Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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7.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1945
Krisenfall Robinson
Dscherro über Alashan – die Schlacht ums Überleben beginnt
von Robert Feldhoff
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Seit Perry Rhodan zum Sechsten Boten von Thoregon ernannt worden ist, handelt er im Auftrag der Koalition Thoregon, der insgesamt sechs Völker angehören. Eines dieser Völker sind die Terraner – oder sollen sie sein, wenn die Koalition endlich ihre Arbeit voll und ganz aufgenommen hat.
Dagegen arbeitet ein Wesen namens Shabazza, das an vielen Fronten gleichzeitig angreift. So wurde in seinem Auftrag die Milchstraße verwüstet, und die Hauptstadt der Erde wurde von Weltraumbarbaren weitestgehend in Schutt und Asche gelegt. Auch die Attacken gegen die Baolin-Nda, die Galornen und die Nonggo gingen auf das Konto Shabazzas.
Um diesem gefährlichen Feind der Menschheit das Handwerk zu legen, muss Perry Rhodan zuerst einmal dessen Schlupfwinkel ausfindig machen. Deshalb ist er in der Doppelgalaxis Whirlpool unterwegs. Dort hat man zuletzt das Hantelraumschiff SOL gesichtet, mit dem Rhodan selbst schon durchs All gereist ist. Als offizielles Schiff des Sechsten Boten ist die SOL vorgesehen – dazu muss sie aber noch »erobert« werden.
Immerhin gelang es Rhodan, mit einem kleinen Einsatzkommando in Shabazzas Zentrale vorzustoßen. Auf dem Planeten Century I fand der Terraner nicht nur gigantische Industrieanlagen, sondern auch 22.000 Raumschiffe, mit denen es Shabazza im Zweifelsfall möglich ist, jede Welt in DaGlausch zu vernichten.
Damit ist die kleine terranische Kolonie in der Doppelgalaxis noch gefährdeter, als bisher angenommen. Zu allem Überfluss gibt es einen weiteren Gegner – und dieser greift an. Es kommt zum KRISENFALL ROBINSON ...
Gia de Moleon – Die TLD-Chefin organisiert die Abwehrschlacht um Alashan.
Stendal Navajo – Der Bürgermeister der Nation Alashan geht in einen lebensgefährlichen Einsatz.
Taka Hossos – Der Dscherro-Anführer schickt die Burg TUROFECS ins Gefecht.
Tess Qumisha – Eine junge Mutantin erlebt eine Feuerprobe der ganz besonderen Art.
Benjameen von Jacinta – Der junge Arkonide kämpft für seine neue Heimat.
Don und Chriztopher Kerk'radian – Zwei Zwillingsbrüder engagieren sich auf ihre Weise im Kampf um Thorrim.
Die maskierte Stadt
»Kein schöner Anblick«, meinte der Mediker. »Dieses ... dieses Ding ist natürlich tot.«
Die Chefin des TLD versetzte unwirsch: »Das sehe ich selbst.«
Gia de Moleon blickte auf die kleine Leiche, die vor ihr auf dem Tisch lag. Der Körper besaß eine Länge von etwas über zwanzig Zentimetern und war der Länge nach aufgeplatzt. Die beiden Beine waren hässlich zugerichtet, die vier Tentakelarme nicht minder. Auf der regenwurmartigen Haut waren Dutzende von kleinen Wunden zu erkennen.
»Hatte das Wesen etwas bei sich?«
»Es trug eine Art Kombination aus sehr fein gefertigten Kettengliedern. Wir haben die Taschen untersucht. Die waren allerdings leer. Am schwersten war es, die Kombination von den Gliedern abzukriegen. Wir haben mit einem Mikroschweißgerät und einem syntronisch gesteuerten Mikroroboter gearbeitet.«
Der Mediker schaute sie an. »Wir sind sicher, dass es sich um einen sogenannten Footen handelt. So wie bereits vermutet.«
Soweit man wusste, existierten die Footen in einer Art Symbiosegemeinschaft mit den Dscherro. Und die Dscherro wiederum galten als potentielle Todfeinde von Alashan. Der Foote hatte in der Stadt spioniert. Aufgrund seiner winzigen Körpermaße hatte er sich überall Zutritt verschafft.
Immerhin haben Benjameen von Jacinta und ... wie heißt sie noch einmal ... Tess Qumisha diesen Footen gefunden, überlegte Gia de Moleon. Und dann noch diese Überraschung: Tess ist eine Telepathin. Eine Mutantin in Alashan ...
