Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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10.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2041
Absolute Finsternis
Besuch aus Plantagoo – und ein Dunkelfeld für Terra
von Hubert Haensel
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Spätestens nachdem die Truppen des Kristallimperiums den offiziell selbständigen, aber mit der Liga Freier Terraner verbündeten Planeten Ertrus besetzt haben, warten die Bewohner der Milchstraße auf den Ausbruch eines großen galaktischen Krieges. Doch nach wie vor schrecken Perry Rhodan und die Führung der Liga davor zurück; ein offener Konflikt mit Arkon würde Milliarden von Todesopfern kosten und die Milchstraße in ein Schlachtfeld verwandeln.
Die Terraner setzen deshalb im Sommer und Herbst des Jahres 1303 NGZ auf geheimdienstliche Vorstöße und Diplomatie. Der Versuch von Julian Tifflor, dem Residenz-Minister für Liga-Außenpolitik, in der Eastside der Galaxis ein Bündnis mit den Blues-Nationen zu schmieden, ist ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Dabei weiß niemand außer den Teilnehmern der Geheimkonferenz, was auf dem abgeschiedenen Planeten Santanz wirklich geschehen ist …
Für die Terraner gibt es zu allem Überfluss ein weiteres Problem: Es bezieht sich auf die jungen Monochrom-Mutanten, die sich in eine Stadt in den Anden zurückgezogen haben. Dort warten rund 35.000 junge Menschen auf ihren Tod, dem sie auf ihre Weise entgegenwirken wollen.
Auf Terra entwickelt sich damit eine neue Situation. Man registriert sie als die ABSOLUTE FINSTERNIS …
Perry Rhodan – Der Terranische Resident sieht sich zahlreichen Problemen gegenüber.
Reginald Bull – Der Residenz-Minister für Verteidigung jagt seltsame Dunkelfelder.
Gucky – Der Mausbiber teleportiert quer über die Erde.
Druu Katsyria – Die Thoregon-Botin aus der Galaxis Plantagoo bietet ihre Hilfe an.
Aduni Fuzait – Die Agentin des Terranischen Liga-Dienstes beobachtet Para-City.
… zwischen Bergen von Stoffen und Ponchos saßen Marktfrauen, Fransentücher über den Schultern, und ihr schwarzes Haar quoll unter den breitkrempigen Filzhüten hervor. Die Gesichter lagen im Schatten, von der hoch stehenden Mittagssonne nicht berührt.
In einfachen Kästen glitzerten Edelsteine und indianischer Schmuck. Daneben Säcke mit Getreide und Kräutern …
Aduni Fuzait glaubte, das Aroma der Gewürze wahrzunehmen, es war schwer und betäubend, einschläfernd wie die drückende Schwüle über dem Altiplano, die jeder Wetterkontrolle hohnzusprechen schien.
In einer Reflexbewegung wollte die TLD-Agentin ihre Hand heben, doch die Finger lösten sich kaum von dem im Laufe langer Jahrhunderte abgewetzten Mikrobuch.
Der auffrischende Wind wehte Staub und verdorrte Pflanzenreste über die Hochebene und verwirbelte den Klang einer lästigen Stimme.
Es fiel Aduni Fuzait schwer, die bleierne Müdigkeit abzuschütteln. Dass Einsamkeit derart zermürben konnte, hätte sie nie für möglich gehalten. Die Ruhe der ersten Tage hatte sie noch genossen, aber dann war genau diese Stille ihr größter Feind geworden. Nach endlos langen Wochen sehnte sie sogar einen Einsatz an den Brennpunkten der Galaxis herbei. Egal ob im Bereich von M 13 oder auf Ertrus – nur weg aus dieser monotonen Felswüste, in der die Langeweile tödlich wurde.
Die Stimme verdichtete sich gegen das Pochen in ihren Schläfen. Sie war so monoton wie alles hier im Hochgebirge und noch dazu schlecht moduliert.
»… du bist übermüdet, Aduni, deine Diagnosewerte zeigen zunehmenden Sauerstoffmangel …«
Die Agentin des Terranischen Liga-Dienstes reagierte kaum darauf. Vor ihrem inneren Auge begann der bunte Markt der Indiofrauen zu verblassen. Das Bild war wie die Exotik ferner Welten. Wo gab es so etwas noch auf Terra? In der bewegten Geschichte der letzten drei Jahrtausende hatten sich die Völker vermischt, waren Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß und Gelb bedeutungslos geworden. In den letzten Jahrzehnten besannen sich zahlreiche Menschen wieder des kulturellen Erbes ihrer Vorfahren und erweckten verschüttetes Brauchtum zu neuem Leben.
