Dr. Otto Beneke

Hamburgische Geschichten und Sagen

Dritte durchgesehene berichtigte Auflage von 1886

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort des Herausgebers

Vorwort zur ersten und zweiten Auflage

Vorwort zur dritten Auflage

1. Sagen von Hamburgs Entstehung

2. Der heilige Anscharius

3. Erzbischof Hoger

4. Poppo, der Heidenapostel

5. Papst Benedikt V. in Hamburg

6. Glindes Moor

7. Der Fährkrug in Horn

8. Blutige Vorzeichen

9. Mistewoi der Wende und Hamburgs Zerstörung

10. Erzbischof Unwannus

11. Von Naturwundern, Wassernot, Leichenknäueln und Grabhügeln

12. Adalbert, Erzbischof von Hamburg

13. Drei Burgen in Hamburg

14. Das Castell auf dem Süllenberge

15. Das große Blutbad in Hamburg

16. Graf Adolf I., Hamburgs zweiter Gründer

17. Die Rüstung des Fürsten Primislav

18. Der Bardowiker Gerechtsame

19. Des Hamburgischen Welthandels Begründung; Graf Adolf III. und Kaiser Friedrich I.

20. Aus des Grafen Adolf IV. Jugendzeit und von Hamburgs Geschicken

21. Vom Spökelberg

22. Graf Adolf IV. begründet Hamburgs Freiheit

23. Der Tag von Bornhövede, Adolf´s Gelöbnis und Sieg

24. Vom Bau des St. Johannis-Klosters

25. Die blauen Süstern

26. Graf Adolf IV. als Mönch

27. Das alte Harvestehude

28. Von Abschaffung der Feuerprobe

29. Herrn Dirk Wrak´s Großmut

30. Das helle Haus und das heiße Haus

31. Vom Schuljungen-Kriege

32. Vom Schandstein-Tragen

33. Vom ältesten Rathause und vom Junker Blomendahl

34. Der Brauerknechte Heldentum

35. Von der Hamburgischen Schuljugend im Mittelalter

36. Vom Kinder-Bischof zu Hamburg

37. Kindersegen

38. Isern Hinrik

39. Till Eulenspiegel in Hamburg

40. Die verwünschte Linde bei Harvestehude

41. Das Rolandsbild in Hamburg

42. St. Maria to´m Schare

43. Die Köpfe an St. Jacobi-Küsterei

44. Vom Claus Störtebeker und Godeke Michels

45. Simon von Utrecht

46. Die Cäcilienabend-Flut

47. Hamburger Treue

48. Ein glückliches Kriegsjahr der Hamburger

49. Johann Klehe

50. St. Ilsabe´n Haus

51. Dat lütte Rümecken

52. Dithmarscher Fehden. Martin Swartekopp und Ralev Carsten

53. Von einem geschickten Hamburger Kröpel

54. Palmsonntags-Prozession

55. Vom Lachs-Essen

56. König Christian I. in Hamburg

57. Die Hamburger mögen nicht Kreuzfahrer werden

58. Von einem seltenen Meisterstück

59. Der Hansen Krieg und Frieden mit England

60. Des Teufels Stiefeln

61. Hamburger wollen keinen Schimpf leiden

62. Ein vollkommener Bürgermeister

63. Die wunderbare Kohl-Wurzel

64. Die Hand, die aus dem Grabe gewachsen

65. Vom Cardinal Raymundus. Auch vom Hamburger Biere

66. Von Claus Schwarte, dem klugen Hauptmann

67. Wahrhaftige Historia, wie Claus Kniphoff, der große Seeräuber, von den Hamburgern überwältigt und gerichtet worden ist

68. Ditmar Kohl

69. Ein Turnier auf dem Pferdemarkt

70. Marx Meyer, oder was aus einem Hamburger Grabschmidt werden kann

71. Die Synode zu Hamburg

72. Der Frohn mißhauet einen Uebelthäter

73. Wahrhafte Historia von der Anwesenheit des Königs Christian III. von Dänemark in Hamburg

74. Der Schar-Kapelle Säcularisirung

75. Wibeke, die Putzenmakersche

76. Der ewige Jude in Hamburg

77. Die Schlacht bei Drakenburg

78. Von einigen Ungeheuern in der Elbe

79. Was Alles im Jahre 1557 passirt ist

80. Pestgeschrei und Schloßbrand

81. Bestrafter Kornwucher

82. Hermann Rodenborg

83. Vom Pastor Werner und allerlei Irrlehren

84. Der Hansen Spiele zu Bergen

85. Von Würden und Bürden der Brauerknechte

86. König Christian IV. in Hamburg

87. Der St. Catharinen-Thurm und eine Prophezeiung

88. Die Meer-Jungfer

89. „Lewerenz sin Kind“

90. Das Englische Ruderboot

91. Die Hansischen Gesandten bei König Gustav Adolf von Schweden

92. Der Winterkönig in Hamburg

93. Schiffs-Aufliegung bei Neumühlen

94. Die Fastelabend-Fluth

95. Marcus Meyer und der St. Marcus-Platz

96. Nach Spandau fahren

97. Von Wärwölfen

98. Vom Gesundbrunnen

99. Von einer Entführung

100. Die Hamburgischen Frauen

101. Ein guter und ein schlechter Trinker

102. Elephant, – Neger, – Mißgeburt

103. Johann Körner´s Schuld und Sühne

104. Die Unterirdischen zu Blankenese und Herr Rist

105. Wie ein Physicus an einer Ohrfeige starb

106. Königin Christina von Schweden

107. Von der Kleider-Ordnung

108. Vom Schweinekrieg

109. Des Gehängten Besuch

110. Von einem Selbstmörder

111. Von einem Zankteufel

112. Vom Christinenpförtchen

113. Wie ein Trunkenbold kuriert wird

114. Eine unglückliche Liebesgeschichte

115. Mag. Lange’s Ärgernis

116. Von einem Herzoge und einem Hamburger Bürger

117. Hans mit Gott

118. Des Kindes Gebet

119. Eine wunderbare Rettung

120. Von einem feinen Diplomaten

121. Abermals vom Hamburgischen Frauenzimmer

122. Von ochsigen Dingen

123. Von Herrn Stoltenbarg

124. Von einer alten Einhüterin

125. Wat man sick van Altona vertellt

Impressum neobooks

Vorwort des Herausgebers

 

Das Buch Hamburger Geschichten und Sagen von Dr. Otto Beneke ist echtes Hamburger Kulturgut. Wir entdeckten das Buch bei Recherchen zu unseren Stadtteilrundgängen und erwarben es im Antiquariat. Auf Anhieb waren wir berührt von der Sprache und den Geschichten. Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um die dritte, durchgesehene und berichtigte Auflage von 1886! Die erste Fassung stammt aus dem Jahr 1853.

 

Schon bald reifte in uns der Gedanke, dieses Werk als eBook aufzubereiten und damit einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Wir haben die Rechtschreibung zur besseren Lesbarkeit leicht angepasst. Der Satzbau des originalen Werkes ist vollständig erhalten geblieben. Es ist ein Genuss, die Ausdrucksweise des ausgehenden 19. Jahrhunderts auf sich wirken zu lassen. Die Kapitel-Überschriften entsprechen dem Original, ebenso einige Worte, die heute nicht mehr zum allgemeinen Sprachgebrauch zählen.

