Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Schlussbemerkung
Gewidmet meinen Lieben
– in Erinnerung an diesen wunderschönen Tag!
Nottuln, 7. September 2012
„Ich lobe den Tanz, denn er befreit den Menschen
von der Schwere der Dinge, bindet den Vereinzelten zu Gemeinschaft.
Ich lobe den Tanz, der alles fordert und fördert,
Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele.
(…)
O Mensch lerne tanzen, sonst wissen die Engel im Himmel
mit dir nichts anzufangen.“
Aurelius Augustinus von Hippo (354-430), Bischof u. Kirchenlehrer
„Schon in der Kleinkinderschule finden sich alle Elemente beisammen,
die der reifere Mensch in potenzierterem Maße später in der Welt antrifft.
Die Brutalität, die Hinterlist, die gemeine Klugheit, die Heuchelei,
alles ist vertreten, und ein reines Gemüt steht immer so da,
wie Adam und Eva auf dem Bilde unter den wilden Tieren.“
Friedrich Christian Hebbel (1813 – 1863)
Aus meiner Jugend
Hätte an diesem feuchten und schon dunklen Spätnachmittag eines Februartages jemand aus dem Brinketal südlich von Stockhem seine Aufmerksamkeit nach Norden auf die Rodorper Berge gerichtet, so hätte er anhand der Scheinwerfer eine Wagen-kavalkade erkannt, die sich auf der so genannten Panzerstraße ganz offensichtlich verfahren hatte. Der schmale Wirtschaftsweg ging von der Kreisstraße ab und verband Kerkhövel und Stockhem – ein bei vielen Autofahrern beliebter Schleichweg. Er umging die Rodorper Berge im Süden, und ein eiliger Autofahrer ersparte sich so die Ortsdurchfahrt von Rodorpe, wo in jüngster Zeit verstärkt kontrolliert wurde. In früheren Jahren versuchte auch der eine oder andere Verkehrsteilnehmer, der sich eben doch noch ein „Gedeck“ in einer der Landkneipen genehmigt hatte, über die Panzerstraße in die eine oder andere Richtung nach Hause zu kommen. Nachdem aber die Kreispolizei regelmäßig hinter einer Feldscheune oder am Hoek einer Wallhecke stehend die Straße und ihre Benutzer schärfer ins Visier genommen und dabei auch ungewöhnliche Zeiträume in der Nacht oder den frühen Morgenstunden nicht ausgespart hatte, war es auf dem schmalen Sträßchen ruhiger geworden.
Die Leute, die jetzt bei einbrechender Dämmerung unterwegs waren, hatten offensichtlich Orientierungsprobleme. Man sah, wie die Autoscheinwerfer ein wenig irrlichterten. Jetzt schienen die vier Wagen unterhalb eines Waldrandes anzuhalten. Möglicherweise stimmten sich die Fahrer ab. Ein fünftes Auto kam aus Richtung Kerkhövel hinzu. Man sah die Lichter auf und ab leuchten. Dann schien es so, als übernehme das zuletzt hinzugekommene Fahrzeug die Führung. Es setzte sich an die Spitze, und ein der Landschaft kundiger Beobachter musste zu dem Schluss gelangen, dass die kleine Kavalkade aus mittlerweile fünf Fahrzeugen die Bockhorster Höhe und das dort befindliche Landhaus ansteuerte.
Die Autolichter verschwanden auf der Höhe um eine Waldecke, und für einige Zeit sank die Landschaft in ihre ruhige Gleichmütigkeit zurück. Der Himmel bewahrte seine gelassene dunkelgraue Struktur, unterbrochen nur von einigen Nebelschwaden. Der Wind wehte kühler werdend, ein leichtes Nebelnässen befeuchtete die Luft. Jetzt aber erwachte Haus Bockhorst zum Leben. Rund um die Anlage der historis-tischen neoklassizistischen Villa flammten Scheinwerfer auf und tauchten deren malerische Front und den romantischen Altan in ein warmes Licht. Auch die Lampen auf den Gartenwegen des kleinen Parks wurden eingeschaltet. Kurz darauf wurden die Klappen an den Fenstern geöffnet, und warmer Lichtschein drang aus den Sprossenfenstern auf die weitläufige Terrasse.
Hätte der fernere Beobachter seine Neugierde weiter stillen wollen und idealerweise auch noch ein Fernglas zur Hand gehabt, so hätte er ausspähen können, wie es sich eine Gruppe von Menschen auf Haus Bockhorst gemütlich machte. Jetzt flammte auch Licht im Obergeschoss auf, und bei guter Sicht hätte man hier und da erspähen können, dass Gegenstände ins Haus getragen und für einen kürzeren oder längeren Aufenthalt Zimmer bezogen wurden. Die Wagen allerdings waren aus Sicht des möglichen fernen Betrachters nicht mehr zu erfassen. Sie mussten an der rückwärtigen nördlichen Seite von Haus Bockhorst geparkt worden sein.
