MICHAEL P. KUBE-MCDOWELL
DIE SCHWARZE FLOTTE ③
ENTSCHEIDUNG
BEI KOORNACHT
Roman
Aus dem Amerikanischen
von Heinz Nagel
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
MICHAEL P. KUBE-MCDOWELL
DIE SCHWARZE FLOTTE ③
ENTSCHEIDUNG
BEI KOORNACHT
Roman
Aus dem Amerikanischen
von Heinz Nagel
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
www.diezukunft.de
Für die beherzte Crew
Russ Galen
Tom Dupree
Sue Rostoni
Lynn Bailey
Und den kühnen Captain,
George Lucas
Danksagung
Die »Schwarze Flotte« war entweder das anstrengendste Vergnügen oder der vergnüglichste Marathon meiner Schriftstellerlaufbahn. So oder so, die letzten siebzehn Monate waren angefüllt mit Ereignissen und Arbeit – ein neues Haus, zwei neue Babys (Amanda und Gavin), und mehr als dreihunderttausend Wörter …
Aber in den vielen langen Stunden, die ich mit meinem alten Freund Qwerty[*] verbracht habe, hätte ich auch nicht annähernd so viel geschafft, wenn es da nicht eine verschworene Gruppe von Verbündeten gegeben hätte.
Zuallererst sind dies meine unmittelbare Familie Gwen Zak und mein Sohn Matt, und meine de facto erweiterte Familie, Rod Zak und Arlyn Wilson. Unermüdlich und stets gut gelaunt griffen sie mit zu, wo sie gebraucht wurden, und taten, was getan werden musste, um dafür zu sorgen, dass das Feuer im Kamin brannte und die Drachen in Schach gehalten wurden.
Die erfahrenen Profis in dieser Verschwörung waren SCG Superagent Russ Galen, Bantamlektor Tom Dupree, BDD Audioproduzent Lynn Bailey und Sue Rostoni von Lucasfilm. Indem sie stets in so geheimnisvollen Medien wie Fax, Telefon und E-Mail den richtigen Weg fanden, verhalfen sie geschickt dem großen Plan zum Erfolg.
Und dann gab es die vielen Sympathisanten, die, obwohl im strengen Sinn nicht meiner Zelle zugehörig, dennoch ihr Wissen und ihre Dienste zur Verfügung stellten, um den Fortschritt unserer Sache sicherzustellen. Auf dieser langen Liste nehmen Dan Wallace, Craig Robert Carey, Timothy O›Brien, R. Lee Brown, Michael Armstrong, Jim Macdonald, Daniel Dworkin, Evelyn Calinto und Mike Stackpole einen besonderen Platz ein.
Unterdessen spielten John Vester, Dave Philips und Jennifer Hrynik den wichtigen Part in einer raffinierten Desinformationskampagne.
Obwohl ich aus Sicherheitsgründen nur in beschränktem Maße Namen erwähnen darf, möchte ich mich auch für die Hilfe und Unterstützung bedanken, die ich von freiwilligen Helfern in CompuServe›s SF Media Two Forum (GO SFMEDTWO) und Genie›s SF Roundtable Three (SFRT3) und den Schurken von RASSM erhielt.
In allem Ernst möchte ich meinen Gruß dem Chefarchitekten der Rebellion, George Lucas, entbieten, ohne dessen Inspiration heute keiner von uns hier wäre.
Schließlich möchte ich den wahren Gläubigen unserer Sache – den Star Wars-Fans rund um den Globus – dafür danken, dass sie uns auf dieser Reise begleiten. Eure grenzenlose Begeisterung und eure lautstarke Unterstützung haben mir viel bedeutet.
Michael Paul McDowell
31. August 1996
Okemos, Michigan
[*]Anmerkung des Übersetzers: gemeint ist die Schreibmaschinentastatur, deren erste sechs Buchstaben der Buchstabentastatur im englischen Sprachraum Qwerty lauten
Hauptpersonen
Auf Coruscant, Hauptwelt der Neuen Republik:
Prinzessin Leia Organa Solo, Senatspräsidentin und Staatsoberhaupt der Neuen Republik
Alole und Tarrick, Adjutantinnen Leias
Admiral Hiram Drayson, Chef von Alpha Blue
General Carlist Rieekan, Leiter des Nachrichtendienstes der Neuen Republik
Brigadier Collomus, Einsatzleitung NRN
Erster Administrator Nanaod Engh, administrativer Direktor der Neuen Republik
Mokka Falanthas, Staatsminister
Senator Behn-kihl-nahm, Vorsitzender des Verteidigungsrates und Freund und Mentor Leias
Senator Rattagagech von Elom, Vorsitzender des Wissenschafts- und Technologierates
Senator Doman Beruss von Illodia, Vorsitzender des Regierenden Rates
Senator Borsk Fey›lya von Kothlis, Vorsitzender des Justizrates
Senator Tig Peramis von Walalla
Belezaboth Ourn, außerordentlicher Konsul der Paqwepori
Beim Fünften Schlachtgeschwader der Flotte der Neuen Republik im Farlax-Sektor:
General Etahn A›baht, Flottenkommandeur
Oberst Corgan, Taktikoffizier
Oberst Mauit›ta, Offizier des Nachrichtendienstes
Captain Morano, Kommandant des Flaggschiffs Intrepid
Plat Mallar, einziger Überlebender des yevethanischen Überfalls auf Polneye
An Bord des Teljkon-Vagabunden:
General Lando Calrissian, Verbindungsoffizier der Flotte
Lobot, Chefadministrator von Cloud City, beurlaubt
C-3PO, Protokolldroide
R2-D2, Astromechdroide
An Bord der Yacht Glücksdame, bei der Verfolgung des Teljkon-Vagabunden:
Oberst Pakkpekatt, Expeditionskommandant, Nachrichtendienst der Neuen Republik
Captain Bijo Hammax, Einsatzkommandant
Pleck und Taisden, technische Agenten des NRN
An Bord des Forschungsschiffes Penga Rift des Obroan-Institutes auf Maltha Obex:
Dr. Joto Eckels, Seniorarchäologe
Auf N›zoth, Brutwelt der Yevetha, im Koornacht-Sternhaufen, Farlax-Sektor:
Nil Spaar, Vizekönig des Yevethaprotektorates
Eri Palle, Adjutant von Nil Spaar
Dar Bille, Bevollmächtigter des yevethanischen Flaggschiffs
Tal Fraan, Persönlicher Bevollmächtigter des Vizekönigs
General Han Solo, Gefangener
An Bord des Skiffs Schlammfaultier, auf dem Flug nach J›t›pan im Koornacht-Sternhaufen, Farlax-Sektor:
Luke Skywalker, Jedi-Meister
Akanah, eine Adeptin des Weißen Stroms
Auf Kashyyyk, Heimatwelt der Wookiees:
Chewbacca, der dort an den Feiern zur Großjährigkeit seines Sohnes Lumpawarrump teilnimmt
1
Drei Etagen unterhalb von Rwookrrorro und achtzehn Kilometer nordöstlich am Rryatt Trail tauchte die Schlucht der Toten wie eine massive grüne Mauer vor Chewbacca und seinem Sohn Lumpawarrump aus dem Dschungel auf.
