Nr. 834

 

Eine Sekunde der Ewigkeit

 

Mit dem Arkoniden im Zeitsumpf

 

von Hubert Haensel

 

 

Nach der großen Wende in Manam-Turu haben sich Atlan und seine engsten Gefährten anderen Zielen zuwenden können, die sie in die Galaxis Alkordoom führen, in der der Arkonide bekanntlich schon zugange war.

Fartuloon, Lehrmeister des Kristallprinzen Atlan, gelangt zusammen mit Geselle, seinem neuen »Robotsohn«, ebenfalls nach Alkordoom. Der Calurier wird dabei nicht nur räumlich versetzt, sondern auch körperlich verändert, indem er in Alkordoom, wo er schon als Colemayn gewirkt hatte, wieder die Gestalt des Sternentramps annimmt und sich zuerst an der Suche nach der Welt des ewigen Lebens beteiligt.

Atlan und Colemayn operieren zwangsläufig getrennt, sind jedoch bestrebt, wieder zueinander zu finden. Während Atlan und Co. ihre gefahrvollen Abenteuer zumeist in der Zeitfestung mit ihrem Intern-Kosmos und ihren Zeitgrüften bestehen, agiert Colemayn mit seinen Gefährten in der Sonnensteppe und im Nukleus von Alkordoom.

Erst Ende Januar 3821 werden die beiden alten Freunde wieder vereint. Nun, zu Beginn des Februars, geraten sie mit ihren Mitstreitern in allergrößte Schwierigkeiten. Sie landen im Zeitsumpf und erleben EINE SEKUNDE DER EWIGKEIT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Sutok und Navak – Den Meisterdieben bleibt eine Beute verwehrt.

Atlan – Der Arkonide wird mit der Vergangenheit der Metagyrrus konfrontiert.

Breckcrown – Chybrain in der Gestalt des Celesters ist da, wenn man ihn braucht.

Geselle – Der Sturz in den Zeitsumpf raubt ihm das Gedächtnis.

1.

 

Sie sahen aus wie vierbeinige Huftiere mit silbergrauem Fell und weißer Mähne, und aus den Stirnplatten ihrer langgestreckten Schädel ragte jeweils ein unterarmlanges, elfenbeinfarbenes Horn hervor.

Sie trugen Gesichtsmasken – rote, grob gewebte Tücher, die nicht nur die Nüstern verdeckten, sondern auch das, was sich als pulsierender Wulst um ihre Hälse abzeichnete.

»Metagyrrus ...« In ohnmächtigem Zorn stieß Tuschkan den Namen der Einhörner hervor. Er hasste sie, hasste den Orden der Zeitchirurgen, dem sie angehörten, denn vor langer Zeit war dieser Orden für den Niedergang seines Volkes und den Tod seiner Eltern verantwortlich gewesen. Trotzdem war er ihnen in die Falle gegangen, zusammen mit Goman-Largo, dem Spezialisten der Zeit.

Wie lächerlich kurz waren doch die paar Stunden, die seit dem Eindringen der STERNENSEGLER in den Dakkardimballon inzwischen vergangen waren: für einen relativ Unsterblichen aus dem Volk der Hathor nicht mehr als ein Augenzwinkern der Ewigkeit. Leider gab es keine Möglichkeit, die Zeit zurückzudrehen und das Geschehene ungeschehen zu machen. Um so betroffener war Tuschkan von diesem Affront des Schicksals, da gerade die Zeitchirurgen mit den Jahrtausenden und in Äonen gewachsenen natürlichen Entwicklungen spielten wie andere mit geschnitzten Figuren auf einem dreidimensionalen Spielfeld. Schach hatte der Arkonide Atlan erst vor kurzem ein solches Spiel genannt und behauptet, dass nicht immer offen ausgeführte Züge zum Sieg führen mussten. Doch mit Worten hatte Tuschkan sich schon gar nicht davon abhalten lassen, in den Dakkardimballon einzudringen.