Spennemanns Thresken, die als unverheiratete Tante auf ihrem elterlichen Hof im Brinketal ihren Lebensabend verbrachte, konnte angesichts ihrer Augenschwäche und der noch immer nicht mit passender Sehschärfe ausgestatteten Brille keine Details des Geschehens erkennen, als sie gegen 18.00 Uhr über den Hof taperte. Sie hatte den kleinen Terrier Pit herausgelassen. Während der Hund auf dem Hof herumstöberte, peilte die Alte zur Bockhorster Höhe hinaus, vermochte aber nur die Beleuchtung des etwas mehr als einen Kilometer Luftlinie entfernten Landhauses sicher wahrzunehmen: „Wisse all wieer so’nen verrückten Professer met siene jungen Wichter!“ Sie schnaufte verächtlich. „Liggt dao all düörnanner te liggen un stiählt ussen Häerguott den Dagg aff!“*
* Niederdeutsch: „Liegen alle durcheinander zu liegen und stehlen unserm Herrgott den Tag ab.“
Mit Rufen und Pfeifen lockte sie den Hund wieder ins Haus. Beim Abendessen bemerkte sie nur zu den übrigen Hausbewohnern, dass auf Bockhorst an dem bevorstehenden Wochenende bestimmt wieder der Teufel los sei, und ebenso stöhnte sie über ihren Vater, den alten Spennemann, dass der seinerzeit Haus Bockhorst nicht gekauft hatte. „Dao häer he Akkord üörwer maaken säöllt un ick häer de so gäerne ne kleine Kaffeewiärtschopp fundeert. Da häern wi unsse Upkuemen hatt!“**
** Da hätte er einen Kaufvertrag drüber schließen sollen, und ich hätte da so gerne eine Kaffeewirtschaft eröffnet. Da hätten wir unser Einkommen gehabt.“
Da das junge Volk Tante Threskens Stöhnen aus langen Jahren kannte, nahm man es wie stets geduldig zur Kenntnis und ließ es an sich vorbeirauschen.
Erst spät am Abend verloschen die Lichter an den Parkwegen von Haus Bockhorst. Im Hause selbst brannte bis gegen 23.00 Uhr noch Licht. Dann wurde es dunkel um die Bockhorster Höhe. Die Nacht war feucht und schon ein wenig schmuddelig, wie erfahrene Münsterländer jene Temperatur bezeichnen, die im Wetterbericht mit dem Begriff „für die Jahreszeit zu warm“ umschrieben wird.
Der Polizeiposten Stockhem hatte sich an diesem ungemütlichen Sonntagnachmittag gerade auf seine Couch zurückgezogen, um mit Hilfe seiner Sportzeitung in ein hoffentlich gesundes Mittagsschläfchen zu verfallen. Prompt ging das Telefon, und die Einsatzzentrale aus der Kreisstadt erinnerte Ritzmann daran, dass er Rufbereitschaft hatte: „Wir haben so eine merkwürdige Vermisstenmeldung aus einer Frauengruppe. Die kommt von Haus Bockhorst, das liegt ja da bei Ihnen in den Rodorper Bergen. Normalerweise lassen wir Vermisstenmeldungen erst mal 24 Stunden reifen, aber hier scheint Hektik aufzukommen. Fahren Sie bitte mal raus, und beruhigen Sie die Damen ein bisschen. Wir hatten das Gefühl, dass da ein ziemlicher Aufstand ist.“
Wenige Minuten später hatte sich Ritzmann in seinem Dienstwagen auf den Weg gemacht. Noch vor Rodorpe hatte er die Kreisstraße verlassen und war auf einen kleinen Interessentenweg ausgewichen, der ihn schnurstracks von Norden her auf die Rodorper Berge zu und über einige Serpentinen hinauf zum Haus Bockhorst führte. Der Polizist lenkte den Wagen demonstrativ auf die rückwärtige, herrschaftlich breite Auffahrt. Die Rosenstöcke des Rondells, die im Sommer und Herbst jeden Besucher in Erstaunen und Freude versetzten, standen jetzt kahl, größtenteils waren sie in Jutegewebe eingehüllt. Die Bockhorster Höhe war gegenüber dem südlich vorgelagerten Brinketal eher frostgefährdet.
Aus der symmetrisch gegliederten Rückfront der neoklassizistischen Villa ragte ein auf vier Säulen ruhender Altan hervor, unter dem eine malerisch gestaltete Freitreppe mit ausladenden Stufen und niedrigem geschwungenen Geländer aus schwerem Schmiedeeisen die Eintretenden empfing. Ritzmann wurde schon erwartet, offensichtlich hatte man im Haus das vorfahrende Polizeiauto registriert. Zwei Frauen mittleren Alters, beide in weite, bunte Trainingsanzüge gekleidet, eilten schon die Stufen hinab dem Beamten entgegen: „Gut, dass Sie endlich da sind!“, rief die eine – und: „Es ist ja so fürchterlich!“, rief die andere!
