Harald Havas
KURIOSES
WIEN
Metroverlag
Harald Havas
KURIOSES
WIEN
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Harald Havas: S. 75
©www.istockphoto.com/Dunca Daniel: 94
5. Auflage
© 2010 Metroverlag
Verlagsbüro W. GmbH
www.metroverlag.at
Alle Rechte vorbehalten
Printed in the EU
ISBN 978-3-99300-000-4
Vorwort
Begraben in der Burgmauer
Chuppa und Chuzpe am Hohen Markt
Comic-Hauptstadt Wien
Das Gelbe vom Kaiser
Der Friedhofsexpress
Der Kanal, der war
Der Wiener Atomreaktor
Eisiges
Von der Falcogasse und anderen
Donau-oder-doch-nicht-Oder-Kanal
Gedenktafel-Schildbürger
Genial urinal
Historisches Vier-Stein-Eck
Hoch hinaus
Industrieller Abkürzer
Schönbrunner Feng-Shui
Die Neidhart-Fresken
Orientalisch begraben
Paulis Effekte
„Into the nothing“
Rodeln im Prater
Runde Republik
Der schöne Brunnen und die falschen Römer
Schwarze Lipizzaner
Unterirdisch unterwegs
Steine zum Staunen
Wanted: Habsburger – dead or alive!
Vier Wienerinnen
Von Märschen und Marschierern
Wanderbares, grünes Wien
Was in Wien wie heißt
Wiens Bergbahnen
Wo Radetzky ruht
Ziegen am Müllberg
Woher die Wiener kommen
Jede Stadt, jedes Land und vor allem jede Großstadt ist eine schier unendliche Ansammlung an Geschichten, Gschichterln und Geschichte. An Anekdoten, Amüsantem und Außergewöhnlichem. An Unglaublichem, Unerwartetem und Unnötig-zu-Wissendem. Meine Recherchen für Bücher und Wissensspiele der letzten Jahre haben da von Bayern bis Berlin, von Österreich bis zur Schweiz vieles in jeder der erwähnten Kategorien zutage gefördert.
Und doch.
Und doch ist das bei Wien ein bisschen anders. Vielleicht kommt es mir auch nur so vor, schlicht weil ich ein Wiener und hier aufgewachsen bin. Ich glaube aber nicht. Denn schließlich bin ich ja weder der einzige noch der erste, dem aufgefallen ist, dass Wien und die Wiener einiges an ganz besonderen Besonderheiten zu bieten haben. Etwas ganz Besonderes, das eben anders ist als das ganz Besondere an Paris und den Parisern, London und den Londonern, Rom und den Römern. Eine Art Mischung aus aufmüpfiger Unterwürfigkeit, auf eherne Regeln pochendes Laissez-faire, engagiert-euphorischem Durchwurschteln und freundlich-bösartiger Melancholie. Viele Aspekte dieser Mischung zeigen sich an Personen, aber auch an Orten und Geschehnissen, und viele davon hab ich auch schon in früheren Büchern kurz – eben sammelsuriumartig – angerissen. In diesem Buch ist das aber anders. Es ist eine Sammlung von Geschichten, Gschichterln und Geschichte, die den angedachten aber dann doch nicht gewählten Titel tragen könnte: Unglaublich aber Wien.
Nicht alles in diesem Buch ist eng mit der oben beschriebenen Mischung an der speziellen Wiener Befindlichkeit verknüpft, vieles aber schon und manches um die Ecke. Allerdings oft gerade dann, wenn es um scheinbar eher nüchterne Beschreibungen einfach nur wenig bekannter Örtlichkeiten geht.
In gewisser Weise ist dieses Buch auch eine Fortführung meiner bereits erschienenen „Sammelsurien“. Wer sie kennt, wird viele Themen auch in diesem Buch wiederfinden. Aber immer ergänzt, variiert und erweitert, um ganz neues Altes und um ganz altes Neues aus und um Wien. Das wie die anderen Teile und Themen vielleicht auch anderswo hätte passieren können, aber doch am besten hierher passt und auf typische Weise typisch ist für diese uralte Stadt zwischen Alpen und Donau, zwischen kaiserlicher Vergangenheit und kaiserlicher Nostalgie, zwischen multikultureller Vergangenheit und multikultureller Zukunft.
