Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2045
Aufruhr im INSHARAM
Angriff auf die SOL – die Evoesa betrachten sich als Hüter
von Horst Hoffmann
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Nach wie vor ist die SOL mit ihrer Besatzung in der Vergangenheit gestrandet, nach wie vor gibt es für das alte Generationenraumschiff keine Möglichkeit zur Rückkehr in die Gegenwart. Durch einen Abgrund von 18 Millionen Jahren von ihren Gefährten in der heimatlichen Milchstraße getrennt, müssen Atlan und seine Begleiter in der Galaxis Segafrendo um ihr Überleben kämpfen.
In Segafrendo tobt seit über tausend Jahren ein fürchterlicher Krieg. Die mörderischen Mundänen haben die friedliche Kultur der Galaktischen Krone so gut wie zerstört. In wenigen Jahren werden die Invasoren diese Galaxis komplett beherrschen und in die Mächtigkeitsballung der Superintelligenz K'UHGAR eingegliedert haben. Und die Menschen an Bord der SOL wissen, dass sie bei diesem Konflikt praktisch nichts ausrichten können.
Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Bevor das Raumschiff in die Vergangenheit geschleudert wurde, erhielt die Besatzung einen Auftrag der Superintelligenz ES: Sie solle von Auroch-Maxo-55 einen Kym-Jorier bergen. Gelinge das nicht, drohe der Untergang der Menschheit in der Real-Gegenwart.
Den Planeten Auroch-Maxo-55 fand man, ein sogenannter Kym konnte an Bord genommen werden. Und dann gelang der SOL die Flucht aus dem Orbit der vor der Vernichtung stehenden Wasserwelt.
Das Hantelraumschiff erreichte mittlerweile einen unglaublich wirkenden Kosmos: das INSHARAM. In dem fremdartigen Raum, der wie ein eigenes kleines Universum wirkt, kommt es zu Konflikten – zu einem AUFRUHR IM INSHARAM …
Ruyde Kerima Bassa – Eine Evoesa begleitet ihren Gefährten zum letzten Mal.
Karja Menem Siganter – Der Älteste der Evoesa will sein Leben beschließen.
Atlan – Der Arkonide versucht im INSHARAM zu verhandeln.
Fee Kellind – Die Kommandantin der SOL sieht das Raumschiff von Unbekannten bedroht.
Mondra Diamond – In Delorian Rhodans Mutter wachsen die Zweifel.
Ruyde Kerima Bassa
Jetzt
Weh! Schmerz! Pein!
Ruyde gab sich einen kurzen Rückstoßimpuls, indem sie das kristallblaue Wasser durch ihren Schlund aufsaugte und mit hohem Druck durch die hintere Körperöffnung ausstieß. Sie gelangte an der Seite ihres Gefährten, der langsam vor ihr her geschwommen war, auf ihr letztes und endgültiges Ziel zu. Sein Bauchsack war fast vollständig leer. Die Haut wurde von den Strömungen des psi-materiellen Ozeans haltlos nach links und rechts getrieben.
Verzweiflung!
Die beiden Körper bewegten sich lautlos dahin, glichen dabei die wechselnden Strömungen und Schwerkraftfelder unterbewusst aus. Sie glitten mit mäßiger Geschwindigkeit durch das Medium, das nur auf den ersten Blick an Wasser erinnerte. In Wirklichkeit handelte es sich um flüssige, kristallklare Psi-Materie, mit der – bis auf wenige Einschlüsse – das gesamte INSHARAM gefüllt war.
Einen Terraner hätten die zwei Wesen an irdische Seekühe erinnert, drei Meter lang, obwohl ihr Körper fast völlig durchscheinend und vor dem Hintergrund des Meeres kaum zu erkennen war.
Hilflosigkeit!
Ruydes Sinjazz-Multiorgan sandte ihr großes Leid hinaus in die Weiten des Ozeans. Wellenförmig verbreitete es sich. So konnte es von den anderen Evoesa wahrgenommen werden, die die Blase bevölkerten. Es waren noch immer über hunderttausend.
Aber keiner von ihnen ließ sich blicken. Niemand kam in den Sinn, den letzten Weg zu kreuzen, den Ruyde und Karja gemeinsam gingen.
Ruyde empfing lediglich Trauer und Anteilnahme über ihr Multiorgan. Es kam von allen Seiten und war wie ein warmes, sanftes Tuch, das um den Sterbenden gelegt wurde. Ruyde war dankbar für diesen Abschied für ihren Lebens- und Liebespartner, mit dem sie so lange Zeit verbracht hatte, dass sie sich kaum an die Anfänge erinnern konnte. Aber er half ihr nicht. Er änderte nichts.