»Gibt es sonst noch medizinische Erkenntnisse?«
Der Mediker antwortete: »Wenig gesicherte. Der Tod muss sofort eingetreten sein. Man sollte froh sein, dass die Leiche überhaupt zu identifizieren ist.«
Gia de Moleon sagte nichts mehr. Sie wurde unzufriedener, je länger sie nachdachte. Gewiss, mit dem Tod des Footen war ein wichtiger interner Feind beseitigt. Hätte man das Wesen jedoch lebendig gefasst, man hätte es verhören können.
So besaßen sie als Hinweis nur die Utensilien aus seinem Versteck: unter anderem ein miniaturisierter Hypersender, der über mehrere Lichtjahre reichte; einige Mikrowaffen; ein Aufzeichnungsgerät sowie ein Multifunktions-Orter.
Für de Moleon stand dennoch fest, was sich ereignet hatte. Der Foote war auf Thorrim zurückgeblieben, als die Dscherro-Horde verschwunden war. Ein Schiffbrüchiger, überlegte sie, streng genommen ein Opfer der Umstände, so wie die Menschen von Alashan auch. Der Foote hatte auf eigene Faust Ermittlungen aufgenommen – und dann versucht, seine Erkenntnisse an eine unbekannte Stelle weiterzumelden.
Welche Stelle das war, darüber konnten sie nichts aussagen. Auch nicht darüber, ob die Kontaktaufnahme wirklich gelungen war. Tess Qumisha hatte seine letzten Gedanken aufgefangen; der Foote hatte an einen Taka gedacht, an einen Anführer der Dscherro, der ihn rächen würde.
Man musste also vom schlimmsten denkbaren Fall ausgehen. Gia de Moleon glaubte, dass der Foote eine fremde Dscherro-Horde alarmiert hatte. Sie war überzeugt davon, dass der Feind sich bereits im Anmarsch befand.
Ein Anruf schreckte sie aus den Gedanken. Ihr Herz raste plötzlich; weil sie instinktiv wusste, dass es nun soweit war. Ein Hologramm aus flimmerndem Licht erschien auf ihrem Schreibtisch.
»De Moleon!«, meldete sie sich unhöflich. »Was gibt es?«
Das Gesicht im Holowürfel des Interkoms war ihr bekannt. Es gehörte dem Leiter der Zentrale Systemortung.
»Gia, wir haben da etwas ...« Die Worte sprudelten nur so aus ihm hervor. »Es ist ... es ist ... Nun, wir wissen noch nicht genau, womit wir's zu tun haben, aber du musst es dir ansehen!«
Sie hatte es nicht weit. Gia de Moleon legte auf dem schnellsten Weg die hundert Meter zurück, die sie vertikal von der Zentrale trennten.
Kurz darauf gellte Alarmstufe Gelb durch den Tower des TLD.
*
Der Boden des Landefeldes erzitterte, obwohl weit und breit nichts zu sehen war, was diesen Vorgang auslöste.
Stendal Navajo hatte bereits darauf gewartet. Der Halb-Albino nahm seinen Zylinder vom Kopf und hielt ihn gegen die tiefstehende Sonne. Vögel flatterten auf und brachten sich hoch über dem Landefeld in scheinbare Sicherheit.
Navajo wusste, dass das Zittern nicht unmittelbar gefährlich war. Für ihn stellte es jedoch den Auftakt einer Entwicklung dar, die er als lebensbedrohend einstufte.
Der Mann mit dem Zylinder saß regungslos auf einer Kiste. Jemand hatte sie achtlos auf dem Landefeld stehenlassen.
Auf seinen Frack hatte der Mann einen Sticker geklebt: TERRA – NATION ALASHAN.
Er war stolz darauf, ein Alashaner zu sein. In den wenigen Monaten, die sie in einer fremden Galaxis überlebt hatten, war ihnen ein hübsches Stück Arbeit gelungen. Sie hatten ihre Stadt zu einem sicheren Hort gemacht. Sie hatten Verbündete gewonnen und sich gegen Feinde aus dem All getarnt. Und nun kam Perry Rhodan und machte alles zunichte.
Am Rand des Landefeldes öffnete sich ein riesenhaftes Luk. Die Vögel, eben noch über dem Landefeld, brachten sich mit merkwürdig winselnden Lauten in Sicherheit.
