Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Epilog
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2368
Sonderschaltung Tanta
Atlan und das KombiTrans-Geschwader im Einsatz – auf den Spuren des lemurischen Erbes
Rainer Castor
Seit die Einheiten der Terminalen Kolonne TRAITOR mit ungeheurer Waffengewalt die Kontrolle über die Milchstraße und ihre Planeten übernommen haben, steht die Menschheit in einem verzweifelten Kampf. Beispielsweise leistet das Solsystem – geschützt durch den TERRANOVA-Schirm – unter Perry Rhodans Führung noch Widerstand gegen die Armada der Chaosmächte.
Nur wenige andere Verstecke in der Menschheitsgalaxis sind noch nicht von TRAITOR besetzt. Dazu zählt der Kugelsternhaufen Omega Centauri, in dem es uralte Hinterlassenschaften gibt. Mit ihrer Hilfe soll in diesem Jahr 1345 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – dies entspricht dem Jahr 4932 alter Zeitrechnung – endlich ein Gegenschlag beginnen: Der Arkonide Atlan und seine Verbündeten wollen einen sogenannten Sonnentransmitter aktivieren und mit diesem in die ferne Galaxis Hangay vorstoßen.
In Hangay soll schließlich eine Negasphäre entstehen, eine Brutstätte des Chaos und Grund für alle kosmischen Aktivitäten der letzten Zeit. Für den Weg dahin benötigt man aber unter anderem die SONDERSCHALTUNG TANTA …
Atlan – Der Arkonide sucht einen Weg, die Sonnentransmitter in Omega Centauri zu aktivieren.
Icho Tolot – Der Haluter forscht nach alten Hinterlassenschaften eines vernichtenden Krieges.
Canio Sarkyuin – Der Algustraner wirkt als Chefwissenschaftler des KombiTrans-Geschwaders.
Oana hu lachab – Gefangen im Körper, aber nicht im Geist.
Wahlspruch von Jerim-Varos, als kostbare Metallgravur an mehreren Stellen in seinem Quartier entdeckt
Kharag-Stahlwelt
26. November 1345 NGZ
Ringsum herrschte Dunkelheit, nur aufgerissen von den über die Schachtwandung huschenden Kreisen und Ellipsen meines Helmscheinwerfers. Ich sah glatte Felswände mit abwechselnden Schichtmustern, vereinzelt verstärkende Metallplatten oder umlaufende Verkleidungen, die sich in der Finsternis verloren.
Stille, bis auf das Atemgeräusch im transparenten Kugelhelm.
Abermals war ich auf dem Weg zur Schaltstation Etuum, genau wie vor fast einem Monat. Vom Zentrumshohlraum aus waren es 80 Kilometer vertikal durch den bis zum Pyramiden-Fünfeck am Stahlwelt-Nordpol reichenden Schacht. Es ging durch eine Röhre von 500 Metern Durchmesser, die aus dem 200 Kilometer dicken Gesteinsmantel der Stahlwelt gefräst worden war. Inzwischen fragte ich mich, ob es noch weitere »Geheimanlagen« gab – und wenn ja, wie viele.
Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch, sagte der Logiksektor. Vielleicht erfährst du bald mehr.
Der Scanstrahl leuchte in grellem Grün – und diesmal öffnete sich der Zugang zum Geheimtunnel direkt, weil die von KHARAG umdefinierte allgemeine Hochrang-Berechtigung nach wie vor ausreichende Legitimation war, um Etuum zu betreten.
Waagrecht ging es weiter, 60 Kilometer in einer kahlen, metallisch grauen Röhre von ovalem Querschnitt, 20 Meter breit, 15 Meter hoch. Unterbrochen wurde sie nur von den insgesamt zwölf Sicherungsschleusen. Nacheinander öffneten sich die 15 Meter durchmessenden und zwei Meter dicken Tresorschwingpforten, gaben den Blick in die 22 Meter tiefen Schleusen frei.
Und weiter, die seitlichen Beleuchtungsbänder vorbeihuschend, knapp über den drei Meter breiten Bodenbereich fliegend, der in einer kleinmaschigen Gitterstruktur ausgeführt war.
Der Geheimtunnel endete an der Wand der 500 Meter durchmessenden Kugel von Schaltstation Etuum. Der an den Korken einer überdimensionierten Flasche erinnernde massive Block schwang seitwärts herum und gab den Weg endgültig frei. Ich landete und desaktivierte das Anzugflugaggregat.