Leere!
Karja Menem Siganter war der älteste Lebendige des Volkes der Evoesa, Ruyde Kerima Bassa die zweitälteste, wenngleich viele hundert Jahre jünger als ihr Partner. Beide hatten ihr Leben gelebt, vieles gesehen und vieles gelernt. Für Karja ging dieses Leben nun zu Ende, während Ruyde von den ewigen Strömungen weitergetrieben wurde.
An diesem Tag, so trugen es die Flüsterstimmen der Evoesa durch die Millionen Strömungen des INSHARAM, würde sie zur Ältesten aufrücken.
Ruyde war entschlossen, in Karjas Sinn weiterzuwirken, bis der Gefährte eines Tages in einem neuen Körper wiedergeboren wurde. Sie hoffte, so lange zu leben.
Noch besaß sie genügend Reserven an Aktionsmaterie in ihrem Bauchsack – im Gegensatz zu Karja, bei dem sie aufgebraucht war.
Qual!
Ruyde hatte diesen Tag seit langer Zeit sehr gefürchtet. Sie hatte erleben müssen, wie Karjas Kräfte schwanden und wie seine Bauchfalten immer tiefer wurden. Und nun ging es zum letzten Ziel, jenem Seitentunnel des INSHARAM, in dem Karja Menem Siganter seiner selbst zum ersten Mal bewusst geworden war, vor Zehntausenden von Jahren.
Er hatte seine Gefährtin gebeten, ihn dorthin zu begleiten, damit er in ihrem Beisein sterben könne. Natürlich hatte sie dieser Bitte entsprochen. Sie wäre auch mit ihm gegangen, wenn er nicht gefragt hätte.
Sie glitten dahin. Karja befand sich bereits in einer Art Dämmerzustand. Er besaß kaum noch sinnliche Wahrnehmungen und war vollständig auf Ruyde und ihr Sinjazz-Organ angewiesen. Von ihr gelenkt, schwamm er fast geradlinig auf ihr Ziel zu. Wenn er vom geraden Kurs abkam, dann nur, um einer ungünstigen Strömung auszuweichen und in eine bessere zu wechseln.
Dieses Manövrieren verbrauchte die allerletzten Reserven an Aktionsmaterie. Mehr als einmal fürchtete Ruyde, dass sie das Ziel nicht erreichten.
Unendliche Trauer …
Sie fühlte die Hilflosigkeit ihres Gefährten, als wäre es ihre eigene. Auf der anderen Seite hoffte sie, dass sie ihm die Kraft geben konnte, die er noch brauchte. Ganz nahe schwamm sie neben ihm. Mit ihrer rechten Vordergliedmaße berührte sie ihn. Karja drehte leicht den Kopf, und dann sah er Ruyde an. Es war nur ein kurzer Blick, aber in ihm lag alle Dankbarkeit, die ein Evoesa empfinden konnte.
Ruyde stieß einen stummen Schrei aus, der sich, getragen von der Psi-Materie, über den Ozean verbreitete und ein hunderttausendfaches Echo fand. Nur noch Stunden, dann würde sie allein sein – zwar eine von vielen, aber ohne den Anker, den Karja immer für sie dargestellt hatte. Er war weise gewesen und immer für sie da. Er hatte auf fast alle Fragen eine Antwort gewusst.
Jetzt rückte sie an seine Stelle und musste die Jungen unterweisen. Sie musste ihr Anker sein. Vielleicht würde das ihren Schmerz lindern, aber dies lag in weiter Zukunft.
Sie wechselten unter Ruydes Anleitung wieder die Strömung, glitten von einer, die ihnen Widerstand bot, in eine hinein, die sie in die richtige Richtung weiterzog, als Ruyde über ihr Sinjazz-Organ etwas wahrnahm, was nicht in die allgemeine Trauer um ihren sterbenden Gefährten passte. Es war etwas anderes, ein Aufruhr der Emanationen.
Alarm!
*
Der Aufruhr kam vom Auroch-Maxo-Dimensionstunnel. Als sich Ruyde, ohne Karja zu vernachlässigen, darauf konzentrierte, erfuhr sie den Grund dafür.
