Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1933
Jagd auf Unsichtbare
Im Zophengorn-Satelliten – ein Oxtorner wird zur Gefahr
von Horst Hoffmann
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Seit das Heliotische Bollwerk im Solsystem sabotiert wurde, sind Menschen von der Erde gezwungen, sich in fremder Umgebung zu behaupten. Zu ihnen gehören jene 200.000 Terraner, die mit einem Teil von Terrania-Süd verschwanden und nun in der fremden Whirlpool-Galaxis auf sich allein gestellt sind.
Glücklicherweise konnten erste Schwierigkeiten schnell beseitigt werden. Der Kontakt zu den Thorrimern, auf deren Planeten die Terraner leben, gestaltete sich als sehr angenehm. Handelskontakte konnten geknüpft werden, der Ausbau der selbständigen Nation Alashan – wie sich die unfreiwillige Kolonie nunmehr nennt – schritt rasch voran. Sogar erste Versuche von Fremden, die kleine Kolonie auszuplündern, konnten im bisherigen Verlauf des Jahres 1290 Neuer Galaktischer Zeitrechnung abgewehrt werden.
Mittlerweile ist Perry Rhodan zur Nation Alashan gestoßen. Der unsterbliche Terraner, der unlängst zum Sechsten Boten von Thoregon ernannt wurde, ist auf der Spur von Shabazza, dem mysteriösen Gegner der Menschheit. Zugleich muss Rhodan eine Spur der SOL finden – sein uraltes Raumschiff war zuletzt für Shabazza unterwegs.
Aus diesem Grund dringt der Terraner mit einigen Begleitern in ein wichtiges Zentrum der Galaxis DaGlausch ein, in den Ring von Zophengorn. Hier, so vermutet man nicht zu Unrecht, müssen wichtige Hinweise zu finden sein.
Doch recht schnell kommt es im Zophengorn-Satelliten zur JAGD AUF UNSICHTBARE ...
Perry Rhodan – Im Ring von Zophengorn will der Terraner weitere Hinweise auf die SOL finden.
Grader, Bluke und Ipay – Drei Companeii versuchen hinter das Geheimnis der falschen Logiden zu kommen.
Monkey – Der Oxtorner erweist sich als unerbittliche Kampfmaschine.
Mondra Diamond – Die TLD-Agentin kämpft mit widerstrebenden Gefühlen.
Reginald Bull – Rhodans ältester Freund sucht den Ausgleich.
Trabzon Karett – Der Computerspezialist zapft Positroniken an.
Zophengorn: Der Verdacht
4. Juni 1290 NGZ
»Irgend etwas stimmt nicht mit ihnen«, sagte Grader.
Er blickte seine Artgenossen Bluke und Ipay direkt an.
»Und ich will wissen, was es ist!«, fügte er laut hinzu.
Grader, Bluke und Ipay waren drei Lehrer in der Rekrutenstadt. Die humanoiden Companeii besaßen eine Durchschnittsgröße von einem Meter zehn und eine graue, glatte, immer ölig glänzende Haut. Ihre verrunzelten Gesichter wiesen tiefliegende Augen und statt Nasen lediglich drei Nasenlöcher auf, die sich über die glatte, meist weiß gefärbte Mittelfläche des Gesichts verteilten. Die Unterkiefer stachen mit starkem Verbiss sehr massiv aus dem Gesamtbild hervor.
Als Techniker und Wissenschaftler genossen die Companeii in weiten Teilen der Galaxis DaGlausch einen guten Ruf; als Händler hatten sie sich ebenfalls in gewissen Bereichen durchsetzen können. Als Kämpfer dagegen waren sie unbrauchbar, weil ihnen die Fähigkeit zur militärisch-taktischen Berechnung vollkommen fehlte.
Auf den ersten Blick schien das nicht dazu zu passen, dass Companeii sich der Drohung eines scheinbar überlegenen Wesens niemals beugen würden. Lieber kämpften sie bis zum Tod.
Die Rekrutenstadt, in der Grader, Bluke und Ipay zumeist ihren Dienst verrichteten, gehörte zu einer der zehn mehr oder weniger zusammenhängenden Stationen, die den sogenannten Ring von Zophengorn bildeten und als solcher den dreifach jupitergroßen Braunen Zwerg Kamarr umliefen.
»Keiner von uns hat sie jemals vorher gesehen«, stimmte Ipay zu.