Ein kugelförmiger Körper schob sich schwerelos ins Freie, ein blitzendes Ungetüm von 120 Metern Durchmesser. An Bord der GOOD HOPE III weilten Perry Rhodan und tausend TLD-Agenten. Die Kugel war mit Waffen und Material vollgestopft. Es war alles, was die Nation Alashan ihnen hatte geben können, und dennoch würde es nicht genug sein. Stendal Navajo bezweifelte, dass er die Frauen und Männer an Bord wiedersehen würde.
Tausend Terraner, ein umgebautes Handelsschiff und der Sechste Bote von Thoregon – im Kampf gegen Shabazza, das mächtigste Wesen in diesem Teil des Universums.
Perry Rhodan überschätzte sich in Stendal Navajos Augen maßlos. Er hatte den Kontakt zur Wirklichkeit verloren. Rhodan schien sich selbst für ein göttergleiches Wesen zu halten.
»Ihr könnt es nicht schaffen ...«, murmelte Navajo.
Ein heftiger Wind blies von Osten her. Seltsame Gerüche aus Zortengaam, der Stadt der Thorrimer, wurden an seine Nase geweht.
Der Wind trug seine Worte fort: »Ihr seid tot. Ihr wisst es nur noch nicht.«
Navajo zuckte zusammen, als wenige Meter entfernt ein kleiner schwarzer Körper vom Himmel fiel. Es war ein toter Vogel. Navajo rutschte von seiner Kiste, hob den Leichnam vorsichtig auf und untersuchte das Tier. Der insektenhafte Kopf und die Flughäute waren äußerlich intakt. Nur der Schädel schien gebrochen zu sein. Der Zusammenprall mit dem startenden Raumschiff hatte das Tier getötet.
Stendal Navajo legte den Kopf in den Nacken. Er sah die GOOD HOPE III in den Wolken über der Stadt verschwinden.
Seine Finger strichen unbewusst über den Sticker an seinem Frack. TERRA – NATION ALASHAN, das hieß auch, dass er mit Rhodans Zielen nicht einverstanden war. Vielleicht war es besser, wenn der Sechste Bote niemals wiederkehrte.
Navajo setzte seinen Zylinder auf und ging über das Landefeld in Richtung Stadt. Er verspürte ein ungutes Gefühl.
An seinem Handgelenk ertönte ein leise summendes Geräusch, das er gegen den Wind beinahe überhört hätte. Navajo hob mit angewinkeltem Arm das Funkgerät hoch. »Ich höre!«, sprach er mürrisch.
»Hallo, Bürgermeister!«
Ein winziger Bildschirm wurde hell. Er blickte auf das Gesicht einer nicht mehr ganz jungen Frau, das von weißen Haaren umrahmt war. Die Augen der Frau richteten sich mit einer Kälte auf Navajo, die ihm wehtat. Es war Gia de Moleons Gesicht. De Moleon führte den TLD, den Terranischen Liga-Dienst. Oder besser gesagt das, was in Alashan noch davon übrig war, nachdem Rhodan tausend ihrer besten Agenten mitgenommen hatte.
»Was willst du, Gia?« Er musste achtgeben, dass seine Stimme nicht feindselig klang. Ihr Verhältnis zueinander war nicht das beste.
»Wir haben da ein Ortungsergebnis, das uns nicht ganz geheuer ist. Ich halte es für richtig, Stendal, wenn du dir das sofort ansiehst.«
»Ich bin bereits auf dem Weg. In einer Viertelstunde bin ich da.«
Gia de Moleon schien einen Moment lang sarkastisch zu lachen. Doch Stendal Navajo war nicht sicher, ob seine Beobachtung der Wahrheit entsprach. Eine de Moleon lachte nicht. Sie beobachtete nur, sie zog Schlüsse und manipulierte. Humor passte nicht in dieses Bild.
»Das war nicht ganz das, was ich mit sofort gemeint habe.«
Navajo richtete seinen Blick auf die nahe Stadt, und er sah über den Dächern von Alashan einen silbrig glitzernden Blitz auftauchen. Es war eine Space-Jet, ein Diskus von dreißig Metern Durchmesser. Das Objekt näherte sich mit vielfacher Schallgeschwindigkeit.
Er rückte seinen Zylinder zurecht, eine unbewusste nervöse Geste, und stieg in das offene Schott, kaum dass die Jet gelandet war.