Es sah ganz so aus, als sei ein Fremdkörper durch den Dimensionstunnel in das INSHARAM eingedrungen – und zwar einer, dessen positive oder negative Natur sich noch nicht zweifelsfrei ermitteln ließ. Die dort befindlichen Evoesa neigten allerdings dazu, den Fremdkörper zu beseitigen, bevor er in dem angespannten, prall gefüllten Zustand des INSHARAM Schaden anrichten konnte.
Ruyde Kerima Bassa wusste, dass sie sich unter normalen Umständen sofort in Richtung Dimensionstunnel in Bewegung hätte setzen müssen, um zu verhindern, dass ihre Artgenossen womöglich einen Fehler begingen.
Die Evoesa waren das, was ein Mensch die »Polizei« des INSHARAM genannt hätte, die Gesundheits- und Ordnungspolizei. Sie waren eine Art »weiße Blutkörperchen« des INSHARAM-Organismus, und dafür standen ihnen auch ohne Technologie alle Mittel zur Verfügung. Eine genügend große Zahl von Evoesa hatte normalerweise keine Mühe damit, einen Eindringling energetisch zu überladen und für immer in den Hyperraum zu schicken. Und diese Zahl hatte sich schnell zusammengefunden.
Es war nur fraglich, ob die aufgeregten Wächter mit ihrer ersten Einschätzung richtig lagen. Positiv und negativ waren Begriffe, die sich von den Evoesa, bis auf wenige Ausnahmen, kaum klar definieren ließen. Die Evoesa gehorchten ihren Instinkten und Gefühlen, wenn es darum ging. Rein intuitiv fällten sie ihr Urteil. Was als positiv eingestuft wurde, durfte bleiben, um weiter seinen Weg zu gehen. Was als negativ »erkannt« wurde, musste entsorgt werden.
Und mehr als einmal, so wusste Ruyde, hatte ihr Volk im Zweifel gegen den Neuankömmling entschieden. Sollte dies nun wieder so eine Gelegenheit sein?
Sie konnte nur hoffen, dass ihre Brüder und Schwestern in diesem neuen Fall keine Dummheit begingen. Wann war eigentlich zum letzten Mal ein Eindringling erschienen und beseitigt worden? Um manche kümmerte sich ihr Volk gar nicht, weil sie zu klein und unbedeutend waren. Diese wurden zum Treibgut des Ozeans und setzten sich in der Regel in einer der vielen Ausbuchtungen fest. Der nun angekommene Fremdkörper musste dagegen über gewaltige Ausmaße verfügen und viele andere, kleinere ausgespien haben.
»… Ruyde …«
Sie erschrak leicht und wandte sich sogleich ihrem Lebenspartner zu. Karja hatte ihr den Kopf wieder zugedreht, während sie unverändert Seite an Seite schwammen. Außer der Kommunikation über das Sinjazz-Organ, mit dessen Hilfe sie sich durch weite Teile des INSHARAM verständigen konnten und das nur die Übermittlung unkonkreter Zeichen und Eindrücke erlaubte, stand ihnen die »Sprache« von Person zu Person im Ultraschallbereich zur Verfügung. Die Worte wurden in einer Membran unterhalb des Schlundes gebildet.
»Ja, Karja?«
Sie war überrascht darüber, dass er sich jetzt noch an sie wandte. Er sollte doch seine Kräfte sparen. Gleichzeitig aber war sie wie elektrisiert – eben weil sie nicht mehr erwartet hatte, noch einmal seine Stimme zu hören.
»Was geht vor, Ruyde? Ich spüre deine Unruhe …«
»Jemand oder etwas ist ins INSHARAM durch den Auroch-Maxo-Tunnel eingedrungen«, teilte sie ihm mit. »Wir wissen noch nichts über die Natur des Eindringlings, aber er muss sehr groß sein.«
Ein Strom warmer Psi-Materie fing sie ein und lenkte sie ab. Die beiden Evoesa mussten in eine Nachbarströmung ausweichen. Ruydes Multiorgan arbeitete in der Art eines Sonars und ließ große Teile des INSHARAM vor ihrem geistigen Auge wie auf einer Karte erscheinen. Sämtliche Strömungen wurden erkannt und zu einem komplexen Bild geordnet. Fremdkörper in diesem Bild wurden wahrgenommen, allerdings nicht sonderlich exakt, sondern näherungsweise – je weiter entfernt ein Gebiet war, desto unschärfer wurde die Wahrnehmung.
Und bis zu dem geheimnisvollen Eindringling reichte sie nicht.