»… du bist übermüdet, Aduni.«
»Unsinn!« Etwas schroff unterbrach sie die Stimme der Kontrollpositronik. »Nur ein wenig Kühlung wäre angebracht.« Mit einer ärgerlichen Kopfbewegung verstummte sie. Alles in der getarnten kleinen Station im Altiplano war auf geringsten Energieaufwand ausgerichtet. Es gab keine Klimaanlage und keine Luftumwälzung, lediglich ein einfaches Belüftungssystem. Mit der Folge, dass eine Station auf einer Chlorgaswelt der Gradosima weit komfortabler war als hier. Auf Terra war die Luft eben atembar.
Minuten später stand sie zwischen kahlen Felsen inmitten naturbelassener urwüchsiger Schroffheit. Ein Dutzend zerfetzter Büsche und Bäume verwies auf die Gewalten, die in der Nacht getobt hatten. Niemand würde in dieser Gegend zufällig auf die Beobachtungsstation stoßen. Es gab nicht einmal einen Trampelpfad, der heraufführte. Außerdem war das Bauwerk gegen die Ausspähung durch Mutanten abgesichert.
Tief sog die Agentin die Gebirgsluft ein. Etwa fünfzig Meter über ihr kragte eine Felsnase aus, von der aus der Blick tiefer in das abgelegene Seitental reichte. Aduni Fuzait benötigte nur wenige Minuten, um das schmale Plateau zu erreichen.
Kilometerweit entfernt, im gleißenden Mittagslicht nicht weniger hässlich als sonst auch, lag Para-City im Tal. Die Stadt der jungen Monochrom-Mutanten war eigentlich eine Barackensiedlung: im Schnellverfahren zusammengesetzte Kastenelemente, doppelstöckige Wohncontainer, lieb- und einfallslos in konzentrischen Kreisen aufgestellt.
Milchiggrau wölbte sich die Kuppel des Prallschirms über der Stadt in den Himmel. Die Energiewand bildete eine optische Grenze – kaum mehr. Weder schirmte sie die Mutanten von der Außenwelt ab – längst nicht so wirkungsvoll wie die verfluchte Einsamkeit –, noch hinderte sie die jungen Psi-Talente daran, aus ihrer selbstgewählten Isolation auszubrechen.
Nachdenklich fuhr Aduni mit der Hand durchs Haar. Erst als das PsIso-Netz verrutschte, erinnerte sie sich an das feine Gespinst, das gegen Mutantenfähigkeiten, insbesondere telepathische Ausspähung, isolierte.
Seit Wochen beobachtete sie Para-City aus der Distanz, um jede Veränderung an die Solare Residenz weiterzumelden. Doch bislang hatte sie erst ein einziges Mal wirklich Anlass gehabt, Terrania zu informieren. Am 8. November war ein Raumschiff neben dem Prallfeld gelandet, halbkugelförmig und zweihundert Meter durchmessend. Ein Ara war zu den Mutanten gegangen, seither stand das Raumschiff – die ZENTRIFUGE – neben der Kuppel, als gehöre es fest dazu.
Seitdem beherrschte wieder Monotonie das Bild. Lediglich die Versorgungscontainer aus La Paz, rund 150 Kilometer nordöstlich, wurden von Automat-Transportern täglich zur gleichen Zeit vor der Strukturschleuse abgesetzt. Danach wurden leere Container abtransportiert – inzwischen ein Ritual unübertroffener Pünktlichkeit.
Nur noch Weihnachten absitzen!, schoss es der Agentin durch den Sinn, und ein säuerliches Lächeln umfloss ihre Mundwinkel.
Nach den Feiertagen würde ihre Ablösung eintreffen. Sie wusste noch nicht, wer, andererseits war das völlig egal. Zwei Wochen Urlaub lagen vor ihr: weitläufiger Strand, Meer und Palmen, vielleicht sogar üppiger Urwald. Auf keinen Fall Hochgebirge.
Man schrieb den 21. Dezember 1303 NGZ, Sommer in den Anden und nicht gerade die Zeit für weihnachtliche Gedanken. Zwei dunkle Punkte über der Prallfeldkuppel weckten ihr Interesse. Für einen Augenblick argwöhnte sie näher kommende Gleitfahrzeuge, doch die Punkte schienen sich langsam in die Höhe zu schrauben, als würden sie von der Thermik getragen.