Sie war die einzige weibliche Companeii der kleinen Gruppe. Wie die beiden anderen trug sie eine mützenartige Kopfbedeckung, die sie nur zum Schlafen abnahm. Eine rückwärtige Verlängerung aus Stoff bedeckte den empfindlichen Nacken. Der restliche Körper war in einen ebenfalls grauen Umhang gehüllt.
»Die Rekrutenstadt ist groß«, meinte Bluke, der Jüngste. »Wenn sie tatsächlich Novizen im dritten Jahr wären, müssten wir sie dennoch schon vorher gesehen haben, lange bevor sie gleich neben uns einquartiert wurden. Es sind die ersten Logiden, die ich je zu Gesicht bekommen habe. Sie wären mir mit Sicherheit aufgefallen.«
»In dem großen Völkergemisch hier in der Rekrutenstadt?«, fragte Grader. »Es sind Vertreter von vielen hundert Völkern hier, insgesamt permanent Zehntausende und mehr Schüler, die einmal zur Gilde der Bebenforscher gehören wollen.«
»Sie wären mir aufgefallen«, behauptete Bluke. »Ich sehe mir jeden Neuankömmling an und vergesse sehr selten ein Gesicht. Und drei Jahre sind eine sehr lange Zeit.«
»Du hast ja recht«, gab Grader, der älteste der drei Lehrer zu. »Dich macht es argwöhnisch, dass du sie noch nie gesehen zu haben glaubst, und mich irritiert ihre Art, sich in der Rekrutenstadt zu bewegen und zu geben. Innerhalb von drei Jahren sollten sie gelernt haben, wie man sich Lehrern gegenüber geziemend verhält.«
»Ihr wisst, dass ich mit einem von ihnen gesprochen habe«, sagte Ipay.
Sprach sie, wurden die anderen sofort still. Sie war der Mittelpunkt der familienähnlichen Gruppe. Im allgemeinen traten Companeii zu dritt, fünft oder sieben auf.
»Der Logide musste sich jede Antwort überlegen«, berichtete Ipay, »wie einer, der etwas zu verbergen hat.«
Grader erhob sich. Er rauchte aus einer langen Pfeife und sog tief den Duft des völlig harmlosen Krauts ein. Bluke und Ipay saßen bequem auf den tiefen, breiten Möbeln ihrer Wohnlandschaft.
Die stahlgrauen Wände waren mit abstrakten Bildern dekoriert, die in Schwarz und Weiß gehalten waren und die ein companeiischer Künstler angefertigt hatte. Von Farben schienen die Companeii nicht viel zu halten; viele sagten, sie besäßen auch gar keine Sinne für deren Wahrnehmung. Zu dem grauen Einerlei passte das sanfte weiße, von der Decke fallende Licht.
»Und was sollen wir nun tun?«, fragte Grader. »Zu den sieben Logiden gehen und sie nach ihrer Vergangenheit fragen?«
»Das wäre unklug«, meinte Bluke. »Entschuldige, Grader, aber wenn sie andere Wesen sind, als sie vorgeben zu sein, dann müssen wir vorsichtig sein. Wir sollten versuchen, sie wie zufällig in ein Gespräch zu verwickeln, und dabei ebenso zufällig Fragen stellen, deren Antworten uns beweisen können, ob sie tatsächlich Novizen im dritten Jahr sind. Heute ist es zu spät, aber gleich morgen sollten wir versuchen, sie abzufangen, wenn sie zum Unterricht gehen.«
»Ich finde die Idee gut«, sagte Ipay.
Grader nahm einen weiteren Zug aus der langen Pfeife und reichte sie an die Frau weiter.
