Anna E. Röcker
Eine Tankstelle für die Seele
Inner Coaching – Mit inneren Bildern die Psyche stärken
Kösel
Anna E. Röcker
Eine Tankstelle für die Seele
Inner Coaching – Mit inneren Bildern die Psyche stärken
Kösel
Copyright © 2013 Kösel-Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlag: Weiss Werkstatt, München
Umschlagmotiv: Shutterstock
ISBN 978-3-641-09250-4
Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm finden Sie unter
www.koesel.de
Inhalt
Vorwort
Einleitung
I. Inner Coaching – der Weg zur eigenen Intuition
Inner Coaching
Kreative Visualisierung
Alpha-Wellen als Schlüssel zu den Inhalten des Unbewussten
Geführte Musikimagination (G.I.M. – Guided Imagery and Music)
Inner Coaching kurz zusammengefasst
Alte Muster – alte Gleise
Immer ich …
Alles Leben ist Prozess
Ende gut – alles gut?
Vertrauen will gelernt sein
Wandlungsprozesse im Leben
Alchemie – zeitloses Wissen
Wandlungsprozesse aus Sicht der Alchemie
Nigredo – Schwärzung
Albedo – Weißung
Rubedo – Rötung
Prozessphasen im Überblick
Nichts muss bleiben, wie es ist
Erfolg ist das, was folgt
Die Reise ins Reich der Archetypen
Das kollektive Unbewusste
Archetypen – Urbilder der Seele
Licht- und Schattenseiten
Der Archetyp zeigt sich
Märchen und Mythen als Fundus archetypischer Bilder
Orpheus und Eurydike, ein zeitloses Paar
Wie sich seelische Urbilder zeigen können
Muster und Archetypen
Archetypen kurz zusammengefasst
II. Inner Coaching – der Weg zur Veränderung
Die innere Reise
Die Reise beginnt
Musikreisen als Weg zum archetypischen Bild
Anleitung zur Auflösung von Mustern
Archetypische Bilder für Ihre Reisen
Das Reich der Natur
Baum
Berg
Stein
Diamant
Garten
Wasser
Bach-Blüten
Das Reich des Himmels
Licht
Regenbogen
Mond
Sonne
Sterne
Engel
Hilfreiche Tiere
Adler
Bär
Delfin
Hase
Schildkröte
Anima und Animus
Anima – die innere Frau
Animus – der innere Mann
Inneres Kind, göttliches Kind und Selbst
Das innere Kind
Der Archetyp des »Selbst«
Schattenbilder
Trickster
Der Schatten
Archetypische Symbole
Das Labyrinth und der rote Faden
Stille
Rituale
Nachwort
Literaturhinweise
Vorwort
Wer wünscht sich nicht manchmal jemanden, der einen einfach bei der Hand nimmt, einem den Rücken stärkt oder vielleicht auch nur zuhört? Und wer möchte nicht gern sein Leben gestalten, statt es zu verwalten? Wer würde nicht manchmal gerne mehr Sicherheit haben, wenn es um Entscheidungen geht, um Zukunftsplanung oder um die Frage, ob man den richtigen Partner gewählt hat? Und wer braucht nicht wenigstens manchmal eine Bestätigung, um sein Selbstwertgefühl zu stabilisieren, oder einfach nur Trost, wenn etwas schief gegangen ist?
Genau mit diesen Wünschen, Fragen, Sorgen und Problemen habe ich es nicht nur in meinem eigenen Leben zu tun, sondern vor allem in meiner therapeutischen Praxis und in meinen Seminaren. In schwierigen Lebenssituationen reicht es eben oft nicht aus, dass liebe Menschen um einen sind, die einem bestätigen, dass alles gut sei. Obwohl man sich so sehr wünscht, Unterstützung zu bekommen, kann man sie nicht wirklich annehmen, vor allem wenn es sich um gut gemeinte Ratschläge handelt. In diesen Situationen fehlt uns etwas, wozu wir gerade keinen Zugang oder was wir noch gar nicht wirklich entwickelt haben – unsere Intuition. Diese leise, aber unfehlbare innere Stimme, die uns zur inneren Wahrheit und damit zur inneren Sicherheit führen kann.
Die Intuition bedient sich vor allem innerer Bilder und Symbole. Dabei sind die Bilder besonders wirksam, die aus dem Reich des Kollektiven Menschheitsschatzes kommen. Der Kontakt zur Intuition und damit auch der Kontakt zu dieser Welt der seelischen Urbilder, der Welt der Archetypen, ist unendlich wertvoll. Diese Verbindung nach innen und die damit verbundene Orientierung und sogar konkrete Wegweisung halten den größten äußeren Krisen stand. Das konnte ich in meinem Leben, aber auch in der Arbeit mit meinen Klienten vielfach erleben. Meine diesbezüglichen Erfahrungen, meine »Wegweiser« und »Reiseanleitungen« auf dem Weg zur Intuition und damit zu den Urbildern der Seele, habe ich in der Praxis des »Inner Coaching« zusammengefasst. Das Reservoir, aus dem ich für diese Arbeit schöpfe, umfasst die großartigen Schätze unserer Religion genauso wie die des Yoga oder der großen Mythen der Menschheit. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Klassische Musik ein. Sie halte ich als Führerin ins Reich des Unbewussten, ins Reich der Intuition für außergewöhnlich wertvoll. Vieles habe ich dabei von wunderbaren Lehrerinnen und Lehrern gelernt, von denen die meisten bereits verstorben sind. Vor allem bei ihnen möchte ich mich auf diesem Weg bedanken und einen Gruß in die geistige Welt schicken.