 

In diesem Buch begegnet uns wiederkehrend der Begriff E. E. Rath. Dies steht für „Ein Ehrwürdiger Rat“. Der Hamburger Rat ist der mittelalterliche Vorgänger des heutigen Hamburger Senates. Der Rat bestand seinerzeit aus 20 bis 30 ehrenamtlichen Mitgliedern, meist wohlhabende Grundeigentümer und Kaufleute.

 

Der Autor, Dr. Otto Aldabert Beneke wurde am 8.10.1812 in Hamburg geboren. 1836 ließ er sich als Anwalt nieder. Bereits im Jahre 1840 trat er jedoch eine Stelle im Hamburger Staatsarchiv an. Aus dieser Tätigkeit heraus schrieb er das vorliegende Buch.

Wir wünschen allen Lesern ein wunderbares Leseerlebnis. Die Fotos zu einigen Kapiteln haben wir aus unserem eigenen Bild-Archiv hinzugefügt. Wir freuen uns über Anregungen und Kommentare zu diesem eBook. Senden Sie uns gerne eine E-mail an redaktion@viadavinci-citytours.com senden.

 

VIA DA VINCI.dialog GmbH

 

Hamburg, Dezember 2013

Vorwort zur ersten und zweiten Auflage


Die alte Stadt Hamburg ist fast arm zu nennen an Sagen und Legenden der Vorzeit; sie mögen in Folge der früheren häufigen Zerstörungen mit den vielen Denkmälern des Altertums, an welche sie geknüpft waren, untergegangen sein. Sagenhafte, durch mündliche Überlieferung von Tatsachen gebildete Erzählungen, wozu viele der geschriebenen Chroniken zählen, sind weniger selten. Reich aber sind wir durch die bedeutungsvolle Vergangenheit unserer Stadt, an solchen historischen Momenten, welche sich füglich aus ihrem Zusammenhange nehmen und in die Form von Geschichten bringen lassen.

Aus einer diese drei Gesichtspunkte umfassenden Sammlung teile ich hier in einer Anzahl Geschichten und Sagen den Versuch mit: nicht nur verhallende Kunden festzuhalten, oder Denkwürdiges aufs Neue zu berichten, sondern aber auch durch eine Reihe chronologisch geordneter Geschichten einige charakteristische Zeit- und Sittenbilder zur klaren Anschauung zu bringen.

Die Vielseitigkeit des Stoffes möge der Mangelhaftigkeit im Einzelnen zur Entschuldigung dienen. Für die früheste Geschichte und die Gestaltung Hamburgs als freie Stadt, glaube ich ein vorzügliches Interesse ansprechen zu dürfen. Verschiedene Kriegsbilder und Hanseatische Erinnerungen bezeichnen nicht nur das Verhältnis zum Auslande, sondern auch die Stufe der damaligen Macht und Größe. Bei Darstellungen der inneren Ereignisse ist sowohl auf die Topografie der alten Stadt, als auch auf die Sitten, Gebräuche, Vorstellungen, Tugenden und Fehler ihrer derzeitigen Bewohner in Betracht genommen. Schon aus dieser Rücksicht verdienen wohl die mitgeteilten Verbrecher-Geschichten, so wie neben solchen Nachtseiten auch manche gemütliche Züge aus dem bürgerlichen Privatleben und einige ergötzliche Schwänke der Altvordern, ihre gebührende Stelle.

In Betreff vieler Sagen, so wie der volkstümlichen Geschichten bin ich meistenteils den alten handschriftlichen Chroniken gefolgt, welche sie am ursprünglichsten bewahrt haben. Nicht ohne Absicht ist auch vielfach die Sprache und Erzählungsweise derselben beibehalten, so weit es dem Verständnis nicht schadete.

Gern lassen wir uns die Vergangenheit unserer Eltern, ihre Handlungen und Begebnisse erzählen; selbst unerhebliche Züge aus ihrer Jugendzeit vernehmen wir mit lebhaftem Interesse. Vielleicht werden auch die folgenden Bilder aus den verschollenen Tagen userer Vorfahren einige Teilnahme bei den Nachkommen finden.


Hamburg, am 28. November 1853


Dr. Otto Beneke

Vorwort zur dritten Auflage



Gegen des Verfassers Erwarten besteht zur Zeit noch immer eine freundliche Nachfrage nach diesen althamburgischen Erzählungen, deren frühere Auflagen längst vergriffen sind, so dass einzelne Exemplare nur antiquarisch bezogen werden können. Dankbar für solche dem Buche erwiesene Geneigtheit, entschloss sich der Verfasser zur Veranstaltung dieser dritten Auflage, obwohl ein vollständiges Vergriffensein seines Buches bei Lebzeiten des Autors demselben immerhin eine gewisse Befriedigung gewährt.

Bei der deshalb erforderlichen Revision sind einige kleine Berichtigungen und Verbesserungen vorgenommen, auch manche durch die inzwischen eingetretenen faktischen Veränderungen gebotene Zusätze eingeschaltet.


Hamburg, im Mai 1886.


Dr. O. B.


1. Sagen von Hamburgs Entstehung

(Um 805.)



Als nach der großen Sintflut Noahs zweiter Sohn, Ham, mit Weib und Kind in die weite Welt gegangen war, da ist er auf seinen Fahrten auch in diese Gegend der Unterelbe gekommen und hat ein festes Haus gebaut auf der Höhe der Uferberge, und hat es nach seinem Namen Hams Burg oder Hamburg genannt, und einige seiner Söhne nebst ihren Weibern und Kindern darin gelassen. Und diese haben sich rund umher angebaut, und eine Stadt gegründet, und das ist der Ursprung Hamburgs und die Abstammung der Hamburger, - also meinen einige.

Andere sagen: Als das griechische Heidentum im Morgenlande zerstört worden war, da ist ein Schwarm Heiden, welche den Jupiter Ammon oder Hammon am höchsten verehrt und nicht von ihm hat lassen wollen, in diese Gegend gekommen, allwo sie ihrem Abgotte ein neues Heiligtum erbauet, sich rings umher niedergelassen und befestigt, und diese Stätte Hammonsburg genannt haben. Und davon rührt der noch heut zu Tage übliche Name der Stadt Hammonia her, welche absonderlich gern von den Poeten gebraucht wird. Als Kaiser Karl der Große aber gekommen ist, da hat er diesen Götzendienst gänzlich abgeschafft und die christliche Lehre eingeführt und einen Dom nebst fester Burg dazu gebauet, den alten Namen aber hat er gelassen.

Wieder andere sagen: Hier zu Lande haben Deutsche gewohnt aus dem Stamme der Sachsen, die Wald- oder Holt-Sassen, deren Name in Holsaten oder Holsten sich verkehrt hat, daraus des Landes Namen Holtseen oder Holstein entstanden ist. Das möchte nun soweit ganz richtig sein. Diese alten Sachsen haben (so sagen jene) unter den vaterländischen Gottheiten hauptsächlich den Thor oder Asathor verehrt, den sie Hamons genannt haben, welcher an der Stätte, wo jetzt Hamburg steht, sein Heiligtum gehabt hat. Daher ist sie geheißen Hamonsburg oder Hammenburg. Karl der Große hat dann solch heidnisches Wesen der Sachsen zerstört und sie zum Christentum geführt. Also ist der Name Hammonia von dem Beinamen des Altgermanischen Gottes Thor entstanden.

