Das Alte Testament
I. Gott macht den Anfang
1. Am Anfang
2. Mann und Frau
3. Die Schlange
4. Kain und Abel
5. Noah und die Arche
6. Der Turm von Babel
II. Gott gibt sein Versprechen
7. Abraham und Sara
8. Abraham im neuen Land
9. Abraham muss warten
10. Abraham bekommt Besuch
11. Lot
12. Ismael
13. Isaak
14. Isaak und Rebekka
15. Jakob und Esau
16. Jakob bekommt den Segen
17. Jakob auf der Flucht
18. Jakob im fremden Land
19. Jakob kehrt heim
20. Josef und seine Brüder
21. Josef in Ägypten
22. Josef im Gefängnis
23. Josef vor dem König
24. Josefs Brüder in Ägypten
25. Josef söhnt sich aus
26. Jakob zieht nach Ägypten
III. Gott führt sein Volk
27. In Ägypten
28. Mose
29. Mose muss fliehen
30. Mose im Land Midian
31. Mose bekommt einen Auftrag
32. Mose bei Pharao
33. Die zehn Plagen
34. Der Auszug aus Ägypten
35. Durch das Rote Meer
36. Durch die Wüste
37. Hunger
38. Ein Überfall
39. Am Berg Sinai
40. Das goldene Kalb
41. Fast am Ziel
42. Schlangen
43. Mose sieht das Land
IV. Gott gibt das Land
44. Josua
45. Josua nimmt das Land ein
46. Gideon
47. Gideon und die Midianiter
48. Rut
49. Rut und Boas
50. Samuel
51. Samuel bei Eli
V. Gott setzt Könige ein
52. Saul
53. David
54. David bei König Saul
55. David und Goliat
56. David muss fliehen
57. David in der Höhle
58. David in der Wüste
59. David wird König
60. David in Jerusalem
61. David bekommt ein Versprechen
62. David und Batseba
63. David und Absalom
64. Salomo
65. Salomo baut den Tempel
VI. Gott sendet seine Propheten
66. Elia
67. Elia im fremden Land
68. Elia auf dem Berg Karmel
69. Elia in der Wüste
70. Elisa und Naaman
71. Jona
72. Jona in Ninive
73. Jesaja und König Hiskia
74. Die Schriftrolle
75. Jeremia
76. Jeremia und Baruch
VII. Gott ist Herr über die Welt
77. Daniel
78. Daniel deutet einen Traum
79. Daniels Freunde im Feuerofen
80. Daniel in der Löwengrube
VIII. Gott bringt heim
Das Neue Testament
I. Jesus, der Retter, ist da!
1. Gute Nachricht für Zacharias
2. Gute Nachricht für Maria
3. Jesus wird geboren
4. Ehre sei Gott!
5. Endlich ist er da!
6. Der neue König
7. Auf der Flucht
8. Auf dem Passafest
9. Am Jordan
10. In der Wüste
11. Die ersten Jünger
II. Jesus hilft
12. Am See
13. Auf der Hochzeit
14. Ausgestoßen
15. Gelähmt
16. Sprich nur ein Wort!
17. Zu spät?
18. Weine nicht!
19. Dein Glaube ist groß!
20. Hephata!
21. Eine dunkle Macht
22. Im Sturm
23. Alle werden satt
24. Nachts auf dem See
III. Jesus erzählt
25. Freut euch, ihr Armen!
26. Vom Sämann
27. Vom Beten
28. Vom bittenden Freund
29. Vom barmherzigen Samariter
30. Vom reichen Bauern
31. Vom verlorenen Schaf
32. Von der verlorenen Münze
33. Vom barmherzigen Vater
34. Vom Pharisäer und Zöllner
35. Von der bittenden Witwe
36. Von den beiden Knechten
37. Von den Arbeitern im Weinberg
IV. Jesus geht nach Jerusalem
38. Du bist Christus!
39. Auf dem Berg
40. Der einzige Sohn
41. Die gebeugte Frau
42. Der dankbare Samariter
43. Lasst die Kinder zu mir!
44. Der Reiche
45. Zachäus
46. Bartimäus
47. Marta
48. Lazarus
49. Maria
50. Hosianna!
V. Jesus muss sterben
51. Jesus räumt auf
52. Jesus wäscht den Jüngern die Füße
