Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

 

Nr. 1996

 

Wenn Tazolen meutern

 

Streit bei den Invasoren – der Bruderkampf droht

 

von Susan Schwartz

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

 

Nach wie vor halten die Auseinandersetzungen zwischen der Koalition Thoregon und ihren nach wie vor nicht komplett bekannten Feinden an. Das gilt sowohl für die Milchstraße, in der es zuletzt gelang, die Kosmische Fabrik MATERIA zu vernichten, als auch für die Galaxis Chearth.

Doch während in der Milchstraße mittlerweile eine weitere Kosmische Fabrik auftauchte und den ganzen Planeten Terra als Geisel nahm, wissen die Beteiligten in Chearth von diesen Geschehnissen noch gar nichts. Hier scheint alles auf eine Entscheidung zuzusteuern, von der das Leben zahlloser Intelligenzwesen in dieser Sterneninsel abhängt.

Immer noch kontrollieren die Flotten der Algiotischen Wanderer große Teile der Galaxis. Die Manipulationen, die von den Tazolen am sogenannten Sonnentresor vorgenommen wurden, führten dazu, dass dieser immer instabiler wird. Es ist damit zu rechnen, dass bald die Sonnenwürmer ausbrechen und die Guan a Var, die ehemaligen »Monster von Louipaz«, über Chearth herfallen werden.

Doch nach dem Eintreffen der Haluter aus der Milchstraße könnte sich alles zum Besseren wenden. Mit dem Yaronag verfügen die Verbündeten über ein wirkungsvolles Gerät, um die Sonnenwürmer alle töten zu können. Dank der Haluterflotte wankt darüber hinaus bereits die Übermacht der Invasoren.

Entscheidend sind nun aber vielleicht die internen Streitereien der Invasoren. Sie steigern sich weiter, WENN TAZOLEN MEUTERN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Sirku – Das merkwürdige Wesen warnt die Verbündeten.

Corr re Venth – Der Scoctore wagt den Widerstand gegen irrsinnige Pläne.

Dro ga Dremm – Der Anführer der Algiotischen Wanderer sucht den totalen Krieg.

Randorus – Der tazolische Taktor hält zu seinem Scoctoren.

Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin fasst einen waghalsigen Entschluss.

Prolog

SHE'HUAN, 24. April 1291 NGZ

 

Haltet ein! Die Guan a Var dürfen nicht vernichtet werden! Sie sind von Thoregon für eine wichtige Mission auserwählt worden!

Der Schrei gellte auf telepathischem Wege durch die SHE'HUAN und konnte nicht einfach ignoriert werden. Die mentale Stimme klang zornerfüllt und gebieterisch, sie duldete keinen Widerspruch.

Eine Chimäre von ungefähr zweieinhalb Metern Höhe war in der Zentrale des Haluterschiffes materialisiert, eine seltsam anzuschauende Mischung aus Maahk und Terraner, deren Konturen ständig verschwammen. Mal wirkte die Gestalt mehr menschlich, von – für halutische Begriffe – zierlich anmutender Gestalt mit hoch erhobenen Armen; doch gleich wieder wurde sie überlagert von den weitaus mächtigeren, tentakelartigen, starken Armen eines Gharrers; der Hals verschwand, und der Kopf blähte sich zu einem halbmondförmigen Wulst von eineinhalb Metern Breite auf. Vier handtellergroße, pupillenlose, sonnengelbe Augen glühten auf, wo vorher nur zwei menschlich kleine, braune Augen gewesen waren. Es schien, als kämpften die beiden Gestalten um die Vorherrschaft, wodurch das Aussehen sich ständig änderte. Der Wechsel vollzog sich immer schneller, bis die Chimäre nur mehr ein wabernder, grünlich-dunkler Schemen war. Dann verschwand sie auf einmal.

Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um Sirku handelte, der eine seltsame Symbiose mit dem Mutanten Vincent Garron eingegangen war. Und noch weniger zweifelhaft war es, dass er es war, der den Halutern Einhalt gebot.

Ohne zu erklären, weshalb.

Niemand konnte wissen, ob dies nicht eine weitere Finte eines Feindes Thoregons war oder ein wiedererwachtes Relikt aus der Vergangenheit, das in Zusammenhang mit den Manipulationen an den Gomrabianischen Hyperraumhügeln stand.

