Wie Marken und Unternehmen in übersättigten Märkten überleben
Al Ries
Jack Trout
Aus dem Amerikanischen übersetzt
von Lorenz Wied
Verlag Franz Vahlen München
Gewidmet der zweitbesten Werbeagentur der Welt.
Wo immer sie sein möge.
| Vorwort | XI |
| Einführung | 1 |
Positioning ist das erste Konzept, das sich mit den Problemen der Kommunikation in einer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft auseinandersetzt.
| Kapitel 1: | Worum es bei Positioning wirklich geht | 5 |
Viele Menschen missverstehen die Rolle der Kommunikation in der Wirtschaft und in der Politik von heute. In unserer heutigen, kommunikationsüberfluteten Gesellschaft findet nur sehr wenig Kommunikation statt. Ein Unternehmen sollte heutzutage eine „Position“ im Gedächtnis der Kunden etablieren. Eine Position, die nicht nur die eigenen Stärken und Schwächen in Betracht zieht, sondern auch die der Konkurrenz.
| Kapitel 2: | Der Angriff auf das Gedächtnis | 9 |
Es gibt einfach zu viele Unternehmen, zu viele Produkte, zu viel Marketinglärm. Der Pro-Kopf-Konsum an Werbung in den USA liegt bei 376 Dollar pro Jahr.
| Kapitel 3: | Ins Gedächtnis gelangen | 17 |
Der einfachste Weg, in das Gedächtnis der Kunden einzudringen, ist Erster zu sein. Wenn Sie nicht Erster sein können, dann müssen Sie sich gegenüber dem Produkt, dem Politiker, der Person positionieren, die zuerst dort war.
| Kapitel 4: | Diese kleinen Leitern in Ihrem Kopf | 25 |
Um mit unserer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft zurechtzukommen, haben Menschen gelernt, Produkte auf mentalen Leitern aufzureihen. Im Mietwagengeschäft zum Beispiel müssen Sie Hertz auf die oberste Sprosse stellen, Avis auf die zweite und National auf die dritte. Bevor Sie irgendetwas positionieren können, müssen Sie wissen, wo Ihr Platz auf der Leiter ist.
| Kapitel 5: | Von hier führt kein Weg dorthin | 31 |
Ein Mitbewerber hat keine Chance, die Position frontal anzugreifen, die IBM in der Computerindustrie etabliert hat. Viele Unternehmen haben das ignoriert und erfuhren die Konsequenzen auf schmerzliche Weise.
| Kapitel 6: | Positionierung eines Marktführers | 37 |
Um zu einem Marktführer zu werden, müssen Sie als Erster im Gedächtnis der Kunden sein – und dann die Strategien verfolgen, um langfristig dort zu bleiben.
| Kapitel 7: | Positionierung eines Verfolgers | 45 |
Was für einen Marktführer gilt, gilt nicht für einen Verfolger. Er muss ein „Créneau“– eine Lücke – im Gedächtnis finden, die nicht von jemand anderem besetzt ist.
| Kapitel 8: | Repositionierung der Konkurrenz | 53 |
Wenn keine Créneaus mehr übrig sind, dann müssen Sie selbst eines schaffen, um damit die Konkurrenz zu repositionieren. Tylenol zum Beispiel repositionierte Aspirin.
| Kapitel 9: | Die Macht des Markennamens | 61 |
Die wichtigste Entscheidung im Marketing, die Sie treffen müssen, ist die, wie Sie Ihr Produkt benennen. Der Name allein hat eine enorme Macht in einem übergroßen Angebot an Marken und Unternehmen.
| Kapitel 10: | Die No-Name-Falle | 71 |
Unternehmen mit langen, komplexen Namen haben versucht, ihren Namen zu verkürzen. Diese Strategie führt nur selten zum gewünschten Erfolg.
| Kapitel 11: | Die Falle der kostenlosen Chance | 79 |
Kann ein zweites Produkt eine kostenlose Chance aufgrund der Werbung für eine sehr bekannte Marke nutzen? Im Fall von Produkten wie Life Savers Gum lautet die Antwort: Nein.
| Kapitel 12: | Die Markenausweitungsfalle | 85 |
Markenausweitung wurde zur Krankheit des vergangenen Jahrzehntes. Sie führt nur selten zum Erfolg.
