Da ist er wieder: der pensionierte New Yorker Anwalt Albert Schmidt, ein Don Juan mit Prinzipien. Vor der Einsamkeit durch seine Liebe mit der jungen Puertoricanerin Carrie bewahrt, führt Schmidt mit ihr ein abgeschiedenes Leben. Das erste Mal seit dem Tod seiner Frau ist Schmidt glücklich. Nur die Zukunft mit Carrie bereitet ihm Sorgen, denn die Schöne weist alle seine Heiratsanträge zurück. Schmidts Befürchtungen bewahrheiten sich – Carrie verliebt sich in einen anderen Mann. Schlimmer noch: Schmidts Tochter Charlotte fordert Geld. Sie hat ihren Ehemann, Schmidts ehemaligen Protegé Jon Riker, verlassen. In seiner Verwirrung findet Schmidt einen ungewöhnlichen Verbündeten, einen geheimnisvollen Ägypter, der ihm ein verlockendes Angebot macht.
In Schmidts Bewährung erzählt Louis Begley eine staunenswert leichte Geschichte darüber, wie schwer es ist, die Entfernung von Mensch zu Mensch zu überwinden – selbst wenn man liebt. Ein Roman über die Illusionen der Jugend und die Weisheit des Alters – und umgekehrt.
»Eine Gesellschaftskomödie – so trocken geschrieben, daß es knistert.« New Yorker
»Reiche Leute mit gutem Herz und einem Aschenputtel, das seinen Prinzen findet: Der Unterschied zum Trivialroman, mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar, liegt tatsächlich im Ganzen. Das heißt: Man kann Schmidts Bewährung mit Vergnügen lesen, ohne den Schrecken wahrzunehmen, der sich hinter jeder Zeile verbirgt.« Martin Lüdke, Frankfurter Rundschau
Louis Begley, 1933 in Polen geboren, studierte Literaturwissenschaft und Jura in Harvard und arbeitete von 1959 bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem ersten Roman Lügen in Zeiten des Krieges auf Anhieb international bekannt. Louis Begley lebt in New York.
Schmidts Bewährung
Roman
Aus dem Amerikanischen
von Christa Krüger
Suhrkamp Verlag
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013
Hinweise zur Textgrundlage:
Der vorliegende Text folgt der 3. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 3436.
© der deutschen Ausgabe Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001
Die Originalausgabe erschien 2000 unter dem Titel
Schmidt Delivered
bei Alfred A. Knopf, New York
© Louis Begley 2000
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
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Umschlagabbildung : Justin Pumfrey / SPL / Photonica
Umschlaggestaltung: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-75434-4
www.suhrkamp.de
Inhalt
Cover
Informationen zum Buch/Autor
Impressum
Inhalt
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
Widmung
Motto
Für N. und J., später einmal
Vedrò mentr’io sospiro
Felice il servo mio?
Le nozze de Figaro
Ja, Schmidtie. Hallo, hallo. Ja, ich bin’s, Schmidtie.
Er hatte das Telefon vom Nachttisch gestoßen und tastete nun unter dem Bett nach dem Hörer. Einen Herrn im Ruhestand sollte man nicht vor neun Uhr morgens anrufen. Oder war etwas Schlimmes passiert? Charlotte!
Ich hoffe, ich störe nicht.
Die Stimme des Anrufers war angenehm dunkel, an den Rändern schartig und schwer zu verstehen.
Sie wissen nicht mehr, wer ich bin.
Tut mir furchtbar leid, aber ich kann Stimmen nicht gut wiedererkennen.
Müssen Sie auch nicht, warum sollten Sie, obwohl: meistens kennt man meine Stimme. Ich bin Michael Mansour. Richtig, hierzulande sage ich Man-sauer, nicht Man-suhr! Man tut, was man kann, um es den Inländern leicht zu machen. Gestern auf der Blackman-Party haben wir uns unterhalten. Wissen Sie, wer ich bin?
Jetzt war Schmidt im Bild. Natürlich, der milliardenschwere Investor, der Gils Filme finanziell unterstützt. Ägypter oder so, aber fest angesiedelt im obersten Bereich der Forbes Magazine-Rangliste der reichsten Wirtschaftsmagnaten Amerikas.
Selbstverständlich. Ich habe Ihren Namen in der Zeitung gelesen, und nicht nur einmal. Der König der Preisdrücker.
Haha! Das gefällt mir – das war ein Witz, oder? Aber es stimmt, genauso mache ich mein Geld. Ich bin ein Freund von Gil, er hat mir Ihre Nummer gegeben. Ich möchte Sie und Ihre Frau am Samstag zum Lunch einladen. In mein Haus, um halb zwei, oder früher, wenn Sie noch kurz ins Meer springen wollen, ehe wir mit den Drinks anfangen. Gil sagt, Sie sind sein bester Freund. Er hat mir erzählt, was für ein Anwalt Sie waren. Schade, daß wir nie zusammengearbeitet haben. Jedenfalls, Gils Freunde sind meine Freunde. Also, kommen Sie? Entschuldigen Sie, aber wissen Sie jetzt wirklich wieder, daß Sie mich auf der Party gesehen haben? Übrigens, ich habe auch einen Pool, falls Sie das Meer nicht mögen.
Mr. Mansour war geradezu rührend bescheiden für einen Mann von soviel Macht und Glanz.
Aber natürlich erinnere ich mich, erwiderte Schmidt, um ausgesuchte Liebenswürdigkeit bemüht. Elaine hat uns miteinander bekannt gemacht. Ach ja, die junge Frau, mit der ich dort war, ist meine Freundin, verheiratet sind wir nicht. Im Augenblick ist sie nicht hier. Darf ich zurückrufen, wenn ich mit ihr gesprochen habe?
Er sagte nicht ganz die Wahrheit. Carrie war sehr wohl da, nur schlief sie tief und fest, den Kopf im Kissen vergraben. Wenn sie so im Schlaf versunken war, reichten drei Klingelzeichen des Telefons und Schmidts gedämpfte Stimme im Gespräch mit Mr. Mansour bei weitem nicht, sie aufzuwecken.
Ihre Freundin ist umwerfend. Und charmant. Ich habe sie für Ihre Frau gehalten, nicht etwa für Ihre Tochter, sie sieht Ihnen ja gar nicht ähnlich. Jedenfalls: Glückwunsch! Bringen Sie sie bitte mit! Und wenn sie was vorhat, kommen Sie ruhig allein. Zusammen kann ich Sie beide dann ein andermal einladen.
Wir bleiben in Verbindung.
Schmidt nahm nun zur Kenntnis, daß Mr. Mansour nicht mehr in seinem Wohnsitz in East Hampton zu erreichen sei, da er dieses Haus seiner zweiten abgelegten Ehefrau überlassen habe, und notierte sich dann die Telefonnummer, eine Geheimnummer. Keine Sorge, er würde sie für sich behalten. Aha, das Crussel-Haus in Water Mill, in der Flying Point Road? Ja, den Weg kannte er gut. Ja, er würde in diesem Haus auch alten Erinnerungen begegnen, der Besuch mochte ihnen sogar eine neue Bedeutung verleihen, die nicht frei von neuer Bitterkeit war, aber so früh am Morgen hatte er nicht das geringste Bedürfnis, dieses Thema mit Mr. Mansour zu erörtern.