»Warum, Sirku?«, brandete der Ruf an vielen Stellen der SHE'HUAN auf. »Das darfst du nicht verlangen!«

Haltet ein!, donnerte Sirku in den Ordinärgehirnen der Haluter ein zweites Mal und hallte noch in dem rein logischen Plangehirn erschreckend eindringlich nach. Die Chimäre drehte sich wieder in der Zentrale.

Aber was sollen wir tun?, dachte Icho Tolot verzweifelt.

Er sah bildlich eine antike Uhr vor sich, deren Zeiger sich rasend schnell drehten, unaufhaltsam auf den gefürchteten Punkt X zu.

Chearth ist verloren, schoss es ihm resignierend durch den halbkugelförmigen Kopf.

Haltet ein, und alles wird sich fügen, antwortete Sirku telepathisch.

Indem wir uns fügen? Icho Tolots Planhirn arbeitete auf Hochtouren. Die beiden runden Ohren hinter den Seitenaugen waren entfaltet, die schmalen Lippen von den mächtigen Zähnen zurückgezogen.

Der unsterbliche Haluter begriff, dass er sich in diesem Fall nicht auf das rein logische, analytische Planhirn verlassen konnte. Es rechnete ihm genau vor, was zu tun war, um einen Erfolg zu erzielen. Es sagte ihm, nicht auf solche Erscheinungen zu achten und weiterzumachen. Keine Ablenkung, keine Irreführung.

Doch sein Ordinärhirn widersprach dem. Seine empfindlichen Sinne spürten, dass Sirkus Warnung, so unglaubhaft sie auch klingen mochte, ernst genommen werden musste.

Tolot musste sich auf sein Gefühl verlassen, obwohl ihm das nicht behagte. Doch Sirkus Stimme hallte bedrohlich in ihm nach.

Der Aktivatorträger richtete die drei rotglühenden Augen auf die unheimliche Erscheinung in der Zentrale. Die Chimäre hatte sich nicht von der Stelle bewegt.

»In Ordnung«, gab Icho Tolot schließlich nach. »Aber du wirst uns einiges erklären müssen.«

1.

LINOR RU XION

Corr re Venth

 

Sie haben es getan. Großer Xion, 10.000 Schiffe! Und sie sind fort, verschwunden für immer. Keiner von uns weiß wohin. Die Gharrer nennen es das Tiefe Tal hinter den Gomrabianischen Hyperraumhügeln. Es ist eine Art Zeitfalle, zumindest verstehe ich das so. Und sie hätte uns beinahe alle ins Verderben gezogen. Diese riesigen Fremden, die Haluter, haben die Falle im geeigneten Moment geöffnet und uns hineingelockt. Es gab kein Zurück mehr. Die Götter haben unsere eigenen Leute und die Verbündeten verlassen. Sie verschwanden.

Es wäre so einfach für unsere Gegner gewesen, sofort weiterzumachen. Vielleicht hätte es uns nicht alle erwischt, aber doch die meisten. Wir hätten uns der Falle nicht entziehen können, keiner von uns. Die letzten Botschaften, die wir von unseren Gefährten erhielten, waren erfüllt von Euphorie. Die daran beteiligten Schiffskommandanten sahen die Erleuchtung vor sich, die große religiöse Offenbarung. Die Worte sprudelten nur so aus ihnen hervor, in rasender Verzückung, kaum mehr verständlich für uns, so schnell – und so mystisch. Dann brach es abrupt ab.

Wo sind sie jetzt? Im himmlischen Pantheon, zum Mahl geladen an die Tafel der Götter? Oder sind sie vernichtet, allesamt, aufgelöst in Zeitlinien, in Milliarden Atome, die sich nie mehr vereinen können, weil sie auf alle Strömungen des Universums verstreut sind?

Dro ga Dremm nannte es ein hehres Opfer, das höchste aller Ziele. Er sprach von den Verschwundenen als Helden und dass sie in Zukunft über uns wachen würden, zusammen mit den Göttern. Denn sie seien jetzt überall und in allem, an jedem Ort und zu jeder Zeit des Universums.

Ich schaffte es nicht, mich dem anzuschließen. Ich empfand keine religiöse Verzückung, keinen Eifer, in unserer Sache weiterzumachen. Ich sah es nicht als Ansporn an. Ich weiß nur, dass sie alle dahin sind. Freunde von mir waren dabei, auf die ich als Verbündete gehofft hatte.