In den Tiefen des Wroshyrdschungels von Kashyyyk war das dichte Geflecht aus Stämmen und Ästen normalerweise fast völlig kahl. Durch das dichte Blätterdach drang so wenig Licht, dass die Blätter im unteren Bereich schnell wieder verkümmerten. Nur der graue Brautschleiersauger und das paddelblättrige Quasishyr, beides Parasiten, und die allgegenwärtigen Kshyylianen zierten die Wege und Pfade.
Aber weder Brautschleier noch Quasishyr wuchsen in genügender Menge, um die Wege wirklich zu versperren und die Wookiees an die Unterseite des Astgeflechts zu treiben. Sie – und die anderen Geschöpfe, die auf dieser Ebene hausten – konnten sich unbehindert oberhalb des wirren Labyrinths bewegen. Trotz des schwachen Lichts konnte man hier meist bis zu fünfhundert Meter weit sehen und allenfalls hinter den Stämmen der Wroshyrbäume selbst Deckung finden.
Dies war der Schattenwald, das Reich der behenden Rkkrrkkrl, oder Fallenspinner, und der trägen Rroshm, die mithalfen, die Wege freizuhalten, indem sie in den Brautschleiern grasten.
Doch am zahlreichsten waren unter den Bewohnern des Dschungels die winzigen Nadelkäfer vertreten, die mit Hilfe ihrer Saugrüssel und ihrer mit Widerhaken versehenen Zungen die zähe Wroshyrrinde durchbohren und die Säfte aus dem Inneren der Wroshyr saugen konnten.
Die gefährlichsten Bewohner des Dschungels waren freilich die nur schwer zu fassenden Kkekkrrg Rro, die fünfgliedrigen Schattenhüter, die gewöhnlich an der Unterseite jagten und nichts so sehr liebten wie den Geschmack von Fleisch. Erwachsene Wookiees pflegten Schattenhüter nicht anzugreifen, aber in der Tradition waren die Kkekkrrg Rro der Inbegriff des im Hinterhalt lauernden unsichtbaren Feindes, und ein jeder Wookiee, der einen zu Gesicht bekam, griff fast unwillkürlich nach seiner Waffe.
All dies und noch viel mehr hatte Chewbacca seinem Sohn gezeigt und erklärt, als sie aus den Jagdgründen der Zwielichtgärten eine Ebene darüber hinabgestiegen waren. Dabei waren die ganze Zeit über längst vergessene Erinnerungen auf ihn eingestürmt, von denen manche bis zu seiner eigenen Aufstiegsreise zurückreichten, auf der ihn sein Vater, Attitchitcuk, begleitet hatte, Erinnerungen an die Prüfungen, mit denen er sich das Recht zum Tragen eines Wehrgehenks erworben hatte, das Recht, in der Stadt eine Waffe zu tragen, und das Recht, seinen Namen zu wählen und zu bestätigen.
Zweihundert Jahre, und immer noch ist der Wald derselbe – nur dass ich jetzt der Vater bin, nicht der Sohn …
Chewbacca erinnerte sich auch noch ganz deutlich an die unsinnige Expedition, die er und Salporin unmittelbar vor ihrer Mannbarkeit in den Schattenwald unternommen hatten. Unbewaffnet, abgesehen von einem Ryyykmesser, das Salporin seinem ältesten Bruder entwendet hatte, hatten Chewbacca und sein Freund den Ring der Jugendlichen verlassen und waren in Bereiche hinabgestiegen, die Kindern wie ihnen verboten waren.
Sie hatten geplant, sich auf das Unbekannte vorzubereiten, aber sich damit nur selbst Angst gemacht. Ihr Mut war mit dem schwindenden Licht verblasst, und als sie den Schattenwald erreicht hatten, brauchte es nur einen unsteten Fallenspinner, um sie in wilder Flucht in die Sicherheit des Vertrauten zurückzujagen.
Und was wir zu sehen glaubten, füllte unsere Alpträume mit Angst, bis dann endlich unsere Aufstiegsprüfung kam – der arme Salporin! Ich selbst musste nur sechs Tage warten.
Falls Attitchitcuk wusste – jetzt oder später –, was sie getan hatten, ließ er sich jedenfalls nichts davon anmerken.
Chewbacca warf einen prüfenden Blick auf seinen Sohn. Er zweifelte, dass sich hinter diesen nervös blickenden Augen irgendwelche geheimen Reisen verbargen. Vor vielen Jahren war ein damals noch sehr junger Lumpawarrump in der Nähe von Rwookrrorro allein in den Wald gegangen, um Wasakabeeren zu suchen, und hatte sich verirrt – ein Missgeschick, das durch häufiges Erzählen größere Dimensionen angenommen hatte, bis in der Schilderung schließlich so ziemlich jedes Ungeheuer der dunklen Tiefen des Dschungels und der Phantasie vertreten war. Aber die Angst war echt gewesen, selbst wenn die Gefahr das nicht gewesen war. Und seit damals hatte sein Sohn sich damit begnügt, beim Kinderring und dem Heimbaum zu bleiben.