Ritzmann begab sich angesichts des aufgeregten Engagements der Damen erst einmal in die Defensive; er stellte sich ihnen vor, zog entgegen seiner Gewohnheit – eigentlich kannte ihn zwischen Stockhem und Kerkhövel jedes Kind – seinen Dienstausweis heraus und bemühte sich – zunächst erfolglos – darum, Ruhe zu schaffen. Entschieden schritt er die Treppe hoch und auf das Portal zu, während die Damen von rechts und links beständig auf ihn einredeten. In der Türöffnung standen drei weitere Frauen, ebenfalls in Trainingsanzüge gekleidet, und sahen dem Ankömmling gespannt entgegen. Gemeinsam betrat die Gruppe nun das malerische Vestibül von Haus Bockhorst, das sich mit seinen edlen Marmorböden, Wandvertäfelungen und klassischen Tapeten vornehm präsentierte. Über die doppelläufige Treppe rechts und links, die auf eine Galerie hinaufführte, eilten nun drei weitere Frauen hinab: zwei auf der einen, die Dritte, zunächst unschlüssig, welchen Treppenlauf sie wählen sollte – auf der anderen Seite.
So sah sich der wackere Ordnungshüter einer achtköpfigen Frauentruppe gegenüber, deren innere Ordnung sich ihm trotz jahrelanger Erfahrung im Umgang mit Menschen nicht sofort erschloss: Alle redeten durcheinander. Schließlich setzte sich eine ältere Dame durch, die zunächst zurückhaltend, dann aber kopfschüttelnd an der Treppe stehen geblieben war: „Jetzt mal Ruhe, Ladys! Ich schlage vor, wir gehen in den Gartensaal. Da ist Platz genug, und wir können uns in Ruhe mit dem Beamten unterhalten. Gestatten: Gildehaus, Sophia Gildehaus. Ich war früher Konrektorin an unserer Schule. Wir machen einen Stuhlkreis, geben den Sprechstein rein, und es redet nur der, der ihn in der Hand hält.“
Ritzmann hatte den heiter-ironischen Unterton im Beitrag der Frau Gildehaus zunächst nicht wahrgenommen. Aber der Vortrag wirkte. Immerhin schien diese Dame eine gewisse Autorität zu genießen, denn das Geschwader in seinen farbenprächtigen Sportanzügen bewegte sich tatsächlich durch eine große Tür unterhalb der Galerie in Richtung des angesprochenen Gartensaales. Dieser war weitgehend ausgeräumt; die Frauen zogen sich von den Wänden Stühle heran und bildeten zügig einen großen Kreis.
Ritzmann selbst kannte diesen Saal von gelegentlichen früheren Besuchen. Seine Frau hörte gerne Kammermusik, und das Kreisbildungswerk veranstaltete dort seit Jahren eine vielgepriesene Konzertreihe. So schritt der Polizist durch die weitgehend leere Mitte des schönen Saales auf die Fensterfront zu, die von großen Glastüren geprägt war, welche vom Boden bis zur Decke reichten. Gern erinnerte sich der Besucher an heitere Sommerabende, wenn man nach dem Genuss schöner Musik auf der Gartenterrasse noch ein wenig plaudernd und mit einem erfrischenden Getränk Konzerterlebnisse hatte ausklingen lassen. Jetzt zog schon langsam die Dämmerung des Spätwinterabends heraus, und im Westen, in Richtung Brinkbergen, lugte hin und wieder die untergehende Sonne aus einem lebhaften Wolkentheater hervor. Der sanft nach Süden hinabschwingende Hang des Parks von Haus Bockhorst war mit alten Bäumen bestanden und rahmte so den Blick ins Brinketal. In der Ferne erhob sich der Kirchturm von Reckelsum aus der Landschaft. Zwischen den Waldungen und Baumgruppen, den teils noch mit Wallhecken gerahmten Schlägen, hatte sich ein erster Nebelschleier gebildet, der im schwächer werdenden Licht eine verwunschene Atmosphäre zu weben begann. Hier und dort schienen Lichter von den verstreuten Höfen auf. Ritzmann seufzte wohlig. Ihm wurde wieder bewusst, warum er nie einen Versetzungsantrag in die Stadt gestellt hatte, auch wenn dort seine Beförderungschancen weitaus besser gewesen wären.
