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Inhaltsverzeichnis

Schlagwortverzeichnis
Über den Autor
Eine persönliche Anmerkung
Warum sind so viele Erwachsene unglücklich?
Die Psyche prägen - Sie hypnotisieren Ihre Kinder ohnehin jeden Tag. Warum dann nicht bewußt das Richtige vermitteln?
Was Kinder wirklich wollen - Billiger als Videospiele und gesünder als Eiskrem
Heilen durch Zuhören - Wie man Kindern hilft, in der rauhen Wirklichkeit zurechtzukommen
Kinder und Gefühle - Was geht in einem Kind wirklich vor?
Bestimmt und konsequent sein - Standhaft bleiben: Tu es – jetzt sofort, auf der Stelle!
Familienstrukturen - Papi? Wer ist Papi?
Altersphasen - Kann das normal sein?
Energie tanken - Kinder brauchen gesunde und glückliche Eltern
Besondere Situationen - Wie können Pädagogen, Politiker, Verwandte, Freunde und Bekannte helfen?
Nachwort
Leseempfehlungen
Weiterführende Hinweise
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Über den Autor

Steve Biddulph ist ausgebildeter Psychologe und Familientherapeut. Zu seinen Lehrern zählen die wichtigsten Pioniere der Erziehungsberatung in Australien und in den USA. Auf dieser Grundlage und unter Einbeziehung neuester Erkenntnisse der Kinderpsychologie hat er seinen eigenen von Humor und Anteilnahme geprägten, frischen Beratungsstil entwickelt. Steve Biddulph ist der Autor mehrerer Bücher. Auf deutsch erschien bisher Männer auf der Suche, das die neue Rolle behandelt, die Männer künftig in Erziehung, Familie und Gesellschaft spielen können, sowie Jungen! Wie sie glücklich heranwachsen, das binnen Wochen die Bestsellerlisten in Australien gestürmt hat.

Steve Biddulph lebt mit seiner Frau Shaaron und seinen beiden Kindern im Norden des australischen Bundesstaats New South Wales.

Der Brief einer Mutter, Nachwort

Lieber Steve,

 

ich bin ziemlich nervös, weil ich über mich selbst schreiben soll, und ich weiß, daß bald viele Leute meine Worte lesen werden. Aber ich will etwas beitragen, was anderen hilft, weil wir Eltern immer zusammenhalten müssen.

Vor einem Jahr war unsere Familie in einer furchtbaren Verfassung. Zwei Mal hatte ich fast unsere kleine Gayle erschlagen, die heute drei ist. Mein Mann Dave und ich redeten nie miteinander, ohne daß daraus ein Streit wurde, und Peter, der erst sechs ist, hatte bereits Probleme in der Vorschule. Als Letztes wollte ich in dieser Lage auch noch irgendeinem Experten zuhören, damit der uns sagt, was wir tun sollen.

Dr. P. sagte, ich würde schon zu viele Beruhigungspillen nehmen, und daß ich andere Hilfe brauche, um entspannen zu können. Ich stand so unter Drogen, daß er mich nicht mehr Auto fahren lassen wollte. Dann gab er mir Deine Adresse und sagte, daß man mit Dir gut reden könne, und, obwohl ich meine Zweifel hatte, rief ich Dich an, um einen Termin auszumachen.

Ich war überrascht, als Du sagtest, Dave solle mitkommen. Die Idee gefiel ihm gar nicht, er behauptete, daß er keine Zeit hätte, daß ich diejenige sei, die Probleme mit den Kindern hätte, nicht er – er kommt immer gut mit ihnen aus. Aber du hattest darauf bestanden, daß er mitkommt, also kam er mit. Als wir ins Zimmer kamen, dachte ich: Wer ist denn dieser Typ, der schaut ja wenig älter aus als ich oder Dave, was kann der schon wissen?

Deine Fragen waren so seltsam, daß ich am liebsten gleich wieder gegangen wäre. Was passiert in deinem Körper, wenn die Kinder aufdrehen? Wann merkst du, daß du blockierst – was ist das erste Warnsignal? Und die gleichen Fragen an Dave, was er fühle, wenn wir uns streiten. Was er meine, wie es weitergehen solle? (Daves Antworten waren eine Überraschung, Dave spricht sonst nicht viel über seine Gefühle. Vielleicht fiel es ihm leichter, weil ein anderer Typ dabei war).