Ich wünsche Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, viel Freude beim Entdecken der inneren Weisheit, wie sie sich in den Urbildern der Seele zeigt. Es ist eine Abenteuerreise ins eigene Innere, die Ihr Leben mit Freude und Lebendigkeit bereichern wird – und die Ihr Vertrauen und Ihre innere Sicherheit in einer herausfordernden Zeit stärkt.
Einleitung
Alles ist Energie, die wir in unterschiedlicher Form wahrnehmen: in einem sommerlich kühlen Wald anders als in einem überfüllten Kaufhaus, wieder anders in einer Kirche oder in einem Fußballstadion. Wir haben – zumindest sehr oft – die Entscheidung, mit welcher Form von Energie wir in Resonanz treten, welchen Ort wir aufsuchen und mit welchen Menschen wir uns umgeben möchten. Eine besonders intensive Energie entfalten seelische Urbilder, die ich nachfolgend als archetypische Bilder bezeichne. »Sie«, so sagt der große Seelenarzt C.G. Jung, »haben, je deutlicher sie sind, die Eigenschaft, von besonders lebhaften Gefühlstönen begleitet zu sein (…). Manchmal tauchen sie aus den geheimnisvollen Tiefenschichten unserer Seele auf, ohne dass wir uns bewusst sind, wodurch sie aktiviert wurden.« Das geschieht zum Beispiel in Träumen oder in besonders entspannten Situationen. »Sie sind eindrucksvoll, einflussreich und faszinieren«, schreibt C.G. Jung weiter (GW 10, § 847). Große Erfinder und Entdecker berichten davon, dass sie genau in diesen Momenten zwischen Traum und Wachsein die größten Einsichten und Erkenntnisse in Form solcher inneren Bilder gewonnen haben. Albert Einstein zum Beispiel betonte immer wieder, dass der Intellekt allein nichts vermag, sondern nur in Verbindung mit der Intuition wirksam sei. Die Intuition besaß für ihn deshalb größte Wichtigkeit.
Was wirklich geschieht, wenn aus den Tiefen des Unbewussten Bilder aufsteigen, die wir vorher nie gesehen haben oder die Botschaften enthalten, die eine klare Problemlösung aufzeigen usw., wissen wir nicht. Wir tun allerdings gut daran, das Bewusstsein nicht hermetisch gegen die unendlich große Welt des Unbewussten abzuriegeln, so zumindest sah es C.G. Jung: »Wenn die unbewussten Inhalte infolge ständiger Nichtbeachtung sich aufstauen, dann erzwingen sie sich schließlich einen Einfluss auf das Bewusstsein, und zwar einen krankhaften.« Um dies zu verhindern, entwickelte C.G. Jung die Aktive Imagination, das heißt, er kreierte eine psychotherapeutische Methode, um die archetypischen Bilder in uns zum Leben zu erwecken. Anders als im Traum geht es dabei um eine Art aktiven Dialog zwischen dem bewussten Ich und dem Unbewussten. Voraussetzung dafür ist ein Zustand der Entspannung und eine Art innerer Stille.
Bei der Aktiven Imagination wird kein Bild vorgegeben, es soll sich aus dem Inneren heraus entwickeln und erst dann treten wir damit in Dialog. Die Praxis der Kreativen Visualisierung (siehe unten) bedient sich zwar auch dieser Vorgehensweise, gibt aber durchaus – wie auch hier im Buch vorgeschlagen – archetypische Bilder vor, mit denen Kontakt aufgenommen werden soll. Dennoch hat die Intuition auch hier das letzte Wort, das heißt, sie kann ein ganz anderes Bild hervorbringen, als man sich gewünscht oder angestrebt hat. Die Intuition bedient sich archetypischer Bilder, um uns Wesentliches deutlich zu machen, das sich der Welt der logischen Sprache entzieht. Diese Bilder spiegeln symbolhaft die menschliche Ebene (zum Beispiel im Helden) genauso wie die transpersonale Ebene (zum Beispiel im Engel) und können uns deshalb auch in Verbindung bringen mit der geistigen, göttlichen Welt.