Der Polizist riss sich von dem Bild des Brinketals los und wandte sich dem Kreis der Damen zu, die inzwischen ihre Stühle aufgestellt und – pädagogisch hoch professionell – auch eine Sitzgelegenheit für den Gast besorgt hatten. Ritzmann schlug sein Notizbuch auf und begann die Befragung, wobei er auf die groben Daten zurückgriff, die ihm die Kollegen am Telefon aus der Vermisstenmeldung durchgegeben hatten. „Verschwunden ist also die Frau Sökeland, Cäcilia, 60 Jahre alt, Lehrerin und Schulleiterin. Zuletzt gesehen hier auf Haus Bockhorst. Verschwunden seit wann?“ Er schaute fragend in die Runde und schrak sofort zurück angesichts der Wortkaskade, die auf ihn zurollte:
„Langsam, langsam, meine Damen. Wir machen das mal anders!“ Er schaute in die Runde und konzentrierte sich auf die ältere Frau Gildehaus, die schon zuvor ihre Autorität unter Beweis gestellt hatte: „Sie fangen bitte mal an. Ich stelle Ihnen zunächst alle Fragen. Sie antworten zunächst allein. Hinterher folgen die Ergänzungen der anderen Damen, einverstanden?“
Niemand erhob Einwände, und Sophia Gildehaus begann: „Wir haben ja schon heute am frühen Nachmittag am Telefon der Notrufzentrale berichtet, dass unsere Kollegin Cäcilia Sökeland verschwunden ist. Sie war noch gestern am Abend hier bei uns im Kreis. Wir hatten gestern unseren Tanzmeister Pedro zu Gast; wir haben von etwas 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr mit ihm gearbeitet, natürlich durch Pausen unterbrochen. Dann haben wir gemeinsam gekocht und gegessen, hinterher noch etwas im Vestibül am Kamin zusammengesessen. Zuletzt gesehen haben wir die Cilly so gegen 21.00 Uhr, oder?“ Ein stummes, bestätigendes Nicken ging durch die Runde.
Die Gildehaus fuhr fort: „Heute Morgen ist sie nicht zum Frühstück erschienen. Das war ungewöhnlich, aber wir dachten, sie wollte etwas länger schlafen. Erst gegen 11.00 Uhr hat Lissy Weldermann mehr als laut an die Tür geklopft und hat, als niemand reagierte, Cillys Zimmer betreten. Das Bett war leer und offensichtlich unbenutzt. Alle ihre Sachen sind noch da. Das Auto steht vor der Tür. Wir haben es in ihrer Wohnung in Münster versucht. Da geht niemand ans Telefon, wie denn auch, sie ist ja Single und wohnt tatsächlich allein. Ihr Handy liegt hier oben auf dem Tisch. Sie hat wahrscheinlich nur eine Regenjacke angezogen und ist fort. Vielleicht wollte sie noch einen Abendspaziergang machen, nur – abgemeldet hat sie sich nicht. Und auch dies noch, damit Sie nicht glauben, wir seien hysterisch: Wir haben ihre Notnachbarin in Münster angerufen, die hat mit Cillys Zweitschlüssel, der bei ihr deponiert ist, die Wohnung kontrolliert. Es ist niemand da, und in der Wohnung ist sonst alles in Ordnung! Ich habe dann noch ihre Schwester in Roggendorf angerufen. Cilly ist übrigens von dort. Die hatte aber auch seit Tagen nichts von ihr gehört.“ Die Gildehaus dachte nach: „Ach, übrigens, eh ich das vergesse: Ihr Schlüsselbund liegt ebenfalls oben auf dem Tisch, neben dem Handy – wie gesagt – und den Autopapieren plus Führerschein.“
Ritzmann gab ein fragendes Brummen von sich, schaute auf seine Notizen und versuchte, sich ein erstes Bild zu machen. „Ich fasse mal zusammen: Sie hat also alles, was man eigentlich für einen Aufbruch braucht, hier im Haus zurückgelassen. Der Wagen steht vor der Tür und ist nicht mehr bewegt worden. Seit wann übrigens?“
„Seit Freitagabend. Wir sind am Freitag hier auf Haus Bockhorst eingetroffen und wollen bis Montagabend bleiben. Sie wissen doch, von Roggendorf bis Brinkbergen steht der ganze westliche Landkreis kopf und feiert Karneval. Der kommende Montag ist bei uns traditionell ‚blauer Montag’, und die Schule ist und bleibt zu. Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und unternehmen seit Jahren etwas an diesem ungewöhnlich langen Wochenende. Das war einmal meine Idee, die ich vor meiner Pensionierung entwickelt habe. Seitdem organisiere ich dieses Wochenende, und eigentlich nehmen immer alle Kolleginnen teil, von der Chefin bis zur jüngsten Referendarin.“ Ihre Hand beschrieb eine ausladende Geste in die Runde. Ritzmann wurde erst jetzt richtig bewusst, dass die vor ihm sitzenden Frauen durchaus unterschiedlichen Alterskategorien angehörten.
„Wenn ich das also richtig sehe, dann bilden Sie ein Kollegium von Lehrerinnen“, hakte Ritzmann nach.