Daves Mutter hat ihn immer fertiggemacht, tut es heute noch, aber mir war nicht klar, daß es ihn so stark verletzt. Er hat sich mittlerweile ganz schön verändert, als ich letzte Woche auf ihn losgehen wollte, sagte er einfach: „Hör’ auf rumzukeifen, Frau‟, und hat mich in den Arm genommen! Was konnte ich da noch sagen?

An meine eigene Kindheit wollte ich nie gerne zurückdenken, was hat das denn mit heute zu tun, dachte ich (obwohl ich den Verdacht hatte, daß es sehr viel damit zu tun hat!). Meine Eltern gehörten nicht zur zärtlichen Sorte. Mami war meistens krank, ich hatte immer das Gefühl, eine Last zu sein. Oft hatte ich das Gefühl, ein Schraubstock sei um meinen Kopf gespannt – das gleiche Gefühl, das ich später hatte, wenn mir die Kinder zuviel wurden. Eine Verbindung war mir aber nie aufgefallen.

In Deinem Brief fragst du, ob ich mich an etwas erinnern kann, was uns genutzt hat. Dieser erste Abend im Zentrum schlug ein wie eine Bombe. Gerade als ich dachte, wir wären fertig, fragtest Du: „Hast du das Gefühl, daß du irgendwann deine Kinder verletzten könntest?‟ Was für eine Frage, so aus dem Nichts heraus! Ich sagte: „Ja, manchmal schon!‟ Ich dachte, jetzt ist es passiert, jetzt werden sie mir die Kinder wegnehmen. Fast hätte ich Dich angelogen, aber ich glaubte nicht, daß Du Dich hättest täuschen lassen. Dann sagtest Du: „Wie lange könntest du mit mir einen Vertrag schließen, sie nicht zu schlagen?‟ Alles mögliche schoß mir durch den Kopf, wie konnte ich das voraussagen? Was war, wenn sie sich wirklich schlimm aufführten?

Endlich sagte ich: „Vielleicht eine Woche?‟ Du fragtest: „Vielleicht?‟ „Eine Woche,‟ sagte ich, jetzt bestimmter. Dann sagtest Du: „Okay, ich sehe euch, bevor die Woche ’rum ist“. Ich weiß nicht warum, aber in dem Moment fing ich an zu weinen. Dave und ich gingen nach Hause, und wir redeten die ganze Nacht.

Und das war nur der Anfang. Viele andere Sachen haben seitdem geholfen. Wenn ich das Gefühl hatte, ich müßte den Kindern eine Ohrfeige verpassen, ging ich schnell spazieren, ich erinnere mich sogar, daß ich sie einmal anschrie, ihnen befahl sitzen zu bleiben, und dann wie eine Wilde auf die Matratze im Schlafzimmer einschlug.

Irgendwann brachte ich den Mut auf, die Nachbarin zu fragen, ob sie babysitten würde. Ich traute mich, Dave zu sagen, was mir richtig guttut (ich will hier aber keine Details ausbreiten!).

Zwischendurch, als Dave seinen Job verlor, ging es ziemlich schlecht. Wir machten bei den „Anonymen Eltern‟ mit, lernten, was Demütigungen und positive Streicheleinheiten sind und all die anderen Sachen. Ich wünschte, meine Eltern hätten davon gewußt. Ich fand heraus, daß ich nicht die einzige auf der Welt war, die Probleme mit ihren Kindern hatte. Eines Tages verfütterte ich meine letzten Valiumtabletten an die Hühner des Nachbarn. Was haben wir gelacht!

Es ist immer noch schwer, manchmal, aber ich fühle mich wie neugeboren im Vergleich zu damals, und die Kinder sind viel besser heute. Das sagen mir auch andere Leute.

Also, was bleibt mir anderes zu sagen als .... danke!

Ich weiß, daß du mich deshalb aufgefordert hast, diesen Brief zu schreiben, weil ich gerne schreibe und weil andere Menschen etwas davon haben könnten. Ich hoffe, ich habe es richtig gemacht und sende meine allerbesten Wünsche an all die anderen Eltern, die glauben, sie seien die schlechtesten auf der Welt. Paßt auf euch auf!

 

In Liebe,

Judy

Nachwort

Nur Eltern, die sich Gedanken über die Erziehung ihrer Kinder machen, lesen auch Bücher zum Thema. Während der Lektüre dieses Buches haben vermutlich einige Passagen sofort „ins Schwarze getroffen‟, andere waren nicht so wichtig, andere gar uninteressant.