| Kapitel 13: | Wann Markenausweitung funktionieren kann | 97 |
Jedoch gibt es Fälle erfolgreicher Markenausweitung. Eine Diskussion, wann Sie den Eigennamen verwenden sollten und wann besser nicht.
| Kapitel 14: | Positionierung eines Unternehmens: Xerox | 107 |
Xerox besitzt die Kopiererposition. Aber wie soll sich Xerox positionieren, wenn es in das Feld der Computer vordringt?
| Kapitel 15: | Positionierung eines Landes: Belgien | 115 |
Die Antwort auf die Probleme einer nationalen Fluglinie wie Sabena Belgium World Airlines ist die, das Land zu positionieren, nicht die Fluglinie.
| Kapitel 16: | Positionierung einer Insel: Jamaika | 119 |
„Sand und Surfen“ wurde zu einem visuellen Klischee für alle karibischen Inseln. Wie etablieren Sie da eine dauerhafte Position für eine ganz bestimmte Insel?
| Kapitel 17: | Positionierung eines Produkts: Milk Duds | 123 |
Wie ein Produkt mit einem kleinen Budget in das Gedächtnis gelangen kann, indem es als die langlebige Alternative zum Schokoriegel positioniert wird.
| Kapitel 18: | Positionierung einer Dienstleistung: Mailgram | 127 |
Warum eine neue Dienstleistung gegen die alte positioniert werden muss.
| Kapitel 19: | Positionierung einer Bank auf Long Island | 133 |
Wie eine lokale Bank die Invasion der Großbanken aus der City erfolgreich zurückschlug.
| Kapitel 20: | Positionierung einer Bank in New Jersey | 139 |
Eine der besten Möglichkeiten der Positionierung ist es, eine Schwäche in der Positionierung der Konkurrenz zu finden.
| Kapitel 21: | Positionierung eines Skiorts | 143 |
Wie ein Außenstehender der Positionierung Glaubwürdigkeit verleihen kann.
| Kapitel 22: | Positionierung der katholischen Kirche | 145 |
Sogar Institutionen können vom Ansatz der Positionierung profitieren. Der Entwurf logischer Schritte, die gesetzt werden könnten, um die römisch-katholische Kirche zu repositionieren.
| Kapitel 23: | Positionieren Sie sich und Ihre Karriere | 151 |
Sie können Positionierung auch nutzen, um Ihre eigene Karriere strategisch zu fördern. Das Schlüsselprinzip: Versuchen Sie nicht, alles selbst zu tun. Finden Sie ein Zugpferd für sich.
| Kapitel 24: | Positionieren Sie Ihr Unternehmen | 159 |
Um mit einem Positionierungsprogramm zu beginnen, gibt es sechs Fragen, die Sie selbst beantworten können.
| Kapitel 25: | Spielen Sie das Positionierungsspiel | 165 |
Um bei der Positionierung erfolgreich zu sein, müssen Sie die richtige mentale Einstellung haben. Sie müssen von außen nach innen denken, statt von innen nach außen. Das erfordert Geduld, Courage und einen starken Charakter.
| Nachwort des Übersetzers | 173 |
Auf ausdrücklichem Wunsch der Autoren wurden die Zahlen in den meisten Beispielen im Vergleich zum Original von 1986 beibehalten. Nur in den Fällen, in denen eine Aktualisierung für ein besseres Verständnis sorgt, wurde vom Übersetzer aktuelleres Zahlenmaterial verwendet.
Im Juni 1969 erschien in der Zeitschrift Industrial Marketing der Artikel „Positioning is a game people play in today’s me-too market place“, geschrieben von Jack Trout. Es folgten Anfang der 1970er Jahre einige Publikationen in der Zeitschrift Advertising Age. Einige Jahre später publizierten Al Ries und Jack Trout ihren Bestseller „Positioning: The Battle for Your Mind“.
Kaum ein Begriff hat im Marketing mit derartiger Wucht durchgeschlagen wie jener der Positionierung. Aus dem modernen Marketingjargon ist er nicht mehr wegzudenken. Kein Marketinglehrbuch kommt ohne ihn aus. Wissenschaftler haben daraus eine Wissenschaft gemacht. Marketing-Berater zählen sie zu ihrem Standardrepertoire.