Obwohl ich seit vielen Jahren in meiner Praxis sowohl mit Kreativer Visualisierung als auch mit einer besonderen Form der Musik-Imagination (G.I.M.) arbeite, betrachte ich dieses Geschehen täglich neu mit Ehrfurcht und Staunen. Sobald ein Mensch mit einem solchen inneren Bild und der damit verbundenen Emotion in Kontakt tritt, kommt etwas in ihm in Bewegung, wobei die Bilder erst dann spürbar wirksam werden, wenn ein emotionaler Dialog stattfindet. Dann entwickeln sie ein Eigenleben, in dem sie Ratschläge geben oder Wege aufzeigen.
Ein besonderes Reservoir archetypischer Bilder stellen die Mythen, Sagen und Märchen aller Völker dar. Die darin auftretenden Akteure sind es, die sich in neuer Gestalt in unserem Leben zeigen, wenn wir in Kontakt mit unserer Intuition sind. Einer der größten Mythenforscher unserer Zeit, Joseph Campbell, antwortete auf die Frage, wozu man eigentlich noch Mythologie brauche, dass sie ein hohes Maß an Energie enthalte, die man durch Rituale auch heute noch wecken und nutzen könne.
Im Laufe dieses Buches werde ich einige Geschichten aus meiner Praxis erzählen, die diese These untermauern. Unsere Innenwelt scheint so ungeheuer groß und so weit zu sein wie das Universum. Je mehr Erfahrungen man mit dieser Art von Arbeit macht, umso mehr ist man bereit, darauf zu vertrauen. Das führt nicht nur zu einer Stärkung der Sicherheit in sich selbst, in die eigene Persönlichkeit, sondern auch zu einer größeren Verbundenheit mit allem, was da ist – mit dem Mysterium des Lebens selbst. Dies möchte ich an einem Beispiel erläutern: Können Sie sich vorstellen, dass irgendwo in einer Ecke Ihres Unbewussten ein vollkommenes Gefühl von Freiheit schlummert, so wie sie ein Vogel empfindet, wenn er hoch in den Lüften kreist? Wenn Sie ein solches Tier beim Flug beobachten, kann es sein, dass dadurch das Gefühl der Freiheit und völligen Losgelöstheit in Ihnen aktiviert wird, das dieser Vogel verkörpert. Vielleicht beobachten Sie den Vogel unbewusst gerade dann intensiver, wenn Sie das Gefühl der Freiheit dringend brauchen. Bringt Ihre Intuition Sie dann mit dem inneren Bild des Vogels in Kontakt und in einen Dialog, kann der Vogel Ihnen sogar helfen, eigene Blockaden und Muster bewusst zu machen, mit denen Sie sich selbst einsperren.
In den nachfolgenden Kapiteln finden Sie neben wichtigen theoretischen Grundlagen einen umfassenden Praxisteil mit vielen Übungen. Diese können allerdings keine notwendige Therapie ersetzen, wohl aber in Absprache mit dem Therapeuten den therapeutischen Prozess ergänzen.
Willst du wertvolle Dinge sehen,
musst du nur dorthin schauen,
wohin die große Menge niemals blickt.
Weisheitsspruch
I.
Inner Coaching – der Weg zur eigenen Intuition
Inner Coaching
»Wenn der Prediger sagt: Höret auf die Stimme in Euch!«, dann fragen immer viele: »Ja, was sagt denn diese Stimme? Erklär uns das!« Hermann Hesse führt in dem Buch »Eigensinn macht Spaß« weiter aus, dass es zwar schwierig ist, diese Stimme zu hören, aber dass es nichts Wichtigeres gibt, als mithilfe dieser inneren Stimme sein Wesen zur vollen Entfaltung zu bringen und seinen eigenen Weg zu gehen. Der Schlüssel dazu ist das Schulen der eigenen Intuition und des Vertrauens auf diese eigenen Fähigkeiten. Dabei geht es um eine Art Training, die ich als Inner Coaching bezeichne. Unter einem Coach verstehen wir normalerweise einen Trainer oder Betreuer, der Entwicklungsprozesse seines Klienten in Beruf, Partnerschaft oder auch im Sport begleitet. Ziel dabei ist die größtmögliche Entwicklung der Fähigkeiten und Fertigkeiten des Ratsuchenden in Bezug auf ein bestimmtes Thema. Das heißt, der Coach zeigt zum Beispiel auf, welche Möglichkeiten bisher noch nicht gesehen wurden, weil der Blick zu sehr auf einen Punkt fixiert war. In der lebendigen Kommunikation zwischen Coach und Klient können blockierende Grundmuster bewusst werden, die für den Ratsuchenden allein nicht deutlich erkennbar sind. Dabei stellt die Problemlösung in der Regel einen Weg, einen Prozess dar, von der Akzeptanz der Situation über die Bewusstwerdung dieser Muster zu den noch nicht ausgeschöpften Ressourcen und schließlich zur Lösung bzw. zu einer neuen Vision.