»Greift sie nicht an!«, sagte Karjas Ultraschallstimme schwach. »Wir haben bereits einmal einen großen Fehler gemacht. Sorge dafür, Ruyde! Sie dürfen nicht angegriffen werden, bevor nicht … eindeutig erwiesen ist, dass sie negativer Natur sind und …«
Seine Worte entfesselten in seiner Gefährtin einen inneren Aufruhr. Einerseits fühlte sie sich für das Geschehen am Dimensionstunnel verantwortlich, andererseits an ihr Versprechen Karja gegenüber gebunden.
Der Gedanke, dass sein Tod unausweichlich und endgültig sein würde und dass die Evoesa am Tunnel vielleicht auf das Kommen und die Entscheidung ihres oder ihrer Ältesten warten würden, gab rasch den Ausschlag.
»Ich werde bei dir bleiben, Karja«, sagte Ruyde bestimmt.
»Auch wenn ich dich von deinem Versprechen entbinde?«
»Auch dann. Aber jetzt rede nicht weiter, sondern spare deine allerletzten Kräfte für die letzte Etappe des Weges auf.«
Karja schwieg, aber über ihr Multiorgan empfing Ruyde seine Gefühle. Sie waren aufgewühlt. So kurz vor seinem Tod, dem Übergang zum Ewigen Frieden, war noch einmal eine Situation entstanden, die ihn, den Sterbenden, geistig herausforderte, obwohl sie ihn gar nicht mehr berühren durfte.
So ist er, dachte Ruyde. So war er immer. Wir verlieren mehr als nur einen Ältesten.
Was immer an diesem Dimensionstunnel geschah, sie würde die wichtigste Mission ihres Lebens, nämlich in der Stunde seines Todes bei Karja zu sein, ohne Eile zu Ende bringen.
An ihre Artgenossen bei dem Eindringling sandte sie nur die dringende Bitte, vorerst nichts zu unternehmen – in der Hoffnung, dass sie sie über die gewaltige Entfernung hinweg erreichte.
Die Reise durch den kristallklaren Psi-Materie-Ozean, zum Schluss in einer sehr schnellen Strömung, dauerte noch mehr als vier Stunden. Dann befanden sich Ruyde und Karja in jenem Seitenarm des INSHARAM, in dem Karja Menem Siganter vor Zehntausenden von Jahren zum ersten Mal seiner selbst bewusst geworden war. Es war dies so etwas wie die Stätte seiner Geburt.
Die beiden Evoesa kamen zum Stillstand. Ruyde dirigierte Karja. Sie umtanzten sich schwerfällig. Dann hörte auch diese Bewegung auf.
Ruyde hatte gewusst, dass dies geschehen würde. Die Emanationen von Karjas Multiorgan wurden schnell schwächer. Er war an seinem Ziel angelangt und nun bereit zum Sterben. Und sie, Ruyde Kerima Bassa, konnte nicht mehr tun als zuschauen und mit ihren Vordergliedmaßen die seinen halten.
Ihr Verzweiflungsschrei raste zum zweiten Mal in das INSHARAM hinaus.
Karja gab nun nichts mehr von sich, aber sie spürte, dass er immer noch lebte. Sie berührte ihn an verschiedenen Körperstellen, ohne dass sein Leib oder sein Geist eine Reaktion zeigten.
Ruyde, die immer Besonnene, hatte Mühe, nicht in Panik zu geraten, als er langsam, sehr langsam, von ihr forttrieb.
Karja!, schrie sie hoch im Ultraschallbereich.
Sie erhielt keine Antwort, sah nur den reglosen Körper abdriften.
Das war der Augenblick ihrer höchsten Verzweiflung, weil sie wusste, dass das Ende nun Wirklichkeit wurde. Die Verzweiflung riss den Schleier von ihren teilweise verschütteten Erinnerungen, und sie sah wieder, wie alles begonnen hatte.
Es stürmte wie eine Flut auf sie ein …
SOL
»Sollten wir ihn nicht anfunken?«, fragte Ronald Tekener die Kommandantin der SOL, Fee Kellind. »Er ist als letzter noch draußen und seit einigen Stunden überfällig.«
»Du meinst Atlan.« Die junge, blondhaarige Frau richtete sich von ihren Kontrollen auf, dann sah sie den Smiler an. »Es stimmt, seine Space-Jet ist als einzige noch draußen, aber wir hatten keine Frist zur Rückkehr vereinbart. Atlan würde sich über Funk melden, wenn er in Bedrängnis geraten wäre.«
Tekener lächelte sein berüchtigtes Lächeln. »Du hast natürlich recht, Fee. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn wir alle zusammen wären.«
»Und warum?«
Tek zuckte mit den Achseln.