Noch andere sagen: Hier habe ein unmenschlicher Riese und großer Fechter gehaust, mit dem Namen Ham, welcher hier von den gewaltigen Nordlandshelden Starkater (Stark=Attr) im offenen Kampfe ist erschlagen worden. Und den Ort, da er gewohnt, den habe man Hamburg genannt.

Auch heißt es, die Bewohner dieser Stätte hätten neben dem Fischfange auch viel Viehzucht getrieben, und es verstanden, sonderlich gute Schinken, Rauch- und Pökelfleisch zu bereiten, so dass man ihre Stadt danach benannte Hammen-Burg, will sagen Schinken-Stadt, da man in damaliger Sprache einen Schinken oder Bug oder Schulterknochen eine Hamme geheißen habe. „Was ich aber mehr auf seinen Unwert, denn auf seinen Wert beruhen lassen will, obwohl es gar keine Erklärung scheint, wenn man an die schönen Stücke Fleisch denkt, so allzeit in unserer guten Stadt geräuchert und von hier in die weite Welt verführet worden sind“, fügt der kluge Erzähler dieser Sage hinzu.

Wunderlich ist es, dass einige sonderbare Bierfreunde den Namen unserer Stadt, in der vor Zeiten das beste Bier der Welt gebraut wurde, mit dem fabulösen Biergötzen Gambrinus in Verbindung bringen, und sagen, es habe geheißen Gambrins Burg, woraus Gamsburg und daraus Hamburg geworden. Der Name der Marschlandschaften (Alt- und Neu-) Gamme hänge damit zusammen, denn von daher sei Hopfen und Malz zum Hamburgischen Brauwerk gekommen. So sinnreich auch diese Etymologie ist und so vielen Beifall sie heut zu Tage in unseren wieder erstandenen Bierhallen finden möchte, so kann man ihr dennoch mit Fug nicht beifallen.

Übergehend noch viele andere meist unstatthafte oder unwahrscheinliche Sagen über Hamburgs Namen und Ursprung, z.B. von dem Stamme der Gambrivier, die aber hierorts niemals gehauset haben, ist dagegen noch diese anzuführen: In dieser Gegend habe das edle Geschlecht derer von Hamme gehauset, welche in diesem jetzigen Dorfe Hamm ihren Wohnsitz gehabt; diese Herren hätten vor Karls des Großen Zeiten eine Burg näher der Elbe gebaut, worauf der Kaiser ihnen Burg und Burgfrieden abgekauft habe.

Gewiss ist, das die alten Niedersassen eine große Waldung mit dem Namen Hamm oder Hamme bezeichnet haben, wie auch dass die ganze Gegend der Bill-, Alster- und Elbniederung eine große Waldung gewesen ist. Gewiss auch ist, dass davon die Ortschaft Hamm ihren Namen trägt, und dass die Herren von Hamme, Ritter und Knappen daselbst gelebt haben. Nur so viel später, dass man sie nicht züglich als Gründer der ersten Hammaburg ansehen kann. Diese wird von Karl dem Großen gegründet und nach der umliegenden Hamme (Waldung) also benannt worden sein. Denn noch später hieß man die Holzung, die vor Entstehung des St. Jakobi- und St. Georgs-Kirchspiels auf deren Grund und Boden stand, die „Hamme“, aber nur in dem heutigen Dorf Hamm ist der alte Name für die gesamte große Waldung übrig geblieben.

Es geht hiermit wie mit vielen Dingen menschlichen Wissens, es ist Stückwerk, davon der alte Spruch gilt:

„Ich weiß davon nichts kundhaft Wahres,

Wer´s aber weiß, der offenbar´ es.“

2. Der heilige Anscharius

(831 – 865.)



Karls des Großen Absicht: das von ihm gegründete Hamburg nicht nur zu einem Bollwerk der Christenheit gegen die germanischen und slawischen Heiden im Norden und Osten, sondern auch zu einer Pflanzstätte christlicher Lehre und Bildung zu erheben, wurde von seinem Sohne und Nachfolger gefördert. Und als deshalb im Jahre 831 Kaiser Ludwig der Fromme Hamburg zum Sitz eines Erzbistums gemacht hatte, wurde Anschar, ein junger, dreißigjähriger Mönch, erzogen für seinen ernsten Beruf in dem berühmten Kloster zu Corvey, der bereits als Missionar die Länder des Nordens durchzogen hatte, zum Erzbischof von Hamburg erkoren. Des Kaisers Bruder Drogo, Erzbischof von Metz, weihte ihn, und nachdem der Papst Gregor IV. ihm den erzbischöflichen Mantel geschickt hatte zum Zeichen seiner Bestätigung (834), kam er, sein hohes Amt anzutreten, nach Hamburg, wohin er, außer vielen Reliquien und wertvollen Heiligtümern, auch eben so viel frommen Eifer als Geschick zur Erfüllung seiner Bestimmung mitbrachte.

Hamburg war damals noch ein kleiner Ort. Ein Kastell, eine Kirche, einige Wohnungen der Geistlichen, einige Gassen rings umher, etwa von dem Umfange des heutigen St. Petri-Kirchspiels. Anschar vergrößerte sogleich die Kirche, den Dom, den er herrlich ausschmückte, errichtete daneben ein Kloster, das er mit gelehrten Benediktinern aus Corvey besetzte, und gründete eine von diesen besorgte Schule, welcher der Kaiser eine kostbare Bibliothek schenkte. Dies war die Pflanzstätte, aus der die Heidenapostel des Nordens hervorgingen. Leibeigene Knaben kaufte Anschar von den Dänen und Slawen der Umgegend, und ließ sie für denselben Zweck erziehen und ausbilden. Er baute rings umher im Holsteinischen viele Kirchen, zB. zu Bramstedt, Kellinghusen und in dem heutigen Dorfe Willenscharen an der Stör, dessen Name aus Villa Anscharii entstanden ist. Er sorgte für Schulen und Armenpflege, spendete geistliche wie leibliche Wohltaten, wo er nur konnte, und bereiste unablässig seinen weiten Kirchensprengel, um selbst seine begonnenen Werke zu fördern, Kaiser und Papst unterstützten ihn bereitwillig und er selbst gab gern sein väterliches Erbe dem Dienste Gottes hin, in Demut und Mäßigkeit mit ärmlichster Nahrung und Kleidung zufrieden. Glücklich gedieh sein Werk, und auch die kleine Stadt Hamburg blühte unter seinen Augen immer stattlicher auf.

Als aber (840) Kaiser Ludwig verstorben war, da begannen mancherlei Drangsale das Erzstift Hamburg heimzusuchen. Die zu Anschar´s frommen Zwecken angewiesenen Einkünfte des reichen Klosters Turholt in Flandern wurden ihm entzogen; dass er selbst mit seinen Priestern in Folge dessen kärglich leben musste, bekümmerte ihn wenig, aber dass er nun seine Wohltätigkeit verringern, seine Fürsorge für Hamburg beschränken, und den inneren Ausbau des Erzstifts, wie das Werk der Heidenbekehrung fast ganz einstellen musste, das schmerzte ihn tief. Dazu kam noch größere Not: der Krieg.