Im Inner Coaching ist der Coach Ihr eigenes inneres Selbst, Ihre Intuition, mit deren Hilfe Sie alte Muster verändern, Probleme lösen und Ressourcen aktivieren können. Das bedeutet nicht, grundsätzlich auf Ratgeber oder Therapeuten zu verzichten, aber in erster Linie den Blick nach innen zu wenden, wenn Sie Rat, Hilfe, Orientierung und Richtungsweisung brauchen.
Die Aktivierung der Intuition als Wesen des Inner Coaching eignet sich für alle täglichen Lebenssituationen, u. a.
Wenn Sie zum Beispiel ein aktuelles Problem zu lösen haben und nicht wissen, was zu tun ist, können Sie – nachdem Sie die äußeren Rahmenbedingungen abgeklärt haben – mithilfe der entsprechenden Visualisierungsübung im Praxisteil innere Berater aktivieren und deren Rat einholen. Da hinter all unseren Themen und Problemen, die uns beschäftigen, häufig bestimmte Denk- und Verhaltensmuster stehen, habe ich in diesem Buch den Schwerpunkt auf das Verändern von Mustern gelegt. Denn gerade die sind es, die uns neue Sichtweisen und kreative Problemlösungen erschweren. Ein weiterer Grund, warum ich in besonderer Weise die Muster anspreche, ist die besondere Qualität der seelischen Urbilder, die ähnlich wie die Muster auf kollektivem Hintergrund basieren. Diese Bilder sind in einzigartiger Weise in der Lage, einen dynamischen Prozess in Bewegung zu setzen, an dessen Ende Veränderung geschieht. Um neue Einsichten und Wegweisung zu erhalten, müssen wir allerdings mit diesem Archetyp in einen Dialog und eine emotionale Beziehung treten und dazu brauchen wir manchmal Geduld. Die Veränderung eines Musters oder die Lösung eines Problems stellt immer einen Prozess dar, der in seinen verschiedenen Phasen verstanden und durchlebt werden muss.
In meiner Praxisarbeit haben sich zwei Wege herauskristallisiert, die auf verlässliche Weise zu einer Verbindung mit der Intuition, mit dem inneren Coach führen. Besonders in Verbindung mit archetypischen Bildern werden Sie mit einiger Übung diese Wegweisung aus dem Inneren als hilfreich erleben, sowohl bei der Lösung aktueller Probleme als auch bei der Auflösung alter Muster.
Kreative Visualisierung
Sie kennen sicher »Geistesblitze« oder plötzliche »Eingebungen« morgens kurz nach dem Aufwachen, beim Spazierengehen oder während der Meditation. Haben Sie sich vielleicht manchmal gefragt, wo diese Informationen eigentlich herkommen, diese spontanen Einfälle, die, wie das Wort sagt, in uns hineinzufallen scheinen? Wenn es sich nicht nur um einen einzelnen Einfall handelt, sondern um eine Verbindung mit einem Gedankenfluss, der aus der Tiefe zu kommen scheint und alles gelingen lässt, spricht man von einem »Flow-Zustand«. Kein Widerstand, kein Zaudern und Zögern und Zweifeln hält den Fluss der Lebensenergie auf, deshalb ist das im Flow-Sein auch durch eine tiefe innere Freude gekennzeichnet. Auf die Freude und eine gewisse Leichtigkeit des Seins kam es auch C.G. Jung an, als er die Methode der Aktiven Imagination entwickelte. Der Schwerpunkt dabei sollte das Zweckfreie, Fließende, das bei allem Ernst Spielerische sein. Das heißt, der Patient sollte zu seinem Thema, seinem Problem, Bilder auftauchen lassen und mit diesen Bildern in einen inneren Dialog kommen. Viele große Denker, Erfinder, Komponisten, Künstlerinnen usw. beschrieben diesen Zustand des zweckfreien Fließens innerer Bilder als Quelle größtmöglicher Kreativität, in dem sie wichtige Entdeckungen machten und zu außergewöhnlichen Leistungen fähig waren.
Meine ersten und diesbezüglich wichtigsten Erfahrungen machte ich mit der »Silva Mind Methode«. Ihr Begründer José Silva hatte eine Methode entwickelt, wie man auf einfache Weise auf eine entspannte Bewusstseinsebene gelangt und mit den hilfreichen inneren Bildern in Kontakt kommt. Die Begegnung mit ihm während eines 14-tägigen Seminars in den USA beeinflusste meine Arbeit nachhaltig und führte zur Entwicklung meiner eigenen Visualisierungsmethode, die u. a. Kenntnisse aus dem Yoga sowie den Einsatz von Musik mit einschließt.