Die ursprünglichen Eigentümer des besagten Hauses, Mr. und Mrs. Crussel, waren wichtige Mandanten der Kanzlei Wood & King gewesen, in der Schmidt bis zu seiner Pensionierung als Sozius gearbeitet hatte. Ein Kollege in der Trust- und Immobilienabteilung, Murphy, war zuständig für die Crussels, so wie er auch über die bescheidenen Vermögenswerte von Schmidt und seiner verstorbenen Frau Mary wachte, aber Schmidt, der ein anderes Spezialgebiet hatte – er vertrat die Interessen von Versicherungsgesellschaften in Darlehensfragen –, wohnte sozusagen Tür an Tür mit den Crussels und verkehrte gesellschaftlich mit ihnen. Deshalb fiel ihm die Aufgabe zu, als inoffizieller Emissär der Kanzlei die Beziehungen zu diesen Mandanten zu pflegen und auszubauen, indem er ihren Einladungen zum Lunch und Dinner häufiger und gewissenhafter folgte, als es sonst sein Stil gewesen wäre. Gelegentlich hatte ihn seine Pflichterfüllung so weit gebracht, mit Todesverachtung, wie bei einem Himmelfahrtskommando im Weltkrieg, eine kichernde, kreischende Olga Crussel in die Brandung zu treiben und mit beiden Händen hochzustemmen, damit sie gefahrlos in den Brechern auf und ab schaukeln konnte. Diese Heldentaten gaben ihm im Hause Crussel den Nimbus eines kühnen Schwimmers von unerschöpflicher Kraft und verliehen ihm auch darüber hinaus Autorität: Wenn Schmidt gelegentlich bemerkte, daß sein Kollege Murphy durchaus vertrauenswürdig sei und genau wisse, was er tue, wurde dies ganz nebenbei Gesagte wie die Offenbarung einer Wahrheit vernommen.
Schmidt erinnerte sich mit Vergnügen daran, daß das Haus, das jetzt Mr. Mansour gehörte, eines der wenigen Objekte gewesen war, zu denen die Crussels ihn nicht um seine Meinung gebeten hatten. Ein brasilianischer Architekt, Gewinner eines Wettbewerbs und Freund einer Crussel-Nichte, hatte es entworfen. Er war einmal zur Feier des vierten Juli mit ihr übers Wochenende zu Besuch gekommen und hatte in dem geräumigen Schindelbau übernachtet, der auf dem Grundstück stand und Crussels Strandhaus war, seit sie in den Hamptons wohnten. Er taxierte seine Chancen für einen neuen Auftrag – das beträchtliche Vermögen wurde zwar nicht zur Schau gestellt, blieb dem geübten Auge aber kaum verborgen – und machte eine flüchtige Skizze eines Traumhauses, das er, wäre er Eigentümer des Grundstücks, an die Stelle ihres jetzigen phantasiearmen Heims setzen würde: eine großzügige, gefällig fließende aquatische Konstruktion, die Olga Crussels eigentlichem Selbst entsprach, samt Empfangsräumen und Dachterrassen für größere Einladungen, mit freiem Blick über den Ozean und die Mecox Bay, die diesen erstaunlichen Grundbesitz umgrenzten. Olga schluckte den Köder. Jean Crussel, dessen Familie seit den Zeiten Calvins eine Säule des Genfer Patriziats war, konnte ein Wunder an Schnelligkeit sein, wenn er wirklich einen Entschluß fassen wollte. Außerdem war er seiner Frau ganz ergeben. Die Entscheidung fiel auf der Stelle, ohne daß Murphy oder Schmidt oder Olgas Lieblingsinnenarchitektin auch nur angerufen wurden. Das Cottage wurde in einer einzigen entsetzlichen Woche abgerissen, aber der Bau des neuen Hauses zog sich hin. Die Aufgabe, es bezugsfertig zu machen und den Einzug zu organisieren, wurde zum Wettlauf gegen Senilität und Tod. Das Greisenpaar gewann die erste Runde: Bevor die Truppe der rund um die Uhr arbeitenden Haushälterinnen und Krankenschwestern einquartiert werden mußte, hatten die beiden zwei Jahre Zeit, auf immer neuen Partys immer wieder das Modell des Brasilianers vorzuzeigen; Schmidt hatte das alte Cottage, dem sonst keiner eine Träne nachweinte, allmählich liebgewonnen und reagierte deshalb vielleicht etwas unangebracht: In seinen Augen glich das neue Machwerk am ehesten einer Mischung aus einem Motel und einem gestrandeten, von einem betrunkenen Steuermann achtlos auf Sand gesetzten Ozeandampfer.
Jean und Olga waren kinderlos; ihre Erben, Verwandte in der Seitenlinie, besaßen vollkommen angemessene Sommerhäuser in der Nähe und anderswo. Sie schrieben den Besitz zum Verkauf aus und warteten jahrelang, denn sie waren, wie sehr Reiche meist, nicht willens, den Preis zu senken. Daß ein noch finanzkräftigerer Neureicher schließlich die Taschen der Erben mit Bargeld gefüllt hatte und vermutlich weitere Millionen in die verschandelte Düne zu stecken bereit war, mußte für das Baugewerbe vor Ort und für Unternehmer in New York, London und Paris sehr günstige Auswirkungen haben. Vielleicht sogar für die Weltwirtschaft. Schmidt stellte sich vor, daß Mr. Mansour verschiedene heimliche Verbesserungen bereits wieder rückgängig gemacht hatte, die Jean Crussel vornahm, sobald der Brasilianer, durch Aufträge für weitere Meisterwerke in Anspruch genommen, den Rücken gewandt hatte: ferngesteuerte Schalter zum Öffnen und Schließen der Jalousien in den Schlafzimmern und selbsttätige Vorrichtungen, welche die Lamellen ohne menschliche Mitwirkung je nach Einfallswinkel der Sonne mehr oder weniger schräg stellten; Aluminiumrampen und rutschfeste Auflagen, die an strategisch wichtigen Stellen auf dem Boden im Haus und auf der Pooleinfassung plaziert waren, um einem Sturz vorzubeugen, bei dem kalkarme Knochen in Scherben splittern könnten; der kleine Bühnenraum mit dem runden Tanzboden, auf dem Jean und Olga unter Aufsicht einer Arthur-Murray-Tanzlehrerin im Teenageralter täglich Tango und Paso doble geübt hatten. Vielleicht hatte Mr. Mansour sogar einen Deckel auf den flachen Teil des Pools legen lassen, um die zweischläfrige rosa Jacuzzi-Wanne unsichtbar zu machen. Darin hatte das spindeldürre Ehepaar, manchmal in Gesellschaft anderer Achtzigjähriger, nackt im Wasser geruht und die strahlend glücklichen Gesichter der Morgensonne entgegengehoben. Die revolutionäre Veränderung im gesamten Ambiente mußte, so meinte Schmidt, in Augenschein genommen und bewundert werden.