Und Mallatobuck und Attitchitcuk hatten es gebilligt, hatten zugelassen, dass er anders war als die anderen. Wie es schien, hatte keiner von beiden ihn gedrängt, an der Ertüchtigung teilzunehmen – den unstrukturierten wilden Keilereien des Kinderrings, wo junge Wookiees ihren furchtlosen Kampfstil erlernten. Als Chewbacca seinen Sohn mit einem wilden Knurren begrüßt hatte, hatte Lumpawarrump sich geduckt und nachgegeben, als wäre er bereits verwundet.
Es war für alle ein schwieriger Augenblick gewesen. Aber im Nachhinein erkannte Chewbacca, dass das nur ein Teil des Preises war, den sein Sohn für seine Abwesenheit bezahlt hatte.
Um seiner Lebensverpflichtung gegenüber Han Solo nachzukommen, hatte Chewbacca seinen Sohn der Obhut von Mutter und Großvater überlassen. Er konnte an ihrer Liebe und Fürsorge keinen Fehler finden, und doch hatte irgendetwas gefehlt – etwas, was das Rrakktorr entfachte, das trotzige Feuer, die wilde Kraft im Herzen eines jeden Wookiee. Nicht einmal einen Freund wie Salporin hatte Lumpawarrump, an dem er sich in täglichen Ringkämpfen hätte messen können.
Und jetzt sagte der Kalender, dass die Zeit gekommen war. Lumpawarrump war geradezu über Nacht in die Höhe geschossen, war jetzt so groß wie ein Erwachsener, aber gemessen an Chewbacca immer noch schmal und zerbrechlich und wusste auch offenkundig mit seinen Kräften noch nichts anzufangen. Ebenso offenkundig war die Ehrfurcht, die Lumpawarrump seinem berühmten Vater entgegenbrachte und die ihn auf geradezu lähmende Art dessen Billigung und Zustimmung suchen ließ. Im übrigen war Chewbacca immer noch bemüht, sich ein zutreffendes Bild von seinem Sohn zu machen.
Dass er talentiert war, war unübersehbar. Obwohl er dazu über neun Tage gebraucht hatte, hatte Lumpawarrump mit großem Geschick den Bau seiner Armbrust vollendet – die verbleibenden Mängel würde er erst später korrigieren können, wenn er praktische Erfahrungen gesammelt hatte. Und dann hatte er auch seine feste Hand und seinen zielsicheren Blick unter Beweis gestellt, indem er mit seiner neuen Waffe einen Kroyies zur Strecke gebracht und damit den ersten seiner Jagdtests bestanden hatte.
Der zweite Test hingegen, der darin bestand, auf Ebene Drei einen großäugigen Huschgraser in die Falle zu locken und zu töten, hatte noch länger gedauert und war nicht gut gelaufen. Und die Prüfung, die in der Schlucht der Toten auf ihn wartete, drohte Lumpy mehr abzufordern, als er geben konnte.
»Erkläre mir, was wir sehen«, hatte Chewbacca seinen Sohn aufgefordert.
»Es ist eine Wunde im Wald, wo etwas vor langer Zeit aus dem Himmel gefallen ist. Es ist der tiefste Punkt der großen Grube von Anarrad, die wir von den hohen Aussichtspunkten in Rwookrrorro sehen.«
»Warum hat Kashyyyk die Wunde nicht geheilt?«
»Das weiß ich nicht, Vater.«
»Weil sie den Katarn eine Heimat bieten musste. Das Licht fällt in die Tiefen und ruft nach der jungen Vitalität der Wroshyr. Die grünen Blätter bieten den Dauvögeln Schutz und den Kobolden und Mallakins Nahrung. Die Dauvögel locken die Netzwerfer an, und die Mallakins rufen die Hainplünderer. Und der Katarn, der alte Fürst des Waldes, kommt zum Festmahl.«
»Wenn Kashyyyk diesen Ort den Katarn gegeben hat, warum müssen wir sie dann jagen?«
»Weil wir vor langer Zeit diesen Pakt mit ihnen geschlossen haben.
»Das verstehe ich nicht.«
»Früher einmal haben sie uns gejagt, der ganze Reichtum des Waldes hat tausend Generationen lang ihnen gehört. Aber mit all ihrem Jagen konnten sie uns nicht zerstören. Nichts auf dieser Welt darf vergeudet werden, mein Sohn. Der Katarn hat den Wookiees seine Kraft und seinen Mut gegeben und die Wookiees das Rrakktorr finden lassen. Jetzt jagen wir die Katarn, um das Geschenk zu erwidern. Eines Tages werden sie wieder an der Reihe sein.«
Der Flottenträger Venture ragte vor Plat Mallar wie eine schroffe Inselküste aus der endlosen leeren See. Die Raumjäger seines Abfangschirms umkreisten ihn wie Jagdfalken.
»Sieht verdammt gut aus«, sagte Fähre Vier.
»Das ist eine Fata Morgana«, sagte Fähre Sechs. »Die werden uns den Kopf abreißen, weil wir den Commodore verloren haben.«
»Schluss jetzt mit dem Geschwätz, ich bitte mir eine saubere Formation aus«, sagte Lieutenant Bos, der Fährenkommandant. »Venture Flugeinsatz, hier Flugführer Bravo. Erbitte Landevektoren. Ich habe hier zehn Vögel, die ins Nest wollen.«
Normalerweise hätte der Einsatzleiter die Schwadron dem Landeoffizier des aktiven Hangars überlassen, der wiederum die vier Peillaser des Landesystems aktiviert hätte, um die Jäger einzuweisen. Aber wie es schien, waren sämtliche Hangars der Venture dicht. »Gehen Sie auf zweitausend Meter in Warteposition, Fährenführer.«
»Was ist denn los, Venture?«
»Ich habe im Augenblick keine weiteren Informationen für Sie. Gehen Sie auf zweitausend Meter Distanz in Warteposition.«
»Verstanden. Flug Bravo, die sind anscheinend noch nicht ganz so weit. Wir gehen auf Parallelkurs bei zweitausend Meter, Einzelreihe, Landedistanz, bis die uns reinwinken.«
»Bilde ich mir das jetzt ein oder haben die Kanonen auf uns gerichtet?«, flüsterte Fähre Neun über Kampf Zwei, die Schiff-zu-Schiff-Frequenz. »Mich starren da die Vierlingsrohre einer AS-Batterie an.«
Plat Mallar blickte von den Kontrollen auf und studierte die Flanke des Flottenträgers durch das Okular seiner Feinderfassungsoptik. Es war tatsächlich nicht zu übersehen, dass mehrere Batterien auf sie gerichtet waren.