Alpha-Wellen als Schlüssel zu den Inhalten des Unbewussten
Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, auch mehr von ihren geistigen Fähigkeiten zu nutzen, dann brauchen Sie vor allem Offenheit und Freude, neue Bereiche Ihres Bewusstseins kennenzulernen, so wie Sie ein neues Land oder eine neue Sprache kennenlernen würden. »Gehirntechnisch« ist die Voraussetzung eine niedrigere Gehirnfrequenz, das heißt das Erreichen von Alpha-Wellen (8–14 Schläge pro Sekunde). Diese Frequenz, bei der die rechte Gehirnhälfte aktiviert wird, ist gekennzeichnet von einer wohligen Entspannung bei einer Art geistiger Wachheit. Diesen Zustand erleben wir zum Beispiel vor dem Schlaf oder nach dem Aufwachen, wenn die Augen noch geschlossen sind. Dabei wird die Fähigkeit der Intuition besonders begünstigt, wie wir aus den Schilderungen vieler großer Geister wissen, die wichtige Informationen auf dieser Ebene erhalten haben. Während künstlerischer Tätigkeit herrscht ebenfalls eine niedrigere Gehirnfrequenz vor. Musik kann besonders schnell und zuverlässig auf die Alpha-Ebene führen und eignet sich daher besonders gut für das Trainieren der Intuition.
Im Praxisteil ab Seite 85 finden Sie eine genaue Anleitung, um die Alpha-Ebene zu erreichen. Die dort beschriebene Verwendung von Zahlen bzw. einer Treppe hat sich in meiner Arbeit bestens bewährt.
Die visualisierte
Der nächste Schritt ist die imaginäre Treppe nach unten (oder wenn das unangenehm ist, auch nach innen) zu einem für Sie idealen Entspannungsplatz, den Sie sich so plastisch wie möglich vorstellen sollten.
Das Geheimnis der tiefen Gehirnfrequenzen und der damit verbundenen speziellen Fähigkeiten war in allen alten Kulturen bekannt, auch wenn es noch nicht mittels eines Elektroenzephalogramms zu messen war. Bei den islamischen Sufis oder in der indianischen Tradition wird diese tiefere Gehirnfrequenz zum Beispiel durch Tanzen oder rhythmisches Trommeln erreicht. Bei Letzteren kommen auch halluzinogene Drogen aus bestimmten Pflanzen zum Einsatz, um eine tiefere Entspannung, eine tiefere Gehirnfrequenz zu erreichen und damit die Tür zum Unbewussten zu öffnen. Suchen die Schamanen und Heiler im Unbewussten in erster Linie die Lösung für körperliche und seelische Probleme eines Kranken oder bitten um wichtige Informationen für die Zukunft des Stammes, so ist das Ziel der Sufis vor allem die mystische Vereinigung mit Gott. Auch Kranke oder spirituell Suchende selbst werden vom Schamanen oft auf eine solche innere Reise zu ihrem Wesenskern geschickt, wo man die Quelle der Selbstheilungskräfte vermutet. Hier am Schnittpunkt zwischen der eigenen Persönlichkeit und dem Kollektiven können die Kräfte der Natur gespürt und die Einheit mit dem Göttlichen zumindest für kurze Momente erfahren werden.
In einer Zeit der Reizüberflutung ist es allerdings nicht leicht, zur Ruhe zu kommen, um die tiefere Bewusstseinsebene, die Alpha-Frequenz, zu erreichen. Da der Mensch oft zwischen Verspannung und »Auflösung« hin und her pendelt, muss diese mittlere Ebene geübt werden. Es braucht vor allem Geduld und eine Balance zwischen Wollen und Lassen.
Geführte Musikimagination (G.I.M. – Guided Imagery and Music)
Wenn ich in diesem Buch häufig von Musiktherapie bzw. von Musikreisen spreche, geht es immer um G.I.M., eine Form der rezeptiven Musiktherapie. Die hierbei verwendete klassische Musik ist in besonderer Weise in der Lage, prägnante archetypische Bilder auftauchen zu lassen. Damit Sie selbst Erfahrungen damit machen können, finden Sie in Teil II bei den beschriebenen archetypischen Bildern Hinweise, welche Musik sich für eine entsprechende »Reise« ins Innere eignet. Grundsätzlich können Sie dazu auch Ihre Lieblingsmusik wählen. Begründet wurde diese Methode vor über 40 Jahren von der US-Amerikanerin Dr. Helen L. Bonny (Musikerin und Musiktherapeutin). Sie basiert u. a. auf der Analytischen Psychologie C.G. Jungs sowie auf nachfolgenden psychologischen Richtungen, wie sie von Abraham Maslow oder Roberto Assagioli vertreten wurden. Helen Bonny sammelte über zehn Jahre praktische Erfahrung über die Wirkung der Musik auf das Unbewusste, während sie zusammen mit Dr. Stanislav Grof am Psychiatrischen Hospital von Maryland / USA arbeitete. Ausgelöst von einer Art »Epiphanie-(Erleuchtungs-)Erlebnis«, das sie selbst als Musikerin erlebt hatte, war sie im Laufe der Jahre zu der Überzeugung gekommen, dass die Musik über ungeahnte Möglichkeiten verfüge, den Menschen mit den Bereichen des persönlichen sowie kollektiven Unbewussten in Kontakt zu bringen.