Sollte er Carrie stupsen und aufwecken? Er entschied sich dagegen. Statt dessen schob er seine Hand vorsichtig unter die Bettdecke, strich ihr über die Brust, tastete nach ihrer Achselhöhle, die feucht vom Schlaf war, ließ die Hand dort ruhen, rieb seine Nase an dem schwarzen Lockenschwall auf dem Kopfkissen und stieg leise aus dem Bett. Schade. Gerade jetzt fühlte er sich imstande, ohne die Hilfe, die Carrie ihm bereitwillig gab, auch wenn sie schon vor Ungeduld stöhnte. Versagen beim Schlafengehen, Ausgleich am Morgen danach: Die Symmetrie dessen und auch der Gedanke, daß sie, falls er sie weckte, die zufriedenstellende Situation eher seiner Blase als seiner Libido zuschriebe, entmutigten ihn. Er schlüpfte in Hemd und Hose, wartete aber mit dem Anziehen der Schuhe, bis er an der Treppe war, preßte vier Apfelsinen aus, damit Carrie ihr Glas Saft gleich trinken konnte, falls sie herunterkam, bevor er wieder da war, trank selbst nichts, weil er lieber bis zum gemeinsamen Frühstück warten wollte, fuhr dann zur Post und anschließend zum Kiosk, wo er jeden Morgen seit jener Zeit, als die arme Mary und er Bridgehampton für sich entdeckt hatten, die New York Times holte. Eins blieb noch zu tun: Croissants kaufen, eine wichtige Veränderung in Schmidts Routine. Bis Carrie zu Beginn seiner langen Genesungszeit entschieden hatte, frisch gebackene Croissants der Bäckerei Sesame, in der ihre Freundin und ehemalige Kollegin bei O’Henry’s seit kurzem arbeitete, würden seine Moral heben, obwohl sie unverschämt teuer waren, hatte er zum Frühstück immer nur ein halbes, dünn mit bitterer Orangenmarmelade bestrichenes Muffin gegessen. Die andere Hälfte hob er für den nächsten Tag auf. Ganz fraglos war die neue Frühstücksordnung eine erhebliche gastronomische Verbesserung, die zur Gewohnheit werden konnte. Aus dieser Veränderung hatten sich auch häufige Zufallsbegegnungen mit Gil Blackman ergeben; Gil kaufte bei Sesame frische Scones, ohne die er am Morgen nicht sein konnte. Darüber hinaus war Schmidt nun täglich Zeuge eines Schauspiels, das in seinen Augen perfektes Material für einen der harten oder auch, wie manche Leute sagen würden, ätzenden Filme bot, die Gil drehte.
Wäre Schmidt wagemutiger gewesen, hätte er Gil ein Treatment präsentiert: Es ist ein paar Minuten vor neun Uhr. Die Mercedes Kombis, Range Rover, BMWs und Jaguare sind auf dem Kies vor Sesames verschlossener Ladentür versammelt. Männer mit Zweitagesbärten küssen Frauen, die, wie es aussieht, Baumwollnachthemden und Strandschlappen tragen. Diese Frauen kommen gerade aus dem Bett, das kann man riechen, sie sind hierher gestürzt, ohne sich vorher die Zähne zu putzen. Auch ein Toyota steht da, er paßt nicht ins Bild. Der Kerl darin könnte genausogut unsichtbar sein. Er küßt niemanden, und keiner grüßt ihn. Er hat zwar an der Seite geparkt, steht aber den andern im Weg, also bekommt er böse Blicke. Unmerklich bildet sich eine Warteschlange. Punkt neun Uhr geht die Tür auf. Jetzt ganz ruhig bleiben. Wehe, du machst den Eindruck, du wolltest dich vordrängen. Dieser Mob würde dir jedes Glied einzeln ausreißen. Sie meinen es ernst. Jetzt sind nicht mehr alle Frauen im Nachthemd: Inzwischen haben sich andere dazugesellt, in Reitkleidung, ohne Brüste und mit chlorgebleichten oder chlordurchweichten Haaren; Frauen in Jogginganzügen, die so schweißgetränkt sind, daß sie wohl tatsächlich gelaufen sind; Tennisweiß tragende, fette Männer mit dicken Brüsten und Bifokalbrillen in Hornfassung, die es vielleicht gerade noch zum Tennisplatz schaffen, vielleicht aber auch nicht. Kleine Mädchen, herausgeputzt wie Mini-Schlampen, mit abgeplatztem Lack auf Finger- und Fußnägeln, verlangen quengelnd Bagels. Tomaten: zwei davon kosten so viel wie acht gleich große am Obststand hundert Meter weiter; kleine Plastikbehälter zu fünf Dollar enthalten einen Schuß Öl und Essig und einen Bodensatz aus Salz und Pfeffer, man braucht nur zu schütteln und die Mischung über die Tomaten oder den Blattsalat und die Ruccola zu gießen, die ebenfalls für einen Dollar pro Blatt in kleinen Säckchen erhältlich sind; vorgebräunte Würstchen, die man zum Essen nur aufwärmen muß (vorausgesetzt, es finden sich zwei Hände, die sie in eine Bratpfanne legen und auf den Herd setzen; wenn nicht, auch kein Problem, serviert man sie einfach »bei Raumtemperatur«); Mineralwasser und Fruchtsaft in Piccolo-Flaschen; man kann sie im Geschäft oder im Range Rover beim Warten trinken. Bündelweise Hundertdollarnoten. Geben Sie mir drei Pfund hiervon, geben Sie einen Liter davon. Man schleudert den immerzu höflichen jungen Männern und Frauen Kommandos über den Ladentisch ins Gesicht, als sei die Befehlsform die einzige Möglichkeit der Anrede. Die jungen Leute notieren alles gewissenhaft. Ein hagerer alter Kauz mit schmalem Mund und blauen Augen, die bessere Tage gesehen haben – er könnte Schmidtie sein –, nimmt zaghaft zwei Croissants aus dem Korb. Er zögert. Der Kauf ist zu kümmerlich. Ob er die Ware einfach in die Tasche seiner Baumwolljacke stopfen und hinausgehen soll, statt die Verkäufer mit einer Transaktion von vier Dollar zu belästigen? Unfug, er wird keinen Ladendiebstahl begehen, sondern Achtung zeigen. Eine der knochigen Frauen zieht ihn zurück in die Warteschlange. Er legt die Croissants auf den Ladentisch, bittet um einen frischen Ziegenkäse aus Vermont und, des Geschmacks und des hohen Preises wegen, um ein Stück englischen Blauschimmelkäse.
Aber Schmidt schreibt seine Version von Ali Babas Höhle nicht auf und erzählt auch seinem Freund Gil nichts davon. Denn dessen Bulligkeit ist nur Bluff, in Wahrheit ist Mr. Blackman sehr sensibel. Schmidt fürchtet, seine Sicht der allmorgendlichen Prozedur, an der sie beide so regelmäßig teilnehmen, könnte Gil verletzen.