»Das hat vielleicht nichts mit uns zu tun«, erwiderte Plat im Flüsterton. »Wir wissen schließlich nicht, was hier draußen los ist.«
»Venture Einsatzleitung an Flugführer Bravo. Weisen Sie sämtliche Jäger an, Motoren und Schubaggregate abzuschalten. Übernahme erfolgt durch Traktorstrahl.«
»Verstanden«, bestätigte Lieutenant Bos. »Flug Bravo, ihr habt›s gehört – alles abschalten.«
»Lieutenant, hier Fähre Fünf – auch die Schubaggregate für das Halten der Position?«
»Fähre Fünf, die werden uns mit einer Leine einholen. Wissen Sie nicht, was passiert, wenn man die Positionsaggregate laufen lässt und einen ein Traktorstrahl packt?«
»Ja, Sir. Entschuldigung, Sir. Ich verstehe das bloß nicht, warum machen die das, Lieutenant? Warum lassen die uns unsere Maschinen nicht selbst landen?«
»Wir haben hier keine Fragen zu stellen«, sagte Bos. »Wir tun einfach, was die von uns verlangen.«
»Ich weiß schon, warum«, sagte Fähre Acht finster. »Die sind sich nicht ganz sicher, wer da hier draußen in den Schiffen steckt. Schließlich hätten die Yevethaner uns während des Überfalls gefangen nehmen und ihre Leute in die Cockpits setzen können. Denk mal darüber nach.«
»Flugführer Bravo, beginnen jetzt Übernahmemanöver«, meldete die Venture. »Erbitte bis auf weiteres völlige Kommstille.«
»Bestätigt, Venture. Flug Bravo, sofortige Kommstille.«
Lieutenant Bos› X-Flügler-Aufklärer wurde als erste Maschine an der unsichtbaren Leine eines Traktorstrahls in die hinterste Landebucht der Venture gezogen. Was nachher geschah, konnte Plat Mallar nicht sehen – zum einen wegen seiner ungünstigen Position, zum anderen auch, weil die Außentore sich sofort wieder schlossen, nachdem Bos› Maschine dahinter verschwunden war. Fünf Minuten später wiederholte sich der Vorgang mit Lieutenant Grannell und Fähre Zwei, die mittschiffs an Bord genommen wurde.
Bis Plat Mallar an der Reihe war, verstrich beinahe eine Stunde – eine lange einsame Stunde angsterfüllter Stille. Die werden uns nie verzeihen, dass wir das nicht verhindert haben, dachte Plat, als sein Schiff sich allmählich in Bewegung setzte. Die werden uns nie wieder vertrauen.
Die Beleuchtung in der Hangarhalle war so hell geschaltet, wie man sie gewöhnlich für Wartungsarbeiten und für die Untersuchung unbekannter Objekte einsetzte. Plat Mallar, der beinahe zwei Tage unter Einsatzbeleuchtung im Cockpit verbracht hatte, war geblendet. Noch ehe seine Augen sich angepasst hatten, quäkte der Rettungsalarm, zugleich war das Zischen der Hydraulik zu vernehmen, als sich sein Kanzeldach hob.
»Runterkommen«, bellte eine befehlsgewohnte Stimme, während eine Leiter gegen die Wand des X-Flüglers klirrte.
Die Augen zusammengekniffen, um sich in dem grellen Licht zu orientieren, wollte Plat aufstehen, aber seine Gurte und Versorgungsleitungen hielten ihn fest. Er fummelte an den Schließen herum und tastete sich dann über die Kanzelwand und auf die Leiter. Dabei war ihm eine Hand behilflich, die seinen rechten Fuß auf die oberste Sprosse lenkte.
Als er unten angelangt war, war sein Sehvermögen so weit wiederhergestellt, dass er die sechs Soldaten in Helm und Körperpanzer ausmachen konnte, die den X-Flügler-Aufklärer umgaben. Sie hatten Blasterkarabiner auf ihn gerichtet, als er den Fuß auf den Boden setzte und sich rückwärts von seiner Maschine entfernte.
Die beiden Sicherheitsoffiziere, die sich in seiner Reichweite befanden, schienen hingegen unbewaffnet. »Second Lieutenant Plat Mallar meldet sich zur Stelle. Was ist hier los?«, fragte Mallar, dem immer noch rote Punkte vor den Augen tanzten.
»Bleiben Sie einfach stehen, wo Sie sind, während wir uns Ihre ID-Scheibe ansehen«, sagte einer der beiden Offiziere.
Mallar zog die silberne Scheibe aus der speziell dafür vorgesehenen Schultertasche und hielt sie dem Mann hin.
Der Major schob die Scheibe in einen tragbaren Scanner und musterte dann das Display. »Welcher Rasse gehören Sie an?«
»Ich bin Grannaner.«
»Noch nie gehört«, sagte der Major und reichte Mallar die Scheibe zurück. »Ist Granna nicht eine imperiale Welt?«
»Den augenblicklichen Status kenne ich nicht, Sir«, erwiderte Mallar. »Ich bin auf Polneye geboren – und für Politik habe ich mich nie sehr interessiert.«
»Tatsächlich?« Der Major entließ vier seiner Soldaten mit einem Fingerschnippen. Die beiden anderen schulterten ihre Waffen und traten hinter Mallar, einer links, einer rechts. »Melden Sie Ihren Schiffsstatus.«
Jetzt bemerkte Mallar, dass ein weiterer Pilot mit unter dem Arm geklemmten Helm bereitstand. Hinter ihm wartete eine Technikcrew mit einem Instrumentenschlitten. »Maschine Drei zeigt bei zulässigem Höchstschub Überlastung. Sonst ist mir nichts aufgefallen.«
»Irgendwelche Kampfschäden?«
»Äh – wir sind von einem Interdiktor erwischt worden und anschließend haben wir eine schwere Ionensalve abbekommen, vielleicht auch zwei. Das weiß ich nicht genau. Wir hatten fast fünf Minuten Totalausfall.«
»Anschließend irgendwelche Komplikationen?«
»Nein. Sobald der Integrator wieder stabil war, hatte ich den Eindruck, dass alle Systeme wieder funktionierten. Das sollte alles in den Fluglogs registriert sein.«
»In Ordnung«, sagte der Major. »Second Lieutenant Plat Mallar, ich übernehme hiermit unter dem Vorbehalt der technischen Überprüfung Aufklär-X KE-vier-null-vier-null-neun und entlasse Sie aus der Verantwortung für diese Maschine. Sergeant, begleiten Sie diesen Piloten nach DD-achtzehn und bleiben Sie bis zum Eintreffen des Verhöroffiziers bei ihm.«
»Darf ich vorher meine Luftreinigungsanlage aufladen?«, fragte Mallar und tippte auf den rechteckigen Behälter, den er an der Brust trug.