Für Unternehmen ist sie schlicht eine Überlebensfrage. Erfolgreich kann letztendlich nur sein, wer anders ist – anders und besser. Und wer anders und besser ist, entscheidet der Kunde. So schreiben Al Ries und Jack Trout: „Positioning is not what you do to a product. Positioning is what you do to the mind of the prospect.“ Schönheit liegt im Auge des Betrachters. So einfach diese Erkenntnis ist, so schwierig ist ihre konsequente Umsetzung.
Mit diesem Buch halten Sie nicht irgendein Buch über Positionierung in der Hand. Sie lesen das Original. Das Original, dass das Denken und Handeln von Generationen von Marketingleuten geprägt hat. Es besticht in seiner Einfachheit. Es besticht in seiner Klarheit. Und es besticht in der Zeitlosigkeit seiner Aussagen.
Kurt Matzler
Lehrstuhl für Strategische Unternehmensführung und Leadership
Universität Innsbruck
„Das Problem ist die Kommunikation selbst.“ Wie oft haben Sie diese Binsenweisheit schon gehört? „Das Fehlverhalten in der Kommunikation“ ist die einzige, häufigste, am weitesten verbreitete Begründung, die Menschen für ihre Probleme angeben. Probleme in der Wirtschaft, in der Politik, bei der Arbeit, in der Ehe. Würden Menschen sich die Zeit nehmen, ihre Gefühle auszudrücken oder ihre Beweggründe zu erklären, dann würden viele Probleme dieser Welt nicht existieren. Unwahrscheinlich.
Wir unterliegen immer noch dem Irrglauben, dass jedes Problem mittels Kommunikation gelöst werden kann. Denn heute ist die Kommunikation selbst das Problem. Wir leben in einer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft. Jedes Jahr senden wir mehr Informationen aus, wobei gleichzeitig immer weniger bei den Empfängern ankommt.
In diesem Buch geht es um einen neuen Ansatz in der Kommunikation, Positioning genannt. Und die meisten Beispiele stammen aus der schwierigsten aller Kommunikationsformen, der Werbung, einer Form der Kommunikation, die aus der Sicht des Empfängers gering geschätzt wird. Werbung ist bei den meisten Menschen unerwünscht und unbeliebt. In manchen Fällen wird Werbung geradezu verabscheut.
Trotz oder gerade wegen ihres Rufs sind das Marketing und die Werbebranche ein exzellentes Forschungsgebiet für Kommunikationstheorien. Wenn etwas im Marketing wirkt, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der Politik, der Religion oder jeder anderen Aktivität, die Massenkommunikation erfordert, funktionieren. Daher könnten die Beispiele in diesem Buch aus dem Bereich der Gesellschaft stammen. Oder aus jeder anderen Form menschlicher Aktivität, die darauf abzielt, das Gedächtnis anderer Menschen zu erobern, egal ob Sie ein Auto vermarkten, einen Softdrink, einen Computer, einen Kandidaten oder ob Sie Ihre eigene Karriere fördern wollen.
Positioning ist ein Konzept, dass die Natur des Marketings und der Werbung, ja sogar der Strategieführung verändert hat; ein Konzept, das so einfach ist, dass Menschen große Schwierigkeiten haben, seine Wirkung zu verstehen. Jeder erfolgreiche Politiker praktiziert Positioning. Genau dasselbe tun Allianz, BMW, Geox, Hilti, Johnson & Johnson, Procter & Gamble,[2]Red Bull, Zara oder Volkswagen, um nur einige Beispiele für konsequentes Vorgehen bei der Positionierung zu nennen.
Positioning beginnt mit einem Produkt: einer Ware, einer Dienstleistung, einem Unternehmen, einer Institution oder einer Person. Möglicherweise mit Ihnen selbst. Aber Positioning ist nicht das, was Sie mit einem Produkt tun. Positioning ist das, was Sie mit dem Gedächtnis eines bestehenden oder potenziellen Kunden tun. Das heißt, Sie positionieren das Produkt im Gedächtnis Ihres Kunden. Es ist daher irreführend, dieses Konzept „Produktpositionierung“ zu nennen. Das Produkt selbst wird ja nicht primär verändert.
Das heißt aber nicht, dass Positioning keine Konsequenzen für die Produktstrategie hat. Sehr häufig führt es nämlich genau dazu. Aber Änderungen des Namens, des Preises und der Verpackung sind nicht wirklich Veränderungen am Produkt selbst. Es sind eigentlich nur kosmetische Veränderungen, die erfolgen, um eine angestrebte Position im Gedächtnis der Kunden zu erreichen.