»Navajo Ende, Gia«, sagte er. »Ich bin so gut wie da.«
Als er das Funkgerät ausschaltete, befand er sich bereits über den Dächern von Alashan.
*
Der TLD-Tower wurde seinem Namen nicht gerecht: Es handelte sich keineswegs um einen richtigen Turm, wie der Name suggerierte, sondern um eine Konstruktion, die mehr als zwei Kilometer tief in die Erde reichte. Es war nicht möglich, die Existenz des Towers ohne ein hochwertiges Ortergerät nachzuweisen. Der Liga-Dienst hatte jede Technik der Isolation genutzt, die das 13. Jahrhundert NGZ hergab.
Über dem Tower befand sich ein brachliegendes Feld. In der Mitte klaffte ein vierzig Meter durchmessendes Loch; der einzig existierende Zugang ins Innere. Die Space-Jet näherte sich dem Loch mit unverantwortlicher Geschwindigkeit. Bei fünfhundert Metern Abstand nahm die TLD-Syntronik das Fahrzeug in Fernsteuerung.
Obwohl Navajo die Gestalten sah, die sich am Eingang bewegten, wurde die Jet durch den Schacht geschleust. Das Manöver schien ihm Irrsinn zu sein; de Moleon musste es wirklich eilig haben.
Stockwerke flogen in rascher Folge an ihm vorbei. Rhythmisch blinkende Lichter verrieten ihm, dass der Tower sich im Alarmzustand befand.
Gia de Moleon residierte in Etage 98. An einem Verteilerknoten dockte die Space-Jet an, und Stendal Navajo blickte in die entgeisterten Gesichter der Menschen, die ihn vorüberhasten sahen.
Navajo erreichte de Moleons Büro in einer Rekordzeit von weniger als fünf Minuten. Hinter ihm fuhren die Türhälften zu. Die TLD-Chefin hockte scheinbar ungerührt hinter ihrem Schreibtisch.
»Ich hoffe, du hattest gute Gründe«, fauchte er anstelle einer Begrüßung.
»Natürlich.« Sie deutete auf einen niedrigen, nicht sehr bequem aussehenden Sessel in einer Ecke des Büros. »Setz dich da hin, Stendal! Wir sehen uns etwas an.«
Gia de Moleon war eine kleine Frau. Sie besaß jedoch eine natürliche Autorität, der sich die meisten Menschen unterwarfen.
Nicht so Stendal Navajo; er hatte sie lange genug als Vorgesetzte erlebt, und heute hatten sich die Verhältnisse gewandelt. Heute war er der Vorgesetzte. Er war der Bürgermeister von Alashan, und sie hatte als Chefin des Liga-Dienstes seine Weisungen zu befolgen.
Navajo blieb stehen, die hagere Gestalt hoch aufgerichtet. Er wusste, dass er mit seinem Zylinder noch größer aussah. Den angewiesenen Sessel ignorierte er. »Also?«
De Moleon musterte ihn ärgerlich. Dann griff sie zu einem Impulsgeber, verdunkelte das Büro und ließ zwischen ihnen ein Hologramm erscheinen. Navajo erkannte ein Abbild des Thorrtimer-Systems, eingeschlossen die beiden wichtigsten Planeten.
Am Rand des Systems flackerte für wenige Sekunden ein kleines Licht auf. Das Licht bewegte sich kaum, wich einmal kurz zur Seite aus und verschwand.
»War das alles, Gia?«, fragte er irritiert.
»Ja.«
Er wurde zornig. Sie erwartete offenbar, dass er Gedanken lesen konnte. »Also, was bedeutet es?«, wollte er ungeduldig wissen.
»Das war vermutlich eine Spionage-Sonde, Stendal. Die Hochrechnungen sprechen von einem höchstwahrscheinlich zigarrenförmigen, maximal zehn Meter langen Objekt. Es besaß keinen Schutzschirm und strahlte kaum Energie ab. Und es war nur wenige Minuten bei uns.«
»Was bringt euch dann auf den seltsamen Gedanken, wir könnten es mit einer Spionage-Sonde zu tun haben?«
De Moleon lächelte böse. »Wir haben überlichtschnelle, aktive Tasterimpulse auf einem extrem niedrigen energetischen Niveau entdeckt. Sie müssen von dem Torpedo gekommen sein.«
»Schön. Und was bedeutet das?«
De Moleon genoss ihre Überlegenheit. Sie hatte einige Minuten Vorsprung, die Navajo für seine eigenen Überlegungen fehlten.