Dann fragte er: »Gesetzt den Fall, sie sind nicht das, was sie scheinen – was tun wir dann mit ihnen?«
»Sie dem Direktorium melden?«, fragte Bluke und schüttelte gleich darauf den runden Kopf. »Nein, denn es könnten theoretisch Spitzel des Direktoriums sein, um uns und unsere Arbeit zu überprüfen.«
»So viele?«, zweifelte Grader. »Ein oder zwei Spitzel würden vollauf genügen und wären unauffälliger. Aber warum sollte das Direktorium so etwas tun? Wir haben ihm keinen Grund gegeben.«
»Wir kennen einige einflussreiche Bebenforscher«, schlug Ipay vor, nachdem sie inhaliert hatte. »Vielleicht sollten wir uns an sie wenden.«
»Das ist besser«, stimmte Grader zu. »Aber erst dann, wenn wir uns unserer Sache sicher sind. Bis dahin behalten wir unseren Verdacht für uns. Versprecht mir das! Denkt auch daran, dass wir die Logiden schon zweimal mit einem mittlerweile recht bekannten Bebenforscher gesehen haben – mit diesem Eismer Störmengord, wie unsere Ermittlungen enthüllt haben. Nur die Götter mögen wissen, was Störmengord mit den Novizen zu tun hat. Versprecht mir, vorläufig zu niemandem von unserem Verdacht zu reden!«
Die beiden anderen taten es. Zum Schluss rauchte Bluke die Pfeife, und ein süßlicher Duft lag in feinen Nebeln über der grauen Wohnlandschaft zwischen den stahlgrauen Wänden ihres Quartiers.
»Begeben wir uns jetzt zur Ruhe«, sagte Grader. »Morgen werden wir die Logiden testen – oder was und wer immer sie sind.«
»Ich kann noch nicht schlafen«, sagte Bluke. Auch Ipay wünschte Grader auf eine Weise eine gute Nacht, die ihn verstehen ließ.
Sie beide waren noch jung und er zu alt für das.
Er zog sich allein in seine Schlafmulde zurück und schloss sie über sich. Was es zwischen Bluke und Ipay noch gab, ging ihn nichts an.
Aber er machte sich Gedanken über die Logiden. Sie verfolgten ihn bis in seine Träume hinein. Und in diesen Träumen sah er, wie sie ihn langsam einkreisten, und dann einen fürchterlichen Blitz, nach dem nichts mehr war.
Als er schweißgebadet und schwer atmend aufwachte, an allen Gliedern zitternd, da glaubte er, seinen Tod gesehen zu haben.
*
Perry Rhodan, Reginald Bull, Mondra Diamond, Tautmo Aagenfelt, Nico Knobloch, Monkey und Trabzon Karett – das waren die sieben in Maske gegangenen Galaktiker, die es bis in den Ring von Zophengorn geschafft hatten. Hier hofften sie von dem Bebenforscher Eismer Störmengord weitere Hilfe bei der Suche nach der SOL zu erhalten.
Wenn sie sich unter anderen Schülern befanden, verwendeten Rhodan und Bull Tarnnamen. Perry Rhodan ließ sich »Kerry« nennen, Reginald Bull »Regin«. Sie verwendeten diese Tarnnamen auch dann, wenn sie befürchten mussten, heimlich abgehört zu werden. Die anderen wurden mit Vornamen angesprochen.
Vor vier Tagen waren die sieben Galaktiker von ihrem Ausflug nach dem Planeten Tujo zurückgekehrt. Dort hatten sie die Tujokan kennengelernt und waren auf die Spur der geheimnisvollen schwarzhäutigen Korrago gestoßen. Sie hatten die Relikte eines SOL-Beibootes gefunden und eine unterirdische Station entdeckt.
Alle auf Tujo erhaltenen Informationen über die Korrago hatten sie in den Ring-Großrechner von Zophengorn eingegeben, ohne Querverweise zu erhalten. Im Gegenteil. Kurz nach der Dateneingabe hatten sie ihre eigenen Informationen nicht mehr im Rechner gefunden – gerade so, als seien sie inzwischen herausgelöscht worden.
Wer aber war dazu in der Lage? Und was hatte der Unbekannte davon?
»Die drei Grauen von nebenan sind misstrauisch geworden«, sagte Reginald Bull, nachdem sie ihr Abendessen beendet hatten. »Wir müssen vorsichtiger sein. Noch können sie keinen konkreten Verdacht haben, aber etwas an uns stößt ihnen auf. Das sieht jeder.«
»Vielleicht erwarten sie mehr Respekt von uns«, meinte Mondra Diamond.
Die ehemalige Zirkusartistin ließ ihre rechte Hand neben ihre Sitzgelegenheit sinken, als suche sie etwas. Ihr kleiner Elefant fehlte ihr offensichtlich sehr. Sie hatte Norman in Alashan in Pflege zurückgelassen.