Von Anfang an hatte die TLD-Agentin darauf verzichtet, die Stadt der Monochrom-Mutanten über eine Feldlinsenoptik zu beobachten, obwohl der minimale Energieaufwand schon in hundert Metern Distanz nicht mehr anzumessen gewesen wäre. Das antiquierte Fernglas zu benutzen, dessen speziell geschliffene Kristalle eine unglaubliche Vergrößerung erlaubten, war ein Faible von ihr.
Die fernen Schemen sprangen Aduni entgegen.
Zwei gewaltige Vögel kreisten über der Stadt. Aduni Fuzait konnte jede einzelne Feder erkennen. Mit den nackten Kehllappen, den lockeren Hautfalten um die Augen und einem scharf gebogenen Schnabel schien beiden Tieren ein Hauch von Bösartigkeit anzuhaften. Aber vielleicht erweckte nur ihre Spannweite von fast drei Metern diesen Eindruck.
Scheinbar schwerelos schwebten sie über der Prallfeldkuppel, majestätisch die Außenfahnen der Schwingen wie Finger in die Höhe gespreizt: Andenkondore, die größten Raubvögel der Erde, die im Aufwind mühelos bis zu sechs Kilometer hoch aufsteigen konnten. Irgendwann nach dem Sturz Terras durch den Schlund im Mahlstrom der Sterne waren diese Giganten ausgestorben. Erst kurz vor der letzten Jahrhundertwende hatte man sie im Rahmen eines großangelegten genetischen Revival-Programms mit ehrgeizigen Zielen wieder ins Leben gerufen. Zwölf Tierarten standen auf der Liste der Neuansiedlung, seltsamerweise überwiegend Raubtiere.
Aduni Fuzait stieg über Büschel stacheliger Ichu-Gräser hinweg, die zwischen dem Gestein wucherten. Ein ferner Vogelschrei zerriss die Stille in dreieinhalbtausend Metern Höhe. Aduni hielt inne. Die schneebedeckten Gipfel der nahen Westkordilleren gleißten im Sonnenschein.
Beide Andenkondore stießen in die Tiefe. Erst dicht über der Prallfeldkuppel drehten ihre mattschwarzen Leiber, gewannen flügelschlagend und zeitlupenhaft wieder an Höhe. Es schien, als wären die Tiere jäh aufgeschreckt worden – von etwas, das die Agentin von ihrer Position aus nicht erkennen konnte.
Unwillkürlich kniff Aduni Fuzait die Brauen zusammen, die Hand mit dem Fernglas verharrte halb erhoben …
Von einer Sekunde zur anderen hatte sich die milchiggraue Farbe des Prallschirms verändert.
Die Kuppel über der Mutantenstadt schimmerte in diesem Moment in einem strahlenden, halb transparenten, kalten Blau.
Aduni stand da wie erstarrt. Obwohl die Veränderung eindeutig war, wollte sie nicht glauben, was sie sah.
Ein undurchdringlicher Paratronschirm spannte sich über Mor Jueglo oder, wie andere sagten, Para-City.
Niemand hatte es angekündigt. In der momentan ruhigen Situation war sie ohnehin unverständlich. Aber gerade deshalb empfand Aduni die Aktivierung eines Paratrons als Schock. Ihres Wissens existierte keine Absprache mit den zuständigen Regierungsstellen; sie selbst hätte das zuerst erfahren müssen.
Alle Gedanken an ihre Ablösung waren schlagartig wie weggewischt. Sie musste unverzüglich Meldung erstatten.
Erneut ließ heiseres Krächzen Aduni aufschauen. Der Flug beider Kondore wirkte nicht mehr majestätisch und leicht, sie schlugen mit den Schwingen, als hätten sie Mühe, sich in der Luft zu halten. Und ihre Schreie, die der Wind herübertrug, hatten etwas Klägliches an sich.
Irritierte der Paratronschirm die Tiere? Aduni wusste es nicht, sie hielt nur erneut während ihres hastigen Abstiegs zur Station inne, als der größere der Vögel jäh die Schwingen anlegte und wie ein Stein in die Tiefe fiel.