Die Normannen oder Dänen, unter ihrem König Erik dem Älteren, einem Feinde des Christentums, die bereits die Nordseeküsten verheert hatten und rheinaufwärts bis Köln vorgedrungen waren, kühne Barbaren, deren Wildheit so erschreckend war, dass man in der Kirchenlitanei sang: „vor dem Grimme der Normannen bewahre uns lieber Herre Gott“, - diese erschienen urplötzlich auf der Elbe und vor Hamburg.

Es war gegen Abend, als die bestürzten Hamburger die Elbe von den normannischen Schiffen bedeckt sahen; kein geordneter Widerstand war vorbereitet; die kleine Bürgerschar der Stadt und die wenig zahlreiche Besatzung der Burg konnten für den Schutz Anschar´s und der Kirche nichts versprechen. Dennoch wurde der Kampf versucht; aber die Scharen der Feinde, die unaufhörlich landeten, wurden immer zahlloser. Ihre Schiffe waren zwar nur klein und fassten kaum dreißig Männer aber deshalb hatten sie durch die seichten Elbarme bis dicht an die Stadt kommen können, und die Menge der Schiffe war unabsehbar. Anschar selbst, so verlockend ihm auch der Märtyrertod vorschweben mochte, gebot den tapferen Hamburgern, innezuhalten und auf Rettung ihres Lebens durch schleunige Flucht bedacht zu sein, da Kampf wie Tod gleich fruchtlos sei. Nun suchte zu entrinnen wer konnte, die länger Verweilenden, die etwa noch Weiber, Kinder oder Güter retten wollten, fielen mit diesen den wilden Feinden in die Hände. Sie stürmten heran mit Feuer und Schwert, noch vor Abend hatten sie das Kastell und die Stadt ersiegt, die wehrhaften Männer und viele Greise, Frauen und Kinder erschlagen, die Nacht, den folgenden Tag und noch die nächste Nacht hindurch geplündert, gemordet und gesengt, beim Feuerscheine der brennenden Stadt gezecht und gejubelt, dann erst zogen sie ab, die Kirchenschätze und sonstigen großen Raub und gefesselte Gefangene führten sie mit sich auf die Schiffe, einen Schutt- und Trümmerhaufen ließen sie hinter sich zurück.

Anschar hatte, alles Irdische preisgebend, nur sein nacktes Leben und die teuersten seiner Reliquien gerettet; auf Umwegen erreichte er an einsamer Stelle das Ufer der Elbe, ein Fischerkahn trug ihn unerkannt aufs jenseitige Land, von wo aus er nach Bremen ging, um bei dem dortigen Bischof Leuderich Zuflucht und Hilfe zu suchen. Aber dieser, dem das neue Erzstift Hamburg ein Dorn im Auge, und Anschars Unglück eine Freude war, versagte ihm beides, verbot ihm die Stadt und wies ihn ins Elend.

Durch die öden menschenleeren Heiden und Moore der heutigen Bremischen, Verden´schen und Lüneburgischen Lande irrte nun der geächtete Mann Gottes lange Zeit umher, ohne Ruhestätte, ohne Schutz, in steter Lebensgefahr. Da erweckte Gott das Herz einer frommen Edelfrau, der Ikia oder Ida, die im Bardengau im Lüneburgischen wohnte; sie erkannte ihn, nahm ihn gastlich auf und pflegte ihn; dann schenkte sie ihm eins ihrer Güter Ramsola (das heutige Ramelsloh an der Seeve unweit Harburg) zum bleibenden Zufluchtsort und Unterhalt. Dort barg nun Anschar seine Reliquien, dort baute und stiftete er alsogleich ein Kloster, in welchem er seine Getreuen wieder um sich sammelte, um mit ihnen vereint die Wiederherstellung des Erzstifts, die Förderung des unterbrochenen Werkes vorzubereiten.

Dies gelang auch vollständig, nachdem bald darauf (847) Bischof Leuderich gestorben war. Die Mainzer Kirchen-Versammlung übertrug das Bistum Bremen dem frommen Anschar, und fortan blieben beide Stifter Hamburg und Bremen als ein Erzbistum vereinigt.

Die fromme Edelfrau aber lebt im Volksmunde dortiger Gegend noch heutigen Tags als Gräfin Ida fort, welcher man die Stiftung vieler Klöster und Kirchen gläubig zuschreibt.

Durch Anschar´s tätige Fürsorge wurde das verödete Hamburg schnell wieder aufgebaut; Burg, Dom, Kloster und Schule erhoben sich schöner aus den Trümmern; eben so bald sah man rings umher eine Stadt voll fleißiger Bürger wieder erstehen; und ein günstiger Vertrag mit dem Dänenkönig Erik dem Jüngeren sicherte für viele Jahre sowohl eine ungestörte Ausbreitung des Christentums, als ein rasches Aufblühen des inneren Verkehrs der verjüngten Stadt Hamburg.

So wirkte der fromme Anschar weiter bis an sein Lebensende, und erfüllte seinen Beruf im allerweitesten Umfange. Er starb in Bremen, 64 Jahre alt, Ao 865, an dem Tage, an welchem ein früherer Traum ihm seinen Tod vorher verkündigt hatte, - so wie nur ein frommer, gottbegeisterter Mann zu sterben vermag. Er wurde daselbst unter allgemeiner Trauer mit großer Feierlichkeit bestattet. Seinen Reliquien wurde große Verehrung gezollt, und er selbst vom Papste Nicolaus I. heilig gesprochen, wie denn sein Todestag, der 3. Februar, in der katholischen Kirche noch heute gefeiert wird.

Der heilige Anschar war ein sehr edler und ebenso wahrhaft großer Mann. An Milde, Demut, Mäßigkeit und Reinheit übertraf ihn keiner. Aber unter allen seinen vielen Tugenden war die Wohltätigkeit eine der größten, so dass sein Lebensbeschreiber und Nachfolger, der heilige Rembert, von ihm sagen konnte: er war des Blinden Auge, des Lahmen Fuß, der Witwen und Waisen Vater.

Sein Andenken hat sich auch in Hamburg Jahrhunderte lang lebendig gehalten. Sein Bild, früher im Dom, ist bekanntlich später in die Petrikirche gekommen und neuerdings schmückt auch sein Standbild in Stein die Trostbrücke.

3. Erzbischof Hoger

(909-915.)


Nach des Erzbischof Adalgar´s Tode im Jahre 909 folgte ihm sein bisheriger Gehilfe Hoger, ein vormaliger Mönch aus dem Kloster Corvey. Papst Sergius schickte ihm das Pallium und König Ludwig das Kind, der letzte Karolinger, den Hirtenstab. Sein Regiment dauerte nicht lange und fiel in eine unglückliche Zeit, in der das arme Sachsenland von den Verheerungen der Dänen und Slawen einerseits, wie der Ungarn und Böhmen andererseits entsetzlich zu leiden hatte. Namentlich wurde der Hamburgische Sprengel von den Slawen furchtbar heimgesucht.