Hierher, nach Wien.
Harald Havas
Falls Sie schon immer das Bedürfnis verspürt haben, innerhalb einer Burgmauer oder sogar in einer Nische darin begraben zu werden, aber leider keine Burg besitzen oder keinen Burgbesitzer kennen, der Ihnen das gestatten würde – nun, in Wien können Sie das ohne Probleme mit sich machen lassen.
Alles was Sie zu tun haben, ist sich einäschern zu lassen und eine reguläre Ruhestätte im städtischen Urnenhain gleich gegenüber dem Zentralfriedhof (3. Tor) zu reservieren. Denn was kaum jemand weiß oder kaum jemandem auffällt: Die Feuerhalle liegt innerhalb der Burgmauer des bis vor wenigen Jahren komplett vergessenen aber mittlerweile schon etwas bekannteren Schlosses Neugebäude.
Dieses Schloss wurde Mitte des 16. Jahrhunderts im heutigen Simmering errichtet und stand damals buchstäblich noch mitten im Wald. Ihr Bauherr Kaiser Maximilian II. wünschte sich, wohl hauptsächlich zu Jagdzwecken, ein Lustschloss, das schließlich „Neugebäude“ genannt wurde und, was man der Ruine heute nicht mehr ansieht, eines der größten Renaissancebauten nördlich der Alpen war.
Der Rest der Geschichte ist die eines langsamen Verfalls und Bedeutungsverlustes gleich nach der Fertigstellung etwa im Jahr 1580: Kaiser Rudolph kümmerte sich nicht um das Schloss, 1683 wurde es von den Türken eingenommen und für eigene Zwecke benutzt und 1704 zerstörten die Kuruzzen große Teile des Baus …
Endgültig demoliert wurde es aber nicht vom Feind, sondern von Kaiserin Maria Theresia. Zwar übergab sie den Bau an das Militär, kannibalisierte zuvor aber alles, das noch nach etwas aussah und verwendetet die Teile für das mittlerweile viel wichtigere Schloss Schönbrunn. Insbesondere Marmor und andere behauene Steine für alle Stiegen, die Gloriette sowie die falsche römische Ruine im Park.
Übrig blieb ein mittelalterlicher Burg-Torso, der in den letzten Jahren – teilrenoviert – für Sommer-Kino-Vorführungen und Gala-Events aller Art genutzt wird. Sie liegt etwas erhöht über der Kaiser-Ebersdorfer Straße, von wo aus man einen recht guten Blick auf das Schloss hat. Dazu genügt es, mit dem 73 A (etwa ab der U3-Station „Simmering“) daran vorbeizufahren.
Was einem nun jeder Stadtplan, jedes Navi und ein etwas ausgeprägterer Orientierungssinn verraten, ist die Tatsache, dass, wenn man der Achse Kaiser-Ebersdorfer Straße–Schloss weiter folgt, dahinter nach einer Weile die Simmeringer Hauptsstraße und der Zentralfriedhof auftauchen müssten. Das ist auch so. Und dazwischen liegen eben der Schlosspark sowie die ihn umfassende Burgmauer. Und dieser Park ist nun einmal ident mit dem Urnenhain der Stadt Wien.
Eigentlich ist diese Tatsache wenig versteckt: Wenn man das Areal des Krematoriums durch den Pförtnereingang, der sich auf der Simmeringer Hauptsstraße befindet, betritt, sieht man sofort einen alten Befestigungsturm, an dem auch noch eine Hinweistafel angebracht ist, sowie nach links und nach rechts wegstrebende Mauern, die eigentlich unschwer als ehemalige Burgmauern bzw. Befestigungsanlagen zu erkennen sind.
Die Urnengräber befinden sich allesamt innerhalb der Burgmauer, an deren Außenseite oder zum Teil auch in den Nischen der Burgmauer. Plätze für eine ewige, leicht ritterlich angehauchte Beerdigung sind dort jederzeit zu erwerben, auch in den Mauergräbern – je nach aktueller Verfügbarkeit der Gräber und Größe der Geldbörse.