Sekunden später durchstieß der Kondor die Gradientkomponente des Schirmes, die ähnlich einem Prallfeld verhinderte, dass Gasmoleküle und Partikel der umgebenden Lufthülle permanent in den Hyperraum abgestrahlt wurden. Dieser Abstrahleffekt, die eigentliche Schutzwirkung des Paratrons, trat erst ab einer deutlich höheren Belastungsgrenze ein.
Für die Beobachterin gab es keinen sichtbaren Unterschied. Im Moment der Schirmfeldberührung wurde der Kondor durch einen kaum wahrnehmbaren Kontinuum-Strukturriss in den Hyperraum versetzt. Das Ganze war ein Vorgang von Sekundenbruchteilen.
Der zweite große Vogel strich mit schwerfälligem Flügelschlag dicht über den Schirm hinweg und gewann langsam wieder an Höhe.
Was immer die Tiere erschreckt haben mochte, ob die besondere Frequenz der Hyperstrahlung oder deren jäher Wechsel, Aduni Fuzait achtete nicht länger darauf. Sie rutschte inmitten von lockerem Geröll abwärts. Der in den Handrücken implantierte Kode-Chip öffnete ihr schon aus der Distanz den Zugang zur Station.
Auch im 14. Jahrhundert Neuer Galaktischer Zeitrechnung gab es auf der Erde Regionen, die von der lärmenden Hektik der Zivilisation verschont blieben, über die zwar hin und wieder Gleiter ihre Bahn zogen, die aber unwirtlich oder einfach uninteressant für eine Besiedelung waren. Zu diesen Regionen gehörten die Anden, die längste zusammenhängende Gebirgskette des Planeten als nach wie vor geologisch junge Landschaft. Siebeneinhalbtausend Kilometer Fels erstreckten sich entlang dem Westrand von Südamerika – die Hochebene des Altiplano war nur ein kleiner Ausschnitt im Bereich der einstigen Länder Peru und Bolivien.
Der Südwind, der vom Poopósee heraufwehte, brachte den Geruch der Salzpfannen mit, heute intensiver als für gewöhnlich. Ein feiner Hauch aus Salzkristallen überzog den ausgemergelten Boden der Hochebene.
Vergeblich rümpfte Gucky die Nase. Bebend entblößte der Mausbiber seinen einzigen Zahn, dann platzte er laut niesend heraus.
»Gesundheit«, wünschte Reginald Bull grinsend.
Über zehn Kilometer entfernt, vor dem Hintergrund der schneebedeckten Berge und der beachtlichen Ausdehnung wegen mit bloßem Auge noch gut zu erkennen, wölbte sich eine blau schimmernde Kuppel in den frühen Nachmittag.
»Diese eigenmächtige Abschottung gefällt mir nicht«, sagte Perry Rhodan.
»Das riecht nach Ärger«, bestätigte Reginald Bull. Mit Daumen und Zeigefinger massierte er seine Nase.
»Na und?« Gucky seufzte. »Sogar manche Privatgleiter verfügen über Paratronprojektoren. Wo liegt das Problem?«
»Die Errichtung des Schutzschirms war nicht abgesprochen«, antwortete Bull. »Das hinterlässt einen sehr bitteren Beigeschmack.«
»Monatelang sah es aus, als würden sich unsere Erwartungen hinsichtlich Mor Jueglo erfüllen«, betonte Rhodan. »Ich will noch nicht behaupten, dass wir absichtlich getäuscht wurden, aber allein einen entsprechend dimensionierten Paratronprojektor zu beschaffen …«
»Die jungen Leute haben Teleportertalente, für die das wohl kein Problem darstellt«, wandte der Mausbiber ein. »Vor allem, wenn sie einen Parablock bilden.«
Reginald Bull schüttelte den Kopf. »Es geht nicht um das Wie und schon gar nicht darum, ob der Paratron erst seit eineinhalb Stunden steht oder seit Tagen. Das Warum ist ausschlaggebend.« Er bedachte den Mausbiber mit einem forschenden Blick. Ihm fiel auf, dass ein feuchter Schimmer Guckys Augen verschleierte. Zudem rümpfte der Ilt unaufhörlich die Nasenspitze. »Deshalb habe ich dich sofort nach Eingang der Meldung angerufen und gebeten, Perry und mich in La Paz zu treffen und mit uns hierherzuteleportieren.«
»Worauf warten wir?« Rhodan griff nach der Hand des Mausbibers. »Spring zur Strukturschleuse!«
Die beiden Männer und der Ilt zwischen ihnen materialisierten wie aus dem Nichts heraus nahe der ehemaligen Strukturschleuse. Ein zehn Meter hoher Mast markierte von weitem sichtbar die Stelle am Südrand der Energiekuppel, daran hatte sich nichts geändert.