Wieder in der eigenen Küche, beim Frühstück mit Carrie. Ihre Gegenwart ist ein Wunder. Ihr Anbeter Schmidt weiß, daß sie nackt ist unter dem hinreißenden Männermorgenmantel aus rubinroter Seide, den ein von Schmidts Vater hochgeschätzter Hemdenmacher an der Place Vendôme für sie maßgeschneidert hat. Schmidt hatte ihr in den Frühjahrsferien in Paris Maß nehmen lassen. Alle Schätze ihres blaßbraunen, siegesgewissen Körpers hat er mit Augen, Mund und Händen erkundet, keiner ist ihm verborgen geblieben. Ihre Stimme, heiser und müde und doch zärtlich wie die einer Mutter, wenn sie ein Kind in den Schlaf summt und wiegt, diese Stimme besetzt sein Gedächtnis. Wenn der Jazz-Sender, den er in seinem Autoradio hört, einen Song von Billie Holiday spielt, ist Carrie so vollkommen präsent, daß ihm das Blut in den Kopf steigt. Kühlen Verstand bewahren, das vor allem. Aber nachdem er sie auf beide Wangen geküßt hat, stiehlt sich seine Hand irgendwie unter die Seide, berührt die Unterseiten und dann die Spitzen ihrer Brüste, die sofort hart werden. Die Hand will weiter nach unten gleiten, Carries flachen Bauch suchen. Aber Schmidt hält sie zurück; er hat seine Bestätigung schon. Wenn Carrie noch weiß, wie es letzte Nacht im Bett lief, hat sie ihm verziehen. Oder sie hat es schon vergessen – sie war längst vor ihm eingeschlafen.
Hey, Schmidtie, eine Frau hat angerufen. Sie ist Mr. Mansours Sekretärin, hat sie gesagt, und sie wollte wissen, ob wir ein Fax haben. Sie möchte eine Wegbeschreibung schicken, wie man zu seinem Haus kommt. Du rufst zurück, habe ich gesagt. Wer ist Mr. Mansour?
Ein steinreicher Mann, ein Freund von Gil. Du hast ihn bei Blackmans gesehen. Glatze, eher klein und braungebrannt. Ein ägyptischer Jude, glaube ich. Könnte aber auch Marokkaner sein.
Ja, den habe ich gesehen. Der fast die ganze Zeit neben Gil stand? Der Typ, der alle Mädchen mit den Augen auszieht?
Genau – und besonders dich. Er hat gleich heute morgen angerufen und uns zum Lunch am Samstag eingeladen. Ich sagte, ich würde dich fragen, ob du hingehen möchtest. Er ist frisch geschieden. Er wird sein neues Gesellschaftsleben mit ein paar neuen Gesichtern anreichern wollen; und vielleicht gehört diese Einladung dazu. Er hat so viel Geld, daß er sich Gäste beim Partyservice bestellen kann.
Er denkt, wir sind verheiratet?
Das dachte er. Ich habe ihm erklärt, daß es nicht so ist.
Und er möchte uns immer noch beide? Mr. Schmidt und seine puertoricanische Freundin?
Natürlich. Den öden Mr. Schmidt will er doch nur, weil der seine zauberhafte Freundin mitbringt. Er findet dich schön. Das hat er mir gesagt. Ihm geht es wie allen. Schön und zum Verrücktwerden bezaubernd.
Verarsch mich nicht, Schmidtie. Er hat mich eingeladen, weil er glaubt, ich bin deine Frau. Ach, nein, das ist es nicht. Er will mich, damit ich dort bediene!
Wie viele Variationen dieses Themas haben sie schon durchgespielt. Wie »Greensleeves«, die Melodie, die dir immer wieder von neuem ins Ohr gesäuselt wird, wenn du beim Zahnarzt anrufst und von der Sprechstundenhilfe in die Warteschleife geschaltet wirst.
Carrie, sagte er, so darfst du nicht denken. Du bist eine entzückende junge amerikanische Bürgerin. Wenn du wirklich die törichte Vorstellung hast, daß die Leute dich von oben herab behandeln, weil du mit einem alten Knacker lebst, der nicht dein Ehemann ist, dann laß uns das in Ordnung bringen. Bitte, gib dir einen Ruck, und schon wirst du die schöne, bezaubernde und rechtmäßige Mrs. Schmidtie Schmidt sein. Du mußt nur ja sagen. Meine Leute und ich werden uns um alles andere kümmern.
Sie wandte die Augen ab. Eines Nachmittags vor fast zwei Jahren, kurz nachdem er sich von seinem Unfall erholt hatte, saßen sie draußen auf der hinteren Veranda, und er nahm ihre Hand und flüsterte: Bitte, werde meine Frau. Alles schien dafür zu sprechen. Bryan, ihr Teilzeitliebhaber, war aus dem Weg, auf schlaue Weise weggeschickt; er hatte den Auftrag, das Haus in Palm Beach, Schmidts Erbe, wiederherzurichten. Schmidt hatte den widerlichen Burschen sozusagen langfristig ausgelagert. Weder er noch Bryans Vorgänger, Mr. Wilson, würden wieder Hand an Carries Körper legen. Todsicher nicht, dachte Schmidt im Falle von Mr. Wilson mit Vorliebe, denn der war von der Windschutzscheibe an Schmidts Auto abgeprallt – ein Unfall mit Totalschaden.
Sie hatte ihn einfach nur angestarrt, damals wie jetzt, aber er hatte seine Sache trotzdem weiter verfochten.
Schau, alles paßt zusammen. Charlotte hat ihren Jon Riker. Sie sind verheiratet. Er hat sie zur ehrbaren Frau gemacht – seine Worte, nicht meine! Ich habe ihr Geld und Möbel und Silber aus meinem Haus gegeben. Alles, was sie will – zumindest vorläufig! Sie werden mir mehr und mehr entgleiten. Warum sollen wir dann nicht auch heiraten? Komm, manchmal denke ich sogar, du liebst mich. Vielleicht fast so sehr, wie du Mr. Wilson geliebt hast!
Wie immer, wenn er aus Mangel an Takt oder aus Geschmacklosigkeit Mr. Wilson erwähnte oder wenn sie selbst von ihm anfing, traten ihr dicke Tränen in die Augen und rollten an der Nase entlang. Er trocknete sie mit Küssen.
Mann, sagte sie, was ist bloß mit dir? Du weißt, ich liebe dich. Von Anfang an habe ich dich geliebt. Hey, zuerst mußte ich dir ja echt Gewalt antun! Ja, ich will mit dir leben. Aber heiraten kann ich dich nicht. Mensch, du bist über vierzig Jahre älter! Sogar deine Tochter ist älter als ich. Was passiert, wenn wir’s nicht mehr machen können? Soll ich dann vielleicht im Bett liegen und selber mit mir spielen, und du liest dein Buch dabei?
Ich hoffe, das hat noch gute Weile, antwortete er. Weißt du noch, wie du mich gefragt hast, ob Leute einander lieben können, ohne es immer miteinander zu treiben? Ich habe dir erklärt, daß das geht. Sie gewöhnen sich daran, ihre Liebe ganz verschieden zu zeigen, einer verschafft dem anderen Lust.