53. Jesus feiert das Mahl
54. Jesus betet in Gethsemane
55. Jesus wird verhaftet
56. Jesus wird verhört
57. Jesus wird verleugnet
58. Jesus wird verurteilt
59. Jesus wird gekreuzigt
60. Jesus wird begraben
VI. Jesus lebt
61. Jesus erscheint den Frauen
62. Jesus erscheint den Jüngern
63. Jesus erscheint Thomas
64. Jesus erscheint am See
VII. Jesus sendet seine Jünger
65. Jesus geht zum Vater
66. Gott schenkt seinen Geist
67. Petrus und der Bettler
68. Petrus im Gefängnis
69. Ein Minister aus Afrika
70. Paulus wird Christ
71. Paulus geht nach Europa
VIII. Jesus kommt wieder
72. Seid wachsam!
73. Seid bereit!
74. Kommt zum Fest!
Anhang
A. Einführung in die Geschichten der Bibel
I. Die Eigenart biblischer Geschichten
II. Das Thema der biblischen Geschichten
B. Die Geschichten des Alten Testaments
I. Gott macht den Anfang
II. Gott gibt sein Versprechen
III. Gott führt sein Volk
IV. Gott gibt das Land
V. Gott setzt Könige ein
VI. Gott sendet seine Propheten
VII. Gott ist Herr über die Welt
VIII. Gott bringt heim
C. Die Geschichten des Neuen Testaments
I. Jesus, der Retter, ist da!
II. Jesus hilft
III. Jesus erzählt
IV. Jesus geht nach Jerusalem
V. Jesus muss sterben
VI. Jesus lebt
VII. Jesus sendet seine Jünger
VIII. Jesus kommt wieder
Dies ist die Geschichte,
die uns die Bibel erzählt.
Sie erzählt von Gott
und seinen Menschen
und von dem Weg,
den er mit ihnen ging.
Es ist eine sehr lange Geschichte,
die längste und größte
und erstaunlichste Geschichte,
die uns Menschen bekannt ist.
Sie begann schon vor langer Zeit,
lange bevor wir geboren wurden,
lange bevor unsere Eltern
und Großeltern lebten.
Vor vielen, vielen Jahren,
als noch kein Mensch
auf der Erde lebte,
als noch keine Blume
und kein Baum auf der Erde wuchs,
noch viel, viel früher,
als es noch nicht einmal die Erde gab,
da war Gott schon da,
ganz am Anfang.
Mit ihm beginnt diese Geschichte.
Am Anfang
schuf Gott Himmel und Erde.
Noch war die Erde öde
und ohne Leben.
Wasser bedeckte das Land.
Und es war überall dunkel.
Da sprach Gott:
„Es werde Licht!“
Und es geschah,
wie Gott gesagt hatte:
Über der Erde wurde es hell.
Und Gott sah,
dass das Licht gut war.
Er trennte das Licht von dem Dunkel.
Und er nannte das Licht „Tag“.
Und das Dunkel nannte er „Nacht“.
Da wurde es Abend.
Die Erde lag wieder im Dunkeln.
Der erste Tag war vorüber.
Und Gott sprach:
„Über der Erde
soll ein Himmel entstehen!“
Und so geschah es:
Gott spannte das Firmament
über die Erde
und nannte es „Himmel“.
Und Gott sah,
dass es gut war,
was er gemacht hatte.
Wieder wurde es Abend.
Der zweite Tag war vorüber.
Und Gott sprach:
„Alles Wasser soll weichen!“
Und so geschah es:
Das Wasser floss zusammen.
Und trockenes Land trat
aus dem Wasser hervor.
Und Gott nannte das Trockene „Land“.
Und das Wasser nannte er „Meer“.
Und Gott sprach:
„Das Land bringe hervor
Gräser und Kräuter
und Bäume aller Art.“
Und Gott sah,
dass es gut war,
was er gemacht hatte.
Wieder wurde es Abend.
Der dritte Tag war vorüber.
Und Gott sprach:
„Lichter sollen am Himmel leuchten
bei Tag und bei Nacht!“
Und so geschah es:
Am Morgen ging die Sonne auf,
strahlend und hell.