Etwa 3000 Sonnen, aber lediglich 63 Planeten, bildeten die Population dieses in der Dakkarzone isolierten Raumsektors. Auf der Suche nach einer der vermuteten Stützpunktwelten der Zeitchirurgen hatte die STERNENSEGLER den einzigen Planeten einer roten Sonne angeflogen und war in die Fänge einer Raumstation geraten. Sogar Tuschkans perfekte Ausrüstung hatte ihn selbst, seinen Roboter Movemunk und Goman-Largo nicht vor der Gefangennahme durch die Metagyrrus bewahren können.

Selbst jetzt war Tuschkans mentaler Kontakt zu seiner Ausrüstung unterbrochen. Ein äußerer Einfluss hatte sich wie ein eisernes Band um seinen Schädel gelegt und verursachte rasende Kopfschmerzen, sobald er auch nur versuchte, sich auf die Funktionen des Ewigkeitsanzugs zu konzentrieren. Seine ansonsten bernsteinfarbenen Augen nahmen dann einen mattgrauen Schimmer an.

Von der Raumstation im Orbit um Madinga (so nannten die Zeitchirurgen die rote Sonne) hatten die drei Gefangenen nur sehr wenig zu sehen bekommen. Eine Fähre brachte sie samt ihrer schweigsamen Eskorte auf den Planeten Ohann.

Vibrationen der Schiffszelle ließen vermuten, dass das Eintauchmanöver in die Atmosphäre begonnen hatte. Hinter den Gesichtsmasken der Metagyrrus zuckten die wulstigen Gebilde auf den ansonsten eher schlanken Pferdehälsen heftiger.

Ohne jede Vorwarnung trabte einer der Metagyrrus auf Tuschkan zu und stieß ihn mit dem Horn an.

»Du wirst uns nicht angreifen«, grollte das Wesen. »Und schon gar nicht solltest du versuchen, die Fähre in deine Gewalt zu bringen. Offenbar verkennst du den Ernst deiner Lage.«

Tuschkan schwieg. Seine Gesichtszüge ließen abwechselnd Wut und Betroffenheit erkennen.

»Was ist los?«, raunte Goman-Largo neben ihm.

»Wenn ich das wüsste«, erwiderte der Hathor ebenso leise. »Womöglich können einige der Metagyrrus Gedanken lesen. Ich dachte in der Tat gerade daran, sie anzugreifen.«

»Lass mich das machen.« Goman-Largos sanftes Lächeln verriet genug. Anscheinend hatte er bereits eines oder zwei seiner Module abgesondert, um mit ihrer Hilfe Verwirrung zu stiften oder gar die Situation zu bereinigen.

Ruckartig wandten sich ihm mehrere Metagyrrus zu. »Deine Bemühungen sind sinnlos«, eröffneten sie.

Goman-Largo breitete die Arme aus. Er lächelte noch immer, aber hinter dieser Maske verbarg sich der unbeugsame Wille, den Orden der Zeitchirurgen zu vernichten.

Wie von Geisterhand bewegt, lösten sich große Platten aus den Schaltpulten, begannen Dutzende von Leuchtanzeigen hektisch zu blinken. Die Metagyrrus setzten ihre telekinetischen Kräfte ein. Zu Goman-Largos Überraschung suchten sie genau da, wo er seine beiden Module in das Leitsystem der Fähre eingeschleust hatte.

Der Tigganoi zweifelte jedoch daran, dass seine Gedanken ihn verraten haben konnten. Seit mindestens zehn Minuten befasste er sich mit der Möglichkeit, Einfluss auf die Steuerung der Fähre zu gewinnen. In wenigen Sekunden wäre es soweit gewesen. Die Mohennas, wie die Einhörner sich nach ihrer Heimatwelt auch nannten, hätten längst eingreifen können. Es gab keinen vernünftigen Grund, weshalb sie es erst jetzt taten. Außer dem, dass sie erst im letzten Moment aufmerksam geworden waren.

Die Fähre driftete aus dem Kurs. Einige der bislang dunkel gebliebenen Bildschirme flammten auf. Sie zeigten einen ausgedehnten Ozean und Teile eines braungrünen Kontinents aus geringer Höhe.

Movemunk griff an. Zwei Metagyrrus wichen ihm so geschickt aus, als hätten sie seine blitzschnell vorgetragene Aktion geahnt. So musste es auch sein, denn die Überlegungen eines Roboters zu erkennen, war für jeden unmöglich, der sich nicht in dessen Positronik eingeschaltet hatte.