Positioning ist das erste Konzept, das sich damit befasst, wie Sie mit den Schwierigkeiten in einer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft und in wettbewerbsintensiven Märkten umgehen.
Wenn ein Wort in den 1970er-Jahren das Marketing und die Werbebranche beherrschte, dann war es „Positioning“. Positioning wurde unter Werbeleuten, Marketing- und Vertriebsprofis zum Schlagwort, rund um den Globus. Heute verwenden auch Lehrer, Politiker und Redakteure diesen Begriff.
Viele meinen, dass Positioning 1972 seinen Anfang nahm, als wir eine Artikelserie mit dem Titel „The Positioning Era“ für das Magazin Advertising Age schrieben. Seitdem haben wir mehr als 1000 Vorträge über Positioning für Agenturgruppen in zahlreichen Ländern dieser Erde gehalten und mehr als 150000 Ausgaben unserer „kleinen orangefarbenen Broschüre“ mit den Artikeln aus Advertising Age verschenkt. Positioning hat die Marketing- und Werbebranche seither massiv verändert.
„Wir sind der drittgrößte Kaffeeanbieter in Amerika“ lauten die Radiospots von Sanka (eine US-amerikanische Kaffeemarke). Der Drittgrößte? Was ist aus den guten alten Werbetexten geworden, in denen es hieß, erster, bester oder feinster zu sein? Die guten alten Tage in der Werbung sind endgültig[3]vorbei – und das Gleiche gilt für diese Wörter. Heute finden wir Vergleiche, keine Superlative:
– | „Avis ist nur die Nummer 2 bei Mietwagen, warum sollten Sie zu uns kommen? We try harder – wir bemühen uns mehr.“ |
– | „Seven-Up: Das Un-Cola.“ |
An der Madison Avenue werden diese Formulierungen Positioning-Slogans genannt. Und die Werbeleute, die diese Slogans entwickeln, wenden viel Zeit und Forschungsgelder auf, um nach Positionen oder Lücken im Gedächtnis der Kunden und am Markt zu suchen. Positioning hat aber weit über die Madison Avenue hinaus Interesse geweckt, und das aus gutem Grund. Jeder kann Positionierungsstrategien einsetzen, um im Spiel des Lebens zu gewinnen. Sehen Sie es einfach so: Wenn Sie die Prinzipien nicht verstehen und nicht richtig anwenden, dann wird es Ihre Konkurrenz mit Sicherheit tun.
Wie konnte ein so grundlegend neuer Ansatz wie Positioning in einer Branche so populär werden, die für ihre Kreativität bekannt ist? Rückwirkend betrachtet könnte man die 1970er-Jahre als das Jahrzehnt bezeichnen, das unter dem Motto „Zurück zur Realität“ stand. „Weiße Riesen“ und schwarze Augenklappen räumten das Feld für Positionierungskonzepte wie „Lite Beer from Miller. Everything you always wanted in a beer. And less.“ (Alles, was Sie schon immer von einem Bier wollten. Und weniger.) Poetisch? Ja. Kunstvoll? Ja. Und eine sehr direkte und klare Formulierung des grundlegenden Positionierungsversprechens.
Um heute erfolgreich zu sein, müssen Sie der Realität ins Auge sehen. Und die einzige Realität, die zählt, ist jene, die bereits im Gedächtnis der Kunden verankert ist. Kreativ zu sein, etwas zu erfinden, das noch nicht im Gedächtnis der Kunden existiert, wird zusehends schwieriger, wenn nicht unmöglich. Der grundlegende Ansatz der Positionierung ist daher nicht, etwas Neues und völlig Anderes zu erfinden, sondern mit dem zu arbeiten, was bereits im Gedächtnis gespeichert ist – und genau dort anzudocken.
Heute reagieren Märkte nicht mehr auf Strategien, die in der Vergangenheit funktioniert haben. Es gibt einfach zu viele Produkte, zu viele Unternehmen und zu viel Marketinglärm. Die Frage, die häufig von Positioning-Skeptikern gestellt wird, lautet: Warum brauchen wir einen neuen Ansatz für Marketing und Werbung?