Als ich vortrat, erklang die mechanische Stimme: »Sie betreten nun die hundert Meter dicke Kugelschale. Da Sie nicht die spezielle Vollmacht für Etuum aufweisen, müssen Sie das Labyrinthsystem aus eigener Kraft hinter sich bringen. Weitere Annehmlichkeiten und Privilegien sind Ihnen hiermit endgültig verweigert.«
»Bekannt«, murmelte ich, ging weiter und passierte die Reste des humanoid geformten Wachroboters, den ich beim ersten Vordringen ausgeschaltet hatte.
Mein fotografisches Gedächtnis reproduzierte die Daten des Labyrinths. Korridore, Schleusen, Rampen, Hallen und abermals Tunnel und Gänge. Sackgassen konnte ich diesmal vermeiden, die bereits bekannten Fallen und Abwehrsysteme stellten kein Problem dar. Mehrfach identifizierte ich mich als Hochrang-Bevollmächtigten Atlan da Gonozal und erreichte schließlich den Kernbereich der Schaltstation.
Der Großteil dieses 300 Meter durchmessenden Bereichs war unzugänglich verkapselt, barg zweifellos in erster Linie Reaktoren, Umformer, Speicher, diverse Schutzfeldprojektoren, autarke Nebenrechner und Dinge dieser Art.
Der hinter dem Zugangsschott beginnende Tunnel war 50 Meter lang – der sechseckige Querschnitt wurde in der Mitte waagrecht geteilt. Unterhalb des Gitterrostbodens verliefen Leitungen und Kabel, einige mehr als mannsdick, im oberen Zugangsbereich wichen die geneigten Seitenwände wiederholt zur Senkrechten zurück und bildeten Nischen. Das Licht der Deckenbeleuchtungskörper mischte sich mit dem der rötlichen Notbeleuchtungsgloben.
Noch von meinem letzten Besuch allesamt geöffnet waren die handdicken Schotthälften mehrerer Trennwände, die den Korridor in mehrere unregelmäßig lange Abschnitte unterteilten.
Das letzte Schott öffnete sich automatisch und gab den Blick auf die T-Kreuzung frei. Die beiderseitigen kurzen Gangabschnitte zu den Nebenschalträumen hatte ich vor einem Monat ignoriert, indem ich direkt geradeaus zum Primärschaltraum und von dort aus weiter zur eigentlichen Zentrale vorgedrungen war. Nur aus den Augenwinkeln hatte ich an der Wand links in Augenhöhe die lemurische Zeichenfolge »Tanta« bemerkt.
Ich blieb stehen und musterte die Zeichen, die wie stets beim Lemurischen von rechts nach links zu lesen waren. Man hatte sie nachträglich mit einer Art Schablone eingeätzt, ein kaum fingergroßer Hinweis für die Eingeweihten – und vermutlich waren sie genau deswegen vergessen worden. Speicherinhalte wurden seinerzeit gelöscht, Hinweise beseitigt, doch die schlichte Wandbeschriftung hatte die »Bereinigung« überstanden. Übrigens ebenso diverse Querverweise in untergeordneten und autarken Nebenrechnern, Speichern und vergleichbaren Kennzeichnungen in den Weiten der Stahlwelt …
Zufall oder Absicht?
Der knappe Hinweis des Logiksektors machte mich misstrauisch. Ich stand bereits vor dem ovalen Schott zum Nebenschaltraum, hatte die Hand zum Sensor gehoben – und ließ sie nun wieder sinken.
Die Zwischenstation des Tellox-Duos war seinerzeit zweifellos für eine letztmalige Ausrüstung von lemurischen Fluchtschiffen vor dem eigentlichen »großen Sprung« nach Karahol gebaut worden. Die Ausstattung als Werft- und Reparaturstätte der Anlagen auf Tellox 1 ließ in dieser Hinsicht wenige Zweifel aufkommen. Aber war das alles?
Die Lebenserinnerungen von Nevus Mercova-Ban lieferten keine Hinweise. Der Tamrat hatte Jerim-Varos namentlich, jedoch nicht persönlich gekannt, Gleiches galt für das Tellox-Duo selbst, das demnach von jeher als besonderes Geheimprojekt eingestuft gewesen sein musste.