Die Mauer selbst sollte jedenfalls Bestand haben: Denn für die Errichtung des Schlosses wurde einst der damals härteste verfügbare Kalkstein verwendet. Der hieß ... Kaiserstein und stammte aus einem Steinbruch in der Nähe von Bruck an der Leitha, weshalb dieser Ort auch bis heute den Namen Kaisersteinbruch trägt.
An sich waren die Nazis in Wien recht gründlich. Nicht nur wurde die jüdische Bevölkerung vertrieben oder deportiert, auch eine Vielzahl an kulturellen Zeugnissen, die jüdische Künstler und Denker in Wien hinterlassen hatten, wurden rigoros entfernt. Bücher und Lieder wurden verboten, wenn sie von jüdischen Autoren stammten – wie nicht zuletzt viele der klassischen Wiener Heurigenlieder! Ein prominentes Opfer unter vielen: das „Fiakerlied“ des jüdischen Kaufmannsohns Gustav Pick. Bei anderen Gelegenheiten waren die Nazis nicht so konsequent und strichen etwa die Namen der meist jüdischen Librettisten einfach von den Programmzetteln der Operetten, sodass sogar Hitler während seiner Besuche in Wien Operettenvorführungen mit nichtarischen Texten lauschen konnte.
Bei all diesen Repressionen freut es einen umso mehr, dass die Nazis, damals vermutlich aus blanker Unwissenheit, in der Wienerstadt etwas übersehen haben.
Die Rede ist vom sogenannten Vermählungsbrunnen, der auf dem Hohen Markt im ersten Bezirk steht.
Dieses Monument, auch Josefsbrunnen genannt, wurde um 1706 von Johann Bernhard Fischer von Erlach zuerst aus Holz errichtet. Damals war es allerdings noch kein Brunnen, sondern eine Säule. Der Grund für die Erbauung war ein Gelöbnis des Kaisers Leopold I., das er 1702 in der Sorge um die Rückkehr seines Sohnes Joseph aus einer Schlacht ablegte. Joseph kam zurück, der Kaiser starb zwar 1705, seine Söhne aber lösten das Gelübde ein. Das wenig dauerhafte Denkmal wurde daher zwischen 1729 und 1732 neu errichtet. Diesmal allerdings aus Marmor (für die Innenseite wurde Kaiserstein verwendet) und Metall. – Und um einen Brunnen erweitert.
Dargestellt wird die Hochzeit von Maria und Josef mit allerlei allegorischem Beiwerk. Das Besondere daran enthüllt sich allerdings nur dem wissenden und mitdenkenden Betrachter. Maria und Josef waren nämlich Juden. Geheiratet haben sie daher logischerweise nicht in der Kirche, sondern in einem Tempel, und der vor ihnen stehende „Priester“, der sie verehelicht, ist demnach kein Pfarrer, sondern ein Hohepriester bzw. Rabbi. Und der sie auf vier Säulen überragende Baldachin ist keineswegs nur ein Symbol für den Himmel oder das Himmelsgewölbe, sondern eine echte jüdische Chuppa. Das ist ein traditionelles, in vier Richtungen offenstehendes Hochzeitszelt, auch Traubaldachin genannt, das bis heute bei jüdischen Trauungen Verwendung findet – und an das Haus des jüdischen Stammvaters Abraham erinnern soll, das auf allen vier Seiten Türen hatte, um Gäste, die aus allen Richtungen kamen, herzlich zu empfangen.
Sicher, ein schwacher Trost angesichts der Gräuel des Zweiten Weltkriegs, aber irgendwie erfreut es doch das bockerer‘sche, das schweijk‘sche Herz, dass in dieser Zeit der Verfolgung mitten in Wien all die Jahre ein steinerner Rabbi ein steinernes jüdisches Ehepaar in einem gefrorenen Moment nach jüdischem Ritus traute. Und es bis heute tut.