»Das heißt: Wer immer den Torpedo geschickt hat, er konnte davon ausgehen, dass wir ihn nicht bemerken würden. Wir haben etwas Glück gehabt.«
»Wo ist der Torpedo jetzt hin?«
»Wir haben keine Ahnung.«
»Noch im Thorrtimer-System?«
»Sicher nicht. Das Ding ist aufgetaucht und nach wenigen Minuten wieder verschwunden. Wahrscheinlich in den Hyperraum.«
»Spionage-Sonden ... So was besitzen nur Raumfahrzeuge.«
»Richtig, Stendal. Und da so ein Torpedo nur mit sehr kleinen Triebwerken ausgerüstet ist, kann man davon ausgehen, dass sich ganz in der Nähe ein Basisschiff befindet.«
Stendal Navajo und Gia de Moleon blickten sich eine Weile wortlos an.
»Es sind Dscherro«, hörte Navajo sich sagen. »Sie kommen jetzt. Dieser Foote hat sie gerufen!«
»Zweifellos.«
»Warum tat er das nicht früher? Warum haben die Dscherro sich vorher nicht schon gemeldet?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht musste er sich erst von einer Außenbasis nach Alashan durchkämpfen oder sich hier erst ein Funkgerät bauen.« Sie verzog das Gesicht. »Sonst wäre dieser Taka Hossos nicht auf den Trick mit Mandreko reingefallen und hätte uns schon im November plattgemacht.«
Stendal Navajo zog seinen Zylinder vom Kopf und warf ihn auf de Moleons Schreibtisch. Sie quittierte die Aktion mit einem indignierten Blick. Er ließ sich in den Sessel fallen, den sie ihm zuvor angeboten hatte, und schaute sie von unten scharf an.
»Haben wir gegen diese Biester eine Chance, Gia?«
»Kommt darauf an, was der Foote konkret herausgefunden und weitergemeldet hat. Theoretisch hätte er an jeden Ort in Alashan gelangen können. Er musste sich allerdings in einer komplexen fremden Umgebung zurechtfinden. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass er etwas über die exakten Pläne zum Krisenfall Robinson wusste.«
Stendal Navajo hoffte, dass die Chefin des TLD recht hatte. Gesetzt den Fall, die Dscherro kamen – dann hielt diese Stadt ein paar wirklich unangenehme Überraschungen für sie bereit.
*
Taka Hossos war ein wuchtiger, nicht sehr großer Kerl, knapp einsvierzig hoch und praktisch genauso breit. Doch er steckte voller unbändiger Kraft. Hossos mochte es, sein Horn in Körper zu bohren. Mancher Widersacher hatte es mit dem Leben bezahlt, ihn zu unterschätzen.
Bedauerlicherweise fehlte ihm die Zeit zum Morden. In der fliegenden Burg TUROFECS gab er den Ton an, rund um die Uhr, in jeder Minute des Tages.
Er war ein Taka, ein Führer seiner Horde. Das Leben hielt für ihn keine große Spannung mehr bereit. Die Hossos-Horde – so nannte man sie – galt unter den Dscherro als technologisch rückständig. Hossos glaubte nicht, dass sie den Rückstand jemals würden verringern können.
Besonders die Poulones-Horde war ihnen weit enteilt. Burg GOUSHARAN barg Schätze, von denen andere Horden nur träumen konnten. Die GOUSHARAN hatte die Schätze allerdings nicht selbst erbeutet, sondern von einem Unbekannten erhalten. Dieser Unbekannte wurde als »der Ungehörnte« tituliert.
Hossos fragte sich mit Erbitterung, warum der Ungehörnte ausgerechnet die Poulones-Horde als Empfänger der Technologie ausgewählt hatte. Die TUROFECS hätte sich ebenso als würdig erwiesen. Sie war von allen Dscherro-Burgen die bei weitem größte. Es gab keinen Führer ihrer Rasse, der über eine so zahlreiche Gefolgschaft verfügte wie Hossos.
Allerdings: Die GOUSHARAN hatte ihre Überlegenheit nicht erkämpft, sondern empfangen wie ein Almosen. Und das lag nicht in der Mentalität der Dscherro. Die Hornträger mussten Krieg führen. Sie benötigten das Blut ihrer Feinde.