Flirrend entstand ein Energiefeld. Innerhalb von Sekunden war Movemunk darin gefangen. Das Feld legte sich eng um seinen metallenen Leib und unterband selbst die schwächste Bewegung.

Mit einem Aufschrei warf Tuschkan sich nach vorne. Aber statt dem Horn eines Metagyrrus bekam er nur dessen Gesichtsmaske zu fassen und riss sie ab. Im nächsten Moment waren Goman-Largo und er ebenfalls zur völligen Regungslosigkeit verurteilt. Die Verbindung des Tigganoi zu seinen beiden Modulen brach schlagartig ab, als die flirrende Energie ihn einhüllte.

Tuschkan stieß ellenlange Verwünschungen in seiner Muttersprache aus.

»Ein verdammt kurzer Ausflug«, bemerkte Goman-Largo sarkastisch. »Wenn ich daran denke, dass Atlan und die anderen wie die Sardinen in der WINDSBRAUT eingepfercht sind und keine Möglichkeit haben, uns zu folgen ... Wenigstens einem der Zeitchirurgen möchte ich noch den Hals umdrehen.« Er starrte das Einhorn an, dessen Maske Tuschkan abgerissen hatte. Ein milchigweißes, wurstförmiges Gebilde lag um den Nacken des Mohennas. Deutlich war zu erkennen, dass es sich nicht um eine Zellwucherung handelte, sondern um etwas Eigenständiges.

Das Ding lebte, und es war mit dem Metagyrru verbunden wie ...

»Wie ein Symbiont«, bemerkte Goman-Largo.

 

*

 

»Nichts geschieht ohne Sinn und Zweck«, behauptete Tuschkan. »Wozu also dienen diese Gebilde?«

»Frage jemanden, der die Antwort parat hat«, entgegnete Goman-Largo gereizt.

Die Fähre setzte zur Landung an. Nur ein einziger Bildschirm zeigte noch die Szenerie des Planeten Ohann: weite, ebene Steppenlandschaft, vereinzelt hingestreut kleine Waldflecken, und am Horizont die schroffe Kulisse eines Karstgebirges. Nirgendwo gab es Anzeichen von Zivilisation – bis sich ein senkrecht unter die Oberfläche führender Schacht öffnete. Traktorfelder zogen die Fähre in die Tiefe.

Sofort nach dem erschütterungsfreien Aufsetzen wurden Tuschkan, Movemunk und Goman-Largo zum Aussteigen gezwungen. Die Energiefelder, in denen sie nach wie vor gefangen waren, lösten sich mit ihnen vom Boden und schwebten in wenigen Zentimetern Höhe dahin. Die unterirdische Anlage wirkte nicht viel anders als die meisten ihrer Art, sie war vielleicht ein wenig großzügiger angelegt, eben den Platzbedürfnissen der vierbeinigen Metagyrrus angepasst.

Vom Landeschacht aus führten Transportbahnen zu einzelnen Hangars, die groß genug waren, um eine Flotte von Raumschiffen aufzunehmen. Aber lediglich kleinere Einheiten standen hier. Sie machten einen zeitlosen Eindruck, als hätte sich seit Generationen niemand mehr um sie gekümmert.

Die folgenden Eindrücke blieben belanglos. Stollen, Antigravschächte, Maschinenhallen – Goman-Largo achtete kaum darauf. Hin und wieder zeigten sich andere Mohennas, die jedoch kaum einen Blick für die Gefangenen übrig hatten.

Das Ziel war ein mit Technik vollgestopfter Raum. Die Art und Weise, wie die Metagyrrus unmittelbar hinter dem Eingangsschott verharrten, zeugte von einer gewissen Demut. Die Energiesphären mit den drei Gefangenen schwebten noch etliche Meter weiter bis zu einem Podest im Zentrum. Grelles Licht flammte auf. Genauer gesagt handelte es sich um drei Lichtsäulen, die aus dem Boden aufstiegen. Goman-Largo verspürte ein eigentümliches Prickeln, als die Helligkeit ihn einhüllte. Zugleich war ihm, als taste etwas nach seinen Gedanken. Obwohl er sich dieser Wahrnehmung nicht sicher war, begann er intensiv zu zählen. Von eins bis zehn und zurück. Und das immer wieder, um seine wahren Überlegungen nicht preiszugeben. Das Prickeln ebbte rasch ab.