Und am Abend leuchtete
der Mond am Himmel.
Und viele Sterne funkelten
in der dunklen Nacht.
Und Gott sah,
dass es gut war,
was er gemacht hatte.
Wieder wurde es Abend.
Der vierte Tag war vorüber.
Und Gott sprach:
„Tiere sollen das Wasser
und die Luft mit Leben erfüllen!“
Und so geschah es:
Im Wasser wimmelte es bald
von allerlei Tieren,
großen und kleinen Fischen.
Und Vögel flogen
in Schwärmen herbei
und erfüllten die Luft
mit ihrem Geschrei.
Und Gott sah,
dass es gut war,
was er gemacht hatte.
Er segnete die Fische und Vögel
und sprach:
„Vermehrt euch!
Legt Eier und brütet sie aus!
Wasser und Luft
sollen von euch erfüllt sein.“
Wieder wurde es Abend.
Der fünfte Tag war vorüber.
Und Gott sprach:
„Auch auf dem trockenen Land
sollen allerlei Tiere leben!“
Und so geschah es:
Gott schuf die Tiere,
die auf dem Land leben,
große und kleine,
flinke und lahme,
wilde und zahme,
alles, was kriecht
und was Beine hat.
Und Gott sah,
dass es gut war,
was er gemacht hatte.
Zuletzt aber schuf Gott
den Menschen.
Gott sprach:
„Ich will Menschen machen,
die mir gleichen.
Über alle Tiere
will ich sie stellen.“
Und Gott schuf den Menschen
nach seinem Bild:
Mann und Frau.
Und Gott segnete sie
und sprach:
„Vermehrt euch!
Breitet euch aus über die Erde!
Alles, was ich gemacht habe,
soll für euch da sein,
die Bäume und die Früchte,
die Fische und die Vögel
und die Tiere auf dem Land.
Alles soll euch gehören,
euch und allen Menschen,
die auf der Erde leben werden.
Aber ihr sollt mir gehören.“
Und Gott sah auf alles,
was er gemacht hatte.
Es war alles sehr gut.
Da wurde es Abend.
Der sechste Tag war vorüber.
Am siebten Tag aber ruhte Gott
und vollendete sein Werk.
Gott segnete den siebten Tag
und sprach:
„Dieser Tag soll mein Tag sein.
Alle Arbeit soll ruhen
an diesem Tag!“
So wurden Himmel und Erde
durch Gott geschaffen.
Alles, was in dieser Welt ist,
kommt von ihm.
1. Mose 1
So schuf Gott den Menschen:
Er machte ihn aus Erde
und hauchte ihm Leben ein.
Und Gott ließ ihn wohnen
im Land Eden,
in einem Garten mit vielen Bäumen
und köstlichen Früchten.
Der Mensch durfte ihn pflegen
und seine Früchte ernten.
Der ganze Garten war für ihn da.
Da sprach Gott:
„Es ist nicht gut,
dass der Mensch allein bleibt.
Ich will ihm eine Gefährtin geben,
die ihm gleich ist,
die zu ihm gehört
und die ihn versteht.“
Und Gott brachte Tiere zu ihm.
Und der Mensch gab ihnen Namen,
jedem Tier einen besonderen Namen.
Aber unter allen Tieren
fand sich kein Tier,
das dem Menschen gleich war.
Mit keinem konnte er reden.
Und kein Tier konnte
den Menschen verstehen.
Da ließ Gott den Menschen
in einen tiefen Schlaf sinken.
Und als er aufwachte,
da war eine Frau bei ihm.
Gott hatte sie ihm gegeben.
„Endlich!“, rief er froh.
„Das ist sie,
meine Frau,
der Mensch,
der mir fehlte!“
Nun war der Mensch
nicht mehr allein.
Nun gehörten sie
für immer zusammen:
Frau und Mann,
Mann und Frau.
Gott hatte sie
füreinander geschaffen.
1. Mose 2
Adam und Eva hießen die Menschen,
die Gott geschaffen hatte.
Sie lebten miteinander in Frieden.
Sie kannten keine Angst
und auch keine Schmerzen.
Es fehlte ihnen an nichts.
Gott war bei ihnen
und sorgte für sie
wie ein Vater für seine Kinder.
Alles hatte Gott
den Menschen gegeben.
