Nr. 1338
Die Sechstageroboter
Im Raknor-Nebel – in der Tabuzone der Kartanin
von Ernst Vlcek
Auf Terra schreibt man den Oktober des Jahres 446 NGZ, was dem Jahr 4033 alter Zeitrechnung entspricht. Somit sind seit den dramatischen Ereignissen, die zum Aufbruch der Vironauten und zum Erscheinen der beiden Sothos aus ESTARTU führten, mehr als 16 Jahre vergangen. Seither haben die Lehre des Permanenten Konflikts und der Kriegerkult in der Galaxis ihren Einzug gehalten. Dennoch hat Sotho Tyg Ian den Widerstand der Galaktiker nicht brechen können.
Auch im Reich der 12 Galaxien, wo die Ewigen Krieger im Namen ESTARTUS seit Jahrtausenden regieren, lehnt man sich gegen ihre Herrschaft auf, und anlässlich der Spiele des Lebens auf dem Mond Ijarkor erfolgt von Seiten der Netzgänger sogar ein entscheidender Schlag gegen die Machthaber.
In der Milchstraße scheinen jedoch trotz Pelyfors Tod und der Neutralisierung der Flotte des Ewigen Kriegers die Pläne des Sothos aufzugehen. Denn die Geschenke der Hesperiden treiben unter den Blues ihr Unwesen.
In M 33, dem Herrschaftsbereich der Kartanin, geht es ebenfalls unruhig zu. Nikki Frickel wird seit dem Tag, da sie Dao-Lin-H'ay gefangen nahm, erbarmungslos gejagt. Der Raknor-Nebel, eine Tabuzone, bietet Nikki die letzte Zuflucht. Dort herrschen DIE SECHSTAGEROBOTER ...
Nikki Frickel – Chefin der PIG.
Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin erweckt eine schlafende Robotdynastie.
Poerl Alcoun – Eine Paratensorin.
Ikarus und Picasso – Zwei Roboter vom sechsten Tag.
Golem, Leonardo und Zerberus – Roboter vom fünften, vierten und dritten Tag.
Sechs
Ich bin einer vom sechsten Tag.
Das stelle ich einmal in den Raum. Auch wenn's niemand wissen will. Manchmal ist die Zeit auch für Selbstgespräche gut. Überhaupt, wenn gerade niemand da ist, mit dem man reden kann. Nicht, dass es allgemein keine Gesprächspartner gäbe, aber es kommen nur selten welche vorbei. Fast alle schlafen die meiste Zeit über, nur ich bin immer wach – ich und ein paar andere.
Also, ich bin ein Sechser.
Sehr robust, aber kein solcher Koloss wie die meisten anderen Landarbeiter.
Eher klein, sehr wendig, nur eben auch noch gediegen, widerstandsfähig, nicht unterzukriegen. Ein Spezialist mit sehr engem Wirkungsbereich und kleinem Horizont ... das heißt, so wurde es mir vorbestimmt. Aber ich habe ein wenig manipuliert, weil ich mehr sein wollte.
Ich habe nur ein kleines Sortiment von Werkzeugen, die ausschließlich für Gartenarbeit gedacht sind. Jawohl!, ich bin Gärtner, sehe mich selbst aber als Landschaftskünstler. Ich gestalte die Landschaft, wenn es die Gegebenheiten erlauben.
Dabei ist das nicht mein Metier.
Ich bin nicht ausgesprochen schön, doch mein Aussehen kann als zweckentsprechend bezeichnet werden. Optisch gebe ich wirklich nicht viel her. Aber was zählen schon Äußerlichkeiten!
Ich bin nach außen hin eben ein simpler Sechser.
Ich tue, was ich tun muss, um mehr habe ich mich nicht zu kümmern. Aber ich tu's trotzdem, mich um mehr zu kümmern, meine ich. Ich bin nämlich neugierig.
Das ist mein Problem.
Das kommt daher, dass mein Aufgabengebiet begrenzt ist, ich sagte es schon. Ich habe eine einfache, sehr klar umrissene Tätigkeit zu verrichten. Tagaus, tagein. Wenn ich meine Runde beendet habe, beginne ich wieder von vorne.
Heckenschneiden ist mein Leben, ich bin bestens dafür ausgerüstet. Aber das ist mir nicht genug.