Und wir wären alle verloren gewesen, wenn die Falle nicht plötzlich ihre Wirkung verloren hätte. Sicher aufgrund einer Handlung der Gharrer und ihrer Verbündeten. Wieder etwas, das ich nicht verstehen kann. Weshalb haben sie das getan? Wir sind ihre größten Feinde!

Wie es scheint, wollten sie uns nicht komplett auslöschen. Immer noch suchen sie das Gespräch, den Frieden. Ich verstehe das nicht, und es macht mich nachdenklich.

Dro weigert sich weiterhin, Verhandlungen aufzunehmen. Ihn hat die Tatsache, dass im Grunde auch er nur knapp dem Tode entronnen ist, nicht weiter berührt. Noch weniger hat es ihn bekümmert, dass diese Machtdemonstration Hunderttausende von Leben gekostet hat. Dass unsere Gefährten alle wie Opfertiere ins Tiefe Tal flogen, aus dem es keine Rückkehr gibt.

Ich habe mich natürlich kundig gemacht. Ich weiß, dass diese Falle bereits in der fernen Vergangenheit existiert hat – und damals zahlreiche Gharrer getötet hat.

O Geflügelter, ich bin so verwirrt. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Meine Gedanken drehen sich im Kreis, und ich habe Angst. Angst, den Glauben an unser Ziel zu verlieren. Ebenso verliere ich Zug um Zug die Kontrolle. Ich fange an, die Dinge wie meine Untergebenen zu sehen. Sie ergeben keinen Sinn. Doch was bin ich für ein Scoctore, wenn ich den Sinn nicht erkenne? Wenn ich anfange, zu hinterfragen?

Bin ich zum Zweifler geworden? Von dort ist es nicht mehr weit zum Ketzer ...

O Xion, strafe mich mit deinem göttlichen Zorn! Lass es Nacht um mich werden, entziehe mir den wärmenden Schutz deiner Flügel! Setze mich nackt in der dunklen Kälte aus und lasse mich austrocknen! Ich bin es nicht wert, dein Diener zu sein!

 

*

 

Randorus fand seinen Herrn im tiefen Gebet versunken vor dem Altar, wie so oft in letzter Zeit. Der Tazole machte sich Sorgen; Corr re Venth war meistens launisch, ein Grübler, doch so extrem wie jetzt war es noch nie gewesen – nicht einmal zu der Zeit, als Dro ga Dremm die Macht an sich gerissen hatte.

Randorus war der persönliche Taktor des 630-jährigen Scoctoren, verantwortlich für sein Wohlergehen. Es war eine ehrenvolle Aufgabe. Ein Taktor besaß zwar keine unmittelbaren Machtbefugnisse, bekleidete aber dennoch ein sehr hohes Amt und wusste über alle Dinge Bescheid. Selbstverständlich würde er dieses Wissen niemals ausnutzen. Wenn je ein Scoctore hinter einen solchen Vertrauensbruch käme, wäre der Tod durch das Würgeeisen die harmloseste Bestrafung. Da war es schon besser, sich unentbehrlich zu machen und dadurch weiteren Familienangehörigen gute Posten zu verschaffen, die den Wohlstand sicherten.

Randorus stand schon sehr lange in Corr re Venths Diensten, er war ein treuer und zuverlässiger Taktor. Aus Dankbarkeit hatte er hin und wieder mit seinem Herrn sogar ein Elcoxol-Bad teilen dürfen; ein unglaubliches Privileg, das sein Leben bereits jetzt über das normale Maß hinaus verlängerte.

Denn nicht jedem Tazolen stand dasselbe Elcoxol zu: je höher der Rang, desto intensiver und lebensverlängernder die Wirkung. Das gemeine Volk musste sich mit einem einfachen Zusatz begnügen, der gerade mal zwei-, höchstens dreihundert Jahre garantierte. Je schneller man die Leiter hinaufkletterte, um so größer waren die Chancen, uralt zu werden. Und jeder Tazole sehnte sich danach, da bisher die Unsterblichkeit vorenthalten worden war. Aber das würde sich ändern, sobald Gaintanu befreit war.