Vor allem Klassische Musik hat durch ihre Vielschichtigkeit die Fähigkeit, Resonanz in den tiefsten Schichten der Seele hervorzurufen. Dabei können Erinnerungen an die früheste Kindheit wachgerufen werden und traumatische Verletzungen wieder ins Bewusstsein dringen. Genauso bringt die Musik aber auch die Möglichkeit der Heilung zum Vorschein. Sie kann trösten, ermuntern, neue Perspektiven aufzeigen. Musik ist wie kaum ein anderes Medium in der Lage, transpersonale, spirituelle Erfahrungen zu vermitteln. Klassische Musik, die in ihrem Aufbau selbst immer einen Prozess darstellt, kann uns durch die Phasen unserer eigenen Prozesse begleiten. Anleihen für diese Idee nahm Helen Bonny u. a. auch bei der Alchemie. Hier fand sie Übereinstimmungen zu seelischen Wandlungsphasen, alchemistischen Prozessen und Verläufen in der Musik, die gekennzeichnet sind von Hoch und Tief, Laut und Leise, Schnell und Stagnierend, von Vorwärtsstürmen und Pausen, um nur einiges zu nennen. So stellte sie Programme zusammen, die aus mehreren ausgewählten Musikstücken bestehen und eine gewisse Einheit, einen abgeschlossenen kleinen Prozess, zu jeweils unterschiedlichen Themen darstellen. Am Ende einer solchen Musikreise, die 30 bis 50 Minuten dauert, ist es zu einer – manchmal kaum wahrnehmbaren – Wandlung des ursprünglichen Themas gekommen und damit zu einer neuen Erkenntnis.
Am Anfang der musiktherapeutischen Arbeit stehen ein oder mehrere Gespräche, um die Beweggründe des Menschen herauszufinden, der in die Therapie kommt. Während der Musiksitzung selbst liegt die Klientin / der Klient mit geschlossenen Augen auf einer Liege, während ich danebensitze. Die »Reise« beginnt mit einer tiefen Entspannung und einer Bewusstmachung des Themas, das bearbeitet werden soll. Ein Fokus, der dieses Thema symbolisch aufgreift, bildet den Einstieg in die Musikreise (zum Beispiel eine Brücke, wenn es um eine Entscheidung geht). Für die Musikauswahl gilt das sogenannte Iso-Prinzip (Ähnlichkeitsgesetz). Es ist leicht nachzuvollziehen, dass ein trauriger Mensch keine Faschingsmusik hören oder ein depressiv Verstimmter nicht mit einer fröhlich aktivierenden Musik seine Reise beginnen möchte. Ein sanftes Adagio wird diese Stimmung eher aufnehmen und so der Klientin / dem Klienten helfen, sich verstanden zu fühlen. Nur dann kommen nämlich in der Regel die entsprechenden Bilder und Botschaften aus dem Unbewussten hervor. Meine Hauptaufgabe dabei ist neben der Wahl des passenden Musikprogramms, den Prozess des Klienten empathisch zu begleiten, entsprechende Fragen zu stellen, zu vertiefen und zu reflektieren, dabei aber nicht regulierend in den musikinduzierten Prozess einzugreifen.
In den ersten Musikreisen kommen meist unbewusste persönliche Themen ins Bewusstsein, wie Erinnerungen an die Kindheit, weit zurückliegende Ereignisse und die damit verbundenen Gefühle. Die Musikstücke sind so aufeinander abgestimmt, dass sie zwar an bestimmten Stellen tief berühren und oftmals auch tiefen Schmerz hervorrufen, aber auch die positiven Ressourcen aktivieren und Hilfen aufzeigen, wie man mit dem Schmerz umgehen kann. So werden die Gefühle dann mithilfe der Musik »bearbeitet«, das heißt zuerst zugelassen und angeschaut und im Laufe der Zeit integriert.
Die Musik durchdringt in nahezu einmaliger Weise die verschiedenen Bewusstseinsebenen und bringt Verborgenes zum Vorschein. Ein Phänomen, das sich übrigens häufig spontan auch beim »normalen« Musikhören einstellt, zum Beispiel wenn man während eines Konzertbesuchs in eine andere Welt abtaucht und in Erinnerungen schwelgt. Und plötzlich hat man eine spontane Eingebung, die zur Lösung eines aktuellen Problems führt.
Im Verlauf dieser Arbeit kommt immer häufiger archetypisches Material ins Bewusstsein. Die etablierten musikalischen Formen, die sich kulturell über Jahrhunderte erhalten haben, ermöglichen dabei den rascheren Zugang zu kollektiven Inhalten bzw. archetypischen Bildern.
Nach Beendigung der Musikreise werden die wesentlichen Bilder und Eindrücke, die als wichtig empfunden wurden, noch einmal wiederholt und vertieft und / oder in Form eines Mandalas aufs Papier gebracht. Ähnlich wie bei der Beschäftigung mit Träumen kommt es darauf an, welche Bedeutung die »Reisenden« selbst den aufgetauchten Bildern und Gefühlen geben.