Nicht, dass ich mich hier über mein Schicksal beschweren wollte. Bei wem auch? Es gibt überhaupt keine Beschwerdestelle für unzufriedene Sechser, denn es gibt keine Unzufriedenheit.
Es gibt auch keine Zufriedenheit.
Ich bin schon eine Type! Quatsche einfach drauflos, wie es mir in den Sinn kommt. Das ist es ja gerade, was mich anders macht: dass mir so etwas überhaupt in den Sinn kommt. Ich bin anders als die meisten anderen. Aber ich bin nicht einzigartig. Es gibt nämlich etliche von meiner Sorte.
Wenn wir einander begegnen, was leider viel zu selten geschieht, unterhalten wir uns über alles Mögliche, nur nicht über unsere Aufgabenbereiche.
Ja, ja, wir sind schon faule Brüder, aber nichtsdestotrotz sehr emsig. Faul ist im Sinne von faulig, morbid gemeint ... Ich denke, das sind die richtigen Synonyme. Muss schon um Entschuldigung bitten, mein Sprachschatz ist nicht sehr groß. Bin eben nur ein Sechser.
Wie bereits erwähnt, wenn von uns Außenseitern einer den anderen trifft, dann quatschen wir ausgiebig miteinander. Manchmal philosophieren wir auch. Natürlich vor allem darüber, warum wir aus der Art schlagen und ob dahinter ein Sinn steht.
Aber keiner weiß, ob man uns bewusst so geschaffen oder verändert hat oder ob wir nur Zufallsprodukte sind.
Ich höre gerne zu, wenn die anderen spekulieren und die wildesten Theorien dazu angeben, was der Grund für unsere Andersartigkeit sein könnte. Ich habe dazu keine Meinung. Werde ich zu diesem Thema gefragt, dann sage ich:
»Was grübelt ihr, meine Brüder? Nehmt es, wie es ist.«
Aber solche Aussprüche werden von den anderen missverstanden. Das ist ihnen zu simpel ausgedrückt, sie meinen, dass solch einfache Worte ein Aufruf zur Genügsamkeit sind. Aber das ist Unsinn.
Ich bin ganz gewiss nicht der Genügsamsten einer. Ich möchte noch kreativer sein. Möchte mein Empfinden für das Schöne vertiefen.
Ich nehme es, wie es ist, freue mich darüber, dass ich Freude empfinden kann, obwohl mir das gar nicht zusteht. Aber ich stelle keine Fragen.
Ein Anachronismus zu meiner Behauptung, dass ich neugierig sei? Jawohl, und doch ... Ich bin einfach ängstlich. Ich habe Angst, dass ich das alles verlieren und zu einem ordinären Sechser werden könnte, wenn ich der Sache auf den Grund gehe.
Denn einem vom sechsten Tag steht das alles nicht zu.
Ich habe etwas mitbekommen, was nicht alltäglich ist, und als ich es in mir entdeckte, da habe ich daran gearbeitet, es immer weiter zu vervollkommnen. Doch habe ich mich immer gehütet, nach dem Warum zu fragen. Diese Frage habe ich ängstlich verdrängt. Ich möchte nicht verlieren, was ich habe. Ich möchte nicht so werden wie die anderen Sechser oder irgendein herkömmlicher Fünfer.
Ich meine das nicht im Sinne einer Wertung, ich erstelle keine Wertskala, denn so gesehen müsste ich mich auch höher als die Vierer einschätzen, weil diese auch nicht besitzen, was ich habe ... jenen Funken ...
Nein, ein elitäres Denken gibt es unter uns nicht. In unseren Reihen finden sich außer Sechsern auch Fünfer und Vierer, aber wir kennen keine Rangordnung. Unter uns Andersgearteten sind alle gleich.
Grob gesprochen gibt es nur zwei Gruppen. Zur einen gehören die Philosophen, die über den Sinn unserer Andersartigkeit grübeln. Zur anderen, der die Mehrheit zuzuordnen ist, zähle ich mich, und wir forschen nicht nach dem Großen Plan, dem wir unseren Intellekt verdanken.
Wir nehmen diese Gabe als Geschenk.
Wer mir bis jetzt Aufmerksamkeit geschenkt hat, muss mich des Philosophierens zeihen, aber mich darum einen Philosophen zu nennen, wäre ungerecht. Ich führe bloß Selbstgespräche. Ich denke sehr viel, wenn der Tag lang ist.
