Buch
Kurz vor seiner Hochzeit wird Jonathan nach London gerufen, wo fünf Werke des russischen Malers Radskin versteigert werden sollen. Um das Leben dieses Künstlers ranken sich Legenden: Im zaristischen Russland verfolgt, musste er mit ansehen, wie seine geliebte Frau brutal hingerichtet wurde. Seit jenem Tag malte er keine Frauen mehr. Ein Bild jedoch soll es geben, auf dem er seinem Schwur untreu wurde, und dieses Bild gilt als verschollen. Sollte es sich bei einem der Londoner Gemälde um jenes verschwundene Frauenporträt handeln?
In der britischen Hauptstadt begegnet er der schönen Galeristin Clara und ist sofort von ihr fasziniert. Auch sie fühlt sich auf unerklärliche Weise zu Jonathan hingezogen. Immer stärker wird das Gefühl, dass sie sich schon einmal begegnet sind, ja, dass sie sich sogar gut kennen und dass der Maler Radskin in ihrer beider Vergangenheit eine große Rolle spielte ...
Autor
Marc Levy wurde 1961 in Frankreich geboren. Nach seinem Studium in Paris lebte er in San Francisco. Mit siebenunddreißig Jahren schrieb er für seinen Sohn seinen ersten Roman, Solange du da bist, der von Steven Spielberg verfilmt und auf Anhieb ein Welterfolg wurde. Seitdem wird Marc Levy in fünfundvierzig Sprachen übersetzt, und jeder Roman ist ein internationaler Bestseller. Marc Levy lebt zurzeit mit seiner Familie in New York.
Von Marc Levy bereits erschienen:
Solange du da bist, Am ersten Tag, Die erste Nacht, Wer Schatten küsst, Sieben Tage für die Ewigkeit, Wo bist du
Marc Levy
Bis ich dich wiedersehe
Roman
Aus dem Französischen von
Eliane Hagedorn und Bettina Runge
Die französische Originalausgabe erschien 2004
unter dem Titel »La prochaine fois«
bei Robert Laffont, Paris.
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1. Auflage
Deutsche Taschenbuchneuausgabe August 2014 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
Copyright © der Originalausgabe 2004 by Editions Robert Laffont/Susanna Lea Associates
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2014 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Umschlaggestaltung: © www.buerosued.de
Umschlagmotiv: © www.buerosued.de
Redaktion: Gerhard Seidl
ED · Herstellung: sam
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN: 978-3-641-10851-9
www.blanvalet.de
Für Louis.
Und für meine Schwester Lorraine.
Jonathan,
nennst Du Dich immer noch so? Heute wird mir klar, dass ich so vieles nicht wusste, und seit Du fort bist, versuche ich ständig, die große Leere, die mich umgibt, zu verdrängen. Oft, wenn die Einsamkeit meine Tage in Dunkelheit hüllte, hatte ich den Himmel betrachtet, dann die Erde, und ich meinte ganz eindeutig zu spüren, dass Du dort irgendwo warst. Und so war es im Laufe all dieser Jahre, nur konnten wir uns weder sehen noch hören.
Anscheinend könnten wir einander begegnen, ohne uns zu erkennen.
Seit dem Tag, an dem Du gegangen bist, wurde ich nicht müde zu lesen, die verschiedensten Orte zu bereisen – auf der Suche nach Dir, nach einem Weg zum Verständnis, nach irgendeinem Wissen. Und je mehr Seiten des Lebens umgeblättert waren, desto klarer wurde mir, dass ich dem Wissen immer ferner war, wie in diesen Albträumen, in denen man bei jedem Schritt nach vorn um dieselbe Entfernung zurückweicht.
Ich bin die endlosen Gänge der großen Bibliotheken abgeschritten, die Straßen unserer Stadt, in der wir fast all unsere Erinnerungen seit der Kindheit teilten. Gestern bin ich über die Kais gelaufen, über den Markt, den Du so geliebt hast. Hier und dort bin ich stehen geblieben, und mir war, als würdest Du mich begleiten. Dann habe ich, wie jeden Freitag, dieses kleine Café am Hafen aufgesucht. Weißt Du noch? Dort haben wir uns so oft bei Einbruch der Dunkelheit getroffen. Wir machten uns einen Spaß daraus, uns gegenseitig mit Worten zu stimulieren und über unsere gemeinsamen Leidenschaften zu debattieren. Und wir sprachen, ohne die Stunden zu zählen, von diesen Gemälden, die uns so faszinierten und uns in andere Zeiten versetzten.
Gott, was haben wir beide die Malerei geliebt! Oft lese ich in den Büchern, die Du geschrieben hast, und ich finde Dich darin wieder, Deinen Stil, Deinen Geschmack.
Ich weiß nicht, wo Du bist, Jonathan. Ich weiß nicht, ob all das, was wir zusammen erlebt haben, einen Sinn hatte, ob die Wahrheit existiert, aber wenn Du diesen kleinen Brief eines Tages findest, dann wirst Du wissen, dass ich mein einst gegebenes Versprechen gehalten habe.
Ich weiß, wenn Du vor dem Bild stehst, wirst Du die Hände hinter dem Rücken verschränken, wirst die Augen leicht zusammenkneifen wie jedes Mal, wenn Du überrascht bist, und dann wirst Du lächeln. Und wenn sie, wie ich es Dir wünsche, an Deiner Seite ist, wirst Du den Arm um sie legen, und Ihr werdet gemeinsam dieses Meisterwerk betrachten, um das wir uns so bemüht haben, und vielleicht, vielleicht erinnerst Du Dich dann. Und, sollte es wirklich der Fall sein, so ist es an mir, Dich um etwas zu bitten, Du bist es mir schuldig.
Vergiss, was ich gerade geschrieben habe, Freunde sind sich nichts schuldig. Doch hier trotzdem meine Bitte: Erzähl ihr, erzähl ihr, dass ich irgendwo auf dieser Welt, fern von Euch, von Eurer Zeit, dieselben Straßen wie Du entlanggelaufen bin, dass ich am selben Tisch mit Dir gelacht habe, und da die Steine bleiben, erzähl ihr, dass jeder von denen, auf die wir unsere Hand gelegt, unseren Blick geheftet haben, für immer einen Teil unserer Geschichte enthält. Erzähl ihr, Jonathan, dass ich Dein Freund war, dass Du mein Bruder warst, vielleicht mehr noch, weil wir uns gewählt haben, erzähl ihr, dass nichts uns jemals hat trennen können, selbst Euer so plötzlicher Abschied nicht.
Seither ist kein Tag vergangen, ohne dass ich an Euch beide gedacht und gehofft habe, dass Ihr glücklich seid.
Ich bin jetzt ein alter Mann, Jonathan, und die Stunde meines eigenen Abschieds rückt näher, doch dank Euch ist mein Herz von einem Lichtfunken erfüllt, der es leicht macht. Ich habe geliebt! Können alle Menschen unter derart unschätzbaren Bedingungen gehen?
Wenige Zeilen noch, und Du wirst diesen Brief zusammenfalten, Du wirst ihn schweigend in Deine Jackentasche stecken, dann wirst Du die Hände hinter dem Rücken verschränken und lächeln wie ich, während ich diese letzten Worte schreibe. Auch ich lächele, Jonathan, ich habe nie aufgehört zu lächeln.
Ein gutes Leben wünscht Euch beiden
Dein Freund Peter