Erzbischof Hoger war ein frommer, reiner Mann; mit großer Strenge überwachte er die Geistlichkeit, zur Aufrechthaltung guter Kirchenzucht. Und wie er deshalb öfter die Klöster und Stifter besuchte, so eilte er auch, wenn er sich zu Hamburg aufhielt, gar häufig mitten in der Nacht nach Ramsola (Ramelsloh), wo er zur Zeit der Frühmetten ankam, um zu erforschen, ob auch die Klosterbrüder dieselben nach der Regel feierten. Mit Eifer sorgte er, sich selbst und die Seinigen im Glauben wie in der Liebe und in guten Werken stark zu erhalten, damit er dereinst sprechen könne: „Siehe, Herr, hier bin ich und die Kinder, die du mir gegeben hast.“

Er starb zu Bremen Ao. 915 und wurde daselbst in der St. Michaelis-Kirche bestattet. Und als man 125 Jahre darauf die Begräbniskapelle abbrach und das Grab öffnete, fand man außer den Kreuzen des Palliums und dem Kopfkissen nichts von den sterblichen Überresten des Erzbischofs. Und dies wurde gedeutet, dass mit dem frommen Hoger, wie einst mit Johannes dem Täufer geschehen sein soll, bereits die Wiederauferstehung vollführt sei.

Die Sage aber von Hoger´s nächtlichen Fahrten nach Ramelslo hat sich noch lange unter den Hirten und Bauern der dortigen Gegend erhalten; und wenn dort, wo das alte Kloster des heiligen Anscharius bis vor kurzem noch als protestantisches Herren-Stift bestand, in stiller Nachtzeit ein plötzlicher Windstoß über die Heide und durch die Bäume fährt, oder sonst ein ungewöhnliches Getöse sich regt, so sagen die Leute: „de olle Bischop kummt, dat Stift to visiteren.“

4. Poppo, der Heidenapostel

(Um 962.)


Um die Zeit, als Adaldag Erzbischof war, da wurde von Hamburg aus wiederum ein Verkündiger des Evangeli an die Dänen abgeordnet, um dasselbe unter ihnen neu zu beleben. Hierzu war ein frommer, glaubensstarker und gottvertrauender Priester der Hamburgischen Kirchen ausersehen, Poppo geheißen.

Als dieser vor dem Dänenkönig Harald (andere nennen ihn Erich) erschien, tadelte er denselben mit freimütigen Worten, dass er samt seinem Volke von dem Christenglauben seiner Väter abgefallen sei und sich dem Dienste der Götzen und Dämonen wieder zugewandt habe. Durch die Kraft seiner Rede zwar betroffen, forderte dennoch der König, dass Poppo vor allem Volke durch wunderbare Zeichen die Göttlichkeit des Christentums bewähren sollte, dann wolle er glauben. Und am nächsten Tage, als der König das Volk an einem ihm heiligen Orte versammelt hatte, hub Poppo mit Gottes allmächtigem Beistande und voll Begeisterung für das Evangelium ein ungeheuer schweres Stück glühenden Eisen und hielt es vor aller Augen lange Zeit erhoben, ohne dass es ihm die Hände im geringsten verletzt hätte. Und obschon dies jeden Zweifel hätte beseitigen können, so tat der heilige Mann noch ein zweites Wunder als Zeugnis für die Göttlichkeit der Lehre, die er predigte, indem er ein mit Wachs bestrichenes Gewand anzog und dasselbe, mitten im Kreise der Heiden, in Gottes Namen anzuzünden befahl. Augen, Hände und Herz gen Himmel erhebend, ertrug er die lodernden Flammen, die über seinem Haupte zusammenschlugen, so geduldig, dass er, nachdem sein Gewand zu Asche verbrannt, mit freudigem und liebreichen Blick und Wort bezeugte, er habe kaum den Rauch des Brandes gespürt. Durch solche Wunder wurden der König und alle Anwesenden bekehrt, sie ließen sich taufen und nahmen willig das Christentum an. Poppo´s Name und Andenken wurden von da an unter dem Volke und in den Kirchen der Dänen hoch gefeiert.

Und diese Wunder sollen sich nach einigen zu Ripen zugetragen haben, nach anderen in Haddeby bei Schleswig.

Der Kaiser aber, hoch erfreut über Poppos gesegnete Wirksamkeit, die dem Hamburgischen Hochstifte zu großem Ruhme gereichte, ließ ihn als Bischof von Schleswig ordinieren; und erst ums Jahr 1030 soll er verstorben sein.

5. Papst Benedikt V. in Hamburg

(965.)


Als Kaiser Otto der Große im Jahre Christi 965 wiederum einen Römerzug tat, da setzte er dem vom Volke zu Rom zum Trotz erwählten Gegen-Papst Benedict V. ab, und übergab ihn zur Aufsicht dem Hamburgischen Erzbischofe Adaldag, der ihn begleitet hatte. Adaldag, ein geborener Herr von Mayendorf, welcher im Jahre 936 an des Unno Stelle Erzbischof über Bremen und Hamburg geworden war, hatte zuvor dem Kaiser Otto als Kanzler wohl gedient, darum begehrte derselbe auch schon 962 bei seinem Zuge nach Italien seinen Beistand, und behielt ihn bei sich, so dass Adaldag nur aus der Ferne sein Erzstift verwalten konnte, wie er denn z.B. vom Heiligen Anschar gegründete berühmte Domschule verbesserte und zu ihrem obersten Lehrer und Rektor den gelehrten Diethelm bestellte. Aber im Jahre 965 beurlaubte der Kaiser seinen treuen Kanzler, und befahl ihm die Obhut über Benedict V., der sein Vaterland lassen und ins Exil gehen musste.

Also kam nun der verbannte Papst nach Hamburg, wo er vom Erzbischof in hohen Ehren gehalten und wohl gepflegt wurde, denn er war ein frommer gelehrter Herr, der des apostolischen Stuhles wohl würdig gewesen wäre, wenn er diese Würde nur in keiner so ordnungswidrigen Weise, vom Volke zu Rom erlangt hätte. Der kränkliche geistliche Herr konnte wohl unser raues Wetter nicht vertragen, da er´s milder gewohnt gewesen war, und manchmal soll er fröstelnd zur Sommerzeit zu seinem Caplan, einem Hamburgischen Bürgerssohne, gesagt haben: „bei Euch Hyperboräern kann kein Italisch Herz warm werden.“ Der arme verbannte Kirchenfürst mochte aber noch mehr an Gram und Kummer über sein Unglück leiden, was an seinem Italischen Herzen noch mehr nagte, als die hyperboräische Kälte! Aber fromm und gottesfürchtig war sein Wandel, so lange er noch in Hamburg unter den Lebenden weilte, allen, Geistlichen wie Laien zu einem erbaulichen Exempel. Täglich zu mehreren Malen betete er in den Kirchen und Kapellen, beichtete oft und verzieh von Herzen seinen Widersachern, übte auch eine große Mildigkeit gegen Arme und Kranke, wurde aber immer bleicher und schwächer.

Und in jenen Tagen hat er viel Nachdenkliches geweissagt, nämlich, dass er hieselbst bald sterben und sein Leib begraben werden würde, dass dann eine schreckliche Zerstörung und Verwüstung dem Stifte und der Stadt Hamburg bevorstehe, dass wilde Tiere in deren Trümmern hausen würden und dass auch das ganze Land, solange sein Leib darin begraben liege, den Frieden nicht sehen würde; dass aber dereinst seine Gebeine in seine teure Heimat nach Rom versetzet, und dass als dann durch die Fürsorge der päpstlichen Macht die Heiden und sonstigen Widersacher Hamburgs völlig besiegt und vertrieben werden würden, worauf Wohlfahrt und Glück wieder einkehren dürfe.