Ich danke jenen, die mir diese Gabe verliehen, aus welchem Grund auch immer.
Gepriesen seien Ctl oder Nchr.
Einer von beiden muss der Vater unseres Intellekts sein. Oder beide sind unsere Väter.
Seit ich jenes Etwas in mir gespürt habe, das mein mechanisches Denken zur Intelligenz erhob, seit ich mir also jenes »Funkens« bewusst geworden bin und ein Bewusstsein besitze, habe ich an mir gearbeitet.
Nach außen hin habe ich mich nicht verändert, ich sehe aus wie jeder andere Sechser auch. Wenn ich von Erweiterung spreche, so betrifft das nur meine inneren Werte.
Man sollte nicht für möglich halten, wie viel Platz in einem Sechser ist. Und wie viel Raum man schaffen kann, wenn man grobklotzige Bausteine durch Präzisionsinstrumente ersetzt.
Das fängt schon bei der Positronik an.
Roboter des sechsten Tages haben eine voluminöse Positronik mit minderer Kapazität. Das Einfachste vom Einfachen. Fünfer haben eine kompaktere Positronik mit mehr Lernkreisen und insgesamt doppelter Kapazität.
Als ich das herausfand, suchte ich den nächsten Servicedienst auf und bat um einen Austausch meiner Positronik. Aber da ich nur den Informationskode der Sechser kannte, bekam ich nur eine Reihenüberprüfung und wurde wieder mit meiner Sechser-Positronik in den Garten zurückgeschickt.
Ich musste erst herausfinden, auf welcher Frequenz die Fünfer funkten, und ihren Kode knacken. Das war eine langwierige Rechnerei, aber schließlich konnte ich mich in die Frequenz der Fünfer einschalten ... Und ich erfuhr, sozusagen als Nebeneffekt meiner Recherchen, dass die vom Fünften auch ein Sprachzentrum hatten und Funkimpulse in eine Lautsprache umwandeln konnten.
Da wollte ich natürlich auch ein Sprachzentrum haben, das dazugehörige Sprechinstrument, natürlich ein Gehör und ein Wörterbuch.
Ich bekam das alles, ich brauchte es nur mittels des Fünfer-Informationskodes anzufordern.
Inzwischen habe ich eine Vierer-Positronik, und manche Bausteine in mir würden jedem Dreier zur Ehre gereichen. Und ich sinne auf immer neue Tricks, um mir weitere Bausteine zu holen, die noch kleiner und leistungsstärker sind, so dass ich mein Spektrum immer um ein kleines Teil vergrößere. Ich erneuere mich beständig, sozusagen Modul um Modul. Und ein Ende ist da nicht abzusehen.
Das heißt, eine Grenze gibt es wohl. Bisher ist es mir noch nicht gelungen, in den Bereich der Zweier vorzudringen. Keinem Andersgearteten, den ich kenne, ist es gelungen, diese Barriere zu überwinden. Aber das besagt noch nicht, dass es unmöglich ist, sich in die Welt der Zweier einzuschleichen.
Vielleicht schafft das einer von uns eines schönen Tages, und wenn er uns den Trick verrät, bekommen wir alle Zugang zu den Zweiern. Und dann, so bin ich überzeugt, sind uns keinerlei Grenzen mehr gesetzt. Dann können wir bis zu den letzten Geheimnissen vordringen ...
Doch darüber spreche ich nicht, weil ich Angst davor habe, dass man meine Vermessenheit aufdeckt und mir wieder alles nimmt.
Und dass mein Bewusstsein gelöscht wird und ich das monotone Dasein eines Sechsers führen muss.
Freilich, wenn man meinen Intellekt löscht, dann wird auch meine Angst ein Ende haben. Denn dann werde ich nicht einmal mehr wissen, dass es über eine einfache Programmierung hinaus noch etwas anderes gibt.
Versteht man jetzt meine Angst vor der Frage nach dem Warum?
Ich bin ganz und gar kein Fatalist, ganz im Gegenteil, ich möchte mir nur erhalten, was ich kennen- und zu schätzengelernt habe.
Ich lebe, und ich will leben.
Während ich so an den Hecken schnipsele, aber anstatt der strengen Geometrie der Hecke die Form von phantastischen Ornamenten gebe, höre ich ein bisschen in den Funkverkehr hinein.
