem Hauptkörper, zwei Armen, zwei Beinen und einem ovalen Riesenkopf – er erreichte mit der Umwandlung auch eine Umgruppierung seiner Moleküle. Aus Fleisch und Körperpanzer wurde Metall, und selbst die Schwebeaggregate waren vorhanden.
Borallu musterte Fragyrt kurz und stellte fest, dass ihm sein eigentlicher Körper zehnmal lieber war als dieser plumpe, der nach seiner zweiten Verwandlungsform geschaffen worden war. Es gab noch eine dritte, und wie oft hatte der Herr der Augen sich schon versucht gefühlt, sie anzunehmen!
Doch sie, wusste er, würde die endgültige sein, aus der es keine Zurückverwandlung mehr gab. Er wusste allerdings nicht, wie sie aussehen würde.
Er drehte sich wieder dem offenen Schott zu, unter dem die Feuer der Solaner brannten und der Scheinkampf tobte.
»Du solltest mit der Transportenergie sparsamer umgehen, Fragyrt«, sagte er düster. »Noch einige Sprünge zuviel, und sie hat sich verbraucht.«
Der Unterpage schwebte ein Stück vor und ließ sich auf die stumpfen Füße sinken.
»Ich begreife nicht, wie du dich jetzt darum sorgen kannst«, sagte Fragyrt. »Siehst du nicht, dass die Solaner uns etwas vormachen?«
»Ich weiß es.«
Fragyrt drehte sich so, dass seine Augensensoren auf Borallu gerichtet waren.
»Und du lässt es zu? Wir können ihnen noch eine Demonstration unserer Macht geben. Mit einem Feuerstrahl unserer Stabwaffen vernichten wir tausend von ihnen. Dann werden sie sich wirklich umbringen – und nicht nur so tun.« Er sah wieder hinaus. »Oder hast du vergessen, wie unser Auftrag lautet?«
Natürlich hatte Borallu das nicht. Er und die Unterpagen waren, wie auch die sechs Augen, vor vierzigtausend Jahren von seinem Volk als Eingreifreserve zurückgelassen worden. Als die Zyrtonier sich in die Namenlose Zone begaben, wollten sie einen Machtfaktor im Normaluniversum wissen, der im Fall einer Gefahr aktiviert werden konnte und alle nur denkbaren Bedrohungen dort eliminierte.
Die Augen hatten bereits die drei Schiffe der Vulnurer neutralisiert, die beim Junk-Nabel zur SOL hatten stoßen sollen, um von dort aus in die Namenlose Zone vorzudringen. Zu diesem Zeitpunkt hatte es noch den Weg über den Junk-Nabel in die Namenlose Zone gegeben. Borallu war inzwischen vom Steuergehirn des Hauptauges mitgeteilt worden, dass der Nabel nicht mehr existierte. Es gab somit keinen Weg mehr in die Zone, der für andere gangbar war. Mit Hilfe der Augen, war Borallu überzeugt, konnte er jederzeit in das andere Kontinuum überwechseln.
Doch die Voraussetzung dafür war, dass er seinen Auftrag ausführte.
Er musste dafür sorgen, dass die Solaner nie wieder zu einer Gefahr für die Zyrtonier und den Rat der Pagen wurden. Gleichzeitig aber sollte er das Negative in ihnen aussondern und dafür vorbereiten, in die Namenlose Zone geschafft zu werden.
Erst dann konnte er sich sein brennendes Verlangen erfüllen, zu sehen, was im Lauf der Jahrzehntausende aus seinem Volk geworden war.
Deshalb hatte er das Ultimatum gestellt.