Eine undefinierbare Stimme erfüllte den Raum.

»Die Nichtzeit-Bewahrer wählen den Weg zu mir nur in wichtigen Angelegenheiten«, erklang es dumpf dröhnend von allen Seiten.

»Entscheide du, was mit unseren Gefangenen geschehen soll«, sagte einer der Metagyrrus. »Mit ihrem Raumschiff sind sie durch das sechsdimensionale Netzwerk, das die ehemalige Position des Planeten Barquass bezeichnet, in den Dakkardimballon eingedrungen.«

»Nur ein Raumschiff?«

»Nur eines, Zarkash.«

Verhaltenes Gelächter folgte und dann, nach einer Weile absoluter Stille:

»Du wirst lästig, Tuschkan, zusammen mit deinem Robotdiener. Und auch du, Goman-Largo. Meine Geduld ist erschöpft. Aber glaubt nicht, dass ihr nun sterben werdet. Nichts ist so leicht zu ertragen wie ein schneller Tod.

Für ewig werdet ihr in die Absolute Finsternis der Grenzzone zwischen Nichtzeit und Präkosmos verbannt werden.«

»Klingt nicht sehr angenehm«, bemerkte Goman-Largo trotzig.

»Vergleiche das nicht mit deiner Generationen währenden Gefangenschaft in der Stasis«, gab Tuschkan zu bedenken. »Die Absolute Finsternis ist nur eine Umschreibung für den Temporalsumpf, in den sich die Schwarzen Sternenbrüder mit Dulugshurs Flotte zurückgezogen haben.«

»Ich fordere die anwesenden Nichtzeit-Bewahrer auf, das Urteil sofort zu vollstrecken«, hallte Zarkashs Stimme von allen Seiten wider.

2.

 

Der Weltraum glühte.

Im Umkreis von mehreren Millionen Kilometern um die fiktive Position des verschwundenen Planeten Barquass flackerten mehrdimensionale Entladungen auf.

Das Farbenspiel vor der sternenübersäten Schwärze des Alls war von überwältigender Schönheit, barg aber zugleich eine unbeschreibliche Gefahr. Die Ortungen der WINDSBRAUT ließen erkennen, dass die Entladungen vor allem im Bereich der Knotenpunkte des sechsdimensionalen Netzwerks entstanden. Die freiwerdenden Energien hätten ausgereicht, selbst größere Planeten zu zerstören oder in eine andere Dimension zu schleudern.

Hervorgerufen wurde das Phänomen vermutlich durch Vorgänge innerhalb der Dakkarzone, denn es hatte unmittelbar nach dem Verschwinden der STERNENSEGLER mit einigen heftigen Eruptionen begonnen. Die abklingende Tendenz war zwar unverkennbar, doch würden bis zum rein rechnerischen Ende noch mehr als zwanzig Stunden vergehen.

Die Gefährlichkeit der überschlagenden Energien hatte die WINDSBRAUT deutlich zu spüren bekommen. Vorübergehende Totalausfälle einiger Sektionen waren trotz aktivierter Schirmfelder die Folge gewesen. Inzwischen stand das raketenförmige Beiboot der STERNENSEGLER in sicherer Distanz von fünf Lichtminuten.

Abwarten hieß die Devise, wie Chipol in seiner jugendlichen Gelassenheit schon bald nach dem spektakulären Abgang der STERNENSEGLER mit Tuschkan, Goman-Largo und Movemunk an Bord bemerkt hatte. Mehr als Abwarten konnte tatsächlich niemand tun. Vor allem Neithadl-Off war sauer auf »ihren« Modulmann.

»Seit er mit diesem Tuschkan unter der Decke steckt, ist er nicht mehr zu genießen«, schimpfte sie. »Wie konnte er nur bei dieser Gemeinheit mitmachen, uns allen einen Atombrand der STERNENSEGLER vorzuspielen und uns in diese Blechhülle von einem Beiboot zu zwingen? Ich werde ihn mit Verachtung strafen, wenn ich ihn wiedersehe.«

»Wenn ...«, betonte Chipol.