Und ich gerate da in einen Dialog, wie ich ihn noch nie gehört habe.
Auf der einen Seite wird er von einem Sechser geführt, der wie ich aus der Art geschlagen ist. Wer den anderen Part übernommen hat, das kann ich nicht ermitteln.
Habe noch nie einen Roboter irgendeines Tages so reden gehört!
Ich bin wie gebannt. Komme aus dem Staunen nicht heraus, bin völlig durcheinander.
Und dann überkommt mich die Erkenntnis wie ein Teil einer längst verschollenen Erinnerung.
Die Erinnerung an Ctl und Nchr und die Art und Weise, wie diese Schöpfer Kommunikation – Konversation – gemacht haben.
Was passiert in diesen Augenblicken?
In was mische ich mich da ein, in was bin ich hineingeraten?
Bin ich etwa zu weit gegangen?
Aber ich kann nicht zurück. Ich bin zu gespannt auf das Weitere ...
*
»Das ... das ist ein Kunstplanet«, entfuhr es Donald Screen.
Niemand widersprach ihm. Wir standen alle so sehr unter dem Eindruck des Dargebotenen, dass wir diese Übertreibung gelten ließen.
Wir hatten in einer Überlichtetappe die letzten eineinhalb Lichtjahre zurückgelegt und das Ctl-Sonnensystem erreicht. Die Planeten drei und vier lagen längst hinter uns, und wir flogen Ctl II an.
Obwohl wir uns im Zentrum der Dunkelzone des Raknor-Nebels befanden, herrschte im All keine Finsternis. Die Sonne Ctl war von einem großen Lichthof umgeben, welcher Effekt auf die kosmischen Staubpartikel zurückzuführen war. Auch die Sterne, die durch die Staubwolken zu sehen waren, hatten einen solchen Halo. Aber es waren nur wenige zu sehen, ausschließlich jene blauen Riesen und Überriesen aus den Randzonen des Raknor-Nebels. Sie blinkten und glitzerten wie durch die Atmosphäre eines Planeten gesehen. Die weiter entfernten Sterne dagegen waren nicht lichtstark genug, um mit ihrem Schein die Staubzone zu durchdringen.
Wieder stellte ich mir eine kartanische Expedition aus der Frühzeit ihrer Raumfahrt vor, die in diesen Dunkelsektor vorgedrungen war, und konnte mir ausmalen, wie die Kartanin von diesem einmaligen kosmischen Schauspiel beeindruckt waren. Aber der Eindruck, den der Nebel aus kosmischem Staub auf die Kartanin machte, konnte nicht allein zur Legendenbildung ausschlaggebend sein. So wundergläubig konnten auch die Kartanin des beginnenden Raumfahrtzeitalters nicht sein, dass sie den Staubnebel nur wegen des optischen Eindrucks als raknor erklärten, ihn zur »Verbotenen Zone« machten.
Es steckte viel mehr dahinter. Zumindest gab es die »Stimme von Ctl«. Diese hatte uns, in einem archaischen, heute nicht mehr gebräuchlichen Kartanisch, in dieses Sonnensystem und zum zweiten Planeten gelotst.
Und da waren wir. Aber die »Stimme von Ctl« hatte sich nicht wieder gemeldet, obwohl wir den kartanischen Informationskode dauernd funkten. Es herrschte Stille auf allen Frequenzen, und diese Stille machte sich auch in der Zentrale des 70-Meter-Beiboots breit, mit dem wir von der zerstörten WAGEIO geflüchtet waren.
Ctl II bot sich uns schon aus großer Entfernung als erdähnliche Welt dar, das zeigte die erste Auswertung der erhaltenen Daten. Erst beim Näherkommen und erst recht, als wir die Orbitmanöver einleiteten, entdeckten wir die verblüffenden Einzelheiten.