»Die drei Companeii sind vielleicht ein Problem, aber nicht unser größtes«, sagte Perry Rhodan. »Mich interessiert viel mehr, wer die Daten über die Korrago im Ring-Großrechner manipuliert hat. Auf Tujo haben wir nun einmal dieses Wrack einer SOL-Korvette gefunden, deren Besatzung aber von Korrago gebildet wurde. In den Speichern des Großrechners hätten unbedingt Hinweise auf die Korrago vorhanden sein müssen. In Wahrheit aber werden sie und damit alle Informationen, die uns Auskunft über das Schicksal der SOL geben könnten, unterdrückt oder gelöscht. Wer in Zophengorn besitzt die Macht, dies zu tun?«
»Eigentlich nur das zehnköpfige Direktorium«, antwortete Bull. »Es gibt ja jetzt einen neuen Direktor eins, nachdem es unser Freund Eismer nicht wurde – die anderen sind entsprechend aufgerückt.«
»Richtig! Und wer könnte in DaGlausch ein Interesse daran haben, die SOL und die Korrago zu verbergen? Doch nur Shabazza, der sich nach unserem Wissensstand und mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwo in dieser Galaxis aufhalten muss.«
Mondra Diamond nickte ernst. Das schöne Gesicht der 33-jährigen TLD-Agentin war unter der Maske nur zu erahnen. »Du glaubst also, dass die Manipulation des Ring-Großrechners mittel- oder unmittelbar mit Shabazza zu tun hätte?«
Perry nickte. »Ich halte es für möglich, dass Shabazza einen oder mehrere der Direktoren direkt beeinflusst.«
Bull pfiff durch die Zähne. »Das ist allerdings starker Tobak, Perry.«
»Es ist nur logisch. Die Korrago sind augenblicklich unsere einzige Spur zur SOL, die sich angeblich Shabazza unter den Nagel gerissen haben soll ...«
»Bitte, was?«, fragte Mondra.
Rhodan lächelte kurz, dann wurde er übergangslos wieder ernst. Eine Spur zu ernst, wie sein ältester lebender Freund Bully fand.
»Eine Redewendung, Mondra«, sagte er mit einer abwehrenden Geste. »Es soll heißen, er hat sie sich angeeignet.«
»Das Schiff, das Perry als Sechstem Boten von Thoregon zustehen sollte«, erklärte Bull überflüssigerweise. »Eine Legende, ein Fliegender Holländer des Alls – immer wieder kreuzt sie unseren Weg.«
Diesmal fragte Mondra nicht danach, was ein »Fliegender Holländer« sei. Sie sah nur Perry Rhodan an, und der nahm den Blick zur Seite.
»Die Frage ist also, was wir unternehmen«, stellte Trabzon Karett fest.
Der mit 39 Jahren noch vergleichsweise junge Computerspezialist mit dem Schwerpunkt auf Positronik-Forschung strich sich mit den Fingern der rechten Hand über die Körpermaske – dort, wo sich sonst seine blonden, strähnig nach hinten gekämmten Haare befanden.
Alle sieben Mitglieder der kleinen Gruppe hatte eine solche Maske angelegt, die den gesamten Körper in Form einer atmungsaktiven, grünblau geschuppten Schlangenhaut umgab. Alle Haare lagen darunter und wurden mittels eines unschädlichen Hormonblockers am Wachstum gehindert. Wer genau hinsah, erkannte die Gesichtszüge der Maskierten trotz der künstlich auf das Doppelte verbreiterten Nasen mit den jeweils drei Zusatzlöchern an den Seiten.
Die Galaktiker trugen grüne, elastische Kombinationen, doch selbst wenn sie sich nackt auszögen, wären sie an ihren Körpern nicht als Terraner zu erkennen gewesen. Sowohl an den Kniegelenken als auch an den Schultergelenken war von außen jeweils eine faustgroße Gelenkkapsel biologisch angeschweißt worden. Dadurch wirkten ihre Gestalten sehr viel breiter. Die außenliegenden Zusatzgelenke schienen wirklich zu funktionieren; in ihnen steckten gut verborgene Ausrüstungsgegenstände aus dem TLD-Tower.