Selbstverständlich würde es auch dann Unterschiede geben. Die Tazolen waren das auserwählte Volk, aber nicht jedem von ihnen stand die Unsterblichkeit zu. Hierfür musste man sich besonders bewähren. Randorus war der Ansicht, sich die Unsterblichkeit verdient zu haben. Und bis dahin würde er Corr keinen Schritt von der Seite weichen, auch wenn der sich in letzter Zeit nicht besonders beliebt gemacht hatte. Aber der Taktor kannte seinen Herrn; er wusste, dass Corr nicht so schnell aufgeben würde. Noch stand er nicht auf der Verliererseite.

Der Taktor machte durch ein Räuspern auf seine Anwesenheit aufmerksam.

Corr re Venth sah auf, erkannte Randorus und erhob sich. Die vielen Falten seines weiten dunklen, mit violetten Ornamenten bestickten Gewandes raschelten. Damit wollte Corr verbergen, dass er selbst für einen Tazolen außergewöhnlich dürr war. Er war 1,85 Meter groß und besaß einen vergleichsweise wenig ausladenden Hinterkopf; was wieder einmal bewies, dass ein mächtiger Schädel nicht alles war, um Scoctore werden zu können.

Corr trug nur dann eine schmucklose Kappe, wenn er sein Schiff verließ und sie das APRE-Netz verdecken sollte. Ansonsten zeigte er gern seinen blanken Kopf, wie um damit Spöttern vorzuführen, dass er keineswegs ein R'chau, ein unedler Dummkopf war. Er war Scoctore und kommandierte ein 1000-Meter-Pfeilschiff, das er LINOR RU XION, »Xions Schwingen«, getauft hatte.

»Ich bitte um Verzeihung für die Störung, aber ich mache mir Sorgen«, begann Randorus. Er war ein gutes Stück kleiner als Corr und kräftiger gebaut. Dies betonte er durch einen eng anliegenden, blaugrau schimmernden Anzug.

»Mein guter Randorus, wenn du dir Sorgen machst, ist es ernst«, versetzte der Scoctore. Sein Blick war noch düsterer verhangen als sonst. »Worum geht es?«

»Um dich, Herr.«

»Um mich?«

»Du ziehst dich häufig zurück, um zu beten. Ich fürchte um deine Gesundheit.«

»Meine geistige Gesundheit, meinst du wohl.«

Randorus schwieg dazu. Als langjähriger Vertrauter durfte er sich zwar einiges herausnehmen, aber es gab Grenzen. Er wusste nicht, was in seinem Herrn vorging. Corr gab sich zurückhaltend und nicht zu streng. Er nutzte seine Machtposition niemals tyrannisch aus und ergab sich nicht irgendwelchen Marotten wie so viele andere Scoctoren. Vor allem Dro ga Dremm war seit Anbeginn gefürchtet; häufig gab es in seinem persönlichen Betreuungsstab Besetzungswechsel, und die neuen Leute mussten grundsätzlich rekrutiert werden. Randorus hingegen hatte es nicht leicht, seine eigene Position zu behaupten; die Warteschlange hinter ihm war lang. Corr re Venth kam gleich nach dem obersten Scoctoren, und jeder, der für ihn arbeitete, gewann automatisch an Bedeutung – ohne in ständiger Lebensgefahr zu schweben. Dro ga Dremm bedeutete nur sein eigenes Leben etwas, und er hatte keinerlei Hemmungen, seinem Zorn freien, gewalttätigen Lauf zu lassen.

»Mit mir ist alles in Ordnung«, fuhr Corr fort. Dabei hatte er eigentlich keinen Grund, sich vor seinem Taktor zu rechtfertigen. Für ihn war er nur ein Hausdiener, ein Lakai. Trotzdem fühlte Corr sich gewissermaßen freundschaftlich verbunden mit ihm. »Die Vorgänge der letzten Zeit zwingen mich nur dazu, unsere Lage zu überdenken.«

»Es tut mir leid, was mit Illus geschehen ist«, sagte Randorus vorsichtig.

Zum ersten Mal sprach er offen über die grausame Hinrichtung, von der natürlich jeder wusste, auch wenn er nicht selbst dabei gewesen war. Es war eine unerhörte Tat gewesen – während des zeremoniellen Bades! Dro ga Dremm kannte wirklich keine Grenzen. Der Taktor war ein strenggläubiger Tazole und zutiefst schockiert über diesen Bruch mit der Tradition. Das band ihn noch enger an seinen Herrn.