Der Major runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was es damit auf sich hat, junger Mann. Ich weiß nur, dass ich an Ihrer Stelle im Augenblick nicht einmal um kleine Gefälligkeiten bitten würde.«
Chewbacca und Lumpawarrump standen am Rande der Totenschlucht, wo der Rryattweg nach Kkkellerr abbiegt.
»Es ist Zeit«, sagte Chewbacca. »Sag mir, was du gelernt hast. Sag mir, was du wissen musst, um Katarn zu jagen.«
Lumpawarrump warf einen besorgten Blick auf das grüne Dickicht. »Zeig ihm nie den Rücken, weil der Katarn einen beschleicht. Fliehe nie, weil der Katarn dich überholt. Sei nie hastig, weil der Katarn sonst vor dir verschwindet.«
»Wie kannst du dann deinen Gegner besiegen?«
»Du musst geduldig sein und tapfer«, sagte Lumpawarrump, klang dabei aber ganz und gar nicht tapfer. »Der Katarn wird sich so lange von dir verfolgen lassen, bis er an dir Maß genommen hat, und dann stellt er sich und greift an.«
»Und dann?«
»Und dann musst du standhalten, bis dir sein Atem und der Duft aus seinen Drüsen in die Nase steigt. Deine Hand muss fest sein, und dein erster Schuss muss ihn mitten in der Brust treffen, weil dein zweiter Schuss nur noch Luft vorfinden wird.«
»Du hast gut zugehört und dir alles gemerkt, was ich dir gesagt habe. Und jetzt werden wir sehen, wie viel du davon wirklich gelernt hast.«
Lumpawarrump nahm die Armbrust von der Schulter und rieb mit der Pfote über das frisch polierte Metall. »Ich will versuchen, dich stolz zu machen.«
»Eines musst du dir noch merken: Achte auf das Licht. Lass nicht zu, dass die Nacht dich in der Schlucht des Todes überrascht. Die Schatten und die Finsternis gehören noch immer den Katarn, das müssen selbst die Wookiees respektieren.«
»Wie viele Katarn hast du gejagt, Vater?«
»Ich habe den alten Fürsten fünfmal verfolgt«, sagte Chewbacca. »Einmal ist er mir entkommen. Dreimal ist er gefallen. Und einmal hat er mich gewarnt, dass ich unaufmerksam war.« Chewbacca griff nach der Hand seines Sohnes und führte sie an die lange Doppelnarbe, die der dicke Pelz an Chewbaccas linker Brust verbarg. »Sei aufmerksam, mein Sohn.«
Lumpawarrump blickte einen Moment lang starr ins Leere, dann zog er die Hand zurück und schickte sich an, seine Armbrust zu laden. Chewbacca hinderte ihn daran.
»Warum? Soll ich unbewaffnet hineingehen?«
»Warte bis zum richtigen Moment. Wenn du mit schussbereiter Waffe Katarn jagst, wirst du vielleicht vorschnell schießen oder erschreckt reagieren und dann geht dein Schuss zu weit. Und dann hast du deinen Vorteil verspielt. Du wirst nie sehen, wie der alte Fürst dich nimmt.«
Diese Worte ließen die Maske der Täuschung zerbrechen, hinter der Lumpawarrump sich versteckt hatte. »Vater – ich habe Angst.«
»Habe Angst. Aber tritt dennoch vor.«
Lumpawarrump starrte seinen Vater an und schulterte dann langsam seine Waffe. »Ja, Vater.« Er drehte sich um und seine Pfoten fanden einen Spalt in der dichten grünen Wand und schoben sie lautlos auseinander. Nach nochmaligem kurzem Zögern zwängte Lumpawarrump sich durch die Öffnung und verschwand.
Chewbacca blieb stehen, zählte stumm bis zweihundert und folgte seinem Sohn dann in die Schlucht der Toten.
Der Mann, der Abteil DD18 betrat, trug eine dunkelgrüne Uniform mit völlig anderen Rangabzeichen, als sie die Mannschaft der Venture oder die auf ihr stationierten Soldaten trugen.