Sauerstoffplaneten sind relativ selten und Welten, die man mit der Erde vergleichen kann, noch seltener. Aber sie sind nicht so rar, dass ihre Entdeckung als sensationell zu bezeichnen wäre. Darum nahmen wir diese Tatsachen ziemlich ruhig hin, wenngleich wir natürlich erleichtert waren, auf Ctl lebensfreundliche Bedingungen vorzufinden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Sauerstoffplaneten mit erdähnlichen Bedingungen zumindest artverwandtes Leben hervorbrachten, ist ebenfalls sehr groß. Wir waren darum auch darauf eingestellt, Spuren höherentwickelter Lebewesen, ja sogar einer Zivilisation zu entdecken. Immerhin war da die »Stimme von Ctl«. Keinem von uns wäre ein Ah und Oh herausgerutscht, hätten wir Anzeichen einer kartanischen Zivilisation vorgefunden. Wir rechneten mit allem und glaubten, auf jede Überraschung vorbereitet zu sein.
Aber es kam dann ganz anders.
Der Anblick, der sich uns bot, riss Donald Screen zu der Behauptung hin, es mit einem Kunstplaneten zu tun zu haben. Das war purer Unsinn, Ctl II war natürlichen Ursprungs. Nur seine Oberfläche war künstlich gestaltet worden.
Die Wasser-Land-Verteilung stand im Verhältnis von 70 zu 30. Diese 30 Prozent Landmasse waren auf der uns zugekehrten Planetenseite in drei Kontinente von der Größe Nordamerikas aufgeteilt.
Sie waren gleich groß, wirkten aus großer Höhe kreisförmig und waren durch gerade, wie mit dem Lineal gezogene Landbrücken verbunden. Der eine Rundkontinent lag in der nördlichen Hemisphäre, der zweite am Äquator und der dritte auf der südlichen Halbkugel. Auch die eisigen Pole erschienen als kreisförmige Flächen.
Die nächste Datenauswertung, aus geringerer Entfernung und bereits beim Einschwenken in den Orbit, ergab, dass die Kontinente nicht exakte Kreise waren, sondern regelmäßige Vielecke.
Das Ergebnis der Bildvergrößerung war noch verblüffender. Jeder Kontinent besaß im Zentrum ein Gebirgsmassiv von zirka dreitausend Meter Höhe. Doch keines dieser Massive war wie gewachsen. Sie waren auf eine Weise bearbeitet, dass sie treppenförmig zur Küste hin abfielen, und jede dieser Treppen hatte dieselben vieleckigen Umrisse wie der Kontinent.
Manche der Stufen, vornehmlich jene in höheren Lagen, bestanden aus schiefergrauem, nacktem Fels. Dann gab es welche, die in üppigem Grün leuchteten, und andere wiederum waren von jenem goldenen Gelb, wie man es von terranischen Weizenkulturen kennt.
Und das Phantastischste war, dass die Zentren, also die Gipfelerhebungen und die Hochwälder, von dunkler Farbe waren, grau bis dunkelgrün, und dass sich die Farben zur Peripherie hin, von Stufe zu Stufe, aufhellten – von allen Grüntönen hin bis zu Goldgelb und Ocker und Gelbbraun, der Farbe eines dunklen, eisenhaltigen Sandstrands.
Damit nicht genug, zeigte eine noch stärkere Vergrößerung, dass auch die Wasseradern der Kontinente reguliert waren. Sie strebten vom Hochgebirge in gerader Linie nach allen Seiten hin dem Meer zu. Und dass sie das in exakten Abständen voneinander taten, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung.
Ich riss mich von dem Anblick los und wandte mich Dao-Lin-H'ay zu, die gebannt auf den Monitor vor ihr starrte.
»Haben sich die Wissenden inzwischen bei dir gemeldet, Dao-Lin?«, erkundigte ich mich.
Sie zuckte beim Klang meiner Stimme leicht zusammen und schien erst in die Wirklichkeit zurückfinden zu müssen. Ich wiederholte meine Frage, doch sie ließ sich mit der Antwort noch immer Zeit.
»Ich habe schon eine Ewigkeit nichts mehr von den Wissenden gehört«, sagte sie schließlich.
Ich wollte schon sagen, dass dieser Planet eigentlich ein passendes Domizil für Kartanin vom Rang der Wissenden sei, überlegte es mir dann aber anders. Es kam mir auf einmal zu plump vor, einfach mit der Tür ins Haus zu fallen, und ich fragte:
»Aber spürst du denn nicht wenigstens ihre Nähe? Als eine aus dem Clan der Wissenden müsstest du durch unsichtbare Bande mit ihnen verbunden sein. Empfängst du ihre vertraute Ausstrahlung nicht deutlicher?«