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André Uzulis

Die Bundeswehr

Eine politische Geschichte
von 1955 bis heute

Verlag E.S. Mittler & Sohn

Hamburg · Berlin · Bonn

Impressum

Titelabbildung:
Deutscher KFOR-Soldat im Einsatz (Foto: BMVg)

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

eISBN 978-3-8132-1010-1

ISBN 3-8132-0847-8

© 2005 by Verlag E.S. Mittler & Sohn GmbH, Hamburg · Berlin · Bonn

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten.

Produktion: Inge Mellenthin

e-Book Produktion: rombach digitale manufaktur, Freiburg

Inhalt

Titel

Impressum

Inhalt

Einleitung

Deutschland unbewaffnet (1945–1955)

Vorgeschichte der Bundeswehr

Die Bundesrepublik tritt der NATO bei

Die Armee im Aufbau (1955–1957)

Die Debatte um die Wiederbewaffnung

Gründung der Bundeswehr

Gründung der Nationalen Volksarmee der DDR

Rechtliche Grundlagen der Bundeswehr

Unterschiede zu anderen Armeen

Innere Führung und Traditionsbildung

Militärseelsorge

Die Armee im Kalten Krieg (1958–1989)

Atomwaffen für die Bundeswehr?

Jahre der Gestaltung: 1957–1965

Die Spiegel-Affäre

Diskussion um eine Multilaterale Atomstreitmacht (MLF)

Der Starfighter

Generale gegen den Minister

Die NATO-Strategie der »Flexiblen Antwort«

1968 – frischer Wind auch in den Streitkräften

Abschreckung und Verhandlungen

Der NATO-Doppelbeschluss

Die Armee der Einheit (1990–1995)

Die deutsche Wiedervereinigung

Teilintegration der NVA

Die Bundeswehr im vereinten Deutschland

Von der Reform zur Transformation

Die Armee im Einsatz (1995–2005)

Deutschland in der neuen NATO

Hilfe bei Katastrophen

Friedensmissionen und Krisenreaktionen

Kosovo-Krise

Internationaler Terrorismus – die neue Bedrohung

Die Armee der Zukunft

Frauen an den Waffen

Reserve – gestern, heute, morgen

Die Frage nach der Wehrpflicht

Sicherheit im 21. Jahrhundert

Anhang

Die Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland

Die Generalinspekteure der Bundeswehr

Die Wehrbeauftragten des Bundestages

Chronik

Literaturverzeichnis

Personenregister

Einleitung

Die Bundeswehr hat 2005 ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Sie ist die friedfertigste Armee, die in Deutschland jemals aufgestellt wurde. Nie zuvor waren deutsche Streitkräfte so erfolgreich in der Bewahrung des Friedens, so tief verwurzelt in der Demokratie, so anerkannt von den Nachbarn und so akzeptiert von der Bevölkerung. Die Bundeswehr ist unumstritten ein Teil der Gesellschaft. Die Landesverteidigung durch die Bundeswehr findet bei 95 Prozent der Deutschen nach einer repräsentativen Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid vom Sommer 2004 mit 2.000 Befragten Zustimmung. Jeweils über 90 Prozent liegen die Zustimmungswerte für Hilfseinsätze im In- und im Ausland. Und für friedenssichernde Einsätze der Bundeswehr sind immerhin noch 81 Prozent. Zu keiner Zeit in der Geschichte der Bundesrepublik hatte die Truppe eine höhere Reputation.

Seit fünf Jahrzehnten hat die Bundeswehr entscheidenden Anteil an der Friedenssicherung in Europa im Rahmen des Nordatlantischen Bündnisses. Seit zehn Jahren trägt sie außerdem maßgeblich zur internationalen Krisenbewältigung bei. Deutsche Soldaten sind inzwischen weltweit präsent. Sie sind nicht als Eroberer wie in früheren Zeiten gekommen, sondern mit dem Auftrag, Frieden zu sichern, und nicht selten auch als Entwicklungshelfer – hoch anerkannt und geschätzt von der Mehrheit der Menschen in den Ländern, in denen sie Dienst tun. Proteste gegen öffentliche Gelöbnisse oder »Mörder«-Rufe wie noch zehn Jahre zuvor bei den Feierlichkeiten zum 40. Gründungstag der Bundeswehr, gab es 2005 nicht.

Von den ersten Freiwilligen in den nicht so recht passen wollenden »Affenjäckchen« in rheinischen Kasernen bis zu den High-Tech-Kämpfern des Kommandos Spezialkräfte im Flecktarn im Hindukusch war es ein weiter Weg. Die Bundeswehr ist – obwohl verfassungsrechtlich dem Parlament unterworfen – stets ein behutsam genutztes Instrument der Regierung gewesen, die Rolle der Bundesrepublik in der internationalen Politik zu definieren und zu unterstützen. Seit Adenauer spielten alle Bundeskanzler mal mehr, mal weniger die Karte »Bundeswehr«, um sich auf internationalem Parkett zu positionieren, um den Wert der deutschen Außenpolitik zu steigern. Sie taten dies ohne Überheblichkeit. Sonst wäre das so schwierig gewonnene Vertrauen in die deutsche Politik rasch zerstört worden. Die Militärpolitik der Bundesrepublik war stets eingebunden in das Bündnis und abgestimmt mit den Partnern. Darin unterscheidet sie sich deutlich von früheren deutschen Staaten, und das erklärt ihren Erfolg. Zug um Zug hat die Bundesrepublik in der Sicherheitspolitik mehr Verantwortung übernommen. Nach den stürmischen Aufbaujahren war es vor allem das Jahrzehnt ab Mitte der 90er Jahre, in denen die Dynamik der Entwicklung immer atemberaubender wurde.