»Mein Name ist Oberst Trenn Gant, Nachrichtendienst der Neuen Republik«, sagte er, als Plat Mallar aufsprang. »Behalten Sie Platz.«
Mallar gehorchte. »Sie müssen hier sein, um mich bezüglich des Überfalls auf das Shuttle des Commodore zu befragen.«
»Nein«, sagte Gant. »Wir wissen einigermaßen genau, was dort geschehen ist.« Der Oberst ging einmal um den Tisch und Mallar herum, ehe er sich setzte und einen Rekorder vor sich auf die Tischplatte stellte. »Wann haben Sie das erste Mal Näheres über diesen Einsatz erfahren?«
»Näheres über den Einsatz? Sie meinen, über den Fährendienst, oder dass wir als Geleitschutz für die Tampion fliegen sollten?« Als Gant keine Anstalten machte, die Frage zu beantworten, fuhr Mallar fort. »Ich wurde vorgestern um neun Uhr fünfzig in das Büro des Ausbildungskommandanten gerufen, wo man mir mitteilte, dass ich für einen Fährflug mit einem X-Flügler-Aufklärer eingeteilt worden war.«
»Und zu dem Zeitpunkt haben Sie zum ersten Mal von diesem Einsatz erfahren?«
»Ja – das heißt nein. Admiral Ackbar hat mir am Tag zuvor, als wir am Simulator waren, gesagt, dass man möglicherweise Piloten für einen Überführungsflug benötigen würde. Aber das war alles, mehr habe ich dann erst erfahren, als Captain Logirth mich rufen ließ. Einzelheiten erfuhr ich dann bei der Einsatzbesprechung, so wie alle anderen auch.«
»Und was waren das für Einzelheiten?«
»Es war eine Einsatzbesprechung«, erwiderte Mallar, verblüfft, dass Gant eine Erklärung benötigte. »Schiffseinteilungen – Sprungvektor – Formation – Einsatzplan – Startauftrag – dass wir Geleitschutz für die Tampion fliegen sollten und dass einige von uns im Shuttle zurückkehren würden.«
»Ist das alles?«
»Nun – da waren noch ein paar technische Einzelheiten bezüglich der Kommkonfiguration und so weiter …«
»Wann haben Sie erfahren, dass Commodore Solo an Bord des Shuttle sein würde?«
»Erst als wir startbereit in unseren Maschinen saßen. Lieutenant Bos erkannte den Commodore, als dieser an Bord ging. Vorher hat man uns lediglich gesagt, dass das Shuttle für den Transport einiger Stabsoffiziere bestimmt war.«
Gant nickte. »Wie viel Zeit ist zwischen der Einsatzbesprechung und dem Startbefehl verstrichen?«
»Vier Stunden.«
»Ich möchte jetzt, dass Sie mir so ausführlich wie möglich über diese vier Stunden berichten. Lassen Sie dabei nichts aus.«
»Ich ging sofort zu den Simulatoren und habe zwei Stunden Start- und Formationmanöver geübt. Auf dem Rückweg zu den Umkleideräumen blieb ich vielleicht zehn Minuten an der Gedächtniswand und habe mir Namen angesehen. Dann habe ich fünf Minuten geduscht, bin anschließend in ein Schlafrohr gekrochen und habe den Rest der Zeit versucht etwas zu schlafen.«
»Mit wem haben Sie geredet?«
»Praktisch mit niemandem. Mit Lieutenant Frekka, der den Simulator bedient hat. Und dann habe ich ein paar Worte mit Rags gewechselt – Lieutenant Ragsall, der in unserer Gruppe als Fähre Sieben geflogen ist – im Piloteneinsatzraum.«
»Was haben Sie gesagt?«
»Ich habe ihn gefragt, wie viele von uns die Fünfte seiner Ansicht nach behalten würde«, sagte Mallar.
»Und was hat er darauf geantwortet?«
»Dass man in der Schlacht gewöhnlich nicht das Pferd verliert und den Reiter zurückbekommt – also, dass die in einer neuen Flotte höchstwahrscheinlich genausoviel Piloten wie Jagdmaschinen brauchen würden.«
»Mit wem haben Sie sonst noch geredet?«
Mallar schüttelte den Kopf. »Mit dem Chef der Crew für meinen X-Flügler, mit dem Flugführer – sonst erinnere ich mich an nichts. Major, ich war nervös und wenn ich nervös bin, bin ich nicht sehr gesprächig.«
»Weshalb waren Sie nervös?«
»Ich hatte Angst, dass ich einen Fehler machen könnte. Dass man bedauern würde, dass man mir eine Chance gegeben hat.«
»Haben Sie außerhalb des Stützpunkts mit jemandem gesprochen?«
»Ich habe den Stützpunkt überhaupt nicht verlassen.«
»Und wie ist es mit Ihrem Komm?«
»Nein.«
»Sind Sie da ganz sicher? Wollen wir uns das Kommregister ansehen?«
»Ich habe mit niemandem gesprochen – warten Sie, doch, ich habe versucht, Admiral Ackbar anzurufen. Aber er war nicht zu erreichen.«
»Schon wieder Admiral Ackbar«, sagte Gant. »Haben Sie eine besondere Beziehung zu ihm?«
»Er war mein Fluglehrer. Und er ist mein Freund.«
»Sie haben sich recht schnell mit jemandem von Rang und Namen angefreundet, nicht wahr?«
»Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen. Als ich im Krankenhaus aufwachte, war Admiral Ackbar da. Unsere Freundschaft geht von ihm aus – ich wusste ja nicht einmal, wer er ist, und hätte mich deshalb gar nicht an ihn heranmachen können. Ich habe erst viel später erfahren, wer er ist.«
»Wenn Ihre Freundschaft auf seine Initiative zurückgeht, weshalb haben Sie ihn dann angerufen?«
»Weil ich gerade eine gute Nachricht erhalten hatte und sonst niemanden hatte, der sich mit mir darüber freuen konnte.« Mallar beugte sich vor und legte beide Hände flach auf den Tisch. »Hören Sie, Major – ich weiß, wir haben Mist gebaut, und ich weiß, dass man mich zurückschicken wird. Aber jeder einzelne von uns wäre lieber gestorben, als ohne den Commodore hier aufzutauchen.«
»Tatsächlich«, sagte Gant. »Nach meiner Information hat in Ihrem ganzen Geschwader niemand auch nur einen einzigen Schuss abgegeben.«
»Das konnten wir auch nicht«, sagte Mallar und sprang auf. Das wirkte so drohend, dass der Posten in der Ecke einen Schritt vortrat. »Es war wieder genauso wie auf Polneye. Sie haben auf uns gewartet. Das ging alles so schnell, dass wir kaum mitbekommen haben, was eigentlich passiert ist. Ich wurde in den ersten fünf Sekunden wenigstens dreimal getroffen und ich glaube, bei anderen war es noch schlimmer. Aber ich habe bis zu dem Augenblick, wo das letzte yevethanische Schiff weggesprungen ist, immer wieder meinen Abzug betätigt – in der Hoffnung auf ein grünes Licht und ein Wunder.«
Gants Hand schoss vor und packte Mallar am rechten Handgelenk, drehte ihm die Handfläche nach oben, so dass man an der Handfläche bläuliche Blasen und am Daumen blutigen Schorf sehen konnte.