»Von hier aus erreichen wir nichts«, sagte Nico Knobloch, die TLD-Spezialistin mit den Fachgebieten Biologie, Chemie und Medizin. Mit ihren erst 30 Jahren war sie ebenfalls noch relativ jung, hatte aber schon einige Risiko-Einsätze im Blues-Gebiet hinter sich. »Wenn wir etwas über das Direktorium herausfinden wollen, müssen wir einen Weg finden, möglichst unbemerkt ins Empirium zu gelangen, wo das Direktorium seinen Sitz hat.«
»Das ist natürlich leichter gesagt als getan«, meinte Bully. »Als Novizen, auch im angeblich dritten Jahr, gehören wir hierhin und sollten brav unsere Vorlesungen und Seminare besuchen.«
»Als Novizen im dritten Jahr verfügen wir immerhin über die Z-Karte, die Zophengorn-Kodekarte, die uns viele Wege öffnet und Zugang zum Trans-Z-Verkehrssystem verschafft«, sagte Rhodan. »Dank Trabzon natürlich. Ohne ihn und die von ihm vorgenommenen Manipulationen am Rechner wären wir noch nicht weit gekommen.«
»Genau«, stimmte Nico ihm zu. »Und soweit wir das wissen, sind Novizen im dritten Jahr unter anderem besonders neugierig, was mit ihrer Mobilität zusammenhängt. Ich meine, wir sollten es wenigstens versuchen, ins Empirium zu gelangen.«
»Sollen wir abstimmen?«, fragte Bull. »Ich bin dafür, Nico hat mich überzeugt.«
Nacheinander hoben die sieben Maskierten die Hand.
»Also schön«, sagte Rhodan. »Das ist ja ein eindeutiges Votum. Aber noch ist es nicht soweit. Wir werden einige weitere Tage hier in der Rekrutenstadt bleiben. Unter anderem müssen wir auf unsere misstrauischen Nachbarn achten.«
»Was wollen die schon gegen uns unternehmen?«, fragte Karett. »Für sie sind wir Logiden, ein ihnen unbekanntes Volk, weil es dieses Volk gar nicht gibt. Das können sie aber nicht wissen.«
»Sie sind Lehrer«, sagte Bull. »Sie können uns Schwierigkeiten machen.«
*
Grader war als erster aus seiner Mulde gestiegen. Er hatte sich bereits gewaschen und hatte gegessen, als die beiden Jüngeren aufstanden. Er wartete schweigend, bis auch sie soweit waren, dann öffnete er die Tür zum Korridor einen Spaltbreit.
»Wir brauchen viel Glück, um die Logiden zu überraschen«, sagte er. »Ich glaube nicht, dass sie schon ihre Quartiere verlassen haben. So früh sind sie selten unterwegs.«
»Und wenn sie herauskommen, was dann?«, wollte Ipay wissen.
»Wir verwickeln sie in ein Gespräch, wie beschlossen. Danach werden wir dann schlauer sein.«
»Hoffentlich erscheinen sie, bevor wir zu unseren Seminaren müssen«, meinte Bluke. »Wegen ihnen dürfen wir unsere Schüler nicht warten lassen.«
Sie warteten – eine Stunde, zwei Stunden. Bald mussten sie zum Unterrichten gehen. Und als schon niemand von ihnen mehr damit rechnete, Glück zu haben, da öffnete sich die Tür zu den Quartieren der Logiden.
Grader gab seinen Artgenossen aufgeregt ein Zeichen, und als der erste Logide in den Gang heraustrat, verließen auch die Companeii ihre Räume. Es sah wie ein zufälliges Begegnen aus.
»Oh, unsere neuen Nachbarn!«, tat Grader überrascht. Er redete Glausching, die Verkehrssprache von DaGlausch. »Es ist schade, dass wir uns immer nur dann begegnen, wenn die Zeit knapp ist. Außer Ipay hat noch keiner von uns mit euch reden können.«
»Ja, es ist bedauerlich«, sagte einer der Logiden und deutete eine Verbeugung an. »Dabei sind wir stolz darauf, in direkter Nachbarschaft mit solch weisen Geschöpfen wie euch leben zu dürfen.«
Auch die anderen grüßten respektvoll. Grader, Bluke und Ipay waren es gewohnt, zu anderen Wesen aufschauen zu müssen, weil die meisten Völker größere Exemplare als die Companeii hervorbrachten. Nur gefühlsmäßig empfand Grader, dass es hier, zwischen Lehrern und Schülern, andersherum sein sollte.
»Wohin geht ihr?«, fragte Ipay. »Ich meine, in welches Seminar?«