Wie denn? Mit Fingerficken? Danke vielmals, das hatte ich schon mal, mit Mr. Wilson, wenn er ihn nicht hochkriegen konnte, egal, was ich versuchte. Komm, Schmidtie, uns geht’s gut. Laß es doch einfach dabei.
Sicher, er nahm sich vor, es dabei zu lassen, und sei es auch nur, um nicht daran erinnert zu werden, wie sehr sie im Recht war und welche Trostlosigkeit ihn in späteren Jahren erwartete, falls er nicht das Glück hatte, bald zu sterben. Aber das Thema drängte sich seltsam beharrlich auf, zum Beispiel wenn sie über Geld sprachen. Gleich nachdem sie zu ihm gezogen war, hatte er ihr erklärt – und seither wieder und wieder –, daß sie nicht als Kellnerin zu arbeiten brauchte; es würde ja ewig dauern, bis sie genug Geld fürs College gespart hätte. Natürlich wußte er, daß er übertrieb. Ihm ging es um mehr, nicht nur um den Zeitpunkt ihres College-Abschlusses. Er flehte sie an: Laß mich für deine Ausbildung bezahlen. Warum weigerst du dich, meine Hilfe anzunehmen? Ihre immer gleiche Antwort: Dann machst du aus mir eine, die dein Geld heiratet. Worauf er ebenso monoton erwiderte, das sei doch Unsinn, schließlich lebten sie im selben Haus und äßen dieselben Mahlzeiten wie ein Ehepaar. Daß er ihr die Möglichkeit gebe, die Privilegien zu genießen, die seiner Frau selbstverständlich zustünden, sei doch wohl das mindeste. Darauf schüttelte sie den Kopf und sagte: Ich bin nicht deine Frau. Charlotte und dein Schwiegersohn werden sagen, daß sie mich von Anfang an durchschaut haben. Ich wäre hinter deinem Geld her!
Am Ende einer dieser öden Auseinandersetzungen kam ihm die Erleuchtung. Er würde sie mit einem besonderen Geschenk an die Angel locken – einem schnuckeligen BMW Cabrio, dem für sie coolsten Auto der Welt. Der Autoverkäufer lieferte es persönlich zur Mittagszeit vor dem Haus ab und ließ, wie besprochen, die Schlüssel auf dem Sitz liegen. Sobald sie mit dem Essen fertig waren, sagte Schmidt: Sieh mal nach, in der Einfahrt ist etwas, das ich dir gern zeigen möchte.
Zuerst stand sie einfach nur da und starrte das kleine Auto tiefernst an. Erst als er zweimal wiederholte, na los, es ist deins, sah sie ihn endlich, wie um Erlaubnis bittend, an, öffnete zögernd die Fahrertür, schob sich ganz behutsam hinein, als könnte das Chassis bei der kleinsten falschen Bewegung zerbrechen, und strich mit den Händen über das Steuerrad, das glänzende Armaturenbrett, das schwarze Leder.
Möchtest du nicht eine Proberunde fahren? fragte er sie. Kaffee trinken wir, wenn du wiederkommst.
Aber sie stieg wieder aus. Als sie ihn wieder und wieder geküßt hatte, auf Zehenspitzen, die Arme um seinen Hals, flüsterte sie, O Schmidtie, es ist so kraß, ich kann einfach nicht nein zu diesem Wagen sagen. Fahr mit. Komm, wir führen das Baby spazieren.
Sie klappte das Verdeck auf. Irgendwo auf einem leeren Stück der Route 114, zwischen Sag Harbor und East Hampton, hinter der Straße nach Cedar Point, machte sie ein Gesicht wie ein Kind vor dem Weihnachtsbaum im Rockefeller Center und trat das Gaspedal ganz durch. Der Wagen schoß vorwärts. Schmidt wartete, bis die Tachonadel wieder auf neunzig gefallen war, und rückte dann mit seinem Vorschlag heraus: Hättest du nicht Lust, immer mit diesem Auto zum Southampton College und zurück zu fahren? Mich würdest du damit sehr glücklich machen. Ich möchte eine College-Studentin im Haus haben. So könnten wir weiter hier wohnen. Die Psychologiekurse sollen ziemlich gut sein. Du könntest im Hauptfach Psychologie studieren und das Diplom bekommen, das du brauchst, wenn du Sozialarbeiterin werden willst – falls du das noch interessant findest. Kurse für Schauspiel und kreatives Schreiben bieten sie auch an. Wie wär’s damit?
Sie schnitt eine Grimasse, er hielt den Atem an. Langsam wurde aus der Grimasse ein Lächeln, und sie sagte:
Hey, dann hättest du ’ne WG mit ’ner Studentin! Hört sich gut an. Besser als ’ne Kellnerin ficken, oder? Mist, Schmidtie! Klar, daß du mich ausgerechnet jetzt fragen mußt. Da kann ich doch nicht nein sagen, oder?
Eine fabelhafte Idee, weil sie aufgegangen war. Carrie ging gern aufs College, ließ sich sogar bei ihren Hausarbeiten von ihm helfen. Eine Einladung von Mr. Mansour war allerdings nicht die denkbar günstigste romantische Ausgangslage zur Erneuerung seines Antrags. Trotzdem konnte er es nicht lassen, wieder damit anzufangen.
Carrie, mein Liebes, sagte er und schluckte den letzten Bissen seines Croissants herunter. Ich habe dich gerade wieder gefragt, ob du mich heiraten willst. Willst du gar nichts dazu sagen?
Doch, schon. Vielen Dank, Schmidtie, aber gib’s auf, bitte. Wir sind doch ganz okay. Nichts hat sich geändert. Du bist zu alt. Ich bin zu jung. Charlotte würde wegen uns einen Herzanfall kriegen. Deine Freunde würden ausflippen.
Die Blackmans finden dich wunderbar, wagte Schmidt einzuwenden. Und sie sind praktisch meine einzigen Freunde.
Das stimmte. Alle anderen hatten ihn fallengelassen, nachdem Mary tot war, oder er hatte die Verbindung abgebrochen.
Keine Antwort.
Aber was machen wir nun mit dem werten Mr. Mansour? Soll ich zusagen?
Es war ein Fehler gewesen, Carrie zu erzählen, daß Mansour sehr reich sei. Das hatte sie nur eingeschüchtert, nicht neugierig gemacht. Vielleicht war es weniger beängstigend für sie, diesem Menschen auf vertrautem Boden zu begegnen. Deshalb fragte er sie: Möchtest du ihn lieber zum Dinner hierher einladen? Oder zum Lunch, wenn du deinen kursfreien Tag hast?
Schmidtie, was ist los mit dir? Hast du nicht alle Latten am Zaun? Einladen! Ich weiß doch überhaupt nicht, wie man so was macht! Wie ist sein Haus eigentlich?
Es ist in Water Mill. Direkt am Strand, sehr modern und, wenn du mich fragst, zu groß und ziemlich albern. Ich kannte die beiden Alten, die es gebaut haben. Ehe sie senil wurden, bin ich oft bei ihnen gewesen. Jetzt sind sie tot.