Major Gant schob eine Braue hoch und ließ die Hand los. Er setzte sich wieder hin und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ja. Die haben tatsächlich auf Sie gewartet – an einem Punkt einundneunzig Lichtjahre außerhalb des Koornacht-Sternhaufens. Das war nicht einfach ein Schuss ins Blaue. Die wussten ganz genau, was sie wollten. Und das ist mein Problem. Das ist mein Problem mit dieser ganzen Geschichte.«
Mallars Haltung lockerte sich. »Ich weiß nicht, wie die Yevethaner auf die Idee gekommen sind, dort auf uns zu warten – sonst hätte ich es Ihnen sofort gesagt, als Sie hier hereinkamen, statt Sie herumstochern zu lassen. Ich weiß nur, dass sie es von jemandem erfahren haben müssen, der es vor mir gewusst hat – vor den Piloten. Sagen Sie mir, wenn ich mich täuschen sollte, aber ich glaube nicht, dass ein Interdiktor in vier Stunden einundneunzig Lichtjahre zurücklegen kann – nicht einmal in Höchstform.«
»Das ist richtig«, sagte Gant und schaltete den Rekorder ab. Dann schob er Mallar seine ID-Scheibe über den Tisch hin. »Sergeant, bringen Sie Second Lieutenant Mallar in den Pilotenbereich und zeigen Sie ihm den Erfrischer und Koje Vierzig-D. Mallar, Sie werden den Pilotenbereich nicht verlassen und haben bis auf weiteres Kommsperre.«
»Ja, Sir.« Mallar stand auf und schob die ID-Scheibe in die Tasche. »Vielen Dank, Sir.«
»Ich habe Ihnen keine Gefälligkeiten erwiesen, für die Sie sich bedanken müssen, Mallar. Ich bin auf der Suche nach einem Verräter. Und den habe ich bis jetzt noch nicht gefunden.«
»Ja, Sir«, sagte Mallar und ließ dem Sergeant den Vortritt.
Gant stand auf und drehte sich um, als Mallar an ihm vorbeigehen wollte. »Eines noch.«
Mallar blieb stehen, er spürte, wie sein Herzschlag sich plötzlich beschleunigte. »Ja, bitte, Major?«
»Warum glauben Sie, dass die Yevethaner Sie und die anderen am Leben gelassen haben?«
»Sir – zuerst dachte ich, damit wir die Nachricht übermitteln können, als Zeugen.«
»Und jetzt?«
»Jetzt glaube ich, dass sie das getan haben, um uns zu demütigen.«
»Erklären Sie das.«
»Major, wenn wir dort draußen gefallen wären oder man uns gefangen genommen hätte, hätte uns das auch wichtig gemacht. Was sie getan haben, sollte uns zeigen, dass wir nicht einmal wichtig genug sind, dass man uns tötet. Es ist, als würden sie verstehen, wie sie es anstellen müssen, um uns das Gefühl zu vermitteln, klein und unbedeutend zu sein. Unbedeutend, Major – das ist die Botschaft, die wir zurücktragen sollten. Sie haben uns gezeigt, dass sie hingehen können, wo sie wollen, und tun, was sie wollen, und wir können nichts dagegen unternehmen.«
»Das dürfen Sie keinen Augenblick lang glauben, junger Mann«, sagte Major Gant mit Bestimmtheit. »Das ist noch nicht vorbei – es ist erst der Anfang. Wir werden uns dieser Art der Erpressung nicht beugen. Die werden noch ihre Prügel bekommen.«
»Dann hoffe ich nur, dass jemand das für mich mit erledigt«, sagte Mallar und kniff die Lippen zusammen. »Ich glaube nämlich, dass ich meine Chance verpasst habe.«
Ein halbes Dutzend Wroshyrblätter bewegten sich, obwohl sich kein Lüftchen regte, hoben sich vielleicht eine Handbreit und fielen wieder herunter. Die Bewegung verriet Lumpawarrumps Position etwa vierzig Meter östlich von Chewbacca. Sein Sohn beschlich nichts. Er bewegte sich nicht einmal auf der Suche nach seinem Opfer durch die Schlucht der Toten. Zu Chewbaccas großer Enttäuschung war Lumpawarrump vielleicht hundert furchtsame Schritte ins Dickicht eingedrungen und hatte sich ein Versteck gesucht, lehnte jetzt an einem Wroshyrstumpf und versteckte sich unter den schweren, herunterhängenden Schößlingen, die er zu sich herangezogen hatte.
Hie und da spähte Lumpawarrump unter einem Schößling hervor und suchte den Wald ein paar Augenblicke lang ab, als rechne er damit, ein Katarn würde vor ihm vorbeiziehen. Anschließend zog er sich dann wieder in den trügerischen Schutz seiner eingebildeten Unsichtbarkeit zurück.
Aber Chewbacca bereitete es keine Mühe, seinen Sohn zu entdecken, ebenso wenig wie es den räuberischen Bewohnern der Todesschlucht keine Mühe bereiten würde. Der Wroshyrstumpf, auf dessen Schutz sich Lumpawarrump verließ, war in Wirklichkeit nichts anderes als ein riesiger blinder Fleck, aus dem sich ein Katarn heranschleichen und ohne Warnung zuschlagen konnte.
Chewbacca wusste, dass sein Sohn sich in viel größerer Gefahr befand, als ihm bewusst war, und doch war es für Chewbacca ein Gebot der Ehre, sich nicht einzumischen, allenfalls, um den tödlichen Schlag zu verhindern. Er konnte nur zusehen und warten, die Armbrust schussbereit und darauf bedacht, sich nicht von seiner Sorge ablenken zu lassen und damit selbst in Gefahr zu geraten.
Um wachsam zu bleiben, hielt Chewbacca sich in Bewegung. Er bewegte sich auf einem unregelmäßig geformten Kreisbogen, in dessen Mittelpunkt sich Lumpawarrumps Versteck befand – näherte sich ihm nie zu sehr, entfernte sich nie zu weit und achtete darauf, nie den Schuss zu behindern, den er möglicherweise blitzartig würde abgeben müssen.
Viermal sah Chewbacca, wie die Wroshyrblätter sich bewegten, und viermal erstarrte er.
Lumpawarrump sah ihn kein einziges Mal.