Wahrscheinlich haben Sie einige Teile ausgelassen, dafür andere um so genauer gelesen. Das ist gut so, denn das Buch wurde so aufgebaut, um genau auf diese Art und Weise benutzt zu werden; deshalb findet man auch ein Schlagwortverzeichnis zu den wichtigsten Themen am Anfang und ein Register am Ende des Buches. Die Abschnitte, die auf Ihre Situation und auf Ihre Kinder zutrafen, haben Sie, nachdem Sie das Buch aus der Hand legten, zum Nachdenken angeregt. Manchmal bemerkten Sie sogar, daß Sie inzwischen die Dinge anders ausdrückten, daß Sie sich leichter und weniger verkrampft fühlten im Umgang mit Ihren Kindern.

So geschehen Veränderungen! Wir können uns bewußt darum bemühen, oder wir können neue Ideen einfach einsickern lassen.

Manchmal werden Sie einige Abschnitte noch einmal lesen wollen und dabei Dinge entdecken, die Sie beim ersten Durchgang nicht bemerkt haben; weil Sie nach dem ersten Lesen Fortschritte gemacht haben und nun mehr aufnehmen können. Sie können das Buch wieder zur Hand nehmen, wenn Sie sich deprimiert oder blockiert fühlen – es wird Ihnen helfen, sich aus dem Gefühl, daß die Situation verfahren sei, zu lösen.

Sie werden häufiger sogenannte „Ich-Botschaften‟ („Ich will, daß du ...‟) statt hypnotisch wirkende Herabsetzungen anwenden, wenn Sie mit Ihren Kindern sprechen. Womöglich denken Sie mehr über Zärtlichkeit und auch positive Aufmerksamkeit nach. Oder es ist das aktive Zuhören, das Sie Ihren Kindern näher bringt. Bestimmt aufzutreten mag eine ganz neue Erfahrung für Sie sein! Oder Sie arbeiten weiter daran, Ihrer Familie die Struktur zu geben, die Sie sich wünschen.

Manchmal werden Sie meinen, daß sich nichts verändert hat – alles scheint so schwierig zu sein wie zuvor. Und eines anderen Tages wird Ihnen klar, daß Sie und Ihre Kinder, und die Menschen um Sie herum, viel, viel glücklicher geworden sind. Echter Fortschritt kommt wie die Gezeiten – in Wellen. Lernen Sie, darauf zu vertrauen.

Leseempfehlungen

Wenn Ihnen dieses Buch gefallen hat, möchte ich Ihnen ein paar weitere nennen, die sich mit Kindern und Eltern befassen. Vielleicht helfen sie Ihnen weiter:

 

James, Muriel/Jongeward, Dorothy, Spontan leben,

Hamburg 1986

Gordon, Thomas, Familienkonferenz, Hamburg 1972

Dobson, James, Anti-Frustbuch für Eltern, Kehl 1984

Liedloff, Jean, Auf der Suche nach dem verlorenen Glück:

gegen die Zerstörung unserer Kindheit, München 1993

Axline, Virginia, Pibs, die wunderbare Entfaltung des menschlichen Lebens, München 1982

Satir, Virginia, Familienbehandlung, Freiburg 1991

Schiff Jacqui, Lee, Alle meine Kinder, München, 1980

 

Inzwischen sind in Deutschland einige weitere Bücher erschienen, in denen ich näher auf Themen eingehe, die im Geheimnis glücklicher Kinder nur kurz angesprochen sind: Was Väter (und Männer) zur Erziehung beitragen können, behandle ich in Männer auf der Suche (im Beust Verlag erschienen); wen besonders die Erziehung von Jungen interessiert, findet vieles in Jungen! Wie sie glücklich heranwachsen (ebenfalls im Beust Verlag erschienen); zu Fragen der Disziplin und wie wir unseren Kindern unsere Liebe auch zeigen können, finden Sie Antworten in Weitere Geheimnisse glücklicher Kinder (ebenfalls im Beust Verlag erschienen).

Viel Spaß bei der Lektüre!

Weiterführende Hinweise

Wer beruflich mit Kindern arbeitet

 

Die Hauptthese dieses Buches ist einfach: Für das Wachstum und die Entwicklung der Kinder ist in vieler Hinsicht entscheidend, was wir zu ihnen sagen und wie wir es ihnen sagen. Wie Kinder auf diese Weise beeinflußt werden, ist im ersten Kapitel beschrieben. Überraschend ist die Tatsache – die Medizinern wohl, der allgemeinen Öffentlichkeit aber kaum bewußt ist –, in welchem Umfang diese Beeinflussung auf hypnotischer Grundlage geschieht, ohne daß sich Eltern oder Kinder dessen gewahr würden.