Und also ist es gekommen. Der fromme Herr Benedict wurde bald so krank, dass er nicht mehr die Kirchen besuchen konnte und am 4. Juli desselben Jahres 965, da er hierher gekommen, entschlief er in dem Herrn sanft und ergeben, und ward begraben von allen Kapitels- und Ordens-Geistlichen mit ernster Pracht im Chore der Domkirche, und ward beweint von allen Frommen und allen Armen. Man sagt, dass der Kaiser ihn gerade habe auf St. Peters Stuhl zurückrufen wollen, als sein früher Tod dazwischen getreten sei.

Danach aber ist eine große Verheerung ins Land gekommen, erst durch die Normannen, die Askomannen, d.h. die aischen (bösen) Männer; danach durch die Wenden und Slawen, welche noch schrecklicher wüteten mit Feuer und Schwert und barbarischer Grausamkeit, Hamburg von Grund aus zerstörten, Geistliche und Bürger mordeten oder in die Sklaverei schleppten, den Dom einäscherten und entsetzliche Gräuel verrichteten.

Inzwischen aber waren nach etlichen 30 Jahren die Gebeine des verstorbenen Papstes mit Erlaubnis Kaisers Otto III. nach Rom gebracht und daselbst feierlich bestattet. Und da begann auch der letzte Teil von Benedict´s Weissagung wahr zu werden, denn vom Kaiser auf päpstliches Andringen unterstützt, führte der Sachsen-Herzog Benno oder Bernhard II. einen glücklichen Krieg gegen die Wenden und Slawen, die er siegreich unterjochte. Alsbald wurde Hamburg durch den Herzog und den Erzbischof Unwannus wieder aufgebaut und die Stadt erblühte schöner als je zuvor, Glück und Segen kehrten von Neuem ein, wie der fromme Papst es vorher verkündigt hatte.

Derselbe, den man noch jetzt in der katholischen Christenheit als einen Märtyrer und Heiligen verehrt, hat später in Hamburg ein Denkmal erhalten. Da sein Gedächtnis noch nach Jahrhunderten frisch geblieben, so errichtete die dankbare Nachwelt ihm ein Monument in der Domkirche, an der Stelle, wo vordem seine Gebeine geruht hatten, ehe sie nach Rom gebracht wurden; es soll ein steinerner Sarkophag mit Bildwerken und Inschriften gewesen sein. Gott weiß wann und wie er verfiel oder zerstört wurde. Aber danach wurde er durch ein anderes Denkmal ersetzt, an derselben Stelle, das bestand in einem Grabsteinbild, 1 Fuß erhaben aus dem Boden hervorragend, worauf das päpstliche Bild im Ornat, und ringsherum Bilder von Aposteln, Heiligen, kämpfenden Ritterfiguren nebst einer Inschrift in Mönchsbuchstaben, zu sehen war. Dies Denkmal hat gestanden, solange der Dom stand, und sogar die Reformation überdauerte dies Kunstwerk, obwohl zuletzt in vermindertem Ansehen. Denn als in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einmal ein Fremder dies Denkmal zu sehen wünschte und deshalb auf der Straße einen im roten Mantel mit langem Degen gar stattlich einherschreitenden Handelsherrn fragte: wohin der Weg gehe zu Papst Benedicts Monument? Da soll dieser den Butenminschen ziemlich verständnislos aber sehr selbstbewusst angeblickt und dann barsch geantwortet haben: „Wat geiht mi de Papst an, ick gah na de Börs´!“- Doch vergessen blieb das Denkmal nicht, und so blieb es bestehen solange die Domkirche bestehen blieb. Erst bei deren Abbruch i. J. 1805 ist es verschwunden. Damals mögen viele Wenden und Slawen, Abkömmlinge jener alten Zerstörer des alten Doms, unter den Werkleuten gewesen sein, - die sind nicht allzu säuberlich mit den Denkmälern der Vorzeit umgegangen; unsäglich viele Altertümer und Kunstwerke, die im Dom bewahrt wurden, sind seitdem verschwunden, untergangen, vernichtet. Abbildungen dieses Denkmals kann man in den älteren Hamburgischen Geschichtswerken finden.

6. Glindes Moor

(Um 995.)


Damals, zur Zeit des Erzbischofs Libentius II., als die Normannen wiederum die Küsten der Nordsee mit Feuer und Schwert heimsuchten, landeten auch großen Scharen dieser kühnen Räuber, die unser Volk die Askomannen nannte, in der Weser, von wo aus sie die ganze Gegend bis an die Elbe, von Leesum bis zum Lande Hadeln, ausplünderten und Männer, und Männer, Weiber und Kinder, so viel sie deren nicht erschlagen hatten, als Sklaven mit sich fort führten.

Und da sie nun ihren ferneren Raubzug auf die Stadt Hamburg richteten, unterwegs aber in ein Irrsal von weiten Sümpfen, Mooren, Wäldern und wüsten Heiden gerieten, so zwangen sie einen Edlen dieser Gegend, den Herward, dass er ihnen als Wegweiser diene. Der aber hasste die Feinde und sann auf ihre Vernichtung. Darum gab er insgeheim den erzbischöflichen Kriegern in Bremen wie in Hamburg Kunde von seinem Vorhaben, und führte dann die Askomannen bis auf die Berge, welche sich bei dem jetzigen Harburg längs der Elbe hinziehen. Und als die Normannen sich Hamburg gegenüber sahen, waren sie froh, und gedachten bald hinüber zu kommen, um die Stadt Hamburg dem Erdboden gleich zu machen, wie vormals ihre Stammesgenossen getan. Da aber führte sie Herward hinunter in das tiefe Moor- und Sumpfland an der Elbe, welches damals Glindes-Moor hieß und sobald die ersten Scharen diesen verderblichen Boden betreten hatten und darin versanken, stürmten seit- und hinterwärts aus den waldigen Bergtälern die Bremischen und Hamburgischen Kriegsleute herbei und begannen zugleich mit den sich befreienden Gefangenen einen furchtbaren Kampf. Und die Feinde, obschon an Zahl den Unsrigen weit überlegen, fanden keinen Ausweg, keine Rettung, - wollten sie dem schmählichen Tode in Moor und Sumpf entrinnen, so fielen sie unter den Schwertern und Streitäxten der Sächsischen. Und solchergestalt kamen sie alle um bis auf den letzten Mann, man will sagen, bei 20.000.

Herward aber wurde hochgepriesen und viel geehrt, und man nannte seinen Namen neben dem des glorreichen Cheruskerfürsten Hermann, der vor alter Zeit in ähnlicher Weise im Teutoburger Walde das deutsche Land von den Römern befreit hatte.

So geht die Sage. Andere freilich meinen, der Ort dieser Schlacht sei Glindes-Moor gewesen, welches in der Cremper Marsch, diesseits der Elbe, liegt; aber das ist irrig, denn dahin kamen die Askomannen nicht. Mit mehr Recht vermuten andere, dass die Tat im bremischen Lande, zwischen den Flüssen Oste und Hamme, geschehen sei, woselbst es auch große Moore und Waldungen gibt, und die heutigen Ortsnamen Ginstermoor und Glinstedt darauf hinzudeuten scheinen.