Zwar konnte Chewbacca sich einreden, dass man einen Wookiee, solange er sich nicht bewegte und sein Gesicht abwandte, mit seinem langen Pelz für einen Haufen parasitisches Jaddyykmoos halten konnte, das in der Schlucht weit verbreitet war. Aber selbst ein völlig unerfahrener Jäger hätte unter Einsatz der einfachsten Beobachtungstechnik bemerken müssen, dass einer der Jaddyykstiele immer wieder die Position änderte. Das war ein Zeichen dafür, wie verängstigt Lumpawarrump war, der sich hinter seinem grünen Vorhang duckte – und das war die nächste herbe Enttäuschung für seinen Vater.
Aber obwohl Lumpawarrump nichts bemerkt hatte, dauerte es nicht lange, bis Chewbacca wusste, dass etwas anderes durchaus auf der Hut war. Es bewegte sich nur, wenn Chewbacca sich bewegte, und brachte es dennoch irgendwie zuwege, näher zu rücken. Es hielt sich geduckt im dichten Unterholz und verschmolz mit den Schatten. Als Chewbacca sich umdrehte, sah er nichts. Als er sich darauf zu bewegte, spürte er es bald wieder hinter sich.
Bei der Windstille, die in der Schlucht herrschte und die schwüle Luft völlig unbewegt ließ, konnte Chewbacca von dem, was ihn beschlich, keine Witterung aufnehmen, bis es unangenehm nahe gerückt war. Er sog scharf die Luft ein und atmete mit einem leisen Knurren wieder aus. Acht Meter entfernt erhob sich ein weiterer Wookiee lautlos zwischen den Wroshyrblättern. Es war Freyrr, einer der vielen zweiten Vettern Chewbaccas, und der geübteste und leichtfüßigste Beschleicher der Familie.
Nach einem lautlosen Wechsel von Blicken und Grimassen bewegten sich Chewbacca und Freyrr aufeinander zu, bis sie Rücken an Rücken standen und gemeinsam ins Blattwerk tauchten. Dann setzten sie ihr Gespräch mit so leisem Knurren fort, dass ihre Unterhaltung wie das Stöhnen von Ästen wirkte.
»Wo ist Lumpawarrump?«, fragte Freyrr.
»In Deckung gegangen«, sagte Chewbacca und deutete mit einer Kopfbewegung auf das Versteck seines Sohnes. »Warum bist du hier? Warum mischst du dich in das Hrrtayyk meines Sohnes?«
»Mallatobuck hat mich geschickt, um dich zu suchen. Es gibt Neuigkeiten, die nicht bis zu deiner Rückkehr warten können.«
»Was für Neuigkeiten?«
»Es wäre besser, wenn du zuerst die Schlucht verlassen würdest.«
»Mein Sohn kann hier nicht weg, bis seine Prüfung vorbei ist.«
»Ich werde bei ihm bleiben, Vetter. Shoran wartet am Rryattweg auf dich und wird dir auf der Rückkehr nach Rwookrrorro alles sagen.«
Chewbaccas Körper erstarrte mit kaum unterdrückter Wut. »Du willst mir diese Pflicht wegnehmen? Wie kannst du solche Schande atmen? Selbst als der Gefährte Jiprirrs von Flammenkäfern verbrannt wurde und vom Versammlungspfad fiel, selbst als Grayyshks Gefährte an der Gelbblutkrankheit starb, hat man sie nicht von Hrrtayyk zurückgerufen.«
Freyrr griff nach hinten und packte Chewbaccas Hände. »Achte auf deine Stimme, Vetter.«
Das halblaute Knurren, mit dem Chewbacca darauf antwortete, wirkte um so drohender, weil er Freyrrs Griff ohne Mühe brach. »Wenn ich nicht im nächsten Augenblick höre, was dich zu mir führt, wird gleich darauf jeder Netzweber, Gundark und Katarn auf drei Ebenen der Schlucht meine Stimme hören. Also, was ist passiert? Ist es Mallatobuck?«
Freyrr seufzte resigniert. »Nein – es ist der, dem du dein Leben schuldest. Die Feinde von Prinzessin Leia haben Han Solo gefangen genommen. Er ist ein Gefangener der Yevethaner, irgendwo im Koornacht-Sternhaufen. Die Prinzessin hat dich gebeten, nach Coruscant zurückzukehren.«
Chewbacca schlug seine mächtigen Zähne in seinen Unterarm, um zu verhindern, dass ein gequältes Heulen über seine Lippen kam.
»Jetzt verstehst du«, fuhr Freyrr fort. »Du hast eine Pflicht, die über deine Pflicht hier hinausgeht. Shoran wartet. Er wird dir den Rest berichten. Ich werde über deinen Sohn wachen und bis zum Ende seiner Prüfung bei ihm bleiben. Mallatobuck wird dafür sorgen, dass er es versteht.«
Die Entscheidung, die sich vor Chewbacca auftürmte, war ihm widerwärtig, aber nicht schwierig.
»Das Hrrtayyk kann warten, bis ich zurückkehre«, sagte Chewbacca, richtete sich auf und gab seine Tarnung auf. Freyrr erhob sich mit ihm. »Chewbacca, ich flehe dich an – wenn dein Sohn nach Rwookrrorro zurückkehrt, ohne seinen neuen Namen verkünden zu können, ohne das Wehrgehenk tragen zu dürfen, das Malla für ihn gemacht hat –«
»Besser das, als wenn er über deiner Schulter zurückkehrt.«
Freyrr zeigte einen Mund voll Zähne. »Stellst du mein Rrakktorr in Frage?«
»Nein, Vetter, das seine stelle ich in Frage.« Chewbacca grollte mit Stentorstimme seinen Ruf zu Lumpawarrump hinüber, so dass ein paar Scur erschraken und ein fetter Charkarr die Flucht antrat. Ein Stück weiter entfernt ließ das Zittern von Blättern Chewbacca erkennen, dass ein Katarn sich von der Jagd abwandte.
Als Lumpawarrump sich Zeit ließ, wiederholte Chewbacca seinen Ruf. »Komm zu mir, Erstkind. Du wirst diese Nacht im Heimatbaum schlafen. Mein Ehrenbruder ist in Gefahr, und ich muss zu ihm.«