Die Zeitenwende der Jahre 1989/90 hat kaum eine deutsche Institution derart verändert wie die Bundeswehr. Nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes schien es für die mit ihrem Auftrag zur Landesverteidigung so erfolgreich gewesene Truppe, als sei ihr nicht nur der Gegner abhanden gekommen, sondern auch die Zukunft. Dem war nicht so, das zeigten rasch die neuen Aufgaben in der internationalen Krisenbewältigung und Terrorismusbekämpfung. 1995 wurden für den Bosnien-Einsatz erstmals Bundeswehrsoldaten unter Kriegsbedingungen in eine Krisenregion außerhalb des NATO-Gebietes geschickt. 1999 nahm die Bundeswehr mit den NATO-Luftangriffen gegen Serbien im Zusammenhang mit der Lage im Kosovo zum ersten Mal an einem – humanitär zwar zu rechtfertigenden, völkerrechtlich aber umstrittenen – Krieg teil. Nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001 schickte Deutschland Soldaten ans Horn von Afrika und nach Afghanistan. Das künftige Aufgabenspektrum der Bundeswehr wird mehr denn je durch globale sicherheitspolitische Entwicklungen bestimmt sein. Schon heute ist die Bundesrepublik Deutschland nach den Vereinigten Staaten die Nation mit den meisten Soldaten in internationalen Missionen.

Mit 50 Jahren ist die Bundeswehr doppelt so alt wie der Offiziernachwuchs, der zurzeit an den Offizierschulen von Heer, Luftwaffe und Marine ausgebildet wird. Ein Offizieranwärter, der heute in die Bundeswehr eintritt, kann sich nicht sicher sein, in welche Missionen und Länder er während seiner Laufbahn geschickt wird. Schon gar nicht vermag er sich die Struktur der Truppe vorzustellen, die sie dereinst am Tage seiner Pensionierung haben wird. Dafür haben sich die Anforderungen an einen Offizier dramatisch erweitert. Er – oder seit dem Januar 2001 auch: sie – muss heute kämpfen, stabilisieren und helfen können, und das auch noch in unterschiedlichen Regionen und Kulturen. Das war für einen jungen Mann, der sich Ende der 50er Jahre für den Dienst an der Waffe entschied, vollkommen anders. Die Blöcke waren fest gefügt, die Risiken in einer Welt des Undenkbaren und doch Möglichen – des atomaren Schlagabtausches – für den Einzelnen überschaubar. »Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen«, lautete damals die Devise. Der große, alles vernichtende Krieg in Europa ist heute ausgeschlossen. Paradoxerweise ist aber das Risiko für einen Bundeswehr-Soldaten, im Einsatz verletzt oder getötet zu werden, durch die zunehmende Zahl an Auslandseinsätzen gestiegen.

Vor diesem Hintergrund ist eines der in Verteidigungspolitik und Streitkräften am meisten diskutierten Dauerthemen das der Wehrpflicht. Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Umstrukturierung der Truppe wurde die Wehrpflicht immer wieder in Frage gestellt. Beim Start der rot-grünen Bundesregierung 1998 verlangten die Grünen die Abschaffung dieses Zwangsdienstes für Männer. Bis zum Ende ihrer zweiten Amtsperiode wollten die Koalitionspartner eine Entscheidung herbeiführen. Tatsache ist, dass heute nur noch ein kleiner Teil der wehrpflichtigen Männer eines Jahrgangs einberufen wird. Kritiker beklagen daher die fehlende Wehrgerechtigkeit.

Ob mit oder ohne Wehrpflichtige, vieles spricht dafür, dass die Bundeswehr trotz ihrer immer beschränkteren finanziellen Ressourcen in naher Zukunft noch mehr wird leisten müssen – womöglich in Weltgegenden, die der durchschnittliche Zeitungsleser erst einmal im Weltatlas nachschlagen muss. Die Bundeswehr begegnet diesen neuen Herausforderungen mit veränderten Strukturen und einer neuen Art von Professionalisierung. Sie baut nach 50 Jahren auf ein Fundament an Erfahrungen in militärischer und rechtsstaatlicher Praxis auf, das beeindruckt. Bislang konnte sich noch jede Bundesregierung auf die Truppe verlassen – und jede Bundesregierung hat ihr je nach den Erfordernissen ihrer Zeit viel abverlangt. Von den Wegmarken und Meilensteinen ihrer Entwicklung, von den politischen Hintergründen und Entscheidungen, von manchen Geschichten in der Geschichte, von den wechselhaften 50 Jahren, in denen die Bundeswehr zu dem wurde, was sie heute ist, berichtet dieses Buch.

Neubrandenburg, Herbst 2005

Andrè Uzulis