Folgen wir aber unserer Sage, so sehen wir durch sie auch unser heutiges Moorburg verherrlicht, welches in alten Urkunden Glindes-Moor heißt. Im Jahr 1373 verkauften die damaligen Eigentümer, die Edlen Barthold und Ludolf von Hiddesacker diese Landschaft an Meineke Schulte, der sie vier Jahre später dem Hamburgischen Rathe abtrat, was hundert Jahre darauf das Geschlecht derer von Hitzacker auch anerkannt hat. Und schon um 1399 bauten die Hamburger hier eine Burg zum Schutze der Elbschifffahrt und zur Abwehr gegen räuberische Überfälle und nannten sie die Moorburg. Hernach ist oft Fehde gewesen wegen derselben; der Bischof Johann von Verden verheerte das Land Ao. 1461, um die Hamburger zu bestrafen, die ihm beim Besuche ihrer Stadt einen Tort zugefügt hatten. Auch mit den Herzogen von Braunschweig-Lüneburg gab´s viel Streit wegen des Landes und der Burg, die siegreich manchen Sturm abgeschlagen hat, und noch 1573 neu befestigt wurde.

Die Burg ist seitdem verschwunden, das dazu gehörige Ackergut aber, vormals eine Domaine der Stadt und später verkauft, heißt mit seinem Gehöfte und sonstigen Gebäuden noch jetzt „die Burg“. In des Besitzers Garten ist die Stelle des alten Schlosses zu suchen.

Noch in neuerer Zeit sah der klassische Kriegsboden des alten Glindes-Moor Kampf und Sieg der Deutschen Waffen. Am 1. und 4. April 1814 schlug hier das tapfere Hannoversche Jägerbataillon von Klenke die ungestümen Angriffe der in Harburg liegenden Franzosen unter dem General Pécheux siegreich zurück, nachdem 60 kühne Freiwillige durch die tiefen Marschwiesen gewatet und dem Feinde mit Bajonett und Säbel in die Seite gefallen waren.

7. Der Fährkrug in Horn

(Um 1000.)


Es heißt, dass in seinen grauen Zeiten, da die Marschgegenden um Hamburg noch nicht eingedeicht waren, die ganze Niederung des Elbtals zwischen den jenseitigen Hannoverschen und den diesseitigen Geesthöhen, ein großer See gewesen ist, daraus einzelne höher liegende Landstriche wie Inseln hervor gesehen haben. Und zu allen Flut- oder Hochwasserzeiten ist dann die ganze Fläche überschwemmt und ein einziger Wasserspiegel gewesen.

Und weiter heißt es, dass in dem jetzigen Dorfe Horn, am Bauerberge, hart an der Heerstraße, ein Fährhaus gewesen ist, von wo aus man hat sich übersetzen lassen, wenn man ins jenseitige Land reisen wollte.

Hernach, unter dem Erzbischof Friedrich und den ersten Schauenburgischen Grafen von Holstein, kamen Niederländische und Friesländische Anbauern ins Land, die es verstanden, dem Wasser, wie in ihrer Heimat, Dämme entgegenzusetzen und Land abzugewinnen. Die deichten die Niederungen gegen Elbe und Bille ein und schufen so die reichen, schönen Marschen der Vierlande, des Bill- und Ochsenwerders und des Hammerbrooks.

Da wurde freilich das Fährhaus überflüssig, aber es war einmal da, und um den Fährmann, der nun erwerbslos geworden war, zu entschädigen, erhielt er die Schenk- und Kruggerechtigkeit und aus alter Gewohnheit behielt das Haus den Namen Fährkrug oder Fährhuus.

Und länger als das Fährrecht hat sich das Krugrecht des Hauses erhalten, denn existiert noch heute bei dem übrigens schon manchmal von Grund aus neu gebauten Hause. Noch im 18. Jahrhundert ermahnte der Abdecker vom Deichtore an bis zum letzten Heller, Haus bei Haus die Einwohner: das etwa „antreibende“ tote Vieh ihm auszuliefern. Und noch vor wenigen Jahren, als das Haus eingeäschert wurde, sprachen alte Leute in Hamm und Horn zu einander: „Dat Fährhuus is afbrennt.“

8. Blutige Vorzeichen

(1012.)


Es wird mannigfach erzählt, dass in alten Zeiten das Volk noch unmittelbarer als hernach unter seines Schöpfers Regiment gestanden, und Wohl und Weh, Lohn und Strafe, Warnung und Ermunterung in unzweideutiger Weise aus Gottes Hand empfangen habe. Wenn nun auch noch heut zu Tage des Herrn allmächtiges Walten in der Weltgeschichte einem ungetrübten Auge noch ebenso sichtbar ist, so erfreuen wir uns doch nicht mehr solcher Himmelszeichen zu Nutz und Lehr, wie sie damals, nach alter Chroniken Aufzeichnung, häufig vorgekommen sein sollen.

So ereignete sich Ao. 1012 zu Hamburg, als Libentius I. Erzbischof war, dass gegen Ende der Fastenzeit eine verheerende Wasserflut sieben Tage lang die Stadt überschwemmte; am Palm-Sonntage darauf fielen aus hoher Luft plötzlich dicke, rote Blutstropfen herab, in großer Menge, fast wie ein dichter Regen, so dass die roten Spuren davon auf den Kleidern der Leute zu sehen waren. Und danach stand zwei Tage lang, am Karfreitag und am Ruhetag, die Sonne am Himmel wie eine Feuerkugel, deren roter blutiger Schein alles grausig färbte. Erst am heiligen Ostertage ging die Sonne in ihrer natürlichen Farbe und Gestalt wieder auf.

Damit hatte der Herr Gott erwecklich kund getan, was folgen werde: ein Strafgericht für die Bösen, die solche Warnung und Strafe unbefolgt lassen würden. Und viel Volks bekehrte sich und bereitete sich vor auf das kommende Unglück, durch Fasten und Beten und gute Werke, damit sie die unsterbliche Seele retteten, und der Tag des Gerichts ihnen durch Gottes Gnade das Himmelreich bringen möge. Andere aber blieben verstockt und unbußfertig, und aßen und tranken sich selber das Gericht.

Darauf erfolgte dann in dem selben Jahre die erschreckliche Zerstörung Hamburgs und der umliegenden Lande durch die Wenden unter ihrem Heerführer Mistewoi, davon gleich erzählt werden wird.

9. Mistewoi der Wende und Hamburgs Zerstörung

(1012.)