Alles, was im Garten wuchs,
durften sie ernten und essen.
Nur eines hatte Gott verboten:
Mitten im Garten
stand ein besonderer Baum,
der „Baum der Erkenntnis“.
Wer von diesem Baum aß,
wusste, was gut und böse ist.
Dieser Baum gehörte nur Gott.
Gott hatte zu Adam gesagt:
„Alle Früchte dürft ihr essen.
Aber von diesem Baum
sollt ihr keine Frucht essen.
Sonst werdet ihr sterben.“
Aber eines Tages geschah es:
Eva ging mit Adam im Garten umher.
Plötzlich hörte sie eine Stimme.
Sie schaute sich um.
Da entdeckte sie eine Schlange.
Die sah sie listig an
und flüsterte ihr zu: „Wie?
Dürft ihr keine Früchte essen?
Hat Gott das gesagt?“
„Aber nein“, widersprach Eva.
„Alles dürfen wir essen.
Nur von dem Baum in der Mitte
sollen wir nichts essen.
Gott hat gesagt:
,Esst nicht davon!
Rührt seine Früchte nicht an!
Sonst müsst ihr sterben.‘“
Aber die Schlange flüsterte:
„Nein, glaub mir!
Ihr werdet nicht sterben.
Sondern ihr werdet
wie Gott sein,
so klug wie Gott selbst.“
Da sah Eva den Baum an.
Wie seine Früchte lockten!
Eva streckte die Hand aus,
pflückte eine Frucht,
biss hinein
und gab sie ihrem Mann.
Der nahm die Frucht
und aß auch davon.
Auf einmal gingen
den beiden die Augen auf.
Plötzlich erkannten sie,
dass die Schlange sie betrogen hatte.
Sie schauten sich erschrocken an.
Da sahen sie, dass sie nackt waren.
Schnell rissen sie
ein paar Feigenblätter ab
und banden sie sich um.
Schon kam der Abend heran.
Da hörten sie,
wie Gott durch den Garten ging.
Voll Angst liefen sie davon
und versteckten sich
zwischen den Bäumen.
Aber Gott hatte sie längst gesehen.
„Adam“, rief er, „wo bist du?“
Zitternd kam Adam
aus seinem Versteck hervor.
„Adam“, sprach Gott,
„hast du von dem Baum gegessen?“
„Ja“, gab Adam zu,
„ich habe es getan.
Aber Eva war schuld daran.
Sie gab mir die Frucht.“
„Eva“, sprach Gott,
„warum hast du das getan?“
„Ich war nicht schuld“,
wehrte sich Eva.
„Die Schlange war schuld.
Sie hat mir gesagt,
dass ich von dem Baum essen darf.“
Da sprach Gott zur Schlange:
„Verflucht sollst du sein,
weil du das getan hast.
Die Tiere werden dir
aus dem Weg gehen
und die Menschen dir feind sein.“
Und zu Eva sprach Gott:
„Du wirst viel Mühe haben
in deinem Leben.
Kinder wirst du gebären,
aber mit Schmerzen.“
Und zu Adam sprach er:
„Auch du wirst es schwer haben.
Felder wirst du bebauen.
Aber Dornen und Disteln
werden darauf wuchern.
Und deine Arbeit
wird dich viel Schweiß kosten.“
Nun war mit einem Mal
das Leben mit Gott zu Ende.
Adam und Eva mussten
den Garten verlassen.
Gott selbst wies sie hinaus.
Gerne wären die beiden
wieder zurückgekehrt.
Aber Engel mit feurigen Schwertern
bewachten den Zugang zum Garten.
Doch Gott ließ auch jetzt
seine Menschen nicht los.
Er erhielt sie am Leben
und gab ihnen alles,
was sie zum Leben brauchten:
Kleider aus Fellen,
um sie vor Kälte zu schützen,
und Korn und Früchte,
um ihren Hunger zu stillen.
Aber der Tag war noch fern,
an dem Gott selbst
zu den Menschen kommen würde,
um sich mit ihnen zu verbinden
für immer.
1. Mose 3
Adam und Eva lebten nun
fern von Gott.
Doch eines Tages geschah,
was Gott gesagt hatte:
Eva gebar einen Sohn.
Sie nannte ihn Kain.