»Es ist vielleicht nur eine Ahnung, mehr nicht. Dieser mit Psi-Materie gefüllte Kosmos ist absolut fremd für uns – so fremd wie der Baolin-Deltaraum, in dem nach Perry Rhodans Aussage ähnliche Verhältnisse geherrscht haben müssen.«
»Dieser Raum hier, das sogenannte INSHARAM, ist – wie wir nach den Erkundungen und Vermessungen der Space-Jets wissen – rund 1160 mal 840 Kilometer groß und hat die ungefähre Form eines menschlichen Herzens. Er muss in den Hyperraum oder eine zwischen ihm und der unseren liegenden Dimension eingebettet sein, denn an seinen Grenzen, den Außenwandungen, ist der Hyperraum mit seinen quallenförmigen, in ein rotes Medium eingebetteten Universen zu sehen.«
»Dennoch«, sagte der Unsterbliche mit den Lashat-Narben, »wäre mir wohler, wenn wir wieder alle zusammen wären. ES hat uns nicht umsonst hierhingeschickt. Etwas wartet hier auf uns. Mir wäre es lieber, wenn wir wüssten, was es ist.«
Fee atmete tief ein und sah ihn kopfschüttelnd an. Sie hielten sich in der Zentrale des SOL-Mittelteils auf. Neben und hinter ihnen waren alle Plätze besetzt. Alle Stationen befanden sich in bedingter Alarmbereitschaft.
»Tek, deine Phantasie geht mit dir durch. Seitdem wir unter größten Schwierigkeiten diese Sphäre, das INSHARAM, erreicht haben, herrscht rings um uns Stille. Der Ozean aus Psi-Materie liegt ruhig vor uns.«
»Scheinbar ruhig«, wandte Tekener ein.
»Meinetwegen scheinbar«, sagte Fee. »Aber was willst du tun? Atlan aus reiner Nervosität oder wegen irgendwelcher Ahnungen zurückrufen? Wer weiß, warum sich die Rückkehr seiner Jet verzögert. Vielleicht hat er etwas Wichtiges entdeckt und arbeitet gerade in diesem Augenblick daran.«
»Wie du meinst«, sagte Tekener und ließ seine Blicke über die Anzeigen der vielen Bild- und Holoschirme gleiten.
»Nun sei nicht eingeschnappt«, seufzte Fee. »Ich bin sicher, dass sich Atlan innerhalb der nächsten Stunde zurückmelden wird. Ist er bis dahin nicht zurück, rufen wir ihn an. Ist das ein Kompromiss?«
Ronald Tekener nickte nur.
Die SOL stand ohne Fahrt etliche Kilometer abseits von der diesseitigen Mündung des Auroch-Maxo-Dimensionstunnels. Wechselnde Strömungen wurden von SENECA sofort erkannt und mittels der Atmosphärentriebwerke ausgeglichen. Es war, als wäre das acht Kilometer lange Hantelschiff in dem seltsamen Raum fest verankert.
»Diese Stille ist es, was mich stört«, sagte Tekener.
Fee Kellind lächelte ihn spöttisch an. Wie unbeabsichtigt fuhr sie mit der Hand über ihre perfekt frisierten Haare.
»Das geht wahrscheinlich den meisten von uns so«, meinte sie. »Wir haben in den letzten Tagen und Wochen nur Krieg und Kampf erlebt – eigentlich seitdem wir in der NACHT aus dem Pilzdom kamen. Überall die schrecklichen Mundänen. Wir können uns schon gar nichts anderes mehr vorstellen.«
»Nein«, antwortete der Smiler. »Es fällt schwer.«
Dann schwiegen sie. Jeder von ihnen blickte auf Bildschirme und Hologramme und beobachtete, was von draußen hereinkam. Aber es waren immer nur der Ozean aus Psi-Materie, über dessen Boden sie standen, und die Strömungen, die so schnell wechselten, dass nur SENECA sie ausgleichen konnte.
Niemand hatte in diesem Augenblick mit dem Alarm aus der Orterzentrale gerechnet.
*
Major Viena Zakata, Leiter der Abteilung Funk und Ortung, erschien als Hologramm in der Zentrale. Sein Pferdegesicht mit den schulterlangen, fettigen Haaren und den hellen blauen Augen blickte seiner Kommandantin entgegen. Es drehte sich nicht, so als wolle es die anderen Anwesenden absichtlich ignorieren.