Während Herzog Bernhard II. die Niedersächsischen Lande regierte, und gerade ein guter Frieden bestand mit den Wenden, kam einer ihrer Fürsten, Mistewoi genannt, aus dem Stamme der Obotriten (im heutigen Mecklenburg), an den herzoglichen Hof, und da er ein zwar etwas ungeschlachter, aber starker und tapferer Degen war, der dem Herzoge in manchen Fehden guten Beistand leistete, auch durch seinen Einfluss die unruhigen Wenden in Zaum halten half, so erlangte er es, dass der Herzog ihm seine Schwester, die schöne Mathildis, eines Flandrischen Grafen junge Witwe, zur Ehe versprach. In Folge dieser Zusage begleitete Mistewoi sodann mit 1000 Reitern den Herzog, als dieser den Zug des Kaisers nach Italien mitmachte. Wie nun aber nach der Rückkehr Mistewoi auf die Erfüllung des Versprechens drang, da fand er taube Ohren. Wenden und Deutsche standen sich doch trotz Mistewois Ergebenheit und Vermittlung noch zu scharf entgegen, so dass z.B. das Volk den Namen Mistewois, zumal er von gedrungener, dicker Gestalt war, spottweis verdrehte, und ihn nur Ritter Mastschwein oder Junker Mistferkel zu nennen pflegte. Vorzüglich aber waren es Deutsche Fürsten, die dem Herzoge Bernhard von solcher Verbindung abrieten, und der Markgraf Dietrich von Brandenburg meinte, es sei eine Sünde und Schande, eine christliche Fürstin an einen heidnischen Wendenhund zu verheiraten. Dies unbedachte Wort drang durch, Herzog Bernhard wies den getäuschten Freiersmann ab, der dann stracks mit allen seinen Leuten das Hoflager verließ und sich zu seinen Landsleuten begab, aber zuvor dem Herzoge sagen ließ: „Den deine Leute zum Mastschwein machen, der wird ihre Felder zerstören und ihre Wohnsitze umwühlen; und der, den du zum Hunde erniedrigt, der wird auch beißen und zerreißen wie ein Hund.“

Mistewoi fasste einen grimmen Zorn gegen die Deutschen und Christen; und je ergebener er ihnen früher gewesen, desto völliger wurde nun sein Abfall. Seine Wenden, die ihn früher hart getadelt, nahmen ihn nun mit Freuden auf, und in einer von ihm nach Mecklenburg berufenen Versammlung aller Wendischen Stämme, denen er seine Schmach als die ihrige vorstellte, wurde ein allgemeiner Aufstand und Krieg beschlossen und Mistwoi zum Anführer gewählt.

Und die Wenden brachen los, als Herzog Bernhard gerade wegen einer Verschwörung wider den Kaiser keine Verteidigung treffen konnte. Eine ganze Sintflut „Wendischer Hunde“, wie sie selbst sich nannten, führte Mistewoi, der verspottete „Ritter Mastschwein“, sengend, brennend und mordend in die Lande, und alle Kirchen und Klöster, Städte und Dörfer, Burgen und Vesten eroberten und zerstörten sie; alle Christen-Männer, die ihnen in die Hände fielen, erschlugen sie; die Weiber und Kinder führten sie in die Sklaverei, die Greise marterten sie zu Tode. Vorzüglich waren es Kirchen und Klöster, die Pflanzstätten des ihnen so verhassten Christentums, die sie gründlich zu zerstören trachteten, und deshalb übten sie gegen Priester, Mönche und Nonnen die scheußlichsten Grausamkeiten aus. Also wüteten diese Wenden. Und nachdem sie so das Bistum Oldenburg (in Holstein) verheert und verödet, zogen sie auf des Erzstiftes Hauptstadt, auf Hamburg zu. Die arme Stadt, von Verteidigern fast entblößt, fiel nach verzweifelter Gegenwehr im wilden Sturme in die Hände der Wenden, die wie eingeteufelte Ungeheuer darin hausten; der Dom und alle Heiligtümer, alle Häuser der Bürger sanken in Schutt und Asche; nachdem die auserlesensten Frauen und Mädchen als Sklavinnen in schmachvolle Gefangenschaft weggeführt waren, wurden die noch übrigen Männer geschlachtet, gespießt, gebraten in den brennenden Häusern, die Geistlichen aber und Mönche und Nonnen unter unsäglichen Qualen zu Tode gefoltert. Des heiligen Kreuzeszeichen spottend schnitten die Wenden ihnen z.B. die Haut des Kopfes in Kreuzesform auf und zogen sie so herab oder peitschten sie aus der eigenen Haut heraus.

Aber als diese Gräuel den höchsten Grad erreicht haben, da hat Gott ein Einsehen getan, und zum Entsetzen der Heiden hat sich ob der Stadt am Himmel ein Wahrzeichen blicken lassen, in Gestalt einer gewaltigen rechten Hand, die hat abwehrend den Heiden gedroht, und hat dann wie segnend und verheißend den wenigen noch übrigen Christen sich zugeneigt, und ist dann verschwunden. Und die sterbenden Märtyrer haben, da dies Wunder geschehen, einen heiligen Gesang angestimmt, bis ihre Seelen von Engeln des Herrn aus diesem Jammertal ins ewige Leben hinübergeführt hat. Danach ist´s stille geworden in den weiten, rauchenden, bluttriefenden Trümmern der Stadt Hammaburg!

Hernach, als Erzbischof Libentius II. (1013) gestorben und Unwann sein Nachfolger geworden war, der den Kaiser mit Herzog Bernhard aussöhnte und mit diesem gemeinsam Hamburg wieder erbaute, da begab es sich auch, dass Mistewoi in sich schlug, seine begangenen Übeltaten bereute und gut zu machen suchte. Er entsagte seinem Wendischen Fürstentume, zog nach Bardowik, allwo er still und erbaulich gelebt hat und um 1025 gestorben ist.

10. Erzbischof Unwannus

(1013-1029.)


Nach des Libentius Tode im Jahre 1013 wurde der Paderborner Chorherr Unwannus, aus dem reichen, angesehenen Geschlechte der Immedinger, sein Nachfolger auf dem erzbischöflichen Stuhle über Hamburg und Bremen. Kaiser Heinrich II. und Papst Benedikt VIII. bestätigten ihn in seinem Amte in üblicher Weise.

Sein Kirchen-Regiment führte er preiswürdig, indem er von seinem Familiengute den dritten Teil der Kirche opferte, Pfarrherren anstellte, und Kleriker, die bisher halb als Mönche, halb als Weltgeistliche lebten, an bestimmte kanonische Regeln band. So wurde er der eigentliche Gründer des Dom-Kapitels in Hamburg, indem er für 12 Präbanden 12 Geistliche als regulierte Domherren oder Canonici verordnete, denen er den Unterricht und die Erziehung der Jugend, sowie die Ausbildung befähigter Personen anvertraute, welche von hier aus das heilige Sendamt zur Ausbreitung des Christentums antreten sollten. Hierdurch wurde er sowohl Hamburgs wie des ganzen Nordens Wohltäter.

Für die Heidenbekehrung sorgte er selbst sehr tätig. Noch waren in den großen Wäldern auf beiden Seiten der Elbe viele altgermanische Opferaltäre; diese ließ er zerstören, und manche heilig geachtete Eichen, ja ganze Haine umhauen (was er lieber hätte unterlassen sollen). Und da selbst unter den längst bekehrten Bewohnern des Nordalbingischen Landes noch viele heidnische Gebräuche herrschten, so strebte er nach deren Abstellung oder gab ihnen sinnreich eine christliche Bedeutung. Um noch wirksamer das Missionswerk zu fördern, öffnete er die gesammelten Schätze der Kirche und gewann durch wohltätige Verwendung derselben und freigebige Geschenke heidnische Fürsten und Völker, bei denen der dadurch bewiesene milde Geist des Christentums leichteren Eingang fand.