Okay. Wir gehen. Aber du mußt mir sagen, was ich anziehen soll.
Schmidt wählte die Nummer. Eine Männerstimme mit erkennbar mediterranem Akzent teilte ihm mit, daß er mit dem Anschluß von Michael Mansour verbunden sei.
Würden Sie bitte Mr. Mansour ausrichten, daß Mr. Schmidt und Miss Gorchuck – er hatte immer noch Mühe, das Kichern zu unterdrücken, wenn er ihren Namen buchstabierte, was meist nötig war – gern am Samstag zum Lunch kommen?
Irgend jemand, vielleicht Mr. Mansours umsichtige Sekretärin, hatte den Mann vorbereitet. Ohne eine Spur von Lachen oder Überraschung zu zeigen, antwortete die Stimme: Ich werde Mr. Mansour unterrichten, und beendete das Gespräch.
Auch Carrie redete nicht weiter. Sie brauchte kaum Zeit, sich anzuziehen, denn unter ihren Bluejeans und dem T-Shirt trug sie nichts, und ihre Haare kämmte sie nur mit den Fingern. Ah, »Der kühne Schwung, allerwege frei«! Sie lief die Treppen hinunter, nahm zwei Stufen auf einmal, deutete einen schmatzenden Kuß in Schmidts Richtung an und war schon aus der Tür. Filmseminar. Sie hatte sich für ein spezielles Sommerprogramm eingeschrieben.
Der Kurs, den sie besuchte, war ein Workshop. Sie würde erst im Lauf des Nachmittags wiederkommen.
Jede mögliche Veränderung in Schmidts eingespieltem Alltag türmte sich vor ihm auf wie ein Berg, den er zunächst nicht erklettern wollte, auch wenn die Mühe Verbesserungen zur Folge haben konnte, zum Beispiel mehr Komfort und Effizienz oder höhere Erträge für sein Geld. Das galt besonders, wenn er sich von einem Angestellten hatte trennen oder einen kleinen Händler enttäuschen müssen. So hatte er die polnische Brigade der redseligen, zutraulichen und fetten Raumpflegerinnen nicht entlassen, die jeden Mittwochmorgen in greller Freizeitkleidung, offenbar farblich auf den Lack ihrer benzinfressenden Autos abgestimmt, erschienen – als freundlicher Tornado, der dann zwei Stunden lang durchs Haus fegte, Staub aufwirbelte, aber sonst wenig mit Reinigung zu tun hatte – und in der Zeit zwischen Marys Tod und Carries Erscheinen sein Hauptkontakt mit der Außenwelt gewesen waren. Auch sein Obst und Gemüse kaufte Schmidt weiterhin bei dem Händler, dessen Kunde er »schon immer« gewesen war; die Taschenlampenbatterien, Nägel, Schrauben und kleineren Haushaltsgeräte immer noch in der Eisenwarenhandlung in der Main Street und den hochprozentigen Alkohol und Wein wie früher im Laden eines nicht mehr ganz jungen Mannes, dessen Eltern ehedem – vor ihrem Ruhestand in Florida – die besten Lebensmittel und das beste Fleisch in der Stadt geliefert hatten. Schmidt interessierte es nicht, daß die meisten Leute mit ständigem Wohnsitz in den Hamptons lieber die etwas frischeren Produkte von einem Stand an der Straße kauften, wo das lebende Abbild einer Fra-Angelico-Madonna, in T-Shirt mit aufgedrucktem »Hi!«, Jeansrock und schmuddeligen Turnschuhen, die Tomaten und die neuen Kartoffeln abwog und freundlich lächelnd hinter sauber aufgeschichteten Pyramiden von Melonen und dergleichen Früchten stand, die ihr Freund, ein dem Fitneßwahn verfallener junger Mann mit tiefen Ringen unter den Augen und eingefallenen Wangen, auf dem Feld neben dem Stand anbaute. Undenkbar, daß Schmidt einen Staubsauger oder eine Flasche Bourbon im Einkaufszentrum außerhalb von Bridgehampton kaufte; eher würde er an einem Samstagmorgengottesdienst in der Synagoge von Sag Harbor teilnehmen. Die Beispiele für diese Sturheit im Kleinen häuften sich. Als er den Frühstückstisch abräumte, eine Arbeit, die er durchaus nicht unangenehm, aber zeitraubend fand, sann er darüber nach, wie vorteilhaft es wäre, eine Wirtschafterin oder irgendwelche anderen Hausangestellten zu beschäftigen – das Wort »Dienstboten« war inzwischen so nachdrücklich aus der Sprache verbannt, daß sogar Schmidt sich dem Bann beugte –, Hilfskräfte, die ihm das Geschirrspülen und andere Arbeiten abnehmen würden, sogar das Bettenmachen und Badaufräumen, wenn Carrie so wie heute morgen alles stehen und liegen ließ und aus dem Haus stürzte; auch einkaufen, Tisch decken und vielleicht sogar kochen sollten sie! Er konnte auch ein Paar einstellen. Der Mann würde die Zeitung und die Post holen, im Garten arbeiten, alle Messingteile putzen, jede unbemalte Holzoberfläche im Haus wachsen und wienern und überhaupt dafür sorgen, daß jener Eindruck vollkommener Beständigkeit erweckt würde, den Schmidt in seinem Haus und Grundstück noch nicht hatte erreichen können; es wäre dies eine Verfassung, die auch Betrachter mit den schärfsten, kritischsten Augen zu dem Eingeständnis zwingen würde, daß kein noch so winziger Schotterstein in der Einfahrt und kein Gartenmöbel je verrückt worden sei. Der Raum über der Garage konnte für so ein Hausmeisterpaar passend hergerichtet werden.