Hinzu kommt, dass Nevus’ Erinnerungen selbstverständlich mit dem Datum seines Todes enden und nichts über spätere Ereignisse verraten können. Und auch nichts über frühere, bevor er beim Sonnendodekaeder stationiert war.
Ich nickte. Er war zwar einer der fünfzig Tamaron von Lemur, doch in der Endphase des Kriegs liefen viele Projekte parallel, die meisten logischerweise unter strikter Geheimhaltung. Von den Wirren und dem Chaos angesichts der immer heftiger angreifenden Schwarzen Bestien ganz zu schweigen.
Durchaus möglich, dass trotz der sonstigen Löschung der Hinweise für den einen oder anderen »informierten Nachzügler« bewusst welche zurückgelassen wurden, um ein Nachkommen zu gewährleisten. Zwangsläufig musste es dann weitere Absicherungen und Prüfungen geben. Selbst wenn ein »einfaches Hineinmarschieren« in den Nebenschaltraum möglich sein sollte, wäre das ganz sicher nur der Auftakt.
Ich sollte recht behalten: Kaum hatte ich den Schottsensor betätigt und den quadratischen Raum betreten, mit der bereits schwindenden Hoffnung darauf, in aller Ruhe Örtlichkeit und Situation zu analysieren, erklang die unpersönliche Vocoderstimme: »ETUUM spricht. Sie haben durch Ihr Betreten des Nebenschaltraums den Zugriff auf die Sonderschaltung Tanta eingeleitet. Aus Gründen von Sicherheit und Datenschutz kommt es zur Selbstvernichtung, sollten Sie nicht binnen zweier corgon’ty Ihre Befugnis nachweisen. Die Zeit läuft …«
*
Zwei corgon’ty – hundert Sekunden! Die lautlose Stimme des Extrasinns gellte durch meinen Kopf, während sich hinter mir das Schott schloss. Das ist nicht zu schaffen, Arkonide. Das Schott ist zweifellos verriegelt!
Ich zwang mich zur Ruhe. Großartig Zeit zum Nachdenken und Reflektieren hatte ich nicht.
Ein rascher Blick zeigte die Ausstattung des Nebenschaltraums: Standardbeleuchtungskörper, die Wände waren kahl, ebenso der Boden. In der Mitte des drei Meter hohen Raums erhob sich ein Hufeisenpult aus mattgrauem Material. Kein Display war aktiviert, keine Schalter oder berührungssensitive Bereiche zu entdecken. Danach zu suchen wäre Verschwendung wertvoller Zeit gewesen.
Vom Krish’un drangen beruhigende Schwingungen in mein Wachbewusstsein; nonverbal signalisierte Bereitschaft, schützend meinen Körper zu umhüllen. Die Wellen vereinten sich mit dem kühlen Kribbeln in meinem Nacken; vom Zellaktivator ging pulsierende Wärme aus.
Akustisch konnte ich meine Befugnis nicht nachweisen, schließlich hatte ich bereits mehrfach meine Hochrang-Bevollmächtigung eingespeist. Ich trug den Krish’un eines Tamrats, hatte den entsprechend geeichten Armband-Befehlsgeber und …
»Noch eine corgon’ty!«
*
… sehe verschwommen Shuryas Gesicht. Etwas tropft auf mich herab, kühl und angenehm. Nicht weinen, will ich rufen, gleich schließe ich Lyna in die Arme. Nur sie, nicht länger mehr du, »meine Göttin«.
Ich weiß, so sonderbar es mir selbst erscheint, dass ich sterbe. Ein Gedanke genügt, um die Mikromodule zu programmieren – sie sollen meine Erinnerungen speichern und später an den Stahlweltrechner weitergeben, aber alles aufzeichnen, was noch von mir, meinem Bewusstsein bleibt.
Nevus Mercova-Ban, Zeut-Ellwe, geboren am Ty des Kriegsbeginns, Überlebender des Großen Vernichtungsschlags – nun endet dein Leben! Ich lächele matt, öffne die Lippen; vermutlich kommt über sie nur mehr ein Flüstern, weil ich meinen Körper kaum noch spüre: »Ba’jontas Mausoleum wäre wohl ein passender letzter Ruheplatz, oder?«
»Kleiner!«
Sie schluchzt. Kein Grund. Nicht weinen, Shurya, es ist schön. Ich habe keine Schmerzen. Kommt nun die Dunkelheit? Oder ein Licht? Ein ewiges Nichts – oder vielleicht der eigentliche Beginn? Ich weiß es nicht, bin aber neugierig und gespannt. Gleich werde ich es wissen. Gleich, gleich. Ist Einaklos in seiner Kugel gebunden? Findet Phy die Große Mutter?