Am Beispiel eines Musikprogramms möchte ich das Vorgehen kurz erläutern:
Das Thema eines dieser Programme heißt: Von Einsamkeit und Verlassenheit zur Bindung (Verbindung). Das erste Musikstück spiegelt das Gefühl der Einsamkeit wieder, die nächsten Stücke haben das Potenzial, entsprechende (Kindheits-)Erinnerungen wachzurufen, das Gefühl der Einsamkeit zu vertiefen oder ähnliche Gefühle bewusst zu machen. Im Verlauf der nächsten Musikstücke kommt es in der Regel zum Akzeptieren und Zulassen dieser Gefühle und damit zu einer gewissen Beruhigung. Meist kann der »Reisende« (so nennen wir die Klienten während dieser Musikerfahrung) sich jetzt erst für andere Gefühle öffnen. Es zeigen sich positive Erinnerungen und erste Bilder der Hoffnung. Mit dem letzten Musikstück dieses Programms kommt es im besten Fall zu einer Art gefühlsmäßiger Integration und damit auch zu einer etwas veränderten Sicht der eigenen Situation. Diese Erfahrung während der Musik wirkt in den Alltag hinein und trägt dazu bei, dass der Prozess in die Richtung weitergeht, die sich der Klient so dringend wünscht, das heißt zu Gefühlen des Verbundenseins.
Inner Coaching kurz zusammengefasst
Inner Coaching
Alte Muster – alte Gleise
»Musterhaft« und damit voraussehbar reagieren wir vor allem aus einer Rolle heraus oder aufgrund einer Vorstellung bzw. einer Erwartung, die wir von der Situation haben. Oft sind wir mit einer Rolle so verwachsen, dass wir sie für unser wahres Wesen halten, oder diese Denkmuster sind bereits über Generationen hinweg tradiert und uns nicht mehr wirklich bewusst. Immer zur Verfügung stehen, sich unterzuordnen und kleinzumachen, kann ebenso ein Familienmuster sein, wie zum Beispiel immer den Ton anzugeben, zu herrschen und das Beste für sich zu beanspruchen. Muster haben immer einen gewissen kollektiven Hintergrund, wir finden sie deshalb auch in vielen Mythen und Märchen, wenngleich auch häufig überzeichnet, aber doch sehr anschaulich beschrieben.
Zwei links, zwei rechts, dann geradeaus … so könnte sich die Anleitung für ein Strickmuster anhören. Nach solchen Vorgaben entstanden in meiner Kindheit Pullover für meine Schwester und mich. Sie glichen sich im Muster exakt, nur die Pulloverfarbe war unterschiedlich. So sahen wir zwar nicht wirklich gleich aus, aber man konnte bei genauem Hinsehen erkennen, dass wir zusammengehörten. So ähnlich verhält es sich auch oft mit unseren Mustern. Auf den ersten Blick erscheinen sie unterschiedlich, auf den zweiten Blick gleichen sie sich. Haben Sie auch schon festgestellt, wie sehr sich die Verhaltensmuster der Menschen nicht nur gleichen, sondern auch wie Schlüssel und Schloss zueinanderfinden?
Von einem Muster sprechen wir bei immer wiederkehrenden gleichen Handlungen oder Verhaltensweisen. Wir kennen Beziehungsmuster, Kommunikationsmuster, Problemlösemuster, Denkmuster usw. Letztere beginnen oft mit »Ich muss immer … (zum Beispiel perfekt) sein«. In einer Beziehung trifft dann meist ein Muster auf das andere: »Ich kann mich nie richtig abgrenzen« trifft auf »Ich weiß immer, was ich will und das setze ich durch«. Vielleicht kennen Sie die Situation, dass Ihr Vorgesetzter Sie fragt, ob Sie nicht heute noch den Brief beantworten oder noch einen Fall erledigen könnten. Oder vielleicht denken Sie beim Thema Muster an eine Freundin, die Sie öfter bittet, kurz mal auf die Kinder aufzupassen oder ihren immer gleichen Kummer anzuhören, ihren Ärger mit der Schwiegermutter oder Ähnliches. Vielleicht wäre der erste Impuls in beiden Fällen, »nein« zu sagen, weil Sie eigentlich die Zeit bereits anders verplant haben. Trotzdem sagen Sie: »Ja, das mache ich, das kriege ich schon hin.« Wenn Sie dieses Verhalten, ja statt nein zu sagen, schon viele Jahre »üben«, haben Sie es sicherlich schon als wiederkehrendes Muster erkannt und sich sicher nicht nur einmal vorgenommen, es beim nächsten Mal anders zu machen. Und sicher wissen Sie dann auch, dass Sie sich beim nächsten Mal dabei beobachten können, wie Sie wieder »ja« sagen, um sich hinterher als Opfer zu fühlen. Leichter scheint es uns dann schon, das Muster der anderen zu ändern, indem wir sie immer wieder darauf hinweisen und uns darüber ärgern, wenn der andere unserem Vorschlag nicht folgt. Dabei könnte er, wenn er nur wollte. Vielleicht ist es ja nicht Ihr Thema, jedes Mal aggressiv zu reagieren, wenn Ihnen jemand die Vorfahrt nimmt, dafür sind sie aber vielleicht umso schneller gekränkt, wenn sie in einer Gesellschaft nicht wahrgenommen werden oder ihre Bemühung um Harmonie nicht gewürdigt wird.