Er räumte den letzten Teller in die Spülmaschine und ging hinaus, um den Zustand von Garten und Pool zu prüfen. Offenbar war mit dem Wasserfilter etwas nicht in Ordnung. Der Fächer kleiner Bläschen, die aus der Rückleitung aufstiegen, gefiel Schmidt gar nicht. Am besten, man ließe den Wartungsdienst kommen; der mußte dafür sorgen, daß nirgendwo Luft in die Umwälzanlage eindrang. Schon wieder ein lästiger Anruf, der Zeit kostete und den ihm jemand abnehmen konnte, möglicherweise so ein Haus- und Gartenmann. Das Problem dabei, falls es überhaupt eines gab, bestand nicht darin, daß eine ganztags arbeitende Haushälterin die Nase über die polnische Putzbrigade rümpfen würde und deren Entlassung verlangte – Schmidt hatte nicht die Absicht, sich unloyal zu verhalten. Er wußte, daß er jeder neuen Kraft, wer auch immer sie sein mochte, den wöchentlichen Besuch von Mrs. Nowak und ihren Kolleginnen aufzwingen konnte. Sie würden übernommen werden müssen wie eine Zusicherung beim Grundstückskauf, als Teil eines Sozialvertrages. Einzig und allein Carries Gefühle waren die Hürde. Ihr empfindliches Klassenbewußtsein: Es war dermaßen ausgeprägt, daß nicht einmal die Damen des Colony Clubs ihr das Wasser reichen konnten. Ein deutlicher Hinweis war für Schmidt zum Beispiel Carries Weigerung, das Lokal O’Henry’s zu betreten oder in Bridgehampton einzukaufen. Das arme Kind: Ihre früheren Kollegen und das Heer von Einheimischen, die Carries und Schmidts Autos volltankten, den Rasen mähten, den Pool reinigten, Klempnerarbeiten machten, die Fensterläden am Haus strichen oder andere der stark überteuerten Dienstleistungen vollbrachten, die zu Schmidts Wohlbefinden nötig waren, alle diese Leute hielten nichts von Carries neuem Leben. Im Gegenteil, Carrie dachte – nicht ohne Grund –, sie sei in den Augen der Einheimischen eine Klassenverräterin. Das war ein Wort aus seinem Vokabular, wie Schmidt wußte; weder Carrie noch ihre Umgebung würde es je benutzen, sie hatten einen anderen Ausdruck zur Verfügung, irgendein heute übliches Synonym für Flittchen. Ist doch klar: Eine puertoricanische Kellnerin kommt aus Brooklyn in die Hamptons, um dicke Trinkgelder einzustreichen, und nach einem Jahr hat sie keine Lust mehr, Teller mit Essenresten, rotem Fleisch und liegengelassenen Pommes abzuräumen, und will auch nicht mehr mit Bryan oder einem anderen ortsansässigen Kraftprotz zusammenhausen. Also verschafft sie sich einen besseren Job – und legt einen reichen alten Zausel flach. Daß man so einen bis aufs Hemd ausplündert, finden die Einheimischen und das Lumpenproletariat der Wanderarbeiter ganz in Ordnung, aber nicht, daß man mit ihm fraternisiert. Anfangs hatte die polnische Putzkolonne sicher genauso gedacht. Aber in Schmidts Genesungszeit hatten die Damen sich allmählich an Carrie gewöhnt, und Carrie ging es umgekehrt genauso. Wie immer das ursprüngliche soziale oder moralische Urteil über Carrie ausgefallen war, jetzt mußten die Polinnen zugeben, daß sie eine gute Seele war und ihn anständig behandelte, davon war Schmidt überzeugt. Aber wie sollte er Carrie dazu bringen, sich als Hausherrin zu verstehen und andere von ihm angeheuerte Hilfskräfte ganz selbstverständlich zu beschäftigen, wie konnte das gehen, solange sie an diesem Ort wohnten und solange die Erinnerung an ihre Geschichte bei den Leuten noch so frisch war?
Sobald er sich von seinem Unfall erholt hatte, ließ er eine anderthalb Meter hohe Mauer aus zartfarbigen, vom Wetter ausgeblichenen alten Backsteinen rund um den Pool bauen. Die Fliesen der Pooleinfassung wurden ebenfalls durch Backsteine ersetzt und innen an der Mauer rote und rosa Kletterrosen und Rosenstöcke gepflanzt. Ein Geschenk zur Genesung, das er sich selbst machte. Die Rosen gediehen und blühten üppig. Der Gärtner Bogard paßte auf, daß keine Wespennester entstanden. Bis jetzt hatten sie Glück gehabt: Weder Wespen noch Bienen waren zu Besuch gekommen. Schmidt prüfte mit der Hand die Wassertemperatur. Für ihn gerade richtig, aber für Carrie eher zu kalt. Es war Juli, ein schöner, aber kühler Juli. Widerstrebend – teils weil er die Bemerkung eines Verlegerfreundes von Mary nicht vergessen konnte, der gesagt hatte, den Pool einen Morgen lang zu heizen koste so viel wie die teuersten Plätze in der Oper, teils auch, weil er selbst kaltes Wasser schätzte und nichts dagegen hatte, wenn alle anderen außer Carrie draußen blieben, und schließlich, weil er den Lärm haßte – schaltete Schmidt die Heizung an, zog sich in der Umkleidekabine seitlich am Poolhouse aus, tauchte ins Wasser und fing an, seine Bahnen zu schwimmen. Er zählte sie schon lange nicht mehr. Wenn er sich auf das Mitzählen konzentrieren mußte, konnte er an nichts anderes mehr denken. Statt dessen richtete er sich nach der Uhr an der Backsteinmauer. Er hatte sich vorgenommen, jeden Tag eine halbe Stunde lang schnell zu schwimmen, es sei denn, der Regen fiel so heftig, daß es absurd war, ins Wasser zu gehen, oder er hörte es in unmittelbarer Nähe donnern.
Wirklich schade, daß Gil und Elaine Blackman die einzigen waren, die man einladen konnte, wenn man Lust auf Gesellschaft hatte, und für Schmidts und Elaines Geschmack gab sich Gil manchmal allzu vertraut mit Carrie. In alten Zeiten hatte Schmidt Marys Verleger- und Schriftstellermilieu sehr geschätzt, er war sogar stolz darauf gewesen. Auf jeden Fall war es ihm lieber gewesen als die genauso geschlossene Welt der Wallstreet-Anwälte; aber in Bridgehampton und Umgebung kannte er außer den ewigen Blackmans so gut wie niemanden. Lange vor Carries Zeit hatten ihm Marys Freunde das Gefühl gegeben, es sei allein dem Ansehen und der Beliebtheit seiner Frau zu verdanken, daß er als meist schweigender Gast mit eingeladen worden sei, ohne Mary aber hätten sie keine Verwendung mehr für ihn. Die meisten Anwälte, die er kannte, praktizierten als Sozii in führenden New Yorker Kanzleien, die seiner alten Firma vergleichbar waren, eine Handvoll lehrte Rechtswissenschaften an der Columbia oder New York University, und eine noch kleinere Gruppe, ein paar Studienfreunde und ein ehemaliger Sozius aus seiner Kanzlei, war Bundesrichter geworden. Die Verbindung zu ihnen hatte er nicht aufrechterhalten. Und die Ehefrauen, diese öden Ehefrauen! Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, jenen alternden Schönheiten mit dem Kapital an Selbstbewußtsein und heiterer Gelassenheit, das sie in der Jugend durch das Glück ihres sehr guten Aussehens gewonnen und nie aufgezehrt hatten, konnte man von den Gattinnen nur ein Gutes behaupten: Sie waren Frauen. Und Frauen zog Schmidt ganz entschieden Männern vor.