Reginald Bull blickte über den Friedhof der Mutanten. Er zählte, rechnete hoch und schüttelte betreten und in stummem Entsetzen den Kopf.
Mindestens neunhundert metallene Grabplatten drängten sich dicht an dicht, auf jeder stand ein Name eingraviert, junge Menschen, aus allen Bereichen der Liga nach Terra heimgekehrt, anfangs ohne zu ahnen, dass in ihnen eine genetische Zeitbombe tickte. Falls nicht ein Wunder geschah, würden alle sterben.
Nicht weit entfernt ragte der Ara-Raumer auf. Ein Monument der Ohnmacht, mehr nicht, fand Reginald Bull. Das Schiff wirkte verlassen, nicht einmal bei den Bioreaktoren auf seiner Oberfläche gab es Bewegung.
Die Terraner wussten, dass es einen unregelmäßigen Kontakt zwischen der Besatzung des Schiffes und dem Ara gab, der sich bei den Mutanten aufhielt. Gelegentlich schickte er Anforderungen an seine Leute, und dann arbeiteten sie an Experimenten, die bisher trotz aller Bemühungen des Geheimdienstes nicht genau nachvollzogen werden konnten. Und ab und zu flog ein Besatzungsmitglied mit einem Gleiter in eine Stadt, meist nach La Paz, um frische Nahrung einzukaufen. Mehr Kontakte gab es nicht.
»Und nun?«, fragte Gucky. »Wir kommen nicht in die Stadt, es sei denn …«
»… wir warten auf die nächste Beisetzung«, sagte Rhodan bedrückt.
»Das behagt mir nicht.« Bully drehte sich halb um die eigene Achse und ging langsam auf den Bereich zu, der die frühere Strukturschleuse markierte.
Hinter dem blauen Leuchten zeichneten sich die Silhouetten kantiger Container ab. Für 50.000 Bewohner war die Siedlung geschaffen, wenig mehr als zwei Drittel der Wohnungen waren wirklich bezogen. Je näher Bully kam, desto deutlicher konnte er schemenhafte Gestalten sehen, die sich bewegten, doch eine präzisere Beobachtung erlaubte der Paratron nicht.
Zwanzig Meter vor der Energiewand hielt Reginald Bull inne und stemmte die Arme in die Hüften. »Ich fühle mich ausgesperrt«, sagte er, ohne sich umzuwenden. Das Geräusch von Rhodans Schritten verhielt neben ihm. »Die Mutanten grenzen sich ab – aber wir müssen uns wohl den Vorwurf anhören, sie in die Isolation getrieben zu haben.«
»Ich frage mich, weshalb Moharion keine Nachricht weitergab«, murmelte Rhodan. »Der neue Bürgermeister schweigt ebenfalls.«
»Ich würde diesen Parkinson gerne kennenlernen.« Nachdenklich begann Bully, auf der Unterlippe zu kauen. »Alles, was ich an wirklichen Fakten in Erfahrung bringen konnte, ist seine Herkunft: Koo Parkinson, geboren am 2. Februar 1279 auf Lepso. Dann gibt es viele Gerüchte über ihn, die alle von Lepso stammen und entsprechend überreizt sein können. Man weiß ja, wie auf dem Planeten die Gerüchte kochen. Die Meinungen über ihn widersprechen sich, von unsympathisch bis charismatisch.«
»Dumm gelaufen, was?« Gucky hatte es vorgezogen, die wenigen Meter zu teleportieren. »Aber wenigstens müssen wir nicht Wurzeln schlagen«, fügte er hinzu. »Jede Wette, da kommt jemand.«
Ein Schatten hinter dem Schirm wurde deutlicher. Jemand bewegte sich zielstrebig auf den Paratron zu, und genau in dem vergleichsweise winzigen Teilbereich erlosch das blaue Leuchten. Eine Strukturlücke entstand.
Bull verschränkte die Arme vor der Brust. Abwartend schaute er der Frau entgegen, die es nicht sonderlich eilig hatte, zu ihnen zu kommen. Hinter Moharion Mawrey schloss sich der Paratronschirm wieder.
»Warte, Perry!«, raunte er verhalten, als Rhodan der Residenz-Ministerin für Mutantenfragen entgegengehen wollte. »Sie hat uns einiges zu erklären …«