Immer ich …
Mit den Verhaltensmustern ist es ebenso wie mit dem Muster auf dem Pullover: Von außen sieht man es gut, wenn man drinsteckt, ist es schwieriger. Hier kommt der innere Coach ins Spiel: Er kann uns helfen, das eigene Muster und die damit verbundene Strategie zu erkennen. Die Strategie wiederum verdeckt meistens eine Angst, der wir uns nicht wirklich stellen wollen, zum Beispiel die Angst, nicht mehr geliebt, gefangen oder überwältigt zu werden etc. Die Glaubenssätze, mit der wir unsere Strategien untermauern, gilt es zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern, sonst bleiben wir hängen, wie früher der Saphir in der Schallplattenrille. Dann ist auch bei uns immer die gleiche Melodie oder der gleiche Satz zu hören. Bleiben wir zum Beispiel beim Groll auf unsere Eltern hängen, wäre es so, als würde in unserer Lebenssymphonie nur der erste Satz von vier möglichen gespielt. Halten Sie einen Moment inne, vielleicht finden Sie auch eine »Rille«, an der Sie immer wieder hängen bleiben, einen Satz, den Sie schon tausendmal wiederholt, einen Gedanken, den Sie immer wieder genährt haben. Dann gipfeln Auseinandersetzungen mit anderen immer in ähnlichen Beschuldigungen oder das Verhalten gegenüber Familienmitgliedern und Kollegen ist von dem immer gleichen Ohnmachtsgefühl geprägt usw.
Der innere Coach soll Ihnen dazu verhelfen, diese Rille zu verlassen und zu erleben, wie vielfältig die Musik ist, die jetzt erklingt, wie spannend es sein kann, einmal völlig anders zu denken und anders zu reagieren. Sie können sich des Erstaunens Ihrer Umwelt sicher sein, wenn Sie nicht vorhersehbar, wenn Sie unerwartet oder sogar paradox reagieren.
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Eine Klientin erzählte mir, dass ihr Mann sich schon geweigert hatte, mit ihr in den Urlaub zu fahren, weil sie immer an allem etwas auszusetzen hätte. Tatsächlich erzählte mir die Klientin, dass sie schon als Kind immer zuerst das halb leere Glas gesehen hätte, was übrigens schon bei ihrer Mutter so war. Und oft würde das ja auch eintreffen, so wie beim letzten Urlaub. Da war das gebuchte Appartement gleich gar nicht vorhanden, und ihr Mann musste sich bittere Vorwürfe machen lassen. Dabei lamentierte sie, dass sie ja ohnehin immer das Opfer sei. In diesem Urlaub sollte nun alles anders werden, das hatte sie sich vorgenommen. »Wie es der Teufel will«, ging diesmal noch mehr schief. Während unserer Arbeit mit Musik war in ihrer Vorstellung tatsächlich ein Teufel aufgetaucht, nicht wirklich gefährlich, aber auf seine Art mächtig. In gewisser Weise schien er sie in der Hand zu haben, so jedenfalls beschrieb sie ihre Erfahrung. Während der letzten Musikreise vor dem Urlaub hatte sie dem Teufel den Kampf angesagt, diesmal werde sie ihm nicht freie Hand lassen, sondern versuchen, nicht auf Knopfdruck zu reagieren bzw. zu handeln. Die auftauchenden Schwierigkeiten meisterte sie dann tatsächlich fast fröhlich und erklärte ihrem Mann, dass Urlaub ja schließlich auch noch ein bisschen abenteuerlich sein sollte. Der war zunächst verwirrt und verfiel am Ende in ihre frühere Rolle, war kritisch und auch ein wenig launisch. Es war so, als würde ihr Teufelchen ihr dabei vergnügt zuzwinkern. So konnte sie gelassen bleiben und am Ende wurde es für beide noch ein schöner Urlaub.
So ist es oft, wenn einer aus seiner gewohnten Rolle fällt, sein Muster verändert: Dann muss der andere auch erst seinen Platz neu finden. Das Spiel »Ich bin sanft, weil du aggressiv bist« oder »Ich bin schwach, weil du zu stark bist« funktioniert dann nicht mehr so einfach.
Ein Muster zu verändern braucht allerdings in der Regel Zeit, es ist ein Prozess, der uns oft viel Geduld abverlangt.
Alles Leben ist Prozess