Hatte er denn ehemalige Kollegen, aktive und pensionierte Sozii von Wood & King, die ihn mochten und mit denen er wieder Verbindung aufnehmen konnte? Er meinte, alles in allem seien sie ihm gegenüber freundlich und wohlwollend. Abgesehen natürlich von Charlottes Ehemann, Jon Riker. Wenn dieser Kerl Zugang zu einem Wunderwerk hätte und nur auf einen Knopf zu drücken hätte, um seinem Schwiegervater im eigenen Schwimmbecken einen tödlichen elektrischen Schlag zu versetzen, dann könnte ihn keine Macht der Welt, nicht einmal der oberste Chef der Kanzlei, davon abhalten, mit seinen dicken fetten Fingern auf den Knopf zu drücken. In Wirklichkeit stimmte das natürlich nicht. Seine alten juristischen Kollegen verbrachten ihre Ferien oder Wochenenden nicht in seiner Gegend, und als Schmidt Carrie vorschlug, zusammen mit ihm eine Wohnung in New York zu nehmen, war sie nicht interessiert; das überraschte ihn zuerst, aber dann dämmerte ihm, daß sie keinen Wert darauf legte, in nächster Nähe zu Brooklyn und ihren Eltern zu wohnen. Und wenn sie nun nach New York zögen, wie sollte er ihr Leben als Paar in Gang bringen? Mit einer Runde Cocktails, kleinen Abendessen und Theaterbesuchen? Mit seinen Sozii hatte er sich normalerweise zu Arbeitsessen verabredet. Die Ehefrauen sah er nur zweimal im Jahr, bei den großen Abendeinladungen der Kanzlei für die Gesellschafter und deren Begleitung – seit auch Frauen in die Sozietät aufgenommen wurden, waren die Begleitpersonen nicht mehr notwendigerweise Ehefrauen – und auf den Betriebsausflügen für alle Anwälte und deren Konkubinen bei freibleibender sexueller Ausrichtung; Ziel dieser Unternehmungen war die Pflege des Betriebsklimas durch einen gemeinsam bei Tennis, Golf und Trinken verbrachten Tag. Mary hatte gern eine gewisse Distanz zur Kanzlei gehalten, und Schmidt wußte nicht genau, ob er als Alleinstehender lieber geselliger gewesen wäre. Auch unabhängig von Carrie wäre es doch sehr schwierig, vielleicht sogar unmöglich gewesen, seine einstige Unnahbarkeit vergessen zu lassen und sich in Kameraderie zu üben. Man mußte sich nur vorstellen, Jack und Dorothy DeForrest – oder auch nur der W&KWeltmann Lew Brenner und seine Frau Tina – würden zu einem kleinen Abendessen in Schmidts brandneuem Penthouse eingeladen, um Miss Carrie Gorchuck kennenzulernen. Das Essen sowie den Kaffee und den Kognak würden sie mit Anstand überstehen, obwohl die Männer vielleicht zu unschlüssig wären, um sich wie üblich in einer Wohnzimmerecke zusammenzustellen und über die Firmenfinanzen zu reden, aber danach dann, was für ein Aufstand! Schmidt mit einer Frau, die jünger als seine eigene Tochter ist, ja tatsächlich, jünger als Jon Rikers Ehefrau! Nein, Anwältin ist sie nicht. Ich habe sie nach ihrer Arbeit gefragt, und sie hat kein Geheimnis daraus gemacht: Kellnerin war sie, bis der alte Bock auf den Plan trat und dafür sorgte, daß sie was Besseres zu tun bekam. Schön ist sie, so schön wie der Tag lang ist, unbedingt – und dann mochte, je nach Art dessen, der gerade redete, noch eine weitere bezeichnende Einzelheit folgen –, aber, na ja, einen Klecks Teer hat sie schon abbekommen. Eine Latina oder so. Ja, Puertoricanerin. Ganz gut, daß dieses Problem gar nicht erst aufkam. Die sehr jungen Sozii – und ganz bestimmt die Assistenten – würden finden, die neue Mrs. Schmidt sei spitze. Aber was war Schmidt ihnen, was waren sie ihm?
Er machte eine äußerst korrekte Wende und sah zur Uhr hinauf. Fünfundzwanzig Minuten. Noch fünf Minuten länger Bahnen zu ziehen war unerträglich, nicht weil es anstrengte, sondern weil es langweilte. Wieder eine dieser täglichen Niederlagen. Das Schwimmen abkürzen, die Übungen zur Straffung der Bauchmuskeln aufgeben, über dem Verfall und Untergang des Römischen Reiches einschlafen. Er kletterte heraus, trocknete sich ab, wickelte sich das Handtuch um die Gürtellinie, aus alter Gewohnheit, obwohl keine Gefahr bestand, daß er von einem unangekündigten Besucher nackt überrascht würde, und legte sich in die Sonne. Einfacher konnte es gar nicht sein: Er war genauso declassé wie Carrie. Da er sich nichts weniger wünschte als die Wiedervereinigung mit seiner Klasse – auch wenn der Verzicht auf Carrie dafür nicht der Preis gewesen wäre –, mußte er sich anderswo nach gesellschaftlichen Kontakten umsehen. Allerdings nicht unter den Kellnerinnen und Tellerwäschern im O’Henry’s, auch nicht bei den zwitschernden Ecuadorianern und Dominikanern, die ihm die Hecken schnitten und die abgebrochenen Äste auflasen. Für die einen war er zu alt, und die anderen sprachen kein Englisch. Nicht geeignet waren auch die komischen Männer und Frauen mit dem überbreiten Lächeln, die in der Gegend Immobilien verkauften, Versicherungen vermittelten oder Zähne notdürftig reparierten, wenn man nicht in die Stadt fahren konnte. Sie waren zu unattraktiv. Er mußte Leute finden, die keiner Klasse angehörten und die ihn – entweder weil ihnen sein Statusverlust gleichgültig war oder weil sie nichts davon verstanden – allein wegen seiner Verfügbarkeit und seines Stils anziehend fanden. Das war ja wohl der einzige Vorteil eines komfortablen Rentnerdaseins. Sie möchten Schmidt zum Lunch einladen? Alles klar! Jemand hat Sie gebeten, bei einer Gala-Benefizveranstaltung für die Oper einen Platz an der Tafel für fünfzehnhundert Dollar zu übernehmen? Schmidties Scheck ist schon unterwegs. Konnte Carries Aussehen ihnen nicht den Weg bahnen? In seiner Jugendzeit hätte die Schickeria sie beide vielleicht aufgenommen, Leute wie die griechischen Schiffseigner, die Mandanten seines Vaters gewesen waren. Gab es noch eine Schickeria, nachdem das El Morocco und das Copacabana verschwunden waren und der Club 21 wie ein Gebrauchtwagen ständig den Eigentümer wechselte? Schmidt setzte sich Artikeln über »Lifestyle« aus, die auf den Innenseiten der New York Times wie ein Gewächs wucherten, und warf gelegentlich auch einen verstohlenen Blick in ein New Yorker Wochenmagazin, dessen Spezialität Artikel über die vulgären Reichen waren – zu den Journalisten gehörten junge Leute, deren Väter er noch kannte –, und schloß aus seiner Lektüre, daß es gegenwärtig eine verwandte Untergruppe dieser Klasse geben mußte, vollkommen außerhalb der »Society« in seinem damaligen Verständnis, eine Unterklasse aus Parvenüs – weder besonders schön noch besonders müßig –, die in selbstgegründeten oder billig gekauften Handelsgesellschaften auf Bergen hochgehandelter Aktien saßen. Michael Mansour mit seinen Milliarden und dem Flair eines Levantiners gehörte bestimmt dazu. Vielleicht waren auch andere Freunde der Blackmans geeignete Kandidaten. Das würde man dann sehen.