Der Doppelkopfadler breitet die Flügel aus, erhebt sich von meiner Stirn und wird zu schimmerndem Goldpuder. Nicht mehr lange …
Irgendwo erklingt ein Lachen. Zohek? Bist du das? Seit wann …? Schön! Wunderbar! Lach weiter, alter Freund, führe mich zur Insel der Schmetterlinge, von der die alten Sagen berichten. Warten die entrückten Zwölf Heroen schon? Lassen sie die Kristallsäulen von Arbaraith erklingen?
Kreisrund die Figur, in der Licht und Finsternis durch eine geschwungene Linie voneinander getrennt sind – ein Zeichen, das in bemerkenswerter Ästhetik für die Trennung wie auch Verbundenheit der Gegensätze steht.
Es geschieht, weil es geschah! Der Zirkel schließt sich, der Kreisbogen ist vollendet. Und die Spiralzeichnungen strudeln. Ah, sie flattern. Goldflitter und Türkislicht wirbeln über Talanis, über deren Haine die Schmetterlinge gaukeln, und das sechsdimensionale Juwel erstrahlt in voller Pracht. Fern schwillt ein vielfach hallender Glockenton an, mischt sich ins Lachen.
Dar Tranatlan, spiel die schwermütige Mari-Danta, das Lied der Letzten Hoffnung, jene Weise, in der ein leuchtender Retter aus der Sonne herabsteigt, um den Bedrohten zu helfen. Vehraáto? ZEUT? Zohek? Lach weiter, nicht aufhören, bitte … Zo…
Letzte in KHARAG gespeicherte Gedanken von Tamaron Nevus Mercova-Ban, die am 14. März 1225 NGZ auf Atlan übertragen wurden
KombiTrans – Phase 1
17. September 1327 NGZ
»Durchaus beeindruckend.«
Canio Sarkyuin griff an den Regler des Gürtels und justierte das Fluggerät so, dass er mit mir gleiche Augenhöhe erreichte. Ohne Unterstützung von Antigrav und Mikrogravopuls hätte er den Kopf ständig in den Nacken legen müssen – immerhin maß der algustranische Wissenschaftler nur 48,4 Zentimeter.
Aus dem Hintergrund drang ein dumpfes Grollen, vereinzelt von Geräuschen überdeckt, deren Lautstärke kleineren Explosionen glich. Tatsächlich handelte es sich um »unterdrücktes Glucksen«, wie es Icho Tolot einmal auf die für ein Wesen seines Volks typisch verharmlosende Weise genannt hatte. »Das liebe ich so an euch, meine Kleinen. Selbst bei galaktischen Wunderwerken darf eine gehörige Portion Understatement nicht fehlen.«
Canios Blick aus graugrünen Augen wirkte für Augenblicke irritiert. »Ich bin wirklich beeindruckt! Im Gegensatz zu halutischen Giganten neige ich jedoch nicht zu Überschwang – und erst recht nicht zu übermäßiger Geräuschentwicklung.«
Ich sah zur Seite: Ichos Augen sprangen auf ihren Stielen handweit vor, die Kegelzähne knirschten, der vierarmige Körper zitterte leicht. Aber kein Laut war zu hören.