Menschen, die nur gelegentlich Comics lesen, seien es Asterix oder Micky Maus, und die sich nicht viel mit den Hintergründen dieses Mediums beschäftigt haben (also fast alle Österreicher und Deutsche), mag erstaunen, dass es die Welt der bunten Bilder schon sehr lange vor Walt Disney gab. Dieser war darüber hinaus außerdem überhaupt kein Comiczeichner, sondern Filmemacher, Unternehmer und Unterhaltungsparkbegründer. Walt Disney hat selbst nie auch nur einen einzigen Comicstrip gezeichnet. Auch wenn jeder „Disney“-Comic weltweit bis heute seinen Namen und seine stilisierte Unterschrift trägt. Tatsächlich erschien der erste Comic mit Micky Maus 1928, zeitgleich mit dem ebenfalls bis heute sehr bekannten belgischen Comichelden Tintin (bei uns eher als Tim und Struppi bekannt), zu einer Zeit, als das Medium der Comics bereits in vollster Blüte stand. Je nach Sichtweise wurde der Comic spätestens 1885 erfunden und war spätestens 1900 in den USA formal nicht mehr sehr weit von der heutigen Form entfernt. Schon in den 1910er-Jahren entstanden etwa mit „Krazy Kat“ von George Herriman oder „Little Nemo“ von Winsor McCay Comic-Meisterwerke, die bis heute teilweise unerreichte Maßstäbe setzten.
Aber eben auch in Europa, vor allem in England, waren Comics zu dieser Zeit schon ein weit verbreitetes und akzeptiertes Medium der Unterhaltung. Nota bene mehrheitlich nicht für Kinder, sondern in Tageszeitungen – als gerne gelesener Teil der Erwachsenenlektüre.
Und auch sonst waren Comics schon in vielen Teilen Europas weit verbreitet. Aber nicht in Deutschland.
Denn Deutschland stellt zwar mit Wilhelm Busch einen der unmittelbaren Vorläufer des Mediums, dem auf echte Comics eigentlich nicht viel mehr als der im Bild integrierte Text in Form von Sprechblasen fehlte, blieb aber bis in die Nachkriegszeit eher auf dem Trip der textlosen oder untertexteten Bildgeschichte. Teilweise aus Tradition, später teilweise aus Ablehnung des fremden und „undeutschen“ Einflusses durch die nationalsozialistischen Machthaber. Erst sehr lange nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich in Deutschland, lange heiß umkämpft, langsam das Medium der Sprechblasen durch. Deswegen nahmen Comic-Historiker auch lange an, dass es vor dem Krieg keine nennenswerten oder eigenen Comics im deutschsprachigen Raum gegeben hätte. Zwar wusste man um die berühmte Schweizer Kinderfigur des blauen Papageis Globi, aber der erlebte und erlebt auch heute noch seine Abenteuer ebenfalls in sprechblasenlosen Bildgeschichten.
Und weil die diesbezügliche Forschung in Österreich – bis heute – in den Kinderschuhen steckte, wurde lange übersehen, dass die Kultur der Sprechblase in Österreich bereits in den 1930er-Jahren heftig blühte. Und, wie man erst seit ganz kurzem weiß, sogar schon davor – und auch fast die ganze Kriegszeit hindurch.
In Insiderkreisen und unter, vor allem sozialdemokratisch aufgewachsenen, älteren Mitbürgern war immerhin ein Name einigermaßen bekannt: der der Comicstrip-Figur „Tobias Seicherl“. Daher war es zuerst auch dieser Strip, der Ende der 1980er-Jahre langsam ins Bewusstsein der internationalen Comic-Forschung fand. Und der hat es gleich in vielfacher Hinsicht in sich:
Damit war „Tobias Seicherl“ mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur der erste kontinentaleuropäische Tagesstrip, sondern sicher einer der ersten, wenn nicht der erste politische Comicstrip der Welt. Noch dazu kann man die 1933 erschienenen drei Sammelbände der Serie zu den ersten Comicheften der Welt, die ersten in den USA entstanden zeitgleich, zählen.
„Der Seicherl“ und sein Hund Struppi wurden zu Kultfiguren ihrer Zeit und auch zu beliebten Werbeträger. Der Schöpfer von „Tobias Seicherl“, Ladislaus Kmoch, zeichnete den Strip übrigens (dann natürlich unpolitisch) bis in die Kriegsjahre hinein. Also, auch unter den Nazis, was ebenfalls die alte These, Sprechblasen wären in der NS-Zeit verboten gewesen, zumindest für die „Ostmark“ außer Kraft setzt. Auch in der Nachkriegszeit erschien „Tobias Seicherl“ noch einmal mehrere Jahre in wöchentlicher Folge für Wiener Bezirksblätter. Insgesamt mehrere tausend (!) Strips – und somit eines der größten österreichischen Comic-Œuvres überhaupt.