Die Antwort ist, dass wir in einer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft leben. Die Pro-Kopf-Ausgaben für Werbung in den USA liegen bei 376,62 Dollar pro Jahr (und 16,87 Dollar im Rest der Welt). Wenn Sie eine Million Dollar pro Jahr für Werbung ausgeben, dann entfällt auf den Durchschnittsverbraucher in den USA auf 365 Tage verteilt weniger als ein halber Cent Werbung. Und das angesichts der Tatsache, dass die Verbraucher bereits anderer Werbung für 376,61 Dollar ausgesetzt sind.
In unserer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft über die Wirkung Ihrer Werbung zu sprechen bedeutet nichts anderes, als die wahrscheinliche Effektivität Ihrer Botschaft maßlos zu überschätzen. Werbung ist kein Vorschlaghammer, sie ist eher ein leichter Nebel, ein sehr leichter Nebel, der Ihre Kunden umgibt. Die einzige Hoffnung, um in diesem Kommunikationsdschungel[6]zu überleben, sind Spezialisierung, klare Formulierung des Kundenversprechens und Fokussierung auf bestimmte Märkte. In einem Wort: „Positioning“.
Unser Gedächtnis funktioniert wie ein Schutzschild gegen die Lautstärke heutiger Kommunikation, es filtert und lehnt den Großteil der angebotenen Informationen ab. Generell merken wir uns nur diejenigen Botschaften, die auf bereits vorhandenes Wissen und Erfahrungen aufbauen.
Unsummen von Dollar wurden sinnlos ausgegeben bei dem Versuch, Einstellungen durch Werbung zu beeinflussen. Wenn wir uns einmal unsere Meinung gebildet haben, ist es beinahe unmöglich, sie zu verändern. Und schon gar nicht mit einem so schwachen Mittel wie Werbung. „Verwirre mich nicht mit Fakten, meine Meinung steht fest.“ Das ist die häufig vorzufindende Einstellung der Menschen.
Das Interesse von Kunden können Sie nur dann wecken, wenn Sie ihnen etwas über Dinge erzählen, die sie noch nicht wissen. (Darum funktionieren „Neuigkeiten“ als Zugang in der Werbung gut.) Dagegen wehren wir uns, wenn uns jemand sagt, dass wir die falsche Einstellung haben. Der Versuch, Meinungen und Einstellungen zu ändern, ist der sichere Weg ins Werbeverderben.
Die einzige Möglichkeit, mit unserer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft zurechtzukommen, ist ein übervereinfachtes Gedächtnis. Zumindest so lange, bis das Naturgesetz aufgehoben wird, das uns nur 24 Stunden pro Tag zugesteht, in denen wir unserem Gedächtnis noch mehr Informationen zumuten können.
Das durchschnittliche menschliche Gedächtnis gleicht einem triefend nassen Schwamm, der nur dann neue Information aufsaugen kann, wenn vorher vorhandene Information gelöscht wird. Und trotzdem schütten wir noch mehr Information auf diesen völlig übersättigten Schwamm und sind enttäuscht, wenn unsere Botschaft nicht ankommt. Werbung ist dabei nur die Spitze des Kommunikations-Eisberges. Wir kommunizieren auf vielfältige Weise und auf verblüffende Arten miteinander, und zwar in exponentiell wachsender Lautstärke.
Das Medium ist zwar nicht die Botschaft, aber es beeinflusst sie entscheidend. Statt als verstärkendes System zu wirken, wirkt es eher wie ein Filter. Nur ein winzig kleiner Teil der ursprünglichen Information kommt beim Empfänger an. Die Botschaften, die wir empfangen, werden von den Eigenheiten unserer kommunikationsüberfluteten Gesellschaft beeinflusst. Bedeutungsloses Wortgeplänkel gehört darin zum guten Ton. Wir[7]vereinfachen zu stark, weil das für uns die einzige Möglichkeit ist, nicht von der Informationsflut verschlungen zu werden.