Corr ließ nachdenklich die Gebetsschnüre des Liandos durch seine Finger gleiten, bevor er es auf den Altar zurücklegte. Dabei achtete er sorgfältig darauf, der tödlichen Xial-Pflanze nicht zu nahe zu kommen.

»Illus war ein Narr, der seinen Mund nicht halten konnte«, entgegnete er schließlich. »Vielleicht hat er diesen Tod sogar für mich auf sich genommen, wer weiß. Mir war bekannt, dass seine Lebensuhr ablief. Der Tumor in seinem Kopf war in letzter Zeit schnell gewachsen, und er litt oft unerträgliche Schmerzen. Er forderte Dro heraus. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass Dro soweit gehen würde, ihn in einem solchen Augenblick zu ermorden.«

»Es ist eine Schande«, krächzte Randorus angewidert. »Verabscheuungswürdig! Dro ga Dremm ist nicht der wahre Herrscher Algions. Ich werde ihn niemals akzeptieren!«

Er spürte den Blick seines Herrn nachdenklich auf sich gerichtet und begegnete ihm ruhig und offen. Corr überlegte in diesem Moment sicher, ob dies aufrichtig gemeint oder nur eine Finte war, um ihn dadurch zu Äußerungen zu verleiten, die Dro in die Hände spielten.

»Sei vorsichtig, mit wem du über solche Dinge sprichst«, mahnte der Scoctore. »Illus ist das beste Beispiel, wie es solchen Leuten ergeht.«

»In erster Linie ist das auf Arron ga Muhns Intrigen zurückzuführen«, ereiferte sich Randorus. »Er ist Dro die ganze Zeit in den Ohren gelegen, weil er Illus fürchtete. Die beiden haben eine geheime Fehde ausgetragen, über viele Jahre hinweg.«

»Woher weißt du das?«

»Ich kenne Arrons Taktor sehr gut, und der ist ganz und gar nicht mit seinem Treiben einverstanden. Er lässt anfragen, ob er seinen Platz hierher wechseln kann.«

»Wir haben doch schon einige Leute von Illus übernommen. Haben wir da noch eine Vakanz?«

»Ich würde schon etwas für ihn finden. Er ist dazu bereit, eine niedrigere Position zu bekleiden, nur um von Arron wegzukommen.«

Die Taktoren sprachen offen untereinander. Keiner setzte auch nur eine einzige Myrde auf die Zukunft des Intriganten. Momentan lagen Dro ga Dremm und Corr re Venth Kopf an Kopf im Rennen um den Sieg.

»Meinetwegen. Aber zunächst soll er bei Arron bleiben und dir Informationen zukommen lassen. Wird er dazu bereit sein?«

»Selbstverständlich, Herr.«

»Ich wünsche keinen Namen und keinen Kontakt mit dem Taktor. Wenn er dich hintergeht, bist du dran, Randorus. Ich werde Dro keine Beweise liefern.«

»Du kannst mir vertrauen, Ehrwürden Corr. Ich kenne ihn wirklich gut.«

Corr griff nach einer kleinen gläsernen Kanne und tröpfelte eine gelbliche Flüssigkeit auf die violett-grünen, stachligen Blätter der Xial.

»Ich stehe nun ganz allein da, Randorus«, sagte er langsam. »Non ga Beth und Cran de Gedde haben sich zurückgezogen, was ich ihnen nicht verdenken kann. Ich halte es auch für besser, momentan keinen Kontakt zu ihnen zu halten. Dro beobachtet mich argwöhnisch, aber er wird nicht handeln, wenn ich ihm keinen Grund liefere. Das ist ihm doch zu riskant, denn er weiß, dass ich viele Freunde bei den Scoctoren habe. Seine Position ist ohnehin gefährdet; wenn er einen Fehler macht, wird es einen Aufstand geben.«

»Haben wir keine andere Möglichkeit?«

»Du meinst, jetzt zu revoltieren? Nein. Dro hat seine Leute eisern im Griff, und die anderen haben zu viel Angst vor ihm. Außerdem befinden wir uns mitten im Krieg. Seit ich mit der Fünften Flotte unterwegs bin, geraten wir von einem Scharmützel ins nächste. Dazwischen muss ich beten und in mich gehen, sonst gibt es für uns keine Rückkehr.«

 

*