Neithadl-Offs Sensorstäbchen bekamen einen dunkelroten Glanz, der ihre Erregung deutlich offenbarte. Mit den schmalgliedrigen, mehrfach geknickten Vordergliedmaßen griff sie nach den Schultern des Jungen. Für einen Augenblick sah es so aus, als wolle sie ihn heftig schütteln, doch dann gab sie ihm lediglich einen Klaps.

»Natürlich steht es einer Prinzessin schlecht zu Gesicht, sich an Wehrlosen zu vergreifen«, konterte Chipol.

Die Vigpanderin fixierte ihn durchdringend.

»Glaube nicht, dass du Goman-Largos Stelle einnehmen musst«, schimpfte sie. »Das schaffst du nicht.«

»Weil du ihn liebst?«

Hätte es ein tieferes Rot gegeben als die schon vorhandene Färbung, Neithadl-Offs Sensorstäbchen hätten diese Farbe sicher auch noch angenommen.

Leider täuschten die gelegentlichen Wortgefechte nicht über die tatsächliche Misere der WINDSBRAUT hinweg. Mit seinen achtzehn Metern Länge und dem Durchmesser von nur vier Metern bot das Schiff gerade noch genügend Platz, dass Atlan und Anima, Neithadl-Off, Chipol, die beiden Meisterdiebe Sutok und Navak und das Einhorn Nussel sich gegenseitig nicht auf die Füße, Gliedmaßen oder auch Hufe traten. Sutok und Navak hätten in dem herrschenden Gedränge jedem sozusagen das Hemd vom Leib stehlen können. Zum Glück legten sie es nicht darauf an.

»So macht es keinen Spaß«, bekannte Sutok freimütig. »Unter diesen Bedingungen schafft es jeder Lehrling, anderen das Fell über die Ohren zu ziehen.«

Chipol nickte zustimmend. »Was keinen Spaß macht, sollte man gar nicht erst anfangen. Mir behagt es zum Beispiel nicht, tatenlos herumzuhängen.«

»Wenn du aussteigen und den kosmischen Anhalter spielen willst, niemand hindert dich daran.« Atlans Gesichtsausdruck war ungewöhnlich ernst und ließ erkennen, dass er sich weit mehr Gedanken machte, als der Junge vielleicht vermutet hatte.

»Dilatations...« Das Undurchführbare seines Vorschlags wurde Chipol gerade noch rechtzeitig bewusst. Die WINDSBRAUT verfügte lediglich über ein Impulstriebwerk, sie besaß keinen Überlichtantrieb. Ihre Maximalbeschleunigung von 500 km/sec2 erlaubte eine Geschwindigkeit bis annähernd Licht, aber damit waren dann sämtliche Reserven erschöpft. Sicherlich würde die Besatzung unter Ausnutzung des veränderten Zeitablaufs im Grenzbereich von 300.000 km/sec in kürzester Zeit die nächsten bewohnten Sonnensysteme erreichen, doch wer konnte schon sicher sein, dass die real außerhalb des Schiffes vergehenden Jahre keine totale Umwälzung der galaktopolitischen Lage brachten?

»Was du vorschlagen wolltest, ist nur die allerletzte Konsequenz«, sagte Atlan. »Dann nämlich, wenn unsere Vorräte zur Neige gehen. Dann bleibt uns nur mehr die Wahl, die Zeit zu betrügen.«

Mit der WINDSBRAUT konnten sie weder nach Tessal fliegen, wo die STERNSCHNUPPE und die RUTENGÄNGER festsaßen, noch durften sie sich in das sechsdimensionale Netzwerk wagen, um Tuschkan und Goman-Largo zu folgen. Das Beiboot würde einen solchen Versuch nicht überstehen, denn mit Bordmitteln waren die zuvor erforderlichen Reparaturen undurchführbar. Nicht einmal die ausgebrannte Hyperfunkanlage ließ sich wiederherstellen. Die überlasteten Überlebenssysteme drohten ebenfalls zu versagen. Schon jetzt wurde die Luft zunehmend schlechter. Von der Qualität des Trinkwassers ganz zu schweigen.