Dieses Buch habe ich in der Absicht geschrieben, Eltern dabei zu helfen, das, was ich „Demütigungs-Erziehen‟ genannt habe, zu erkennen und zu vermeiden: nämlich den Gebrauch von zerstörerischen Botschaften, um die Kinder zu steuern. Alle folgenden Kapitel bieten deshalb Alternativen zum „Demütigungsstil‟ an. Eltern soll praktische Hilfe an die Hand gegeben werden, wie sie diesen Stil aufgeben können.

Wer beruflich mit Kindern arbeitet, wird viele Grundannahmen dieses Buches wiedererkannt haben. Für diejenigen, die bestimmte Ideen zurückverfolgen oder ihre Implikationen für bestimmte Familien und Kinder weiter erforschen möchten, folgt eine kurze Zusammenfassung der jedem Kapitel zugrundeliegenden Quellen.

 

Die Psyche prägen

Die Bedeutung des „Aumehmens‟ von elterlichen Botschaften in der Kindheit wurde als erstes von Eric Berne erkannt und ist ein wesentlicher Bestandteil einer Therapie, die als Transaktionsanalyse bekannt ist. Robert und Mary Goulding kategorisierten zehn grundsätzliche „Tu-nicht-Botschaften‟ und fanden heraus, daß negative Programmierungen nicht nur „passiv‟ empfangen werden (wie Berne noch geglaubt hatte), sondern tatsächlich zu einer unbewußten Kooperation seitens des Kindes führen. Die Botschaften bleiben „aktiv‟, mit der Folge, daß dadurch die Lebenschancen des Erwachsenen erheblich beeinträchtigt werden. Diese Programmierungen zu identifizieren und ins Bewußtsein zu bringen, ist das Ziel der sehr wirksamen “redecision therapy” (wörtlich „Neuentscheidungstherapie‟).

Gedemütigte und/oder verhaltensgestörte Kinder werden in der Regel selbst dann keine positiven Botschaften annehmen, wenn sie in ein fürsorgliches Umfeld gegeben werden. Jacqui und Aaaron Schiff haben jedoch demonstriert, daß Kinder mit intensiver Fürsorge und starker Führung „nochmals erzogen‟ werden können (sogenanntes “reparenting”).

Das Konzept von „zufälliger Hypnose‟ beruht auf dem Werk von Milton Erikson. Vor allem seine Schüler Richard Bandler und John Grindler haben deutlich gemacht, wie dieser Vorgang funktioniert und wie er bewußt eingesetzt werden kann. Die ethischen Fragen, die dadurch aufgeworfen werden, sind auch weiterhin Gegenstand intensiver Debatten.

„Du-Botschaften‟ wurden unter dieser Bezeichnung im Rahmen des außergewöhnlich erfolgreichen Buches Familienkonferenz von Thomas Gordon bekannt. Als „Attribute‟ werden sie in nahezu jeder Schrift zum Thema Familientherapie diskutiert, zum Beispiel in den Büchern von Virginia Satir, Jay Haley, R.D. Laing usw.

 

Was Kinder wirklich wollen

Das frühe Werk von René Spitz und John Bowlby, die die Symptome des Hospitalismus und Marasmus beobachteten, hat zu dem Konzept von „Streicheleinheiten‟ geführt. Das gesamte Gebäude der Verhaltensmodifikation baut auf der Vorstellung „Was du streichelst, das bekommt du auch‟ auf. Die Arbeiten von Amelia Auckett über Babymassage sind eine gute Einführung für das zärtliche Elternsein.

 

Heilen durch Zuhören

Die Vorstellung des „aktiven Zuhörens‟ entwickelte sich aus dem Beratungsstil von Carl Rogers, der seine Patienten immer in den Mittelpunkt stellte. Auch hier gebührt Thomas Gordon der Dank, diese Methode einer Vielzahl von Eltern bekannt gemacht zu haben.

 

Kinder und Gefühle

Unter Gefühlen versteht man für gewöhnlich alle Variationen der primären biologischen Zustände Wut, Angst, Traurigkeit und Freude. Wie diese in allen Menschen angelegten Grundgefühle ausgedrückt werden, wird jedoch in hohem Maße durch familiäre und kulturelle Faktoren bestimmt.

Zum Verständnis und zur Befreiung der emotionalen Seite der Menschen hat die Praxis und Theorie der Therapiebewegung – sowie das Werk von Harvery Jenkins – beigetragen. Vor allem Anhängern des “reparenting” (des „nochmals Erziehens‟) im Rahmen der Transaktionsanalyse ist es zu verdanken, daß systematische Ansätze für das Äußern und zugleich sozial konstruktive Einbringen von Emotionen gefunden wurden.

Das Konzept der „aufgesetzten‟ (“racket‟) oder falschen Gefühle, die darauf abzielen, andere zu kontrollieren, ist sehr wichtig. Koller, Schüchternheit und Schmollen oder Langeweile sind verbreitete Störungen der Kindheit, die in unserer Kultur zu häufig toleriert werden und sich oft bis ins Erwachsenenleben fortsetzen – als Gewalt, Depression usw. Die ersten, die uns über die Natur der Schüchternheit aufklärten und uns zeigten, wie sie tatsächlich zu „heilen‟ ist, gehörten Elisabeth und Ken Mellor

 

Bestimmt auftretende Eltern

Selbstbewußtes, für die eigenen Interessen eintretendes, bestimmtes Auftreten ist allseits bekannt und wird vielfach auch trainiert, selten jedoch unmittelbar im Zusammenhang mit der Eltern-Kind-Beziehung.

Das ist schade, denn Eltern, die bestimmt auftreten, müssen ihre Kinder nicht demütigen, um ihr Verhalten zu steuern. Die üblichen Bücher und Kurse trainieren oberflächlich Techniken des bestimmten Auftretens an, meist aber ohne den Dingen auf den Grund zu gehen, d. h. den Eltern die eigene negative Programmierung bewußt zu machen (wie es wirklich gute Bücher und Kurse zum Thema tun).

Die Bewegung der „robusten Liebe‟ („Tough Love‟) in den USA bietet wirklich lohnende Hilfen und Rezepte für Eltern mit Problemkindern.

 

Familienstrukturen

In ihrer unnachahmlichen Art hat uns vor allem Margaret Mead daran erinnert, daß wir nicht mehr in vollständigen Familien leben, vielmehr in Familienfragmenten. Näher auf das Thema der inneren Struktur von Familien gehen Virginia Satir, Margaret Topham, Sal Minuchin und viele andere ein, die sich mit gezielten Therapien zur Erneuerung von Familienstrukturen befassen.

 

Altersphasen

Die in diesem Buch angenommenen Entwicklungsphasen beruhen auf dem Werk von Pamela Levin. Das Buch Self-Esteem: A Family Affair von Jean Illsley-Clarke (das noch nicht auf deutsch vorliegt), das die Ideen von Pamela Levin vertieft und erweitert, ist das brauchbarste und praktikabelste Buch zur Kindesentwicklung, das ich je gelesen habe.

 

Wie man Energie tankt

Die Ansicht, daß Energie von Person zu Person weitergegeben werden kann, ist wissenschaftlich nicht gerade fundiert, und es gibt wenige Untersuchungen darüber. Andererseits wird die Tatsache, daß einige Menschen sprichwörtlich „anstrengend‟ sind und andere „Kraft geben‟ – daß ein Geben und Nehmen von Energie zwischen Personen stattfindet –, von fast allen Eltern bestätigt. Die Arbeit von Ken Mellor in Australien sowie von Julie Henderson und anderen „Bioenergetikern‟ in den USA weisen daraufhin, daß mehr dahintersteckt als nur eine Wortassoziation. Und für Eltern, die tagtäglich der Gefahr völliger Erschöpfung ausgesetzt sind, kann ein ausgeglichener Energiehaushalt lebensrettend sein.

Eine persönliche Anmerkung

Als ich Das Geheimnis glücklicher Kinder schrieb, habe ich mir nie träumen lassen, daß dieses Buch ein solcher Erfolg werden würde. Zehn Jahre nach dem Verfassen der ersten Schreibmaschinenseiten haben es mehr als eine Viertelmillion Menschen in fünf Ländern gelesen. Heute verbringe ich die meiste Zeit damit, Vorträge vor Menschen zu halten, die entweder das Buch bereits gelesen haben, davon gehört haben oder einfach kommen, weil es am fraglichen Abend nichts Besseres im Fernsehen gibt!

Damals war ich als Familientherapeut noch ziemlich unerfahren, aber bewegt von dem Herzenswunsch, Vätern und Müttern das Auskommen mit ihren Sprößlingen etwas zu erleichtern – und den Kindern die Nöte und Ängste zu ersparen, unter denen meine Generation häufig noch zu leiden hatte.

In der ersten Ausgabe warnte ich die Leser auf der ersten Seite, daß ich selbst keine Kinder, vielmehr „Wombats‟ habe (Für meine deutschen Leser: Dieses gutmütige australische Nachttier sieht aus wie eine Mischung aus einem Hausschwein und einem Goldhamster), die obendrein schlecht erzogen seien. Ich erwähnte das nicht nur, weil es den Tatsachen entsprach, sondern auch, weil ich meinen Lesern zeigen wollte, daß meine Erziehungsmethoden nicht immer erfolgreich sind, letztendlich das Individuelle entscheidend ist und man sich nie blind auf den Rat sogenannter Experten verlassen sollte. Wenn Sie Ihr Herz sprechen lassen, werden Sie immer herausfinden, wie Sie Ihre Kinder am besten erziehen. Bücher, Experten, Freunde und Kurse sind nur hilfreich, wenn sie den Weg zum eigenen Herzen weisen.

Heute habe ich Kinder und Wombats. Und es versetzt mir noch immer einen Stich in die Brust, wenn ich eine junge Mutter mit einem Baby oder einen jungen Vater mit seinen Kindern im Supermarkt sehe – weil ich weiß, daß sie, wie wir alle, versuchen, es richtig zu machen. Auch sie möchten ihren Kindern den bestmöglichen Start ins Leben geben und haben es dabei doch so schwer.

Daß nunmehr die überarbeitete Neuauflage meines Buches auch auf deutsch erscheint, macht mich stolz. Tausende von australischen Eltern haben mir persönlich versichert, daß sie meine Anregungen hilfreich fanden und tatsächlich umsetzen konnten. Viele ihrer Erfahrungen sind dieser Neuauflage des Buches zugute gekommen.

Wir alle brauchen Zuspruch und Unterstützung, um unsere Aufgabe als Mütter, Väter, Eltern zu erfüllen und glückliche, gesunde und liebevolle Kinder aufzuziehen.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen Mut machen und Ihnen meine herzliche Anteilnahme mit auf den Weg geben.

 

Ihr

Steve Biddulph

Warum sind so viele Erwachsene unglücklich?

Denken Sie an all die Menschen in Ihrem Bekanntenkreis, denen es an Selbstbewußtsein fehlt, die sich nie entscheiden können, die sich ständig über Kleinigkeiten aufregen, die immer angespannt scheinen, denen es schwer fällt, Freunde zu finden; oder denken Sie an die aggressiven Menschen, die andere herabsetzen und denen die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen gleichgültig sind. Und an all jene, die sich gerade noch bis zum nächsten Schluck oder zur nächsten Pille über Wasser halten.

Vor allem in den reichsten Ländern der Welt hat das Unglücklichsein fast epidemische Ausmaße angenommen: Eine nicht unerhebliche Zahl von Erwachsenen wird irgendwann psychiatrischer Behandlung bedürfen, jede dritte Ehe endet mit Scheidung, einer von vier Erwachsenen ist von Beruhigungsmitteln abhängig.

Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Probleme machen das Leben nicht eben leichter, aber Unglückliche gibt es in allen Einkommensschichten. Eher ist es so, daß kein Geld der Welt im Stande scheint, das Problem zu lösen.

Andererseits gibt es Menschen, die zu unserer Verwunderung auch angesichts schwierigster Umstände fröhlich und optimistisch bleiben. Wie kommt es, daß in einigen Mut und Freude unverdrossen weiterblühen?

Die Antwort: Viele Menschen sind zum Unglücklichsein programmiert worden. Man hat ihnen als Kinder – unabsichtlich – beigebracht, unglücklich zu sein. Und sie leben die Rolle der Unglücklichen bis an ihr Lebensende weiter. In diesem Buch soll gezeigt werden, wie schnell man Kindern einimpfen kann, sich selbst nicht zu mögen, und wie man ihnen damit ein Leben lang Probleme auflädt.

In diesem Buch geht es deshalb allein darum, wie man negative Programmierungen vermeidet – und wie man Kinder zu glücklichen Kindern macht.