„Völlig richtig: Wir sind das Kollegium der Christoph-Bernhard-Grundschule aus Rechterfeld, alle aktiven Lehrerinnen mit einer alten Pensionärin in meiner Person als Gast. Nur die Chefin ist uns letzte Nacht abhandengekommen.“
Ritzmann stutzte: „Was ist denn mit dem Tanzmeister, wie Sie ihn vorhin genannt haben. Der war doch gestern da und ist, bitte schön, wann abgereist?“
„Pedro war noch zum Abendessen da und ist gegen 20.30 Uhr nach Münster zurückgefahren. Er hat sich auf dem Hof von allen verabschiedet, auch von Cilly, und ist dann in seinem Auto weg.“ Dies warf eine Dame um Mitte fünfzig ein, und auf den fragenden Blick Ritzmanns konterte sie zügig: „Lissy Weldermann, Konrektorin in Rechterfeld, Lissy Weldermann gt. Laumann!“
„Dann sind Sie ja in gewisser Weise die Verwaltungschefin hier. Könnten Sie mir vielleicht eine Teilnehmerliste dieses Wochenendes mit Adressen und Telefonnummern besorgen? Das würde mir die Arbeit fürs Erste sehr erleichtern.“
„Na klar!“, nickte die patente Konrektorin. „Ich habe die Liste für das Kreisbildungswerk komplett hier liegen. Die können Sie mitnehmen und kopieren. Das Original brauche ich aber zurück.“
Der Beamte zeigte sich erleichtert: „Eine Sorge weniger! Kommen wir mal auf Ihren Tänzer zurück.“ Er blätterte in seinem Notizbuch. „Ist über diesen Pedro mehr zu erfahren?“
„Klaro! Pedro dos Bermejos de Saavedra! Der Vulkan unter den süd-amerikanischen Tänzern in Norddeutschland!“ Die junge Referendarin, die spontan den vollständigen Namen des Künstlers in die Runde deklamiert hatte, war offensichtlich schwer begeistert. Jetzt aber war sie schlagartig verstummt und lief auch noch ein wenig rot an. Ein geduldiges, nachsichtiges Lächeln der Älteren begleitete den jugendlichen Sympathie-Ausbruch.
Ritzmann wollte die Gelegenheit nicht verpassen. „Dieser Herr Pedro scheint ja einen tieferen Eindruck hinterlassen zu haben. Könnte es sein, dass Ihre Frau Chefin sich mit diesem Herrn, sagen wir mal“, er suchte erkennbar nach den richtigen Worten, „fortgestohlen hat?“
Da kam der Polizist bei Sophia Gildehaus an die Richtige: „Sie meinen doch wohl nicht, dass die Kollegin Sökeland, eine Frau von beinahe 64 Jahren, mit diesem Gigolo durchgebrannt ist. Bei allem Respekt vor seiner jugendlichen Beinarbeit: Das sind mehr als 30 Jahre Altersunterschied – und Jahrhunderte an Lebenserfahrung. Natürlich haben wir Pedro angerufen. Er leitet heute ein Tanz-Seminar in Osnabrück. Cilly Sökeland hat er seit gestern nicht mehr gesehen.“ Sie zögerte etwas: „Jedenfalls hat er uns das am Telefon so berichtet.“
„Die Daten dieses Herrn brauche ich natürlich auch noch!“, bemerkte Ritzmann und erhielt umgehend ein Formular angereicht, auf dem alle notwendigen Informationen über den Künstler verzeichnet waren: „Pedro hat auch eine Internetseite mit wunderbaren Fotos!“, bemerkte eine der jüngeren Lehrerinnen. „Die müssen Sie sich unbedingt mal ansehen!“ Der Unterton, mit dem die junge Frau dies sagte, vermochte Begeisterung wie Faszination nicht zu verbergen. Ritzmann registrierte diese Gefühlsregungen mit Interesse, dachte sich seinen Teil – und schwieg.
Bald verabschiedete er sich von der Lehrerinnen-Runde, die nunmehr in eine Beratung eintrat, ob man das so lang geplante Bildungswochenende abbrechen und die für den Abend vorgesehene Autorinnen-Lesung aus neuerer Frauenliteratur absagen sollte. Die beiden Referendarinnen Anne Hassel und Mary Schalkamp kämpften natürlich um diesen Programmteil, den sie intensiv vorbereitet hatten.
Vom Dienstwagen aus informierte der Stockhemer Polizist sodann die Einsatzzentrale. Er gab die ihm nunmehr bekannten Daten der Cäcilia Sökeland sowie eine ergänzende Personenbeschreibung für die Vermisstenmeldung weiter. Ein Foto der vermissten Schulleiterin könnte man am folgenden Tag gewiss in Rechterfeld auftreiben. Die Veröffentlichung würde aber wohl erst am Dienstag erfolgen. „Wenn mal die Juffer nicht nach dem Karneval in Rio wieder in der Schule auftaucht!“, hatte Ritzmann bei sich gedacht. Als er den kurvenreichen Weg von der Bockhorster Höhe nach Norden herunterfuhr, legte der Stockhemer Polizist sich zurecht, wie denn die erfahrene und gewiss listenreiche Schulleiterin mit dem feurigen Tänzer hätte ausreißen können, ohne dass es ihre von südamerikanischer Rhythmik ebenso gefangenen Kolleginnen bemerkt hätten.