Bald darauf gebar sie
noch einen Sohn,
den nannte sie Abel.
Kain wuchs heran
und wurde ein Bauer.
Er arbeitete auf dem Feld,
säte und erntete Korn.
Abel aber wurde ein Hirte.
Er hütete die Schafe
und sorgte für sie.
Kain und Abel
hatten Gott nie gesehen.
Aber sie dachten oft an ihn.
Sie brachten ihm Opfer
und dankten ihm für alles,
was er ihnen zum Leben gab.
Wenn Abel opferte,
wählte er das schönste Schaf aus,
schlachtete es
und legte es auf einen Altar,
den er aus Steinen gebaut hatte.
Dann schob er dürre Zweige
unter das Schaf,
zündete das Opfer an
und betete zu Gott,
sobald Rauch zum Himmel aufstieg.
Und Gott sah auf Abels Opfer
und freute sich daran.
Wenn aber Kain opferte,
dann legte er auf den Altar
Körner und Früchte,
die er geerntet hatte.
Auch er zündete sein Opfer an
und betete zu Gott.
Aber es schien,
als sähe Gott sein Opfer nicht.
Da dachte Kain bei sich:
Jetzt weiß ich es sicher:
Gott liebt nur Abel.
Mich hat er nicht lieb.
Sein Gesicht wurde ganz finster.
Er konnte Abel
gar nicht mehr ansehen,
so wütend war er auf ihn.
Schließlich fasste Kain
einen furchtbaren Plan:
Abel musste sterben!
Tag und Nacht
sann er darüber nach.
Aber Gott sah,
was Kain plante.
Er warnte ihn:
„Kain, was hast du vor?
Warum blickst du so finster?
Gib acht, was du tust!“
Doch Kain hörte nicht auf Gott.
Er lockte Abel aufs Feld,
fiel über ihn her
und schlug auf ihn ein,
bis er tot war.
Nun war es geschehen.
Abel lag am Boden
und rührte sich nicht mehr.
Auf einmal war es
totenstill auf dem Feld.
Schnell verscharrte Kain
seinen Bruder in der Erde.
Aber plötzlich –
rief da nicht jemand?
Erschrocken sah Kain sich um.
Er konnte niemand entdecken.
Gott war es, der ihn rief:
„Kain, wo ist Abel, dein Bruder?“
„Wie soll ich das wissen?“,
gab Kain zurück.
„Soll ich denn meinen Bruder hüten?
Bin ich denn sein Hirte?“
Doch Gott sprach zu Kain:
„Was hast du getan?
Das Blut deines Bruders
schreit zum Himmel
und klagt dich an.
Nun musst du fliehen.
Aber wohin du auch fliehst,
nirgendwo kannst du bleiben.“
Da erst begriff Kain,
was er Furchtbares getan hatte.
Seinen eigenen Bruder
hatte er umgebracht!
Schnell machte er sich auf
und lief davon.
Aber wohin?
Er wusste es selbst nicht.
Er floh von Ort zu Ort,
immer weiter.
Nirgendwo fand er Ruhe.
Überall hatte er
seinen toten Bruder vor Augen.
Sein Leben lang konnte er
Abel nicht mehr vergessen.
Gott aber gab Kain
ein Zeichen an seine Stirn
und schützte ihn,
solange er lebte.
Nun waren Adam und Eva
wieder allein wie am Anfang.
Doch Gott ließ sie
auch jetzt nicht allein.
Er schenkte ihnen
noch einen Sohn: Set.
Der wuchs heran
und hatte selbst Kinder.
Und auch seine Kinder
bekamen wieder Kinder.
So entstand ein großes Volk.
1. Mose 4
Bald dachten die Menschen
nicht mehr an Gott.
Sie spielten sich auf,
als seien sie selbst Gott,
und verdarben alles,
was er gemacht hatte.
Sie raubten und mordeten
und machten sich nichts daraus.
Jeder dachte nur an sich selbst
und tat, was ihm allein nützte.
Da tat es Gott leid,
dass er die Menschen gemacht hatte.
Und er sprach zu sich:
„Ich will die Menschen
mitsamt der Erde verderben.
Denn sie sind alle
von Grund auf verdorben.“
Nur einer war anders: Noah.