Technisch sind wir in der Lage, den Umfang der Kommunikation zu verzehnfachen. Anfang der 1980er-Jahre experimentierte man mit Satellitenübertragungen und prognostizierte Hunderte Fernsehkanäle je Haushalt. Das alles ist Geschichte und Realität – genauso wie die CD mit mehr als 600 MB Datenvolumen, mehr als genug, um die gesamte Enzyklopaedia Britannica abzuspeichern. Großartig. Aber wer arbeitet an einer CD für unser Gedächtnis? Wer hilft Kunden, mit der Komplexität umzugehen, die sie überwältigt und bisher nur zu einer Reaktion führt: die Aufnahmekanäle zu schließen, mit der Folge, dass sie immer weniger und weniger davon aufnehmen, was kostenlos verfügbar ist? Kommunikation selbst ist zum Problem geworden.
Um in einem solchen Umfeld erfolgreich zu sein, sollten Sie Botschaften maximal vereinfachen. In der Kommunikation – wie in der Architektur – ist weniger oft mehr. Sie müssen die Botschaft zielgerichtet formulieren, um ins Gedächtnis des Kunden zu gelangen und auch dort zu verbleiben. Werfen Sie Zweideutigkeiten über Bord, vereinfachen Sie die Botschaft, und dann vereinfachen Sie die Botschaft noch einmal, wenn Sie bei Ihren Kunden einen bleibenden Eindruck hinterlassen wollen.
Menschen, die ihr Geld mit Kommunikation verdienen, wissen, wie wichtig es ist, maximal zu vereinfachen. Angenommen Sie treffen einen Politiker, dem Sie im Wahlkampf helfen sollen. In den ersten fünf Minuten erfahren Sie mehr über Ihr politisches „Produkt“, als die meisten Wähler in den nächsten fünf Jahren über die Person wissen werden. Wähler merken sich nur sehr wenig über Kandidaten. Ihre Aufgabe ist kein „Kommunikations-Projekt“ in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes. Es geht darum, dasjenige Material auszuwählen, das die besten Chancen hat durchzudringen.
Der schlimmste Feind für den durchschlagenden Erfolg Ihrer Botschaft ist der Umfang der Kommunikation. Nur wenn Sie den Ursprung des Problems erfassen, können Sie dessen Lösung verstehen. Wenn Sie die Vorteile eines politischen Kandidaten, eines Produktes oder sogar Ihre eigenen Vorzüge kommunizieren wollen, dann müssen Sie die Dinge umkehren, von außen nach innen. Sie suchen nach der Lösung für Ihr Problem nicht im Produkt selbst oder in Ihrem eigenen Gedächtnis. Sie suchen nach der Lösung für Ihr Problem im Gedächtnis Ihrer Kunden, Wähler oder Partner.
Mit anderen Worten, nachdem ohnehin nur sehr wenig von Ihrer Botschaft ankommt, ignorieren Sie doch einfach die Seite des Senders und konzentrieren sich auf den Empfänger. Konzentrieren Sie sich auf die Wahrnehmung[8]des Kunden, nicht auf die Realität des Produktes. „In der Politik“, sagte John Lindsay (ein ehemaliger amerikanischer Politiker) einmal, „ist die Wahrnehmung Realität.“ So ist es auch in der Werbung, in der Wirtschaft und im Leben.
Aber wie steht es um die Wahrheit? Was ist mit den objektiven Sachverhalten? Jedes menschliche Wesen scheint intuitiv zu glauben, dass er oder sie alleine den Schlüssel zur ultimativen Wahrheit kennt. Wenn wir aber von Wahrheit sprechen, über welche Wahrheit reden wir dann? Die Sicht von innen nach außen oder die Sicht von außen nach innen? Das macht einen großen Unterschied. Mit den Worten einer anderen Ära: „Der Kunde hat immer recht.“ Und weitergedacht: „Der Verkäufer liegt immer falsch.“ Vielen mag es verdreht erscheinen, dass der Absender falsch liegt und der Empfänger recht hat. Aber Sie haben eigentlich keine andere Wahl, zumindest nicht, wenn Sie mit Ihrer Botschaft für Akzeptanz in Ihrer Zielgruppe sorgen wollen.
Ganz abgesehen davon, wer sagt denn, dass die Sicht von innen nach außen richtiger ist als die Sicht von außen nach innen? Wenn Sie den Prozess umdrehen und sich auf Ihre potenzielle Zielgruppe und Ihre Kunden fokussieren, statt ständig das Produkt zu strapazieren, vereinfachen Sie den Selektionsprozess. Sie lernen auch mehr über Prinzipien und Konzepte, die Ihre Kommunikationserfolge sichtbar steigern können.