Tatsächlich kam Ritzmann auf eine theoretisch denkbare und praktische Lösung; er beschloss jedoch, diese Theorie zunächst für sich zu behalten.
Der Raum war klein, und dort war es nahezu völlig still. In die Holzdecke hatte man einige kleine Leuchten eingelassen, die stark gedimmt waren und nur ein schwaches Licht spendeten. Die „Wärmetherapie mit Ruhe“ fand in einem Halbdunkel statt. Durch die beiden Türen drangen nur gelegentlich wie durch akustische Filter gehemmte Geräusche vom Flur oder dem benachbarten Behandlungszimmer. Der nur spärlich bekleidete Mann auf der Liege lag auf seiner rechten Seite, hatte das rechte Bein angezogen, hielt das linke gestreckt und erfreute sich an einer heißen Moorpackung, die auf Hüfte, Oberschenkel und die Lendenwirbelsäule einwirkte. Die wärmende Decke, das schummerige Licht, die Moorpackung, die Stille: All das trug dazu bei, den Patienten nach dreißig Minuten anstrengender Physiotherapie für die nächste halbe Stunde in eine Tiefenentspannung zu versenken.
Tatsächlich war Kattenstroht trotz der frühen Morgenstunde eingenickt. Seit einigen Wochen begab er sich dienstags und freitags in eine Fachklinik für Orthopädie, um seine malträtierte Bandscheibe noch vor dem Dienst behandeln zu lassen. Entgegen seiner Selbstdisziplin war er im Januar sogar zehn Tage dem Dienst ferngeblieben, um die Lumboischialgie auf klassische Weise mit Ruhe zu bekämpfen. Als auch dies nichts geholfen hatte, hatte er sich doch in die starken Arme eines bekannten Münsterschen Mediziners begeben, der für seine handfesten Übungen, Dehnungen und Streckungen ebenso berühmt war wie für seine Therapie-Richtung: Keine überflüssigen Operationen in sensiblen Bereichen.
Dabei hatte alles so harmlos begonnen. Betty hatte bereits im Herbst einen kritischen Blick auf den Kalender geworfen und in der Familie diskutieren lassen, was man sich denn bitte zu Weihnachten wünschen oder schenken sollte. Die Jungs hatten auf die vor ihnen liegenden Jahre des Abiturs und den niedrigen Stand ihrer Sparbücher verwiesen. Sicherlich könne das eine oder andere Buch und der eine oder andere Pullover einer angesagten Marke nicht schaden, aber von Geschenkorgien wollten beide nichts wissen. Zudem war Sebastian am zweiten Weihnachtstag von seiner Freundin Itzi nach Ibbenbüren zum Weihnachtsbaumplündern eingeladen worden. Benedikt zog lange Zähne, da er Weihnachten nicht nur an Bettys Schürze und unter Vaters Fuchtel verbringen wollte. Am Ende hatte sich für alles eine gute Lösung finden lassen und der Geschenkmarathon auch im Hause Kattenstroht sein Ende gefunden.
„Schenken wir uns doch Zeit!“, hatte die praktische Frau Kattenstroht schließlich für sich selbst und ihren Gatten befunden und heimlich, still und leise im Landhotel Edelbroick im Brinketal für das Wochenende auf Dreikönige eine „Champagnerofferte für zwei!“ gebucht. Ein edles Zimmer, die Wellnessangebote mit Massage, Sauna und Schwimmbad, die anerkannt brillante Küche des Hauses, das wunderbare Ambiente würden dem Ehepaar Kattenstroht einen fulminanten Start in das neue Jahr garantieren. Der Gutschein wurde unter dem Weihnachtsbaum präsentiert und auch vom Kommissar für eine prächtige Idee befunden.
Tatsächlich hatte es sich gut angelassen. Nachdem an jenem Freitag-abend nach Neujahr Klaus und Betty im Brinketal aufgeschlagen waren, ließen sie es sich wirklich gut ergehen. Nur wollte Kattenstroht in der ihm eigenen sparsamen Art das Maximum herausholen und alle Angebote ausnutzen. Und so begab er sich am Samstagmorgen zur Wassergymnastik ins Schwimmbad. Hier kommandierte die drahtige und patente Frau Schwarzmann das Heer der untrainierten Grauköpfe und brachte die Gäste dazu, in Unterwasserübungen Muskeln an sich zu entdecken, von denen sie entweder noch nie etwas gewusst oder die sie jedenfalls schon ewig lange nicht mehr gespürt hatten.