Er hörte auf Gott
und lebte,
wie Gott es gefiel.
Da sprach Gott zu Noah:
„Bau dir ein Schiff!
Denn bald wird es regnen,
so viel, dass alles Land
im Wasser versinkt.
Auch die Blumen und Bäume,
sogar die Tiere und Menschen,
alles, was lebt, wird ertrinken.
Aber dich will ich am Leben erhalten,
dich und deine Frau
und deine drei Söhne
mit ihren Frauen.“
Da hörte Noah auf Gott.
Und er baute die Arche,
ein riesiges Schiff,
so hoch wie ein Haus,
drei Stockwerke hoch,
mit zahllosen Kammern,
mit Tür und Fenster
und einem richtigen Dach.
Danach sprach Gott:
„Nun wähle von allen Tieren
je ein Paar aus
und bringe sie in die Arche hinein!
Denn auch sie will ich
am Leben erhalten.“
Und schon kamen sie an,
Löwen und Schafe,
auch Vögel und Käfer,
alles, was kriecht
und was Beine hat.
Von allen brachte Noah
je ein Paar in die Arche,
wie Gott gesagt hatte.
Auch schaffte er für die Tiere
gewaltige Mengen an Futter herbei.
Darauf ging Noah selbst
in die Arche hinein,
er, seine Frau
und seine drei Söhne
mit ihren Frauen.
Und Gott selbst
schloss die Tür hinter ihm zu.
Sieben Tage lang
blieb es still auf der Erde.
Dann verschwand die Sonne
hinter den Wolken.
Der Himmel wurde ganz schwarz.
Ein furchtbarer Regen brach los.
Es schüttete.
Es goss in Strömen.
Die Flüsse traten über die Ufer.
Sie überschwemmten das Land.
Menschen und Tiere ertranken.
Bald stand alles Land unter Wasser.
Und immer noch
hörte der Regen nicht auf.
Das Wasser stieg höher und höher,
bis zu den höchsten Bergen empor.
Schließlich war nichts mehr
zu sehen, nur Wasser –
ein unendliches Meer!
Aber die Arche
schwamm auf dem Meer,
ruhig und sicher.
Kein Tropfen Wasser
drang in sie ein.
*
Vierzig Tage lang
dauerte der furchtbare Regen.
Da dachte Gott an Noah
und setzte dem Regen ein Ende.
Der Himmel riss auf.
Die Wolken verschwanden.
Und am blauen Himmel
strahlte wieder die Sonne.
Aber noch war alles Land
von den Fluten bedeckt.
Tage und Wochen vergingen.
Das Wasser sank nur ganz langsam.
Die Arche trieb
immer noch ziellos dahin.
Endlich, nach vielen Wochen,
lief sie auf einen Berg auf.
Der lag noch ganz unter Wasser.
Aber nach und nach
trat die Spitze des Berges
aus dem Wasser hervor.
Nun wusste Noah:
Bald ist es so weit.
Er öffnete das Fenster
und ließ eine Taube hinausfliegen.
Aber am Abend kam die Taube zurück.
Sie hatte kein Futter gefunden.
Da wartete Noah noch eine Woche.
Danach ließ er noch einmal
die Taube hinausfliegen.
Und wieder kam sie zurück.
Aber diesmal hielt sie
ein Ölblatt im Schnabel,
als wollte sie sagen:
„Seht doch, die Bäume
tragen schon wieder Blätter!“
Noch eine Woche verging.
Danach ließ Noah noch einmal
die Taube hinausfliegen.
Aber diesmal kam sie
nicht mehr zurück.
Da deckte Noah das Dach ab
und schaute hinaus.
Und sieh da:
Das Land war überall trocken.
Und Gott sprach zu Noah:
„Nun geh aus der Arche,
du und deine Frau
und deine drei Söhne
mit ihren Frauen,
dazu alle Tiere!“
Da machte Noah die Tür weit auf.
Menschen und Tiere stürmten hinaus.
Wie schön war die Erde wieder!
So schön wie am Anfang!
Aus dem Boden spross grünes Gras.
Und überall blühten Blumen.
Da baute Noah einen Altar
und brachte Gott Opfer.
Gott hatte sein Versprechen gehalten
und alle am Leben erhalten,
Menschen und Tiere.