Doch damit nicht genug. Jüngste Forschungstätigkeiten auf dem Gebiet haben auch schon für die 20er-Jahre eine ganze Reihe anderer Sprechblasen-Comics und -Serien in Wiener Blättern entdeckt. Vor allem das linke Satire-Magazin „Der Götz von Berlichingen“ (erschienen ab 1919) setzte neben politischen Cartoons (in denen bereits sehr früh fast sämtliche später wahr werdende Gräueltaten der Nazis prophezeit wurden) auch stets auf Comics. So wurde die ganzseitige Comicserie „Familie Riebeisl“, eine Art gezeichnete Sitcom zu aktuellen Themen, von 1923 bis zur Zwangseinstellung des Blatts im Ständestaat 1934 mit wenigen Unterbrechungen wöchentlich im „Götz“ abgedruckt. Darüber hinaus präsentierte es schon 1924 gelegentlich mit ein paar nackten Tatsachen und schlüpfrigen Themen vermutlich auch die (weltweit?) ersten Ansätze von „Sex-Comics“. Darüber hinaus erschienen im „Götz“ auch noch andere Kurzserien und Comicstrips, einer davon („Turl und Schurl“ von Peter Eng) sogar ein ganzes Jahr lang.
Und noch eine kleine Comic-historische Sensation hat der „Götz“ zu bieten: Knapp ein Jahr lang, bis zur Machtergreifung der Nazis, publizierte der Wiener „Götz“ auch eine Satellitenausgabe für Deutschland, die in Berlin und ein paar anderen größeren Städten erschien und u. a. ebenfalls eine eigene Comicserie, wenn auch nur zum Teil mit Sprechblasen, beinhaltete. Österreich missionierte also Deutschland in Sachen Comics.
Der aktuelle Letztstand der Comic-Schürfarbeiten in der Wiener Nationalbibliothek ist übrigens eine Sprechblasen-Comic-Seite in der Satire- und Erotik-Zeitschrift „Die Muskete“ aus dem Jahr 1919 (!). Ebenfalls von Peter Eng und ebenfalls schlüpfriger Natur.
Mit diesen Publikationen nimmt Wien eine zumindest für Kontinentaleuropa hervorragende Stellung in der Frühzeit des Mediums ein. Und wer weiß, was noch so alles in den Tiefspeichern der Österreichischen Nationalbibliothek verborgen liegt.
Das habsburgische Kaisergelb steht historisch für den Glanz und die Verbreitung der österreichischen Monarchie. Und tatsächlich findet man auch heute noch, von Krakau bis Moldawien, viele alte (vor allem Amts-)Gebäude, die bis jetzt, wenn auch oft vergilbt und abgeblättert, die kaiserlichen Farben tragen.
Die Farbe ist auch als „Schönbrunner Gelb“ bekannt, weil Schloss Schönbrunn, geradezu protoytpisch, in dieser Farbe erstrahlt. Das war allerdings nicht immer so. Das Schloss hat im Laufe der Zeit mehrmals die Farbe gewechselt und war u. a. blau, wie man nicht nur bei Renovierungen und auch auf alten Ansichten feststellen kann. Und es war bei seiner Errichtung … rosa. Kaiserinnenrosa sozusagen.
Auch das Onlinelexikon Wikipedia kennt die Farbe „Kaisergelb“ und beschreibt sie als „ein erdiges rötliches Gelb. Sie entspricht der Farbnuance einer Färbelung mit dem Pigment Goldocker in Kalk.“
Dieses barocke Gelb korrespondiert natürlich politisch gesehen auch mit der Farbe Gelb in der schwarz-gelben Farbe des habsburgischen Kaiserhauses, die wiederum auf die Farben des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches zurückgeht. Auch das Schwarz und das Gelb in der heutigen deutschen Flagge stam-men daher.
Aber auch an einer anderen, eher unerwarteten Stelle findet sich das Habsburger-Kaisergelb – und zwar in der brasilianischen (!) Flagge. Dazu folgende Geschichte: