Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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8.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2282
Der Traum des Thort
Das Wegasystem als Stützpunkt – die Terraner sammeln sich
Hubert Haensel
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Der Sternenozean von Jamondi und der Sternhaufen von Arphonie sind in den Normalraum zurückgekehrt. Die so genannte Allianz der Moral hat erst einmal gesiegt und den unterdrückten Völkern die Freiheit zurückgegeben.
Doch die gegnerischen Truppen stellen sich nicht zum Entscheidungskampf. Die gigantischen Kybb-Titanen fliegen stattdessen aus dem Sternhaufen und nehmen direkten Kurs auf die Erde.
Um nicht in einer riesigen Raumschlacht zwischen der terranischen Raumflotte und den Kybb-Titanen das Solsystem zu vernichten, befiehlt Perry Rhodan allen Raumschiffen der Liga Freier Terraner (LFT) den Rückzug an einen geheimen Ort: »Krisenfall Karthago Zwei« wird ausgerufen.
Während im Solsystem nun der mysteriöse Gon-Orbhon die Macht übernimmt, sinnt Rhodan auf eine Möglichkeit, die Erde und ihre Bewohner zu befreien. Helfen könnte ihm dabei DER TRAUM DES THORT ...
Perry Rhodan – Der Terranische Resident will einen uralten LFT-Stützpunkt nutzen.
Kelesh – Der Thort von Ferrol hat Angst um die Sicherheit seines Volkes.
Monkey – Der oxtornische USO-Chef wartet erneut mit einer Überraschung auf.
Mühlar und Trormasch – Zwei ferronische Minister suchen ihren eigenen Weg zur Macht.
In der atemlosen Stille klang das metallische Knacken doppelt laut. Ein undefinierbares Geräusch folgte.
Thort Kelesh erstarrte.
Vergeblich versuchte er, die Dunkelheit mit seinen Blicken zu durchdringen. Er verwünschte die Tatsache, dass er keine Zeit mehr gefunden hatte, seinen Kampfanzug anzulegen. Die Infraroterfassung wäre ihm hilfreich gewesen, während er ohne sie nur auf seinen Instinkt vertrauen konnte.
Linker Hand lag die Vorhalle mit den Abzweigungen zu den Sitzungssälen. Der zentrale Antigravschacht befand sich damit zwar in unmittelbarer Nähe – aber der Thort wollte sich nicht zu Tode stürzen. Wahrscheinlich war die Energieversorgung komplett zusammengebrochen. Sein Fluchtweg konnte also nur über die verborgenen Treppenschächte führen.
Wie weit waren die Stachelhäuter schon vorgedrungen? Thort Kelesh verfluchte ihren blitzschnellen Angriff, der seiner Flotte nicht den Hauch einer Chance gelassen hatte. Was wirklich geschehen war, wusste er nicht, denn schon in den ersten Minuten der Invasion waren alle Nachrichtenverbindungen zusammengebrochen. Die Ungewissheit war das Schlimmste für ihn.
Wieder dieses Geräusch. Näher als zuvor.
Der Thort wagte kaum mehr zu atmen. Vergeblich starrte er in die Finsternis.
Vielleicht zehn Meter vor ihm. Ein schwerer Körper schob sich über das Mosaik des Bodens. Kelesh hörte das Kratzen von Stacheln, und es ließ ihn frösteln. Seine Finger verkrampften sich um den Nadler. Wenn er das gesamte Magazin abfeuerte, musste er den Kybb zwangsläufig treffen. Aber dann ...? Er trug nur zwei Ersatzmagazine bei sich.
Der Raumalarm hatte ihn aus tiefem Schlaf aufgeschreckt. Ein Horrorszenario war über die Ferronen hereingebrochen, das er so niemals für möglich gehalten hätte. Verzweifelt fragte er sich, was die Kybb an Ferrol interessierte. War es nur die kosmische Nähe zum Solsystem? Nur siebenundzwanzig Lichtjahre ...
Explosionsdonner ertönte. Deutlich registrierte Kelesh die Einschläge von Raumtorpedos.
Warum ausgerechnet Ferrol?
Er wusste es nicht. Vielleicht wollten die Angreifer nur erobern. Ob er wirklich über alle wichtigen Informationen verfügte, vermochte er nicht zu sagen. Ein Schatten vor ihm, eine hoch gewachsene und kräftige Gestalt! Der Thort kniff die Augen zusammen, um mehr zu erkennen. Das war kein Ferrone, schon der Größe wegen nicht. Zudem dieser Schädel, kantig, die Gesichtspartie weit vorspringend, beinahe spitz.
Sah er das wirklich, oder irritierten ihn die Dunkelheit und seine aufgepeitschte Fantasie?
Der Schatten hob den Kopf. Er schien zu wittern. Im nächsten Moment schnellte er heran.
Thort Kelesh löste den Nadler aus. Fünf Schüsse feuerte er ab; fünf Thermitladungen, eng begrenzt in ihrer Hitzewirkung, flammten in der Schwärze auf.
Die jähe Lichtflut blendete. Kelesh taumelte, stieß gegen eine Wand und tastete sich an ihr entlang weiter, von grellen Eruptionen begleitet, die ihm seine Augen vorgaukelten. Als er endlich die Treppe erreichte, hallte von allen Seiten Kampflärm durch den Palast.
Über ihm wurde die planetare Verteidigung aufgerieben, starben die Ferronen im Feuer der Stachelhäuter. Thort Kelesh wagte nicht, sich auszumalen, welche Zustände mittlerweile in Thorta herrschten. Wahrscheinlich versank die Hauptstadt in brodelnder Glut.
Ein Sicherheitsschott glitt vor ihm zurück. Der anschließende Korridor führte zum Hangar. In der fahlgrünen Notbeleuchtung zeichneten sich die Umrisse von Wachrobotern ab.
Wenn er Ferrol jetzt verließ, das wurde Kelesh in dem Moment erschreckend klar, würde er sich ein Leben lang als Verräter fühlen. Wenn Ferrol verwüstet wurde und das kleine Reich der Ferronen zerbrach, durfte sich das Oberhaupt der Monarchie nicht davonstehlen wie ein Dieb in der Nacht.
Fester als zuvor umklammerte er den Nadler. Seine Flucht bedeutete, dass er alles aufgab, auch Ferrols Freiheit. Beherrscht zu werden von Fremden, die nie in der Milchstraße ... Kelesh schrie auf. Er konnte nicht anerkennen, dass die Kybb ebenfalls Kinder dieser Galaxis waren. Ihre Sternhaufen waren für undenkbar lange Zeit in den Hyperraum verbannt gewesen, aber nun hatten ihre Sonnen und Planeten den angestammten Platz wieder eingenommen.
Finger aus Stahlplast schlossen sich um seinen Oberarm. Der jähe Schmerz, als der Wachroboter ihn vorwärts zerrte, riss Kelesh aus seinen Überlegungen. Er hatte dem nichts entgegenzusetzen; ihm blieb keine andere Wahl, als neben dem stählernen Monstrum herzulaufen, das ihn um mehrere Handspannen überragte.
»Lass mich los!«, keuchte er dennoch. »Sofort!«
»Ferrol wird von einer großen Flotte angegriffen«, versetzte der Roboter. »Der Planet ist nicht mehr zu halten.«
»Ich muss Verhandlungen aufnehmen ...!« Sagte er das nur, um sich selbst zu beruhigen? Oder meinte er es wirklich ernst? Der Thort hatte sich nie in einem größeren Zwiespalt gesehen.
»Das wäre sinnlos«, widersprach der Kampfroboter. »Dein Leben zu schützen, Thort Kelesh, ist deine oberste Pflicht. Nur wenn du lebst, kannst du deinem Volk helfen. Wenn du im Feuer der Kybb stirbst ...«
»Ich befehle dir ...!«
»Die Kybb-Truppen wüten im Palast. Sie lassen niemanden am Leben. Wir müssen uns beeilen, Thort!«
Plötzlich hatte er Blutgeschmack im Mund, und sein Herzschlag raste. Halb zerrte der Kampfroboter ihn mit sich, halb lief er aus eigenem Antrieb, weil es an Selbstmord grenzte, den Stachelhäutern nur mit einem lächerlichen Nadler in der Hand entgegentreten zu wollen.
»Du hast Funkverbindung nach oben?«, fragte er.
»Nicht mehr. Die Station wurde vor wenigen Augenblicken von den Kybb überrannt.«
Dumpf hallten ihre Schritte durch den Korridor. Der Zugang zu dem verborgenen Hangar glitt zur Seite.
Vor ihnen stand das kleine Raumschiff, das schon in den ersten Wochen der Arkon-Krise ausgerüstet worden war. »Wir sind zu nahe an Terra, in jeder Hinsicht.« Die Worte seines Vaters glaubte Kelesh immer wieder zu hören. »Vorsichtig zu sein hat bislang niemandem geschadet.« Sein Vater war tot, nicht während eines arkonidischen Angriffs ums Leben gekommen, sondern in den Wirren des Hyperimpedanz-Schocks. In den hastig anberaumten Wahlen hatte das Volk sein Vertrauen in den Vater auf den Sohn übertragen. Zu Recht? Kelesh wusste es nicht, aber in Momenten wie diesen zweifelte er daran.
Das schlanke Raumboot war mit den besten technischen Veränderungen ausgerüstet worden. Thort Kelesh fröstelte dennoch, als der Kampfroboter mit ihm die offene Schleuse betrat.
»Für deinen Schutz wird gesorgt, Thort!«, raunte eine beruhigende Stimme. »Falls du es vorziehst, den Flug im Tiefschlaf zu verbringen ...«
»Nein!«, stieß er wütend hervor. »Ich kann nicht wegsehen, während alles in Schutt und Asche versinkt.«
»Die Startvorbereitungen sind angelaufen. Wir verlassen Ferrol in drei Kurz-Einheiten.«
Er wusste, dass Widerspruch sinnlos war. Die Positronik war nur darauf programmiert, das Raumboot in Sicherheit zu bringen. Die Schleuse, einmal hinter dem Thort verriegelt, würde sich erst am Ziel wieder öffnen. Aus Sicherheitsgründen kannte Kelesh dieses Ziel selbst nicht.
Er ließ sich in den einzigen Kontursessel sinken. Dieses Schiff war nur für ihn vorgesehen, es hatte keinen Platz für Mitglieder des Ministerrats oder gar andere Flüchtlinge. Ein kleines Boot in Stealth-Bauweise bot die besten Chancen, der Ortung jedes potenziellen Angreifers zu entgehen.
»Und?«, wandte sich Kelesh an den Kampfroboter, der unbeweglich neben dem Sessel stand.
»Ich bin ab sofort für deinen persönlichen Schutz zuständig, Thort«, antwortete die wuchtige Maschine.
Vibrationen durchliefen das Raumboot, aber die Holosektionen der Rundumsicht blieben noch leer. Kelesh hatte keine Möglichkeit, festzustellen, ob das Boot schon gestartet war. Die Dauer von drei Kurz-Einheiten konnte er in seiner Erregung nur schwer abschätzen.
»Das meine ich nicht«, herrschte er den Kampfroboter an. »Ich will wissen, wie es an der Oberfläche aussieht!«
»Jede Kommunikation wird von den Angreifern wirkungsvoll gestört.«
Der Thort schloss die Augen. Seine Finger verkrallten sich in den Armlehnen. Obwohl er tief durchatmete, wuchs seine Benommenheit. Das verhaltene Brummen aus dem Heck des Bootes vermischte sich mit dem Rauschen des Blutes in seinen Schläfen.
»Wie soll ich dich nennen?«, fragte er endlich den Roboter. »Welche Kennung hast ...?«
»Vridz«, antwortete die Maschine. »Das ist einfacher als meine Standardbezeichnung.«
Die Holoschirme wurden aktiv. Thort Kelesh richtete sich jäh auf, als er die Fülle winziger Lichtpunkte sah. Es waren Tausende.
»Detailausschnitte!«, verlangte er.
Die Wiedergabe veränderte sich. Brennende Wracks trieben zwischen den Planeten – das waren die Schiffe der eigenen Flotte. Der Übermacht der Angreifer waren sie nicht gewachsen. Die holografischen Abbildungen zeigten zudem düstere, kantige Raumschiffe. Wie überdimensionierte Würfel hingen sie im Raum, unheimlich und bedrohlich zugleich.
»Die Kybb haben viel aufgeboten«, ächzte Thort Kelesh. »Das ist beinahe schon eine Ehre für unser Volk.«
Oder hatten die Angreifer damit gerechnet, dass die Liga Freier Terraner dem 42-Planeten-System zu Hilfe eilte? Aber Terra war mit sich selbst beschäftigt. Kelesh fragte sich, was momentan im Bereich von Sol geschah. Die Gerüchteküche brodelte nicht nur, sie kochte schon über. Falls sich wirklich bewahrheitete, dass Terra erobert worden war ... Aber darüber dachte er lieber nicht nach.
»Der Eintritt in den Überlichtflug erfolgt in vier Kurz-Einheiten!«, meldete die Positronik.
Augenblicke später wechselte die Bildwiedergabe erneut. Rofus kam in Sicht. Trotz seines angenehmen Klimas und der beiden riesigen Kontinente war der neunte Planet nur spärlich besiedelt. Der Raumhafen von Tschugnor hatte erst in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, seit die komplexen Werftanlagen wie ein Geschwür wucherten.
Eine unnatürliche Wolkenfront lastete über dem Hafenareal und der Stadt, von düsterem Rot gesäumt: Tschugnor brannte.
Rustoner stand in Opposition. Auf der Savannenwelt tobten ebenfalls gewaltige Feuersbrünste. Der Thort argwöhnte, dass es auf den übrigen Welten nicht besser aussah. Tod und Zerstörung griffen um sich.
»Gegnerische Einheiten auf Kollisionskurs!«, meldete die Positronik.
Verbissen starrte Kelesh auf die Ortung, die nicht nur Würfelraumer zeigte, sondern zugleich zwei gewaltige Kolosse. Auf den ersten Blick erinnerten sie an zerklüftete Asteroiden. Sie waren riesig.
Kybb-Titanen?
Gerüchte, dass diese Giganten das Solsystem besetzt hatten, verbreiteten sich allen Widrigkeiten zum Trotz mit einer beängstigenden Dynamik.
»Überlichtmanöver in einer halben Kurz-Einheit!«
Kelesh konnte den Blick nicht mehr von den Titanen lösen. Beide waren noch weit entfernt, wirkten aber schon bedrohlicher als alles, was er je gesehen hatte. Diese Kolosse allein hätten ausgereicht, die Heimatflotte von Ferrol aus dem Raum zu fegen.
Viel zu schnell jagten sie heran.
Dann, kurz vor der Transition des Raumbootes, ein Aufblitzen. Lodernde Helligkeit erfüllte das enge Cockpit und zerfraß die Schiffswandung.
Thort Keleshs Todesschrei erstickte im Vakuum.
*
Nie zuvor hatte ich mich so verloren gefühlt.
Zum Greifen nahe hatte ich Sol vor mir gesehen – ein kleiner Stern in der Bildwiedergabe und mit dem Hintergrund der Milchstraße schier verschmelzend, aber mein Puls hatte sich sofort beschleunigt. Sol, das war gleichbedeutend mit der Erde, mit mehr als zwanzig Milliarden Menschen, ihren Hoffnungen und Ängsten, ihrer Liebe und Verzweiflung. Auch für Angehörige anderer Völker war der Planet längst zur zweiten Heimat geworden.
Zu wissen, dass auf der Erde Menschen neben Blues lebten, dass Aras in den großen Kliniken ebenso für das Gemeinwohl arbeiteten wie Springer in den Führungsetagen galaktischer Konzerne, das spornte immer wieder an. Allen Zwistigkeiten zum Trotz gab es in der Milchstraße keine strikte Trennung mehr. Im Kleinen, in der alltäglichen Begegnung, hatte sich längst gezeigt, dass Grenzen nicht existierten – ganz anders als in der großen Politik.
Die nächste Überlichtetappe stand bevor. Wieder würde Terra etliche Lichtjahre weiter zurückfallen.
Ich hatte den Rückzug der Heimatflotte nach »Karthagos Fall« angeordnet und die Planeten und ihre Bevölkerung damit jedes Schutzes beraubt.
Wie viele Menschen mochten mich jetzt schon dafür hassen?
Dennoch war das die einzig richtige Entscheidung gewesen. Die Alternative hätte Vernichtung bedeutet und damit das Ende jeder Hoffnung.
Die ELEBATO ging in Transition.
*
Rücksturz.
Sol war schon zu weit entfernt und nicht einmal mehr mit den Ortungen des Weißen Kreuzers zu erfassen. Schweigend arbeiteten General Traver und seine Besatzung. Dass Terra für sie nicht mehr war als ein Name, eine Welt wie Zehntausende andere, lag in der Natur der Sache. Deshalb registrierte ich keine Emotionen, und ich durfte auch nicht erwarten, dass die Shoziden ein besonderes Verhältnis aufbauten.
Ich fragte mich, ob die Stimmung an Bord der LFT-Raumer ähnlich roboterhaft erstarrt war.
Hatte Gon-Orbhon inzwischen befohlen, die Planeten des Solsystems anzugreifen? Die Ungewissheit ließ mich nicht mehr los, und ich verkrampfte mich immer mehr. Du Narr!, glaubte ich meinen Freund Atlan sagen zu hören. Du hast den Zenit der Evolution überschritten und entwickelst dich zurück zu einem pessimistischen Barbaren. Aber das warst du ja immer schon; du hast nur verlernt, dich zu verstellen.
Die nächste Überlichtetappe.
Nicht einmal vier Lichtjahre überwand der Weiße Kreuzer im Hyperraum. Fünfzehn solcher Kurztransitionen waren der ELEBATO in zeitlichem Zusammenhang möglich, also rund 57 Lichtjahre insgesamt, danach mussten die Kugelzellen-Speicher neu aufgeladen werden. Das bedeutete dann stundenlanges hilfloses Abwarten, eventuellen Angreifern weitgehend hilflos ausgeliefert.
Aber kein Kybb-Titan folgte uns.
Entweder hatten die Gegner unsere Spur verloren, oder es gab für sie Wichtigeres zu tun, als einem einzelnen Weißen Kreuzer und einer weit verstreuten terranischen Flotte zu folgen.
*
Die Milchstraße erschien mir so ruhig wie nie. Auf den gängigen Hyperfunk-Frequenzen fing die ELEBATO überwiegend Störgeräusche auf. Selbst GALORS-Relaissatelliten, denen wir bis auf wenige Dutzend Lichtjahre nahe kamen, schwiegen. »Taube Nüsse«, hätte Reginald Bull an meiner Stelle gesagt.
Mit wachsender Unruhe wartete ich darauf, endlich aus erster Hand und vor allem umfassend zu erfahren, was sich in den vergangenen Monaten in der Milchstraße abgespielt hatte. Mir war klar, dass die Veränderung der Hyperimpedanz überall ihre Spuren hinterlassen hatte, bis tief hinein in das Alltagsleben. Aber Terra hatte vorgesorgt, eigentlich hätten wir recht gut gewappnet sein müssen, im Gegensatz zu einigen anderen galaktischen Völkern, die jede Warnung in den Wind geschlagen hatten. Zudem stand die Zeit nicht still. Die Erde verfügte über hoch qualifizierte Wissenschaftler und Techniker, sogar unsere Politiker verschanzten sich nicht hinter ausufernder Bürokratie, sondern bewiesen längst den Weitblick, der nötig war, um selbst schwere Zeiten wie diese zu meistern.
»Zum ersten Mal, seit wir aus dem Solsystem flohen, sehe ich wieder ein Lächeln auf deinem Gesicht, Rhodan«, sagte Admiral Traver.
»Ich war in Gedanken versunken.«
»Offensichtlich in schöneren Zeiten.«
Ich zuckte mit den Schultern. Was sollte ich dazu sagen? Es kam immer auf den Standpunkt an und was der Einzelne daraus machte.
»Die Speicher sind nahezu wieder aufgeladen. Noch zwei Stunden deiner Zeit, Rhodan, dann können wir die letzten dreiundvierzig Lichtjahre in Angriff nehmen.« General Traver musterte mich aus glühenden Augen. »Was erwartet uns am Ziel?«
»Genau darüber zerbreche ich mir seit Tagen den Kopf«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich hoffe auf eine schlagkräftige Flotte und auf Informationen ...«
»Du konntest nicht anders handeln, als du es getan hast«, sagte Traver. »An deiner Stelle hätte ich ebenfalls alle erreichbaren Kräfte in Sicherheit gebracht. Zeitgewinn ist wichtig.«
»Ich befürchte eher, dass uns die Zeit davonläuft«, gab ich zurück. »Wir haben es nicht mehr mit den Bedingungen in den Hyperkokons zu tun – und eine zweite Erde, die ich Gon-Orbhon zur Ablenkung vorweisen könnte, steht mir auch nicht zur Verfügung.«
Er verstand. Graugischt und Terra waren nur sehr bedingt vergleichbar.
Breitbeinig stand der General vor mir, die Arme vor seinem kompakten Leib verschränkt. »Unter den gegebenen Umständen, alle Kybb-Titanen im Solsystem, würde jeder Angriff mit unabsehbaren Zerstörungen enden«, sagte er. »Nicht einmal sämtliche Bionischen Kreuzer aus Carya Andaxis Depot könnten daran etwas ändern.«
Er hatte Recht. Wenn wir die Situation irgendwie in den Griff bekommen wollten, mussten wir die Kybb-Titanen aus dem Solsystem herauslocken, und nicht einer durfte zurückkehren. Und wehe uns, falls nur ein Titan über der Erde zurückblieb.
Für ein solches Vorhaben gab es nur ein einziges Prädikat:
Undurchführbar!