Kattenstroht war von Frau Schwarzmann und ihrer Art, als Vorturnerin vom Beckenrand die Gäste in Schwung zu bringen, sehr angetan. Ausführlich berichtete er seiner Betty von dieser engagierten, gutaussehenden Sportlerin und ließ es sich auch nicht nehmen, am Sonntagmorgen wieder zur Frühgymnastik zu gehen. Betty hatte leicht verschlafen abgewinkt und ihm viel Freude mit seinem „Töppken“ gewünscht.
Es kam, wie es kommen musste. Untrainiert, wie der Bürohengst Kattenstroht nun einmal war, überreizte er ausgerechnet bei der letzten Übung seine Lendenwirbelsäule, setzte mit dem linken Bein unglücklich auf und wusste von Stund an, dass er ein Problem im Kreuz hatte.
Zugeben wollte er das natürlich zunächst nicht, schon gar nicht vor Betty. Eine Woche drauf war der Kommissar aufgrund gepflegter Vermeidungsstrategien und komplizierter Fehlhaltungen fast bewegungsunfähig und schmerzgepeinigt. Der sonst so optimistische Kattenstroht sah schon nach einer weiteren Woche Pein seine Lebenspläne schwinden, von den geplanten Urlaubsreisen des Jahres gar nicht zu reden; er übte sich in Selbstmitleid und zwang sich doch noch eine gewisse Zeit zum Dienst, obwohl alle Welt nur noch den Kopf schüttelte über so viel Unverstand.
Die Kollegen im Präsidium rieten zu diversen Fachärzten, Chiropraktikern und Akademien; Staatsanwalt Stellmacher empfahl ein spezielles Rückentraining in einer bestimmten Muckibude und anschließend die verpflichtende Mitgliedschaft in seinem Golfclub; Betty schlug vor, Kattenstroht solle in Zukunft nur noch solchen Damen nacheifern, die im Verhältnis zu ihm als altersgerecht einzustufen seien. Nur die Söhne hatten Mitleid: Sie trugen ihrem Vater gelegentlich die Aktentasche zum Auto und verbrachten ihn ins Gefährt, führten vermehrt den kleinen Terrier Snoopy aus und füllten dem Vater wiederholt die Wärmeflasche, als er dann doch fast zwei Wochen zu Hause blieb, meist auf dem Sofa lag, las, fernsah und sich langweilte. Der Tag wurde nur unterbrochen von regelmäßigen Besuchen in der Klinik und bei seinem Professor. Die dann gesichert erstellte Diagnose war ebenso ärgerlich wie die aus ihr erwachsenden Konsequenzen: Kattenstroht musste zuerst auf Dauer gesunden – und dann seine Lebensführung ändern.
Just in dieser Phase trat Klara in sein Leben. Etwa 25 Jahre war sie alt, dunkelhaarig, schlank, sportlich frisch und schon mit reichhaltigen Kenntnissen über die menschliche Physis ausgestattet. Der Professor und der Verteilungsplan in der Klinik hatten ihr den bärbeißigen Kattenstroht zugewiesen, und nun hatten sie beide eine ganze Reihe von Rendezvous, bei denen allerdings die junge Dame Führung und Kommando hatte. Tatsächlich gelang es Klara, mit nachhaltigen Übungen, unablässiger Geduld, gutem Zureden und Ermuntern den anfangs völlig deprimierten Kommissar langsam wieder fit zu machen. Mit starker Hand lockerte sie seine Muskeln, sie brachte ihn zu Übungen und Bewegungen, bei denen er stets über den Schmerz hinausgehen musste, und stellte so den Gekrümmten allmählich wieder gerade. Aber es ging nur langsam aufwärts, und Kattenstroht musste mitmachen. Daheim und im Büro absolvierte er seine Übungen mehrfach am Tag, und auch wenn er gelegentlich noch zu verzagen drohte, besserte sich seine Situation doch von Tag zu Tag.
„Also: Dabei Bauchnabel gegen das Rückgrat drücken, Brust raus, Spannung halten, Atmen nicht vergessen!“, so führte er Mia Kunsleben und Kathrin Eilers einmal an der Fensterbank seines Büros eine ihm besonders kompliziert erscheinende Übung vor. Die Damen zeigten sich von den Fortschritten ihres Chefs angetan, aber Kathrin Eilers musste doch bemerken, dies alles erinnere sie an die Rückbildungsgymnastik nach der Entbindung ihres Erstgeborenen Niklas.