Wie dankbar war Noah dafür!
Aber was hatte Gott
in Zukunft mit ihnen vor?
Würde er die Erde
noch einmal vernichten?
Doch Gott sprach zu Noah:
„Ich will die Erde
nicht mehr verderben.
Nie mehr soll es
so eine große Flut geben.
Solange die Erde steht,
soll nicht aufhören
Saat und Ernte,
Frost und Hitze,
Sommer und Winter,
Tag und Nacht.
Und wenn noch einmal
ein großes Unwetter kommt,
sodass ihr euch fürchtet,
dann schaut auf zum Himmel!
Dort steht in den Wolken
mein Bogen.
Er ist das Zeichen,
dass ich mein Versprechen halte.“
Und als Noah aufschaute,
da sah er am Himmel
einen großen Regenbogen.
Der spannte sich über die Erde
von einem Ende zum andern
und leuchtete in allen Farben.
Da dankte Noah Gott
für sein großes Versprechen.
Und er fing wieder von vorn an.
Er pflügte die Erde,
legte Äcker und Weinberge an,
säte und pflanzte.
Und Gott ließ wachsen und reifen,
was er gepflanzt hatte.
1. Mose 6–9
Bald gab es wieder
viele Menschen auf der Erde.
Sie sprachen dieselbe Sprache
und wohnten in Zelten.
Wo es ihnen gefiel,
schlugen sie ihre Zelte auf
und ließen sich nieder.
So zogen sie nach Osten
und kamen in die Ebene Schinar,
in ein weites und fruchtbares Land.
Da riefen die Menschen:
„Hier gefällt es uns.
Hier wollen wir bleiben.“
Und sie sagten zueinander:
„Auf, worauf warten wir noch?
Wir wollen Häuser bauen
aus festen Steinen,
richtige Häuser
mit Dächern, Fenstern und Türen.“
Und sogleich fingen sie an.
Sie formten Steine aus Lehm,
brannten sie in der Hitze
und fügten die Steine zusammen.
Aber die Menschen riefen:
„Auf, wir bauen noch mehr!
Eine Stadt wollen wir bauen
mit Häusern, Straßen und Plätzen
und einer Mauer ringsum.
Dann bleiben wir für immer zusammen.“
Und sogleich fingen sie an
und bauten die Stadt Babel,
eine riesige Stadt
mit vielen Häusern, Straßen und Plätzen
und einer dicken Mauer ringsum.
Aber die Menschen riefen:
„Auf, wir können noch mehr!
Einen Turm wollen wir bauen,
so hoch wie der Himmel!
Dann sind wir die Größten,
und alle Welt redet später von uns.“
„Ja, das ist gut“,
riefen alle begeistert.
„Auf, worauf warten wir noch?“
Und sogleich fingen sie an,
schleppten eifrig Steine herbei
und setzten einen Stein
auf den andern.
Der Turm wuchs.
Er wurde höher und höher.
Bald ragte er über die ganze Stadt.
Aber die Menschen riefen:
„Noch höher!
Viel höher!
So hoch wie der Himmel!
Wir geben nicht auf.“
Aber Gott sah herab
auf die Stadt und den Turm.
Er sah, was die Menschen planten.
Da sprach er zu sich:
„So sind die Menschen.
Immer mehr wollen sie haben.
Nie ist es ihnen genug.
Am Ende wollen sie selber
wie Gott sein.“
Und Gott ließ geschehen,
was keiner gedacht hätte:
Die Menschen bekamen
untereinander Streit.
Keiner konnte mehr
den andern verstehen.
Jeder sprach nur noch
seine eigene Sprache.
Schließlich sprach niemand mehr
mit dem andern.
Da warfen die Leute
ihre Arbeit hin
und zogen aus der Stadt,
jeder in eine andere Richtung.
Der Turm aber blieb zurück,
halb fertig und verlassen.
Und alle, die später vorübergingen,
zeigten auf ihn und sagten:
„Seht doch den Turm von Babel!
Seht, was sich die Menschen
damals ausgedacht haben!
Sie wollten zusammenhalten.
Aber sie wurden zerstreut.
Sie wollten groß und stark sein.
Doch was ist von ihnen geblieben?“
1. Mose 11,1–9