Betont gleichmütig sagte ich: »Kommandant, errichte schnell ein akustisches Dämpfungsfeld – unser Freund droht förmlich zu platzen, wenngleich er eine beachtliche Selbstbeherrschung an den Tag legt.«
»Darf man von einer Person, die ihren Körper in einen Stahlblock verwandeln kann, auch erwarten.« Oberst Mansar schnippte dennoch mit den Fingern. Nur ein zartes Flirren in der Luft zeigte für einen Wimpernschlag die entstehenden Konturen der modifizierten Prallfeldglocke. »Haluter sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Oder liegt’s am Zellaktivator? Droht der Herr Tolot vielleicht zu verweichlichen?«
Abgesehen vom nun weit aufgerissenen Mund und den auf die Schenkel schlagenden Händen der Handlungsarme gab es von Ichos Seite keine Reaktion – jedenfalls hörten wir nichts. Canio stocherte im rechten Ohr und lächelte schief. »Glück gehabt, gerade noch rechtzeitig. Neben dem obligatorischen Stimmverstärker sollte ich mir wohl einen Dämpfungsprojektor zulegen. Immer wieder bemerkenswert, welche Rücksichtslosigkeit ihr Riesen an den Tag legt.«
Das leichte Zucken seines dünnen Schnurrbarts zeigte, dass er es bestenfalls zu einem Viertel so ernst meinte, wie es klang. Von siganesischen Siedlern abstammend, glich die Mentalität der Algustraner in vielem der ihrer Vorväter, erreichte jedoch nicht ganz die für Siganesen so typische Feinfühligkeit, um nicht zu sagen Empfindlichkeit. Im Vergleich zu anderen Völkern hatten die Sigageborenen ein überaus hochstehendes Ethos entwickelt, vor allem geprägt von der Ehrfurcht vor dem Leben und einer außerordentlichen Höflichkeit im Umgang miteinander und anderen Völkern gegenüber. Siganesen galten als überaus korrekt, friedfertig, zurückhaltend, fromm und loyal, allerdings auch als extrem prüde.
Demgegenüber waren die Algustraner fast schon normal. Ihre Heimat war von Siga aus zu einem Zeitpunkt besiedelt worden, als das dortige Mikrowachstum ein Ausmaß erreicht hatte, das nicht mehr allen passte. Bereits in der zweiten Generation hatten die Algustra-Siganesen wieder die Tendenz zur Rückentwicklung auf die ursprüngliche Menschengröße gezeigt, mittlerweile lag die Durchschnittsgröße bei 45 bis 50 Zentimetern.
»Ich entschuldige mich ausdrücklich, Sarkyuinos«, erklang Ichos stark gedämpfte Stimme.
Der Hyperphysiker deutete eine Verbeugung an. »Angenommen. Es ist mir eine Ehre, Tolotos.«
Ich hatte den 110 Jahre alten Mann als ruhige, bedächtige, nachdenkliche Person kennengelernt, vom Typ eher zurückhaltend, aber humorvoll. Beim Studium der Hyperphysik an der Universität von Terrania hatte er laut Personal-Dossier recht schnell ein bevorzugtes Interesse an lemurischer Alt- und Halbraum-Technik entwickelt. Auch weil Mitte des 13. Jahrhunderts NGZ die Beschäftigung mit dieser »rückständigen« Technologie in wissenschaftlichen Kreisen als eher verpönt galt, hatte er das Studium der Lemurer angeschlossen sowie später für Jahrzehnte als angesehener Historiker im Lemuria-Museum von Terrania gearbeitet.
Verbunden mit dieser Beschäftigung waren eine ganze Reihe von Expeditionen gewesen – im Pazifik zum untergegangenen Kontinent Lemuria, im All zu diversen ehemaligen lemurischen Siedlungswelten und letztlich auch zu bekannten Sonnentransmittern in der Milchstraße und im Leerraum, wenngleich nicht hierher zum Kharag-Sonnendodekaeder. Die Kombination seiner Wissensgebiete hatte Canio Sarkyuin dazu prädestiniert, bei unserer Expedition als Chefwissenschaftler mit von der Partie zu sein; bereits das erste persönliche Gespräch mit ihm hatte mich komplett überzeugt.
Während mir der Haluter mit dem linken Schläfenauge zublinzelte, wandte ich die Aufmerksamkeit wieder dem Hauptholo zu, das das Sternengewimmel im Zentrum des Kugelsternhaufens abbildete.
Aufheiterungsmanöver dieser Art wurden zur Zeit des Solaren Imperiums auch Ernstfall-Blödelei genannt, raunte der Extrasinn. Wer schmunzelt oder lacht, baut Stress ab. Die Spannung der letzten Transitionen war förmlich greifbar gewesen. Das Ziel stand zu deutlich vor Augen.
Ich seufzte in Gedanken. Trotz der mir bekannten Konfiguration der »ruhigen Enklaven« hatte die VASCO DA GAMA zwei Tage benötigt, um mit Kurztransitionen bis ins Zentrum des Kugelsternhaufens vorzudringen. In einem Bereich von 150 Lichtjahren Durchmesser tobte ein Hyperorkan der Kategorie neun, der beim Aufenthalt im Standarduniversum die Aktivierung eines Paratronschirms dringend nötig machte und dennoch zu Belastungen von bis zu 75 Prozent führte.
Omega Centauri –