Auch von solchen Sottisen ließ sich Kattenstroht nicht entmutigen; er war inzwischen fast schmerzfrei, obwohl seine Bewegungen doch noch von Unsicherheiten geprägt waren. Die Besuche in der Klinik wurden ihm wichtiger und wichtiger – nicht nur wegen Klara, wie Betty spöttisch konstatierte, tatsächlich konzentrierte er sich mehr und mehr auf seine Körperlichkeit und merkte eben doch, was er über Jahre bewusst oder unbewusst vernachlässigt hatte. Die den anstrengenden Übungsphasen folgende Wärmetherapie genoss er daher intensiv. Von der Klinik ins Präsidium war es nicht weit, und dort konnte er Duschen und Umkleiden benutzen und gut vorbereitet in den Arbeitsalltag starten. Im Büro hatte er vor einigen Tagen einen neuen Schreibtisch bekommen, den er elektrisch hoch- und runterfahren konnte, um so im Wechsel stehend oder sitzend zu arbeiten. Natürlich hatte der neue Bürostuhl besondere orthopädische Einstellungen.
So konnte auch an diesem Dienstag Kommissar Kattenstroht dem Tag gelassen entgegendämmern. Ein leises Brummen und Vibrieren schreckte ihn dann doch sanft auf. Er brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass sich sein Handy in der Tasche seiner Windjacke geregt hatte. Den Klingelton hatte er abgestellt und eigentlich das Gerät ganz im Wagen lassen wollen. Im Büro wusste man, dass er in der Klinik war und sich nicht stören lassen wollte. Also musste sein Anruf von auswärts sein. Kattenstroht starrte wie gottergeben unter halb geschlossenen Augenlidern auf seine Jacke und befragte sich umständlich, ob er sich denn nun rühren oder doch die Therapie erst nach dem Glockensignal der Stoppuhr beenden sollte.
Tatsächlich ließ er die Vibration Vibration sein, blieb ruhig liegen, versank noch einmal in seine Träumereien und stellte erst nach Verlassen der Klinik auf dem Parkplatz fest, dass der Kollege Schücking von der Polizei im Brinkekreis sich vergeblich um Kontakt zu ihm bemüht hatte. Natürlich rief Kattenstroht umgehend zurück.
Schücking erkundigte sich zunächst nach den Rückenmalaisen des Kommissars, die inzwischen allen Kolleginnen und Kollegen im Müns-terland bekannt geworden waren. Niemand hatte sich nämlich erinnern können, dass Kattenstroht überhaupt einmal eine längere Zeit krankgefeiert hatte. Dann trug er dem Münsteraner Kollegen mit Bitte um Amtshilfe den Fall der vermissten Schulleiterin Cäcilia Sökeland vor. „Die Frau ist jetzt seit Samstagabend eine Nacht und zwei volle Tage verschwunden. Niemand hat auch nur eine Ahnung, wo sie stecken könnte. Heute Morgen fing übrigens die Schule in Rechterfeld wieder an, die war ja gestern wegen Karneval geschlossen. Ich habe hier eine lebhafte Kreispresse, die mich ständig mit Anfragen nervt, denn der Fall ist ja seit gestern rum. Wir müssen also Aktivitäten zeigen.“
„Gehen Sie denn von einem Gewaltverbrechen, Mord, Totschlag oder Entführung aus?“, wollte Kattenstroht wissen. „Haben Sie schon mal an Suizid gedacht?“
„Es gibt keinerlei Hinweise auf irgendein besonderes Ereignis! Kein Erpresserbrief, kein Abschiedsbrief, keine Blutspuren, keinerlei Rückschlüsse auf irgendeinen gewaltsamen Vorgang. Wir befürchten, dass die Sökeland einen Spaziergang gemacht, sich verlaufen hat und irgendwo hilflos im Wald liegt. Wir haben daher schon seit gestern Morgen die Wälder rund um Haus Bockhorst durchkämmen lassen. Da haben die Nachbarn und die Jägerschaft unsere Leute unterstützt. Ich habe für heute sogar eine Hundertschaft aus der Polizeischule zur Verfügung. Noch heute wird ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera die Rodorper Berge abfliegen. Wir sind hier also wirklich unter Strom. Mir wäre es daher sehr lieb, wenn Münster doch noch einmal die Wohnung der Frau Sökeland vor Ort inspizieren und besonders auch diesen Tanzmeister, der mit den Damen am Samstag herumgehopst ist, ansprechen und verhören könnte.“
Der Münsteraner Kommissar sagte umgehend zu: „Natürlich helfen wir. Es ist in dieser Dimension zwar streng genommen nicht unser Fall, aber ich kann meinen jungen Kollegen Schaap bitten, sich um die Wohnung zu kümmern. Frau Eilers ist heute und morgen im Dienst. Sie wird sich den Vortänzer vorknöpfen. Wir melden uns dann umgehend.“
Schücking bedankte sich und beendete das Gespräch. Kattenstroht bequemte sich vorsichtig in seinen Wagen. Auf dem Weg ins Präsidium begann es erneut zu regnen. „Gut, dass ich bei diesem schmuddeligen Wetter nicht durch die Wälder an der Brinke krabbeln muss“, sagte er sich. „Ist ja überhaupt nicht mein Fall! Zum Glück!“